EU-Haushalt und Extrahaushalt Next Generation EU: Finanzbeziehungen der Mitgliedstaaten im Jahr 2023 Monatsbericht – September 2024

Monatsberichtsaufsatz

Die Bundesbank analysiert jährlich, wie EU-Haushalt und Extrahaushalt Next Generation EU (NGEU) finanziell auf die öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten wirken. Dabei stellt sie die jeweiligen Nettobeiträge der Mitgliedstaaten dar. Die Nettobeiträge zeigen, inwieweit die europäischen Haushalte die Mitgliedstaaten finanziell be- oder entlasten. Wirtschaftlich schwächere Länder sind in der Regel Nettoempfänger. Damit will die EU den wirtschaftlichen Aufholprozess dieser Länder unterstützen.

2023 umfasste der EU-Haushalt Ausgaben von 165 Mrd € oder knapp 1 % des EU-Bruttonationaleinkommens (EU-BNE). Dabei flossen wie üblich die meisten Mittel in die Kohäsions- und Agrarpolitik. Hinzu kamen die NGEU-Transfers, die sich auf 66 Mrd € oder knapp 0,4 % des EU-BNE beliefen. Darin enthalten sind erstmals auch NGEU-Transfers für den energetischen Umbau der Wirtschaft (REPowerEU). Hierfür vereinbarten die Mitgliedstaaten im Zuge der Energiekrise zusätzliche Transfers von 20 Mrd €, die sie aus dem Verkauf von Zertifikaten des Europäischen-Emissionshandels finanzieren.

Bezogen auf den EU-Haushalt und NGEU waren zehn Länder Nettozahler, an der Spitze die Niederlande, Irland und Deutschland mit jeweils knapp 0,7 % ihres BNE. Die verbleibenden 17 Länder waren Nettoempfänger. In Relation zum BNE erhielt Kroatien mit über 4 % per saldo die meisten Mittel.

Die gemeinschaftlichen EU-Schulden für NGEU-Transfers belasten die Mitgliedstaaten. Sie müssen den Schuldendienst hierfür ebenso tragen wie den für ihre nationale Verschuldung. Daher ist es wichtig, auch die europäischen Schulden transparent, detailliert und zeitnah auszuweisen. Hilfreich wäre es, wenn die Zahlen zeitgleich mit den Maastricht-Meldungen für die nationalen Staatsfinanzen vorlägen.

1 Finanzielle Verflechtungen zwischen Mitgliedstaaten, EU-Haushalt und NGEU-Extrahaushalt

Die Bundesbank analysiert regelmäßig, wie die europäischen Haushalte auf die öffentlichen Finanzen der einzelnen Mitgliedstaaten wirken. Dazu stellt sie jährlich die Nettobeiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt und dem Extrahaushalt NGEU dar. 1 Über Umfang und Struktur dieser beiden europäischen Haushalte müssen die Mitgliedstaaten einvernehmlich entscheiden. Die Entscheidungen sind meist komplex, und ihre finanziellen Auswirkungen lassen sich nicht immer leicht nachvollziehen.

Die Nettobeiträge zeigen, ob die innereuropäischen Transfers der europäischen Haushalte die Mitgliedstaaten unter dem Strich finanziell be- oder entlasten. Fällt der Nettobeitrag eines Landes positiv aus, so ist das Land Nettoempfänger. Das heißt, es erhält mehr Mittel aus den europäischen Haushalten, als es einzahlt. Umgekehrt ist ein Land mit einem negativen Nettobeitrag Nettozahler. Auch für NGEU können Nettobeiträge ermittelt werden. Da die Mitgliedstaaten NGEU zunächst über gemeinsame Schulden finanzieren, hängt die Finanzierungslast davon ab, mit welchem Anteil jeder Mitgliedstaat die NGEU-Schulden künftig bedienen wird.

Den regulären EU-Haushalt finanzieren die Mitgliedstaaten über laufende Beiträge. Über Umfang und Verteilung der Ausgaben entscheiden sie alle sieben Jahre in den Verhandlungen zum mehrjährigen Finanzrahmen. Der aktuelle Finanzrahmen reicht von 2021 bis 2027. Der größte Teil der Ausgaben fließt als Transfers in die Mitgliedstaaten. Ein kleiner Teil finanziert gemeinsame Ausgaben, wie zum Beispiel für den Grenzschutz oder humanitäre Hilfe.

