Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse deutscher Unternehmen 2023 während der Phase geldpolitischer Straffung Monatsbericht – Dezember 2024
Die Ertragslage der nichtfinanziellen Unternehmen verbesserte sich 2023, obwohl die deutsche Wirtschaft praktisch stagnierte. Die Vor-Steuer-Umsatzrendite stieg deutlich von 4,2 % im Vorjahr auf 5,3 %. Ausschlaggebend waren gesunkene Materialkosten. Dabei verbilligten sich Energie und Vorleistungsgüter betragsmäßig stärker als die Personal- und Zinskosten stiegen. Dies gilt insbesondere für die Energieversorger, die von den gesunkenen Energiepreisen erheblich profitierten. Auf der Ertragsseite stieg der Umsatz bei weiter hoher Inflation nur wenig. Größere Beiträge zur Umsatzrendite kamen von den gestiegenen Zinserträgen und Erträgen aus Beteiligungen. Letztere spielten vor allem im Fahrzeugbau eine Rolle. Aber auch ohne die Sonderentwicklungen im Bereich der Energieversorger und des Fahrzeugbaus war die Umsatzrendite der nichtfinanziellen Unternehmen hoch. Offenbar kamen die deutschen Unternehmen 2023 gut mit der stagnierenden Wirtschaftsaktivität zurecht, was ihre Rentabilität angeht.
Die Unternehmensinsolvenzen stiegen 2023 von niedrigem Niveau stark. Hauptursachen waren die schwache Wirtschaftslage, Nachhol- und Normalisierungseffekte nach der Pandemie und höhere Finanzierungskosten. Besonders betroffen waren kontaktintensive Bereiche wie Handel und Gastgewerbe sowie tendenziell zinsreagiblere Branchen wie Bau und Immobilien. Auch der IKT-Sektor und unternehmensnahe Dienstleistungen trugen erheblich zum Anstieg bei.
Die geldpolitische Straffung bewirkte 2023, dass auch der durchschnittliche Zinssatz für Bankkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften in Deutschland deutlich stieg. Schätzungen mit Unternehmensdaten der Bundesbank zeigen, dass kontraktive geldpolitische Schocks die Investitionen nichtfinanzieller Unternehmen in Deutschland tendenziell bereits im selben Jahr dämpfen. Die stärkste Wirkung tritt laut den Schätzungen nach etwa zwei Jahren ein. Im Einklang damit hinterließ die Zinswende bis Ende 2023 nur moderate Spuren in den Jahresabschlüssen.
Trotz der schwachen Wirtschaftsentwicklung waren die Unternehmen mit Blick auf ihre Liquidität und Stabilität 2023 weiter gut aufgestellt. Die Eigenmittelquote stieg 2023 nach den Rückgängen in den drei Vorjahren wieder, liegt aber noch unter Vorpandemieniveau. Auch die Liquiditätslage der Unternehmen blieb 2023 vorteilhaft, und der Liquiditätsbedarf verringerte sich tendenziell. Die gute Rentabilitäts-, Solvenz- und Liquiditätslage des nichtfinanziellen Unternehmenssektors spiegelt größtenteils sektorale Entwicklungen wider.
Die anhaltende wirtschaftliche Schwächephase dürfte die Geschäftstätigkeit der Unternehmen und damit ihre Umsatzentwicklung 2024 weiter dämpfen. Zudem dürfte der kostenseitige Druck aufgrund immer noch erhöhter Finanzierungs- und Energiekosten sowie stark gestiegener Löhne hoch bleiben. Die kostenseitigen Faktoren belasten vor allem die Wettbewerbssituation der Industrie. Unter dem Strich dürfte dies die Ertragskraft 2024 in einigen Teilen des Unternehmenssektors beeinträchtigen.
1 Grundtendenzen
Die deutsche Wirtschaft trat 2023 auf der Stelle, während die geldpolitische Straffung die Finanzierungskosten erhöhte. Das reale BIP sank im Vergleich zum Vorjahr kalenderbereinigt um 0,1 %. Diese Entwicklung war teils auf die strukturellen Wachstumsprobleme der deutschen Volkswirtschaft, teils auf eine schwache Aus- und Inlandsnachfrage zurückzuführen. Die Produktion blieb spürbar unter den mittelfristigen gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten. Dabei dämpften die gestiegenen Zinsen und hohen Baukosten die Investitionsnachfrage. Die Brutto-Anlageinvestitionen, darunter vor allem die Bauinvestitionen, sanken. Auch der private Konsum schwächte sich ab, nachdem er in den beiden Vorjahren eine wichtige Triebkraft der Konjunktur gewesen war. Die hohe Inflation drückte für sich genommen die Realeinkommen und die Ausgabenbereitschaft der Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Exporte stagnierten nahezu angesichts der schwachen globalen Nachfrage und weniger günstigen Wettbewerbsbedingungen, was unter anderem auf die Aufwertung des Euro zurückzuführen war. Auf der Produktionsseite entlastete der deutliche Preisrückgang bei Importen von Vorleistungen und Rohstoffen – insbesondere im Energiesektor – die Kostenstruktur in der Industrie. Dennoch lagen die Inputpreise weiterhin über dem Niveau von 2021. Die stabile Arbeitsmarktlage half den Arbeitnehmern, ihre Forderungen nach einem Reallohnausgleich zu einem Gutteil durchzusetzen. Dies erhöhte die Personalkosten der Unternehmen. Insgesamt war das Umfeld für die Unternehmen somit trotz der gegenüber dem Vorjahr gesunkenen Energiepreise weiterhin schwierig.
Basierend auf den bisher vorliegenden Jahresabschlüssen stieg die Vor-Steuer-Umsatzrendite 2023 von 4,2 % im Vorjahr auf 5,3 %. 1 Sie lag damit nur knapp unter dem Rekordwert aus dem Jahr 2007. Diese positive Entwicklung war sowohl auf Entlastungen auf der Kostenseite als auch auf günstige Entwicklungen auf der Ertragsseite zurückzuführen. Durch die rückläufigen Preise bei Vorleistungsgütern und insbesondere Energie sanken die Materialkosten deutlich. Auch wenn die Zinskosten leicht stiegen, gingen die Gesamtkosten deutlich zurück. Dies lag daran, dass die gesunkenen Materialkosten die gestiegenen Personalkosten mehr als ausglichen. Auf der Ertragsseite nahmen die Umsätze geringfügig zu. Angesichts der nach wie vor kräftigen Absatzpreissteigerungen dürften die preisbereinigten Erlöse der Unternehmen allerdings zurückgegangen sein. Immerhin trugen die Zinserträge und Erträge aus Beteiligungen dazu bei, dass sich die Ertragslage der Unternehmen gegenüber dem Vorjahr verbesserte.