Ausgabenseitig werden im Folgenden nur operative Zahlungen berücksichtigt, und nur solche, die an die EU-Mitgliedstaaten fließen. Insbesondere die Verwaltungsausgaben bleiben außen vor. Der EU-Haushalt finanziert auch Transfers an Staaten außerhalb der EU, etwa für Entwicklungshilfe oder humanitäre Leistungen. Diese Zahlungen werden ebenfalls nicht in die Analyse einbezogen.

In der Regel erhalten wirtschaftlich schwächere Länder (gemessen am BNE 2 pro Kopf) überproportional hohe Transfers aus dem EU-Haushalt. Dieses Ausgabenprofil bestimmt im Wesentlichen die Nettobeiträge zum EU-Haushalt. Denn die Mitgliedstaaten zahlen in etwa proportional zu ihrer Wirtschaftskraft in den EU-Haushalt ein.

Einnahmenseitig werden im Folgenden nur die laufenden Zahlungen der Mitgliedstaaten an den EU-Haushalt berücksichtigt. Daneben speist sich der EU-Haushalt aus Zolleinnahmen. Diese fallen aber an den Außengrenzen an und sind deshalb nicht den Mitgliedstaaten zuzurechnen. Zudem gibt es weitere Einnahmen, wie etwa aus Kartellstrafen oder Strafzahlungen der Mitgliedstaaten.

Im Unterschied zum EU-Haushalt finanziert sich NGEU zunächst über gemeinsame europäische Schulden, die die Europäische Kommission aufnimmt. Der Extrahaushalt ergänzt den regulären EU-Haushalt befristet für sechs Jahre von 2021 bis 2026. Die Mitgliedstaaten beschlossen ihn als einmaliges Kriseninstrument im Zuge der Corona-Pandemie. NGEU umfasst Transfers und Kredite an die EU-Staaten. Das Kernstück bildet die sogenannte Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF). Auf sie entfallen sämtliche Kredite und rund 80 % der Transfers. Die restlichen 20 % stocken Instrumente des regulären EU-Haushalts auf.

  • Die gemeinsamen Schulden für NGEU-Kredite haben die kreditnehmenden Mitgliedstaaten selbst zu bedienen (Zins und Tilgung). Eine Umverteilung beschränkt sich insoweit auf die Zinsvergünstigung gegenüber den Marktkonditionen für eigene Schulden.
  • Die gemeinsamen Schulden für NGEU-Transfers bedienen hingegen alle Mitgliedstaaten anteilig aus dem EU-Haushalt. Zinsen fallen bereits seit 2021 an. Die Tilgung soll 2028 beginnen und sich bis 2058 erstrecken.

Insgesamt umfasst NGEU Transfers und Kredite von 730 Mrd €, die überproportional an Mitgliedstaaten mit unterdurchschnittlichem Pro-Kopf-BNE fließen. 3 Zunächst waren Transfers von bis zu 420 Mrd € und Kredite im Umfang von 390 Mrd € vorgesehen. Das zur Verfügung stehende Kreditvolumen schöpften die Mitgliedstaaten nicht vollständig aus, sondern beantragten nur 290 Mrd €. 4 Im Zuge der Energiekrise kamen ARF-Transfers von rund 20 Mrd € für REPowerEU hinzu (siehe Exkurs zu REPowerEU).

Um ARF-Mittel zu erhalten, müssen die Mitgliedstaaten bestimmte Anforderungen erfüllen. Dazu vereinbarten sie mit der Europäischen Kommission Aufbau- und Resilienzpläne. Bis zu 13 % der vorgesehenen Transfers konnten die Mitgliedstaaten in der Regel als Vorfinanzierung abrufen. Für alle weiteren Mittel müssen sie nachweisen, dass sie die hierfür vereinbarten Meilensteine erfüllt haben.

Um die Nettobeiträge aus NGEU-Transfers auszuweisen, sind Annahmen nötig. Die Bundesbank unterstellt, dass die Mitgliedstaaten die hierfür aufgenommenen Schulden gemäß ihrem jeweiligen BNE-Anteil finanzieren. Dieser Finanzierungsschlüssel liegt nahe, da die Mitgliedstaaten aktuell zusätzliche Ausgaben des EU-Haushalts gemäß ihrem BNE-Anteil finanzieren. Und es ist vereinbart, dass die NGEU-Schulden aus dem EU-Haushalt bedient werden. Der so berechnete Nettobeitrag entspricht dem, der sich ergäbe, wenn die Mitgliedstaaten NGEU jährlich über den regulären EU-Haushalt finanzierten.

Exkurs

REPowerEU

Im Zuge der Energiekrise beschlossen die Mitgliedstaaten auf Vorschlag der Europäischen Kommission und nach Einigung mit dem Europäischen Parlament, den Transferrahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) um 20 Mrd € aufzustocken. Die zusätzlichen Mittel reichen von 0,02 % des BNE in Irland bis zu 0,5 % des BNE in Bulgarien (siehe Abbildung 5.1). Die Mitgliedstaaten können die ihnen zugebilligten Mittel nutzen, um den Zugang zu sauberer und bezahlbarer Energie zu sichern. Hierzu müssen sie die bereits vereinbarten ARF-Pläne um ein REPowerEU-Kapitel erweitern und dieses von der Europäischen Kommission genehmigen lassen. 

Vorgesehene Transfers der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF)
Vorgesehene Transfers der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF)

Die zusätzlichen ARF-Transfers von rund 20 Mrd € finanzieren die Mitgliedstaaten aus dem Verkauf von Zertifikaten des Europäischen-Emissionshandels (ETS). So widmeten die Mitgliedstaaten 12 Mrd € um, die sonst dem Innovationsfonds der EU zur Verfügung gestanden hätten. Dieser fördert in den Jahren 2020 bis 2030 Investitionen in emissionsarme Technologien. Seine Mittel stammen aus der Versteigerung von ETS-Zertifikaten, auf die die Mitgliedstaaten zugunsten des Innovationsfonds verzichtet hatten. Die restlichen 8 Mrd € für REPowerEU werden durch den Verkauf von zusätzlichen ETS-Zertifikaten generiert, die eigentlich erst ab 2027 zu versteigern gewesen wären. Für diese Zeitspanne können die Mitgliedstaaten also weniger Zertifikate versteigern und werden entsprechend geringere Erlöse erzielen. Der vorgezogene Verkauf könnte zum Rückgang des Zertifikatpreises seit dessen Höchststand 2023 beigetragen haben.

Zur Berechnung der Nettobeiträge werden vereinfachend auch hier als Finanzierungsanteil der Mitgliedstaaten die BNE-Anteile herangezogen. Damit bleibt unberücksichtigt, wie sich die ETS-Versteigerungsrechte und damit die Einnahmen auf die einzelnen Länder tatsächlich verteilen. Der Schlüssel hängt unter anderem von der historischen Ausgangsverteilung der einbezogenen Emissionen bei Einrichtung des ETS ab. Zudem begünstigt er teils einkommensschwächere Mitgliedstaaten. Seit Beginn des europäischen Emissionshandels wurde er mehrfach angepasst.

2 Zahlungsströme und Nettobeiträge 2023

Der EU-Haushalt 2023 umfasste Ausgaben von rund 165 Mrd € und damit 3 Mrd € weniger als im Vorjahr. Dies entsprach knapp 1 % des EU-BNE. Davon entfielen gut 11 Mrd € auf Verwaltungsausgaben. Dies sind knapp 7 % der Gesamtausgaben. Die Ausgaben für den NGEU-Schuldendienst erreichten 700 Mio €.

Die operativen Ausgaben lagen bei 153 Mrd € (ohne Verwaltungsausgaben und NGEU-Schuldendienst). Jeweils gut ein Drittel entfielen wie auch in den Vorjahren auf die Ausgaben für Kohäsions- und Agrarpolitik (siehe Abbildung 5.2). 5 Die restlichen knapp 40 Mrd € verteilten sich auf die Bereiche Forschung und Infrastruktur, Auswärtiges Handeln sowie Sicherheit und Unionsbürgerschaft. Von den operativen Ausgaben flossen knapp 20 Mrd € an Empfänger außerhalb der EU, und zwar vor allem aus dem Bereich Auswärtiges Handeln.