Entwicklungen in der Automobilindustrie und bei den Energieversorgern trugen zum Anstieg der Brutto-Umsatzrendite des Unternehmenssektors bei. Der Absatz von Kraftfahrzeugen war 2023 – anders als 2022 sowie voraussichtlich 2024 – vergleichsweise schwungvoll. 2 In der Automobilindustrie wurden zudem in größerem Umfang Erträge aus Beteiligungen, im Wesentlichen aus dem Ausland, realisiert, möglicherweise um mit Blick auf den Jahresabschluss Gewinnschwankungen auszugleichen. Die Unternehmen der Energieversorgung wiesen – nach teils gravierenden Verlusten im Vorjahr – bei deutlich sinkendem Materialaufwand das höchste Jahresergebnis seit Beginn der Statistik 1997 aus. Dass der Umsatz im Vergleich dazu weniger sank, könnte darauf hindeuten, dass Preisrückgänge auf der Einkaufsseite nicht vollständig an die Endkunden weitergegeben wurden. Die Gewinnmargen hätten sich dadurch deutlich erhöht. 3 Ohne den Beitrag dieser beiden Branchen wäre die Brutto-Umsatzrendite 2023 lediglich um 0,2 Prozentpunkte gestiegen. 4 Aber auch ohne den Beitrag dieser beiden Sektoren war die Brutto-Umsatzrendite 2023 im langfristigen Vergleich hoch. Offenbar kamen die deutschen Unternehmen 2023 gut mit der stagnierenden Wirtschaftsaktivität zurecht, was ihre Rentabilität angeht.
2 Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen
Die Unternehmensinsolvenzen stiegen 2023 gegenüber dem Vorjahr stark. Der Anstieg ist zum einen auf das schwache wirtschaftliche Umfeld und zum anderen auf Nachhol- und Normalisierungseffekte im Nachgang der Pandemie zurückzuführen. Dies gilt insbesondere für die kontaktintensiven Sektoren Handel und Gastgewerbe, auf die 2023 knapp ein Drittel des Anstiegs der Unternehmensinsolvenzen entfiel. Während die wirtschaftliche Aktivität in diesen Sektoren während der Coronavirus-Pandemie teils erheblich zurückging, sanken die Unternehmensinsolvenzen dort kräftig. Dazu dürften insbesondere die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und umfangreiche staatliche Stützungsmaßnahmen beigetragen haben. 5 Trotz dieser Entwicklung ist der Anteil von anhaltend unrentablen Unternehmen in Deutschland während der Pandemie nicht gestiegen (vgl. Exkurs zu "Zombie-Unternehmen in Deutschland während der Coronavirus-Pandemie"). Zudem dürfte sich 2023 die Nachfrage in denjenigen Sektoren normalisiert haben, die während der Pandemie zeitweilig von einer überaus starken Nachfrage profitiert hatten. Dies gilt insbesondere für Informations- und Kommunikationsdienste und die unternehmensnahen Dienstleistungen, die 2023 zusammen gut ein Fünftel zum Anstieg der Unternehmensinsolvenzen beitrugen. Darüber hinaus lässt sich ein Teil des Anstiegs der Unternehmensinsolvenzen auf die Zinswende im Sommer 2022 zurückführen. Dies legt der starke Anstieg der Insolvenzen in zinsreagiblen Bereichen wie dem Baugewerbe, der Immobilienbranche und anderen immobiliennahen Branchen nahe. Zusammen machten sie gut ein Viertel des Anstiegs der Unternehmensinsolvenzen aus. Das Verarbeitende Gewerbe trug hingegen vergleichsweise wenig bei.
Exkurs
Zombie-Unternehmen in Deutschland während der Coronavirus-Pandemie
Das Phänomen von Zombie-Unternehmen rückte angesichts der schwachen Produktivitätsentwicklung in Deutschland wieder mehr in den Fokus. Als Zombie-Unternehmen werden in der Literatur solche Unternehmen bezeichnet, die im Markt bleiben, obwohl sie über mehrere Jahre nicht rentabel waren. 1 Diese können davon profitieren, dass ihnen Banken, die die Realisierung von Verlusten aus dem Geschäft mit ihnen vermeiden möchten, besonders günstige Kreditkonditionen gewähren (Evergreening). 2 Die gesamtwirtschaftliche Produktivitätsentwicklung würde durch eine hinreichende Zahl von unrentablen Unternehmen beeinträchtigt, da sie volkswirtschaftliche Ressourcen – Arbeits- oder Kapitaleinsatz – ineffizient binden. Das Niedrigzinsumfeld der Jahre vor der Pandemie hatte bereits die Sorge genährt, dass unterkapitalisierte Kreditgeber diese Art von Unternehmen weiter finanzieren. Frühere Analysen der Bundesbank deuteten nicht auf einen erhöhten Anteil an Zombie-Unternehmen in Deutschland hin. 3 Während der Coronavirus-Pandemie wurden den deutschen Unternehmen umfangreiche staatliche Stützungsmaßnahmen gewährt. Dazu zählen Kredite, bei denen die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) einen Großteil des Ausfallrisikos übernahm. Zudem wurde zeitweise die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt. Durch diese Maßnahmen sollten diejenigen Unternehmen, die durch die Pandemie und die damit verbundenen Eindämmungsmaßnahmen hohe Umsatz- und Gewinneinbußen erlitten hatten, gestützt und Marktaustritte eigentlich rentabler Unternehmen verhindert werden. Aber auch zuvor unrentable Unternehmen könnten von den Stützungsmaßnahmen profitiert haben.
Die Entwicklung des Anteils anhaltend unrentabler Unternehmen in Deutschland lässt sich auf Basis der Jahresabschlüsse nichtfinanzieller Unternehmen (JANIS) der Deutschen Bundesbank einschätzen. 4 Zu diesen Unternehmen zählen im JANIS-Datensatz – der Literatur folgend – diejenigen Unternehmen, die in drei aufeinander folgenden Jahren ihre Zinsaufwendungen nicht aus dem Betriebsergebnis decken können und älter als zehn Jahre sind. 5 Darüber hinaus lässt die hier verwendete Definition zu, dass Unternehmen zusätzliche Finanzerträge (unter anderem aus Beteiligungen an anderen Unternehmen) nutzen, um Zinsaufwendungen zu bedienen. 6 Diese Erträge sind für deutsche Unternehmen nicht unbedeutend.
Laut den Ergebnissen wuchs der Anteil von Zombie-Unternehmen in Deutschland während der Coronavirus-Pandemie nicht. Zudem war ihr Umsatzanteil in diesem Zeitraum rückläufig. 7 Im Gegensatz zu früheren Schwächephasen wie der Rezession Anfang der 2000er Jahre oder der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09, als der Anteil der anhaltend unrentablen Unternehmen in Deutschland zunahm, war er während der Pandemie tendenziell rückläufig. Der seit 2020 – trotz Pandemie und Energiekrise – rückläufige Anteil könnte dabei teilweise auf die Bedingungen der Corona-Hilfsmaßnahmen zurückzuführen sein. Diese waren zum Teil an die Rentabilität der Unternehmen in den Vorjahren geknüpft. 8
Weitergehende Analysen zeigen, ob anhaltend unrentable Unternehmen während der Pandemie von besonders günstigen Finanzierungsbedingungen profitierten. Dies liefert Hinweise darauf, inwieweit diese Unternehmen am Leben gehalten wurden, weil Banken sie bevorzugten (Evergreening-These). Außerdem lässt sich so einschätzen, ob sie übermäßig von den Corona-Hilfskrediten profitierten. Dazu werden finanzielle Merkmale von Unternehmen aus der Kreditdatenstatistik AnaCredit bis 2022 mit den Jahresabschlussdaten der Unternehmen verknüpft. 9 Dies ermöglicht zu untersuchen, ob Unternehmen, die 2019 als Zombie klassifiziert werden, mit Blick auf finanzielle Merkmale während der Pandemie besser gestellt waren. 10
Deutsche Kreditinstitute schätzten die Kreditausfallwahrscheinlichkeit von anhaltend unprofitablen Unternehmen zwischen 2019 und 2022 als höher ein als bei den übrigen Unternehmen und verlangten entsprechende Zinsaufschläge. Im Vorkrisenjahr 2019 ermittelten die Banken für Zombie-Unternehmensschuldner eine im Durchschnitt um etwa 3 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit für Kreditausfälle als bei den übrigen Unternehmen. Im Großen und Ganzen gilt dies auch für die Pandemie-Phase. 11 Demnach hatten die Kreditinstitute bereits vor – aber auch während der Pandemie – das Risiko möglicher Zahlungsschwierigkeiten bei diesen Unternehmen im Blick. 12 Die damit einhergehenden höheren Zinsaufschläge spiegeln dies wider.Bereits vor Ausbruch der Corona-Krise mussten sie einen Zinsaufschlag von ungefähr 30 Basispunkten im Vergleich zu den übrigen Unternehmen zahlen. Die Schätzungen deuten an, dass dieser Aufschlag während der Corona-Krise etwas stieg – auch wenn dieser Anstieg im Bereich der statistischen Unschärfe liegt. Insgesamt sprechen diese Ergebnisse gegen die Evergreening-These und eine Vorzugsbehandlung von Zombie-Unternehmen – auch während der Pandemie.
Zudem war die Wahrscheinlichkeit, dass anhaltend unrentable Unternehmen einen Corona-Hilfskredit erhielten, geringer als bei den übrigen Unternehmen. Dies ergeben zusätzliche Schätzungen. Dies passt zu den vorherigen Ergebnissen, wonach diese Unternehmen während der Pandemie nicht mehr als andere Unternehmen von günstigeren Finanzierungsbedingungen profitierten. 13
Die Analyse liefert keine umfassende Bewertung der Stützungsprogramme während der Pandemie. Zum einen liegt ihr nur ein kleiner Teil der Stützungsmaßnahmen, nämlich die Corona-Hilfskredite, zugrunde. Hingegen flossen die Ausweitung des Kurzarbeitergeldes und andere umfangreiche Hilfen für Unternehmen wie direkte Transfers etwa in Form von Fixkostenzuschüssen nicht in diese Analyse ein. Zum anderen ist der Anteil an Zombie-Unternehmen nur eines von mehreren der Kriterien, die zur Bewertung der Stützungsmaßnahmen herangezogen werden sollten. 14
In der Gesamtschau der Ergebnisse kam es während der Pandemie zu keinem wesentlichen Anstieg dauerhaft unprofitabler Unternehmen in Deutschland. Vielmehr scheinen sich die Kreditinstitute des höheren Risikos der Kreditvergabe an diese Unternehmensschuldner – gemessen an der Ausfallwahrscheinlichkeit und dem Zinssatz – vor und während der Pandemie bewusst gewesen zu sein. Auch von den im Rahmen der Pandemie aufgelegten Hilfskreditprogrammen profitierten diese Unternehmen nicht übermäßig. 15 Für die seit einiger Zeit schwache Produktivitätsentwicklung der deutschen Wirtschaft dürften Zombie-Unternehmen also keine besondere Rolle spielen.
Im ersten Halbjahr 2024 stiegen die Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahreszeitraum weiter stark. Hochgerechnet auf das Jahr dürften sie 2024 erstmals wieder über dem Niveau vor der Pandemie liegen. Auch im laufenden Jahr wirken sich die gestiegenen Finanzierungskosten sowie Nachhol- und Normalisierungseffekte nach der Pandemie aus. Für die weiterhin stark steigenden Insolvenzen dürfte daneben eine gewisse Rolle gespielt haben, dass die deutsche Wirtschaft bislang nicht in Schwung kam.
3 Auswirkungen der geldpolitischen Straffung auf gewerbliche Investitionen und Finanzierungsverhältnisse
Die Zinswende im Euroraum straffte 2023 die Finanzierungskosten der deutschen Unternehmen. Diese Straffung verteuerte für Unternehmen die Außenfinanzierung und erhöht die Schuldendienstkosten für neue Verbindlichkeiten. Dadurch schränkt sich prinzipiell der Spielraum für Investitionen ein. Die Auswirkungen hängen letztlich von der Verschuldungsstruktur und der Fähigkeit der Unternehmen ab, Zinskosten zu bedienen oder auf andere Finanzierungsquellen auszuweichen. Neben dem Einfluss auf den Cashflow dämpft die Zinserhöhung Unternehmensinvestitionen tendenziell dadurch, dass höhere Finanzierungskosten die Rentabilität von Investitionsprojekten verringern. Alternative Anlagen gewinnen an Attraktivität, während fallende Vermögenspreise zusätzlich die Besicherungsbasis für Kredite mindern.
Schätzungen mit Unternehmensdaten der Bundesbank können Hinweise darauf geben, wie sich die Zinserhöhungen auf die Investitionen der deutschen Unternehmen im Berichtsjahr 2023 auswirkten. Die Untersuchung basiert auf umfangreichen Unternehmensdaten der Bundesbank seit den 1970er Jahren. Sie ermöglichen die Untersuchung der Effekte von Zinszyklen über mehrere Jahrzehnte hinweg. 6 Mithilfe der Methode der lokalen Projektionen werden die Auswirkungen von geldpolitischen Schocks auf die Investitionsquote abgeschätzt. 7 Die Ergebnisse zeigen, dass in der Vergangenheit kontraktive geldpolitische Schocks die Investitionen nichtfinanzieller Unternehmen in Deutschland deutlich dämpften. Eine unerwartete Zinserhöhung um beispielsweise 100 Basispunkte senkte die Investitionsquote deutscher Unternehmen in der Vergangenheit innerhalb von zwei Jahren um 0,6 Prozentpunkte. Die Wirkung trat tendenziell bereits im Jahr der Zinsänderung ein und verstärkte sich in den Folgejahren. Erst nach vier Jahren ließ sie allmählich nach.
Gemäß einer Überschlagsrechnung auf Basis der Schätzergebnisse könnten die jüngsten Zinserhöhungen zwischen Juli 2022 und Ende 2023 um insgesamt 400 Basispunkte die Investitionsquote im Unternehmenssektor um bis zu 2,4 Prozentpunkte gemindert haben. 8 Dies gilt zwar unter der Annahme, dass diese Zinserhöhungen vollständig unerwartet waren – was nicht der Fall gewesen sein dürfte. Nichtsdestotrotz illustrieren die Schätzergebnisse, dass die geldpolitische Straffung die Investitionen des deutschen Unternehmenssektors erheblich dämpfen dürfte.