Anteil der einzelnen Ausgabenkategorien  an den operativen Ausgaben 2023
Anteil der einzelnen Ausgabenkategorien  an den operativen Ausgaben 2023

Die Höhe der Ausgaben, die an die Mitgliedstaaten flossen, unterschied sich auch 2023 deutlich zwischen den Ländern (siehe Abbildung 5.3). In Relation zu ihrem BNE erhielten Kroatien und Lettland mit über 3½ % die meisten Mittel. Den Niederlanden, Deutschland, Schweden, Dänemark und Österreich flossen mit unter ½ % ihres BNE die geringsten Mittel zu.

Transfers aus dem EU-Haushalt an die Mitgliedstaaten im Jahr 2023
Transfers aus dem EU-Haushalt an die Mitgliedstaaten im Jahr 2023

Die Zahlungen der Mitgliedstaaten an den EU-Haushalt beliefen sich 2023 auf rund 130 Mrd €. Im (ungewichteten) Durchschnitt zahlten die Mitgliedstaaten gut 0,8 % ihres BNE an den EU-Haushalt (siehe Abbildung 5.4). 6 Zwar bildete Luxemburg mit 1,3 % des BNE einen Ausreißer nach oben. Denn es musste in großem Umfang BNE- und Mehrwertsteuer-Eigenmittel für frühere Jahre nachzahlen, weil die Bemessungsgrundlagen revidiert wurden. Aber davon abgesehen betrug die Spanne zwischen dem Land mit den niedrigsten Zahlungen und dem mit den höchsten nur knapp 0,4 Prozentpunkte. Damit lag sie in dem auch in anderen Jahren üblichen Bereich. Die Zolleinnahmen fielen mit 20 Mrd € knapp 4 Mrd € geringer aus als im Vorjahr. Der Rückgang lässt sich zumindest teilweise durch Zollsenkungen erklären. 7 Darüber hinaus zeigt er aber auch eine Korrektur besonders hoher Zolleinnahmen des Vorjahres. Die wertmäßigen Importe aus Drittstaaten waren 2022 besonders hoch, nicht zuletzt, weil die Mitgliedstaaten günstiges russisches Gas und Öl aufgrund des EU-Importverbots substituierten.

Zahlungen der Mitgliedstaaten an den EU-Haushalt im Jahr 2023
Zahlungen der Mitgliedstaaten an den EU-Haushalt im Jahr 2023

2023 flossen NGEU-Transfers von 66 Mrd € oder knapp 0,4 % des EU-BNEs, davon 48 Mrd € für die ARF (siehe Abbildung 5.5). In Relation zu ihrem BNE erhielten Kroatien, Portugal und Griechenland die meisten NGEU-Mittel (über 1,5 %). Dagegen erhielten Irland, die Niederlande, Belgien, Schweden und Finnland weniger als 0,1 %. Die Unterschiede liegen auch daran, dass die vorgesehenen ARF-Transfers unterschiedlich schnell fließen.

Next Generation EU (NGEU)-Transfers an die Mitgliedstaaten im Jahr 2023
Next Generation EU (NGEU)-Transfers an die Mitgliedstaaten im Jahr 2023

An ARF-Transfers flossen 2023 wie auch in den beiden Vorjahren 13 % der dafür vorgesehenen Mittel. Erneut gab es große Unterschiede zwischen den Ländern. Während in neun Länder gar keine ARF-Transfers flossen, erhielten Estland, Frankreich und Litauen mehr als ein Viertel der für sie insgesamt vorgesehenen Mittel. In elf Länder flossen erstmals Transfers für das REPowerEU-Kapitel: Dänemark, Estland, Frankreich, Litauen, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien und Tschechien.

Zur Halbzeit wurden deutlich weniger als die Hälfte der zur Verfügung stehenden ARF-Mittel ausgezahlt (siehe Abbildung 5.6). Insgesamt riefen die Länder bis Ende 2023 lediglich 40 % der ARF-Mittel ab. Sollen keine Mittel verfallen, muss sich das Abflusstempo beschleunigen. Denn die Europäische Kommission darf die Mittel nur bis Ende 2026 auszahlen. Dies gilt insbesondere für Länder, die bis Ende 2023 keine oder sehr geringe ARF-Mittel abriefen (Irland, Niederlande, Schweden, Ungarn und Polen) oder nur die Vorfinanzierung (Belgien und Finnland). Nach Deutschland flossen bis Ende 2023 21 % der vorgesehenen Mittel, darunter noch keine Mittel für REPowerEU. Lediglich Frankreich, Italien und Kroatien riefen in der ersten Halbzeit mehr als die Hälfte der für sie vorgesehenen Mittel ab.

Transfers der Aufbau- und Resilienzfazilität an die Mitgliedstaaten
Transfers der Aufbau- und Resilienzfazilität an die Mitgliedstaaten

Betrachtet man EU-Haushalt und NGEU insgesamt, leisteten im Jahr 2023 zehn Länder per saldo Zahlungen (siehe Abbildung 5.7). Am höchsten waren die Nettozahlungen mit knapp 0,7 % des BNE in den Niederlanden, Irland und Deutschland. Außer diesen Ländern waren Finnland, Schweden, Dänemark, Luxemburg, Österreich, Frankreich und Belgien Nettozahler. Mit Ausnahme von Frankreich und Belgien leisteten diese Länder sowohl an den EU-Haushalt als auch für NGEU Nettozahlungen. Hingegen war Frankreich mit Blick auf NGEU Nettoempfänger und Belgien mit Blick auf den EU-Haushalt.

Die verbleibenden 17 Länder empfingen per saldo Zahlungen aus den beiden Haushalten. Darunter erhielt Kroatien mit über 4 % die höchsten Nettotransfers, gefolgt von Griechenland, der Slowakei und Litauen mit über 3 %. Diese Länder waren sowohl mit Blick auf den EU-Haushalt als auch mit Blick auf NGEU Nettoempfänger. Das gleiche gilt für Lettland, Estland, Rumänien, Portugal, Tschechien, Slowenien, Malta und Spanien. Hingegen waren Ungarn, Bulgarien, Polen und Zypern nur hinsichtlich des EU-Haushalts Nettoempfänger, während sie für NGEU netto Zahlungen leisteten. Italien war wie auch in den beiden Vorjahren das einzige Land, das nur wegen NGEU zu den Nettoempfänger-Ländern zählte.

Nettobeiträge im Jahr 2023
Nettobeiträge im Jahr 2023

3 NGEU-Schulden und nationale Verschuldung

Der EU-Haushalt beeinflusst die öffentlichen Finanzen der Mitgliedstaaten unmittelbar auf der Einnahmen- und Ausgabenseite. Die NGEU-Transfers wirken sich dagegen derzeit nur auf der Einnahmenseite aus. So mindern die NGEU-Transfers, die ein Land erhält, für sich genommen dessen Defizit. Gleichzeitig entsteht ein Defizit auf der europäischen Ebene. Die dafür aufgenommenen Schulden werden dort verbucht und erhöhen die europäische Verschuldung.

Die Mitgliedstaaten werden durch die europäischen Schulden letztlich ebenso belastet wie durch ihre nationalen Schulden. Daher sind sie bei der Analyse der nationalen Staatsfinanzen zu berücksichtigen. Aus diesem Grund wies die Bundesbank die Deutschland zuzurechnenden europäischen Schulden gemeinsam mit dem deutschen Maastricht-Schuldenstand 2023 aus. 8

Damit die gesamte Schuldenlast erkennbar wird, ist es wichtig auch die europäische Verschuldung transparent, detailliert und zeitnah auszuweisen. Es ist zu begrüßen, dass Eurostat im Dezember letzten Jahres erstmals umfassende Zahlen zur europäischen Verschuldung veröffentlichte. Allerdings lagen zunächst nur für 2021 und 2022 Angaben vor. Daher schätzte die Bundesbank die europäische Verschuldung 2023, um sie dem deutschen Maastricht-Schuldenstand zuzurechnen. 9 Im Juli veröffentlichte Eurostat nun die Zahlen für 2023 (siehe Exkurs zur Maastricht-Verschuldung der EU-Institutionen 2023). Hilfreich wäre es, wenn diese künftig gemeinsam mit den Maastricht-Meldungen für die nationalen Staatsfinanzen im Frühjahr vorlägen.