Den Ergebnissen zufolge wirkten Zinserhöhungen betragsmäßig stärker als Zinssenkungen auf die Investitionsquote. Betrachtet man in den Schätzungen Zinsanhebungen getrennt von Zinssenkungen, senkte eine unerwartete Zinserhöhung um beispielsweise 100 Basispunkte die Investitionsquote deutscher Unternehmen nach einem Jahr im Durchschnitt um etwa 1,3 Prozentpunkte. 9 Hingegen hob eine Zinssenkung gleicher Größe die Investitionsquote nur kurzfristig um 0,7 Prozentpunkte an. 10 Diese asymmetrische Wirkung ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass höhere Zinsen bei finanziell schwächeren Unternehmen teilweise wie verschärfte Kreditrestriktionen wirken. Ein Gradmesser für die finanzielle Situation der Unternehmen könnte ihre Eigenmittelbasis sein. Denn Unternehmen mit geringer Eigenmittelquote reagieren laut den Schätzergebnissen stärker auf geldpolitische Schocks, während finanziell solidere Unternehmen demgegenüber widerstandsfähiger sind. 11 Weitergehende Untersuchungen deuten darauf hin, dass die asymmetrische Wirkung im Lauf der Zeit etwas nachgelassen hat. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass sich die Eigenmittelausstattung im Unternehmenssektor in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich verbesserte. Dies könnte die Empfindlichkeit gegenüber Zinssteigerungen verringert haben.
Die Zinswende hinterließ in den bisher vorliegenden Jahresabschlüssen bis Ende 2023 nur moderate Spuren. Am ehesten dürften sich Zinsänderungen in den Zinsaufwendungen und -erträgen sowie in den Verbindlichkeiten der Unternehmen niederschlagen. Dementsprechend stiegen die Zinsaufwendungen zwar. Der kalkulatorische Sollzins, der ein Maß für die tatsächlichen Finanzierungskosten der Unternehmen ist, betrug indes lediglich 3,6 %. Er lag damit über den Vorjahreswerten, aber weiterhin unter dem Niveau vor 2016 – mit Ausnahme eines einmaligen Anstiegs auf 4,1 % im Jahr 2018. Ein Grund für den vergleichsweise moderaten Anstieg könnte der erstmals leicht gestiegene Abzinsungssatz für Pensionsrückstellungen gewesen sein. Er minderte den Zinsaufwand etwas. In den Vorjahren hatte der kontinuierliche Rückgang dieses Satzes, der als Durchschnitt über die jeweils zurückliegenden zehn Jahre berechnet wird, die Aufwendungen erhöht. Zudem scheinen viele Unternehmen Maßnahmen ergriffen zu haben, um ihre Zinskosten zu begrenzen. So verminderten die Unternehmen langfristige, zinswirksame Bankverbindlichkeiten und nutzen verstärkt Anzahlungen der Kunden als Finanzierungsquelle. Auch zogen die Unternehmen die Finanzierung über Eigenmittel derjenigen aus Fremdmitteln vor.
In nominaler Betrachtung stieg die Investitionsquote sowie der Brutto- und Netto-Sachanlagenzugang weiter. Dies gilt auch für die Investitionen in Unterkategorien wie Grundstücke und Gebäude, technische Anlagen und Maschinen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung. Hierfür dürften allerdings vor allem Preiseffekte eine Rolle spielen. Denn bereinigt um Preissteigerungen sanken die Brutto-Anlageinvestitionen der Gesamtwirtschaft und die Ausrüstungsinvestitionen laut den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Zudem dürften sich die Auswirkungen der Zinswende gemäß den Schätzungen erst zwei Jahre nach der Zinserhöhung, das heißt in den Bilanzjahren 2024 und 2025, vollständig zeigen. Dabei ist zu beachten, dass die Zinssätze für Bankkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften 2024 wieder leicht sanken, was die finanzielle Belastung der Unternehmen für sich genommen etwas abmildern dürfte.
4 Umsatz und Ertrag
Die Ertragsentwicklung der nichtfinanziellen Unternehmen war 2023 angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds wenig überraschend schwach. Die Umsätze des nichtfinanziellen Unternehmenssektors nahmen nur geringfügig zu. Die Umsatzentwicklung unterschied sich stark nach Branchen. Die Umsätze wuchsen unter anderem im Gastgewerbe (vermutlich auch bedingt durch gewisse pandemiebedingte Nachholeffekte), bei den Unternehmensdienstleistern, im Kraftfahrzeughandel, im Baugewerbe und im Fahrzeug- sowie Maschinenbau stark. Dagegen büßten energieintensive Industriebereiche wie die Holz-, Papier- und Druckindustrie, die Chemie- und Pharmaindustrie sowie die Energieversorgung an Umsatz ein. 12 Der Umsatzrückgang im energieintensiven Verarbeitenden Gewerbe dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Energiepreise zwar rückläufig, aber immer noch erhöht waren. Sie könnten beispielsweise dazu geführt haben, dass Teile der Produktion ins Ausland verlagert wurden oder Exportanteile aufgrund einer verschlechterten Wettbewerbsposition sanken. In der Energieversorgung senkten geringere Energiepreise unmittelbar den Umsatz. Der Umsatzanstieg in einigen Teilen des Dienstleistungssektors dürfte vor allem von Preiseffekten angesichts des anhaltenden Hochinflationsumfelds herrühren. Die Zinserträge wuchsen im Zuge der Zinswende dagegen über alle Branchen weiter stark. Die Erträge aus Beteiligungen stiegen aufgrund von Entwicklungen im Fahrzeugbau und in der Chemie- und Pharmaindustrie deutlich.
Trotz der tendenziell schwachen Ertragsentwicklung stiegen die Gewinne des Unternehmenssektors kräftig. Dazu trug vor allem bei, dass die Aufwendungen im Mittel rückläufig waren. Grund hierfür war, dass der Materialaufwand auch bedingt durch die sinkenden Preise für Vorleistungsgüter, insbesondere für Energie, sank. Der Rückgang beim Materialaufwand beschränkte sich aber auf die Energieversorgung sowie das energieintensive Verarbeitende Gewerbe und den Bereich Verkehr und Lagerei. In den restlichen Wirtschaftsbereichen nahm er lediglich weniger stark zu als im Vorjahr. In Branchen mit hohem Umsatzwachstum nahm der Materialaufwand entsprechend deutlich zu. Erneut starke Anstiege gab es (in den meisten Branchen) beim Personalaufwand aufgrund hoher Lohnsteigerungen und bei den Zinsaufwendungen bedingt durch die Zinswende. Eine Ausnahme stellt hier die Chemie- und Pharmaziebranche dar, in der beide Aufwandspositionen abnahmen. 13
Auch aus sektoraler Sicht blieb die Rentabilität 2023 robust. Trotz rückläufiger Umsätze verschlechterte sich die Profitabilität der energieintensiven Branchen des Verarbeitenden Gewerbes aufgrund der gesunkenen Aufwendungen kaum. Obwohl die Brutto-Umsatzrendite beispielsweise in der Holz-, Papier- und Druckindustrie sank, lag sie immer noch über dem historischen Mittel. In den anderen energieintensiven Bereichen der Industrie lag die Profitabilität weiter nahe des langfristigen Durchschnitts. Unter allen Branchen verzeichneten der Fahrzeugbau, die Energieversorgung und die Elektroindustrie die höchsten Anstiege bei der Brutto-Umsatzrendite. Branchen, in denen der Anstieg der Rentabilität vor allem vom Wachstum der Erträge und weniger von der Entlastung bei den Aufwendungen herrührte, waren – neben dem Fahrzeugbau und dem übrigen Verarbeitenden Gewerbe – der Bereich Information und Kommunikation, der Maschinenbau sowie das Baugewerbe. 14
Tabelle 3.1: Erfolgsrechnung der Unternehmen1)
2021
2022
2023s)
2022
2023s)
Position
Veränderung gegenüber Vorjahr
Erträge
Mrd €
in %
Umsatz
7 246,7
8 818,6
8 836,8
21,7
0,2
Bestandsveränderung an Erzeugnissen2)
85,7
111,1
77,8
29,6
- 30,0
Gesamtleistung
7 332,4
8 929,7
8 914,7
21,8
-0,2
Zinserträge
17,7
22,2
55,0
25,0
148,2
Übrige Erträge3)
319,7
336,5
360,7
5,3
7,2
darunter:
Erträge aus Beteiligungen
61,7
68,8
91,9
11,5
33,7
Gesamte Erträge
7 669,8
9 288,4
9 330,3
21,1
0,5
Aufwendungen
Materialaufwand
4 823,8
6 163,6
5 983,1
27,8
-2,9
Personalaufwand
1 229,0
1 325,6
1 398,1
7,9
5,5
Abschreibungen
210,8
228,0
225,3
8,1
- 1,2
auf Sachanlagen4)
192,8
200,1
206,7
3,8
3,3
sonstige5)
18,0
27,9
18,6
54,9
- 33,3
Zinsaufwendungen
63,2
77,6
86,3
22,9
11,2
Betriebssteuern
4,9
4,9
5,3
0,1
7,5
Übrige Aufwendungen6)
969,6
1 118,8
1 162,2
15,4
3,9
Gesamte Aufwendungen vor Gewinnsteuern
7 301,3
8 918,6
8 860,3
22,2
- 0,7
Jahresergebnis vor Gewinnsteuern
368,5
369,8
470,0
0,4
27,1
Steuern vom Einkommen und Ertrag7)
75,0
83,9
81,7
11,9
- 2,6
Jahresergebnis
293,5
285,9
388,3
- 2,6
35,8
Nachrichtlich:
Cashflow (Eigenerwirtschaftete Mittel)8)
616,6
639,9
633,2
3,8
- 1,0
Nettozinsaufwand
45,4
55,5
31,3
22,1
- 43,5
in % des Umsatzes
in Prozentpunkten
Rohertrag9)
34,6
31,4
33,2
- 3,2
1,8
Jahresergebnis
4,0
3,2
4,4
- 0,8
1,2
Jahresergebnis vor Gewinnsteuern
5,1
4,2
5,3
- 0,9
1,1
Nettozinsaufwand
0,6
0,6
0,4
0,0
- 0,3
1 Hochgerechnete Ergebnisse; Differenzen in den Angaben durch Runden der Zahlen. 2 Einschließlich. anderer aktivierter Eigenleistungen. 3 Ohne Erträge aus Gewinnübernahmen (Mutter) sowie aus Verlustabführungen (Tochter). 4 Einschließlich Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände. 5 Überwiegend Abschreibungen auf Forderungen, Wertpapiere und Beteiligungen. 6 Ohne Aufwendungen aus Verlustübernahmen (Mutter) sowie aus Gewinnabführungen (Tochter). 7 Bei Personengesellschaften und Einzelunternehmen nur Gewerbeertragsteuer. 8 Jahresergebnis, Abschreibungen, Veränderung der Rückstellungen, des Sonderpostens mit Rücklageanteil und der Rechnungsabgrenzungsposten. 9 Gesamtleistung abzüglich Materialaufwand.
5 Bilanzentwicklung
Das Wachstum des Vermögens der Unternehmen schwächte sich angesichts der eingetrübten Wirtschaftslage 2023 ab. Die Bilanzsumme der nichtfinanziellen Unternehmen weitete sich im Mittel viel weniger als in den beiden Vorjahren aus. Die Unternehmen verwendeten die zusätzlichen Mittel dabei größtenteils für die Sachvermögensbildung. Die Geldvermögensbildung war dagegen schwach. Der Anteil des Forderungsvermögens nahm wie im Vorjahr somit ab. Dabei spielte vor allem eine Rolle, dass die gesamten Forderungen sanken. Während langfristige Forderungen zwar weiter zulegten, verminderten sich die kurzfristigen Forderungen, welche ein weit höheres Bilanzgewicht aufweisen. Dagegen stiegen die Beteiligungen wie in den beiden vorangegangenen Jahren stark. Liquiditätssicherungsmotive spielten 2023 für die meisten Unternehmen wohl keine große Rolle mehr, da liquide Mittel in Form von Kasse und Bankguthaben abgebaut wurden. Der Liquiditätsbedarf änderte sich in den meisten Branchen nur recht wenig. Zu dem starken Anstieg des Sachvermögens in weiten Teilen des Unternehmenssektors trugen in etwa gleichem Maße die Sachanlagen und die Vorräte bei. Der Sachanlagenzugang war dabei höher als im Vorjahr. Die immateriellen Vermögensgüter stiegen dagegen kaum an. In den Unternehmensabschlüssen ist allerdings nicht ohne Weiteres sichtbar, dass sich viele Unternehmen mit der Nutzung von künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. Dies lässt sich besser an detailreicheren Datensätzen erkennen (vgl. Exkurs zu "Verbreitung und Einsatzziele künstlicher Intelligenz in deutschen Unternehmen"). Die Vorratsbildung war aber – auch bedingt durch die gedämpfte Preisentwicklung sowie die stagnierenden Umsätze – nicht mehr so hoch wie im Vorjahr. Dahinter dürften auch die sich 2023 auflösenden Lieferkettenstörungen gestanden haben, wodurch der Bedarf an erhöhter Lagerhaltung abnahm.
Exkurs
Verbreitung und Einsatzziele künstlicher Intelligenz in deutschen Unternehmen
Die digitale Transformation hat das Potenzial, Wirtschaft und Arbeitsleben grundlegend zu verändern. Insbesondere die Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) könnte das seit längerem schwache gesamtwirtschaftliche Produktivitätswachstum in Deutschland stärken. 1 Dabei wird generative KI als der wesentliche technologische Fortschritt angesehen. Denn sie kann komplexe Aufgaben übernehmen, die bisher als ausschließlich von Menschen durchführbar galten. Sie birgt daher die Hoffnung auf substanzielle Produktivitätswirkungen. Anders als frühere technologische Neuerungen, die Routinetätigkeiten automatisierten, kann generative KI eigenständig Inhalte wie Texte und Bilder erstellen und so potenziell die Effizienz menschlicher Arbeit erheblich steigern. 2
Eine repräsentative Online-Befragung der Bundesbank von knapp 7 000 deutschen Unternehmen liefert detaillierte Einblicke in die Nutzung digitaler Technologien 2024 sowie die Motive hinter ihrer Einführung. 3 Die Analyse konzentriert sich auf vier Schlüsseltechnologien: prädiktive und generative KI, Cloud-Computing, Infrastrukturtechnologien zur Vernetzung von Arbeits- und Produktionsprozessen sowie Robotik. Verlässliche Informationen zur Verbreitung und Nutzung digitaler Technologien im deutschen Unternehmenssektor waren bisher kaum verfügbar. 4
In der aktuellen Frühphase der Nutzung von KI beschäftigen sich bereits zwei Fünftel der deutschen Unternehmen mit der Technologie. Insbesondere nutzten 43 % der befragten Unternehmen im zweiten Quartal 2024 prädiktive oder generative KI zumindest experimentell oder planten deren Einführung bis Ende 2024. 5 Dabei setzen nur 3 % der Unternehmen KI umfassend ein, was der Neuheit der Technologie geschuldet sein dürfte. Deswegen nutzen die meisten Unternehmen mit KI diese experimentell (19 %). Etwas weniger Unternehmen sind schon weiter mit begrenztem Einsatz (14 %). Weitere 8 % planen immerhin, KI bis Ende 2024 einzuführen. Die Mehrheit der Unternehmen nutzt jedoch bisher keine KI und plant auch nicht deren Einführung bis Ende 2024. Weiter verbreitet sind hingegen Cloud-Computing (66 %) und Infrastrukturtechnologien zur Prozessvernetzung (49 %). Robotik (14 %) findet vor allem in industriellen Bereichen Anwendung.