Exkurs

Zur Maastricht-Verschuldung der EU-Institutionen 2023

Die um Forderungen gegenüber den Mitgliedstaaten konsolidierte EU-Verschuldung lag Ende 2023 nach aktuellen Informationen von Eurostat bei 169 Mrd € oder knapp 1 % des EU-BNE (siehe Abbildung 5.8). 1 Damit fiel sie um 71 Mrd € niedriger aus als von der Bundesbank im April 2024 geschätzt. 2 Grund sind zwei Änderungen: Erstens rechnet Eurostat nun den Bankenabwicklungsfonds (Single Resolution Fund, SRF) als weitere Einheit zu den EU-Institutionen 3 hinzu. Der SRF investiert offenbar umfangreiche Rücklagemittel in Anleihen der EU-Staaten. Zweitens berücksichtigt Eurostat nun auch Einlagen, die die Europäische Kommission bei den Mitgliedstaaten hält. In beiden Fällen handelt es sich um Forderungen von EU-Einheiten gegenüber Mitgliedstaaten, die die konsolidierte EU-Verschuldung mindern. Durch diese Änderungen verringert sich auch die konsolidierte EU-Verschuldung 2021 und 2022 um 27 Mrd € beziehungsweise 38 Mrd € gegenüber der ersten Eurostat-Veröffentlichung von Dezember 2023.

Maastricht-Verschuldung der EU konsolidiert um Forderungen gegenüber den Mitgliedstaaten
Maastricht-Verschuldung der EU konsolidiert um Forderungen gegenüber den Mitgliedstaaten

Gegenüber dem Vorjahr stieg die konsolidierte EU-Verschuldung 2023 um 59 Mrd €. Die Schuldenaufnahme für NGEU-Transfers erhöhte die Verschuldung um 63 Mrd €. Hinzu kamen zusätzliche gemeinsame europäische Kredite an die Ukraine von 18 Mrd € (Makrofinanzhilfen). Hingegen stiegen die Forderungen der EU-Institutionen gegenüber den Mitgliedstaaten um 22 Mrd €. Dies minderte für sich genommen die konsolidierte EU-Verschuldung. 4 Ausschlaggebend für diesen Anstieg dürfte wohl vor allem sein, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM seine liquiden Mittel zurückfuhr und in Anleihen von Mitgliedstaaten investierte.

Literaturverzeichnis

Busch B., B. Kauder und S. Sultan (2024), Die EU und das Geld: Wer zahlt, wer bekommt?, IW-Report, 34/2024.

Deutsche Bundesbank (2024a), Die deutschen Staatsschulden steigen 2023 um 62 Milliarden Euro auf 2,62 Billionen Euro, Schuldenquote sinkt von 66,1 auf 63,7 Prozent, Pressenotiz vom 28. März 2024.

Deutsche Bundesbank (2024b), Die Maastricht-Verschuldung der EU-Institutionen und ihre fiskalische Bedeutung für Deutschland, Kurzberichte, Monatsbericht, April 2024.

Deutsche Bundesbank (2023), Finanzbeziehungen der Mitgliedstaaten zu EU-Haushalt und Extrahaushalt Next Generation EU im Jahr 2022, Monatsbericht, September 2023, S. 83 ff.

Deutsche Bundesbank (2022), Finanzbeziehungen der Mitgliedstaaten zu EU-Haushalt und Extrahaushalt Next Generation EU im Jahr 2021, Monatsbericht, Oktober 2022, S. 37 ff.

Europäische Kommission (2024), European Commission, Directorate-General for Budget, Consolidated annual accounts of the European Union: 2023 Integrated financial and accountability reporting, Publications Office of the European Union, 2024, S. 141.