Die Nutzung prädiktiver und generativer KI unterscheidet sich stark nach Branchen und Unternehmensgrößen. Besonders verbreitet ist sie in Branchen, die stark von datenabhängigen Prozessen und digitaler Interaktion geprägt sind, wie Information, Kommunikation und Finanzwesen. Dagegen ist sie in Wirtschaftszweigen mit stärker manuellen oder interaktiven Tätigkeiten, etwa Gesundheitswesen, Gastgewerbe und Transport, seltener. Große Unternehmen treiben die Einführung von KI maßgeblich voran: 78 % der Betriebe mit Umsätzen von mehr als 229 Mio € setzen KI ein oder planen dies, verglichen mit nur 37 % bei Unternehmen mit Umsätzen von weniger als 1 Mio €. Laut einer OECD-Studie stellen hohe Kosten, mangelnde technische Expertise und ein geringerer wahrgenommener Nutzen wesentliche Hürden für kleinere Unternehmen dar. 6 Dieses Muster zeigt sich auch bei anderen digitalen Technologien wie Cloud-Computing oder Robotik.
Laut den Ergebnissen automatisieren Unternehmen mit Robotik vor allem Tätigkeiten, während sie KI hauptsächlich einsetzen, um unterstützende Prozesse zu verbessern. Ein Hauptziel für beide Technologien ist die Optimierung bereits automatisierter Arbeitsmethoden oder Prozesse (KI: 55 %; Robotik: 58 %). Die Automatisierung bestehender Tätigkeiten ist bei Robotik besonders wichtig (58 %), spielt jedoch auch bei KI eine bedeutende Rolle (47 %). KI hat zudem eine hohe Bedeutung (53 %), um unterstützende Prozesse, etwa im Personalwesen oder Marketing, zu verbessern, während die Robotik hier naturgemäß weniger relevant ist (25 %). Die Erweiterung des Waren- und Dienstleistungsangebots hat bei beiden Technologien geringere Priorität (KI: 36 %; Robotik: 29 %).
Die Arbeitsmarkt- und Produktivitätseffekte generativer KI dürften sich deutlich von denjenigen der Robotik unterscheiden. Die Umfrageergebnisse lassen zwar keine direkten Rückschlüsse über die Produktivitäts- oder Arbeitsmarktwirkungen von KI oder Robotik zu. Allerdings deuten sie – im Einklang mit der Literatur – darauf hin, dass Robotik vor allem manuelle Tätigkeiten automatisiert. Hingegen verändert generative KI Arbeitsprozesse umfassend und könnte insbesondere in unterstützenden Funktionen die Produktivität erheblich steigern. Ein breiter Einsatz von generativer KI könnte daher positive Impulse für das gesamtwirtschaftliche Potenzialwachstum geben. Schätzungen zur Produktivitätswirkung von KI sind jedoch sehr unsicher. Die Spannbreite der Ergebnisse empirischer Untersuchungen reicht von bescheidenen Effekten bis hin zu sehr deutlichen gesamtwirtschaftlichen Produktivitätssteigerungen. 7 Als gesichert gilt, dass eine verbesserte digitale Infrastruktur und gezielte Qualifizierungsmaßnahmen unabdingbar sind, um die Wachstumspotenziale dieser Technologie voll auszuschöpfen.
Die Eigenmittelausstattung der Unternehmen verbesserte sich 2023 im Mittel. Die zusätzlichen Mittel der Unternehmen kamen auf der Aufkommensseite zum größten Teil aus der Innenfinanzierung, wobei ein erheblicher Anteil aus einbehaltenen Gewinnen stammte. Anders als die Eigenmittel stiegen die Fremdmittel nur leicht. Der merkliche Anstieg der Eigenmittelquote konnte damit den Rückgang aus dem Vorjahr wieder grob wettmachen. Die Eigenmittelquote stieg in fast allen Branchen.
Per saldo verschoben sich die Verbindlichkeiten anteilig – wie in den beiden Vorjahren – von der langen zur kurzen Frist. Die kurzfristigen Verbindlichkeiten stiegen 2023 zum einen im Mittel nur leicht. Zwar erhöhten sich vor allem die erhaltenen Anzahlungen sowie die kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten stark. Jedoch wirkte der Abbau der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie der sonstigen Verbindlichkeiten dem entgegen. Zum anderen bauten die Unternehmen ihre langfristigen Verbindlichkeiten aufgrund des Rückgangs der langfristigen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten ab. 15 Im Gegensatz zu den drei vorangegangenen Jahren nahmen auch die Rückstellungen nur leicht zu. Entlastungen bei den Pensionsrückstellungen dürften dabei auch vom wieder ansteigenden Rechnungszinssatz angesichts der Zinswende gekommen sein.
Tabelle 3.2: Mittelaufkommen und Mittelverwendung1)
Mrd €
Veränderung gegenüber Vorjahr
Position
2021
2022
2023s)
2022
2023s)
Mittelaufkommen
Kapitalerhöhung aus Gewinnen sowie Einlagen bei Nichtkapitalgesellschaften2)
93,4
75,3
84,0
-18,1
8,7
Abschreibungen (insgesamt)
210,8
228,0
225,3
17,1
-2,7
Zuführung zu Rückstellungen3)
112,3
126,0
19,7
13,7
-106,3
Innenfinanzierung
416,6
429,3
329,0
12,8
-100,3
Kapitalzuführung bei Kapitalgesellschaften4)
70,5
26,0
48,5
-44,5
22,5
Veränderung der Verbindlichkeiten
263,1
404,4
34,9
141,2
-369,5
kurzfristige
260,5
393,2
40,8
132,7
-352,4
langfristige
2,6
11,2
-5,9
8,5
-17,1
Außenfinanzierung
333,6
430,3
83,4
96,8
-346,9
Insgesamt
750,1
859,7
412,4
109,5
-447,2
Mittelverwendung
Brutto-Sachanlagenzugang
258,9
267,1
285,0
8,2
17,9
Netto-Sachanlagenzugang5)
66,1
67,0
78,3
1,0
11,2
Abschreibungen auf Sachanlagen
192,8
200,1
206,7
7,2
6,6
Vorratsveränderung
129,9
213,1
57,2
83,2
-155,9
Sachvermögensbildung (Bruttoinvestitionen)
388,8
480,2
342,1
91,4
-138,1
Veränderung von Kasse und Bankguthaben
54,1
24,2
-2,3
-29,9
-26,5
Veränderung von Forderungen6)
223,8
264,6
-13,1
40,8
-277,7
kurzfristige
227,8
245,5
-32,9
17,6
-278,3
langfristige
-4,0
19,2
19,8
23,2
0,6
Erwerb von Wertpapieren
8,9
10,1
3,5
1,2
-6,6
Erwerb von Beteiligungen7)
74,6
80,6
82,2
6,0
1,6
Geldvermögensbildung
361,3
379,5
70,3
18,2
-309,2
Insgesamt
750,1
859,7
412,4
109,5
-447,2
Nachrichtlich:
Innenfinanzierung in % der Bruttoinvestitionen
107,1
89,4
96,2
.
.
1 Hochgerechnete Ergebnisse; Differenzen in den Angaben durch Runden der Zahlen. 2 Einschließlich GmbH und Co. KG und ähnlicher Rechtsformen. 3 Einschließlich Veränderung des Saldos der Rechnungsabgrenzungsposten. 4 Erhöhung des Nominalkapitals durch Ausgabe von Aktien und GmbH-Anteilen sowie Zuführungen zur Kapitalrücklage. 5 Veränderung der Sachanlagen (einschließlich immaterieller Vermögensgegenstände ohne Geschäfts- oder Firmenwert). 6 Zuzüglich unüblicher Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens. 7 Einschließlich Veränderung des Geschäfts- oder Firmenwerts.
Tabelle 3.3: Bilanz der Unternehmen1)
2021
2022
2023s)
2022
2023s)
Veränderung gegenüber Vorjahr
Position
Mrd €
in %
Vermögen
Immaterielle Vermögensgegenstände2)
81,5
83,3
83,6
2,2
0,4
Sachanlagen
1 311,7
1 377,0
1 454,9
5,0
5,7
Vorräte
930,2
1 143,3
1 200,4
22,9
5,0
Sachvermögen
2 323,4
2 603,5
2 739,0
12,1
5,2
Kasse und Bankguthaben
497,3
521,5
519,2
4,9
- 0,4
Forderungen
1 854,6
2 114,8
2 099,2
14,0
- 0,7
darunter:
aus Lieferungen und Leistungen
518,7
575,4
588,3
10,9
2,3
gegen verbundene Unternehmen
1 071,5
1 233,9
1 227,8
15,2
- 0,5
Wertpapiere
115,7
125,8
129,3
8,7
2,7
Beteiligungen3)
1 014,3
1 071,4
1 137,6
5,6
6,2
Rechnungsabgrenzungsposten
38,9
39,5
42,5
1,5
7,8
Forderungsvermögen
3 520,8
3 873,0
3 927,7
10,0
1,4
Aktiva insgesamt4)
5 844,2
6 476,5
6 666,7
10,8
2,9
Kapital
Eigenmittel4)
1 770,7
1 872,0
2 004,5
5,7
7,1
Verbindlichkeiten
3 098,4
3 502,7
3 537,6
13,1
1,0
darunter:
gegenüber Kreditinstituten
599,3
640,5
641,7
6,9
0,2
aus Lieferungen und Leistungen
414,7
480,9
470,4
16,0
- 2,2
gegenüber verbundenen Unternehmen
1 322,5
1 513,1
1 518,7
14,4
0,4
erhaltene Anzahlungen
349,7
424,3
474,9
21,3
11,9
Rückstellungen
908,8
1 031,9
1 048,3
13,5
1,6
darunter:
Pensionsrückstellungen
317,6
370,3
374,9
16,6
1,2
Rechnungsabgrenzungsposten
66,4
69,9
76,3
5,3
9,1
Fremdmittel
4 073,5
4 604,5
4 662,2
13,0
1,3
Passiva insgesamt4)
5 844,2
6 476,5
6 666,7
10,8
2,9
Nachrichtlich:
Umsatz
7 246,7
8 818,6
8 836,8
21,7
0,2
desgleichen in % der Bilanzsumme
124,0
136,2
132,6
.
.
1 Hochgerechnete Ergebnisse; Differenzen in den Angaben durch Runden der Zahlen. 2 Ohne Geschäfts- oder Firmenwert. 3 Einschließlich Anteile an verbundenen Unternehmen und Geschäfts- oder Firmenwert. 4 Abzüglich Berichtigungsposten zum Eigenkapital.
Tabelle 3.4: Bilanzielle Kennziffern der Unternehmen1)
2021
2022
2023s)
Position
in % der Bilanzsumme2)
Immaterielle Vermögensgegenstände3)
1,4
1,3
1,3
Sachanlagen
22,4
21,3
21,8
Vorräte
15,9
17,7
18,0
Kurzfristige Forderungen
29,1
30,0
28,6
Langfristig verfügbares Kapital4)
50,2
47,9
48,5
darunter:
Eigenmittel2)
30,3
28,9
30,1
Langfristige Verbindlichkeiten
14,5
13,2
12,8
Kurzfristige Verbindlichkeiten
38,5
40,8
40,3
in % der Sachanlagen5)
Eigenmittel2)
127,1
128,2
130,3
Langfristig verfügbares Kapital4)
210,7
212,4
210,1
in % des Anlagevermögens6)
Langfristig verfügbares Kapital4)
111,7
111,7
109,9
in % der kurzfristigen Verbindlichkeiten
Liquide Mittel7) und kurzfristige Forderungen
99,8
95,2
92,4
in % der Fremdmittel8)
Cashflow (EigenerwirtschafteteMittel)9)
17,2
15,7
15,3
1 Hochgerechnete Ergebnisse; Differenzen in den Angaben durch Runden der Zahlen. 2 Abzüglich Berichtigungsposten zum Eigenkapital. 3 Ohne Geschäfts- oder Firmenwert. 4 Eigenmittel, Pensionsrückstellungen, langfristige Verbindlichkeiten und Sonderposten mit Rücklageanteil. 5 Einschließlich immaterieller Vermögensgegenstände (ohne Geschäfts- oder Firmenwert). 6 Sachanlagen, immaterielle Vermögensgegenstände, Beteiligungen, langfristige Forderungen und Wertpapiere des Anlagevermögens. 7 Kasse und Bankguthaben sowie Wertpapiere des Umlaufvermögens.8 Verbindlichkeiten, Rückstellungen, passivischer Rechnungsabgrenzungsposten und anteiliger Sonderposten mit Rücklageanteil,vermindert um Kasse und Bankguthaben.9 Jahresergebnis, Abschreibungen, Veränderung der Rückstellungen, des Sonderpostens mit Rücklageanteilund der Rechnungsabgrenzungsposten.
Exkurs
Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse der deutschen börsennotierten Konzerne 2023 mit einem Ausblick auf 2024
Die Umsätze der deutschen börsennotierten Konzerne sanken 2023 – nach dem starken Wachstum der beiden Vorjahre – um 8 %. 1 Das operative Ergebnis vor (EBITDA) und nach Abschreibungen (EBIT) stagnierte. Folglich erhöhte sich die Umsatzrendite um 0,7 Prozentpunkte auf 7,6 %. 2 Sie liegt damit über ihrem Mittelwert seit 2007 von 6,6 %.
Das Plus bei der Umsatzrendite der Konzerne ist nicht breit getragen. Die Umsatzrendite stieg vor allem bei den großen Energiekonzernen. Ihre Gewinnsituation war gemessen am EBIT 2022 noch stark belastet durch Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung ausgefallener russischer Rohstofflieferungen und ungünstige Bewertungseffekte von Derivaten zur Absicherung gegen Rohstoffpreisrisiken. Diese Belastungen entfielen 2023, sodass die Energiekonzerne ihre Gewinne trotz Umsatzrückgang deutlich verbesserten. Ohne die Energiekonzerne sank die Umsatzrendite im Produzierenden Gewerbe um einen Prozentpunkt auf 7,6 %. Vor allem die Chemische Industrie litt unter den gegenüber 2019 weiter erhöhten Energiepreisen. Diese belasteten ihre Wettbewerbsfähigkeit und es dürfte zu Produktionsverlagerungen in Ausland gekommen sein. Darüber hinaus waren außerplanmäßige Abschreibungen aufgrund gestiegener Kapitalkosten und verschlechterter Geschäftsaussichten nötig. Die Umsatzrendite im Dienstleistungsgewerbe sank um 1 Prozentpunkt auf 10,1 %. Ausschlaggebend hierfür war die gesunkene Umsatzrendite der Logistikbranche, ausgehend vom außergewöhnlich hohen Niveau 2022. Die durchschnittlichen Frachtraten sanken 2023 wegen einer schwachen Nachfrage und der Normalisierung der Lieferketten, was die Ertragslage der Logistikbranche verschlechterte. Auch die Umsatzrenditen der Konzerne des übrigen Dienstleistungsgewerbes verbesserten sich nicht.
Im Bilanzausweis verringerte sich das Vermögen der Konzerne 2023 um 3 %. Maßgeblich hierfür war der deutliche Wertverlust von derivativen Vermögensgegenständen der Energiekonzerne. Hier wirkten sich die gesunkenen Rohstoffpreise aus. Im Berichtskreis sank daher das langfristige Vermögen um 1 % und das kurzfristige um 7 %. Bei letzterem schlug darüber hinaus eine außerordentlich hohe Gewinnausschüttung eines einzelnen Logistikkonzerns zu Buche.
Auf der Finanzierungsseite wuchs das Eigenkapital 2023 leicht um 1 %. Hier spielte die Einbehaltung von Gewinnen die wesentliche Rolle. Mindernd wirkten hohe Aufwendungen für Pensionsrückstellungen und Währungsumrechnungsdifferenzen. Zudem belasteten Aktienrückkäufe das Eigenkapital. Die Schulden verringerten sich um 5 %, was – wie bei den Aktiva – hauptsächlich auf die Bewertung der Derivatepositionen der Energiekonzerne zurückzuführen war. Insgesamt verringerte sich der Verschuldungsgrad, und die Eigenkapitalquote erhöhte sich um 1,5 Prozentpunkte auf 34,5 %. Im Produzierenden Gewerbe stieg sie von 32,2 % auf 33,9 %. Im Dienstleistungsgewerbe fiel ihr Anstieg mit 0,4 Prozentpunkten auf 36,6 % moderater aus. Die im Vergleich zum Dienstleistungsgewerbe niedrigere Eigenkapitalquote des Produzierenden Gewerbes ging auch 2023 auf das Finanzierungsgeschäft von Automobilherstellern zurück. Dieses beeinflusst die Finanzstruktur auf Konzernebene teilweise maßgeblich. Ohne diese Segmente der Automobilkonzerne mit Schwerpunkt im Finanzdienstleistungsgeschäft gerechnet stieg die Eigenkapitalquote des Produzierenden Gewerbes von 36,8 % auf 39,8 % im Jahr 2023.
Für 2024 deutet sich auf Basis der bisher vorliegenden und ausgewerteten Zwischenabschlüsse der Konzerne an, dass die Umsätze moderat und die Vorsteuergewinne deutlich schrumpfen. Folglich dürfte die Konzernumsatzrendite leicht abnehmen. Dies dürfte teilweise die aktuellen Ertragstendenzen der inländischen Einzelunternehmen in der Unternehmensabschlussstatistik widerspiegeln. 3 Dabei zeigte sich auf Sektorenebene der Konzerne im bisherigen Jahresverlauf ein gemischtes Bild. Das Dienstleistungsgewerbe konnte seine Erlöse und Gewinne geringfügig erhöhen. Im Produzierenden Gewerbe hingegen verzeichneten vor allem die Automobilhersteller Umsatz- und starke Ergebnisrückgänge durch eine Absatzschwäche sowie Restrukturierungs- und Transformationsaufwendungen. Außerdem führten sinkende Strom- und Gaspreise bei den Energiekonzernen zu Umsatzrückgängen, während ihre Vorsteuergewinne nicht das hohe Vorjahresniveau erreichten.
6 Fazit
Trotz der schwachen Wirtschaftsentwicklung und der gestiegenen Finanzierungskosten schlugen sich die nichtfinanziellen Unternehmen 2023 mit Blick auf ihre Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse gut. Belastungen gab es zwar weiterhin bei energieintensiven Unternehmen. Diese dürften im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Energiepreisanstiege stehen, die ihre Wettbewerbsposition verschlechterten. Der Unternehmenssektor insgesamt konnte jedoch seine Profitabilität im Vergleich zum Vorjahr trotz gestiegener Zins- und Personalkosten steigern. Dabei spielte auch eine Rolle, dass Unternehmen Umsatzverluste durch Kosteneinsparungen ausglichen. Denn das Umsatzwachstum war 2023 bei weiter hoher Inflation schwach.
Zudem verbesserten sich die Stabilitätskennzahlen. Neben der Brutto-Umsatzrendite und der Eigenmittelausstattung war auch die Liquiditätsausstattung der Unternehmen sehr gut, und die langfristigen Verbindlichkeiten nahmen weiter ab.
2024 ist für die Unternehmen ein weiteres herausforderndes Jahr. Die anhaltende wirtschaftliche Schwächephase dürfte die Geschäftstätigkeiten der Unternehmen und damit ihre Umsatzentwicklung 2024 dämpfen. Zudem dürfte der kostenseitige Druck aufgrund immer noch erhöhter Finanzierungs- und Energiekosten sowie stark gestiegener Löhne hoch bleiben. Die Belastungen zeigen sich auch anhand der gestiegenen Zahl der Unternehmensinsolvenzen, welche 2024 in der Summe erstmals wieder über dem Niveau vor der Pandemie liegen dürfte. Zum einen stehen die Unternehmen im Gegenwind von konjunkturellen Belastungsfaktoren. Zum anderen fordern die strukturellen Herausforderungen ausgehend vom demografiebedingten Fachkräftemangel, der grünen und digitalen Transition der Wirtschaft und des veränderten weltwirtschaftlichen Umfelds die deutschen Unternehmen. Unter dem Strich dürfte dies die Ertragskraft 2024 in einigen Teilen des Unternehmenssektors wie dem Produzierenden Gewerbe beeinträchtigen und die Rentabilität im Unternehmenssektor insgesamt dämpfen.
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