Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands ging im vierten Quartal 2023 wohl etwas zurück. 1 Die Auslandsaufträge für die deutsche Industrie sanken weiter. Die gestiegenen Finanzierungskosten dämpften nach wie vor die Investitionen, vor allem im Wohnungsbau. Auch die Unsicherheit über die zukünftige Ausrichtung der Fiskal- und Klimapolitik dürfte das Wirtschaftsgeschehen belastet haben. Die Verbraucher blieben vorsichtig. Sie steigerten ihre Konsumausgaben wohl kaum, obwohl sich ihre Ausgabenspielräume vergrößert haben dürften. Denn der Arbeitsmarkt blieb robust, die Inflation war rückläufig, und die Löhne wuchsen kräftig. Zusätzlich dämpften eine für die Bauaktivität ungünstige Witterung und ein gemäß Daten der Betriebskrankenkassen relativ hoher Krankenstand die Wirtschaftsaktivität. Das noch vorhandene Auftragspolster in Industrie und Bau dürfte zwar stützend gewirkt haben, gleichwohl sank die Produktion in beiden Sektoren kräftig. Insgesamt stellt sich die Konjunktur derzeit leicht schwächer dar als in der Dezember-Projektion erwartet. Anzeichen dafür, dass die industrielle Auslandsnachfrage ihren Tiefpunkt bereits erreicht hatte, bestätigten sich nicht. Zudem trübte sich das Geschäftsklima gemäß ifo Institut im Januar 2024 weiter ein. Dagegen verbessert sich die Einkommenssituation der privaten Haushalte wie erwartet. Alles in allem könnte die deutsche Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2024 bestenfalls stagnieren. 2 Damit würde sich die in der Dezember-Projektion erwartete Erholung verzögern. 3
Zur Wirtschaftslage in Deutschland
saison- und kalenderbereinigt; Erläuterungen siehe: Statistischer Teil, XI, und Statistische Fachreihe Saisonbereinigte Wirtschaftszahlen.
| 2023 |
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| 1.Vj. | 2.Vj. | 3.Vj. | Sept. | Okt. | Nov. |
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Auftragseingang (Volumen) 2015 = 100 |
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Industrie | 101,3 | 101,8 | 97,9 | 99,0 | 95,2 | 95,5 |
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davon: | | | | | | |
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Inland | 94,7 | 96,6 | 89,7 | 86,9 | 88,7 | 89,9 |
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Ausland | 106,3 | 105,7 | 104,2 | 108,2 | 100,1 | 99,7 |
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Bauhauptgewerbe | 102,4 | 104,8 | 119,1 | 116,8 | 110,5 | 102,3 |
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Produktion 2015 = 100 |
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Industrie | 97,6 | 96,9 | 95,0 | 94,1 | 93,7 | 93,2 |
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darunter: | | | | | | |
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Vorleistungsgüterproduzenten | 96,9 | 95,3 | 94,3 | 93,2 | 92,8 | 92,3 |
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Investitionsgüterproduzenten | 97,9 | 98,0 | 95,2 | 95,4 | 94,8 | 94,1 |
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Baugewerbe | 114,2 | 112,9 | 111,9 | 111,5 | 109,6 | 106,4 |
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Außenhandel Mrd € |
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Ausfuhr | 398,72 | 393,71 | 386,36 | 126,97 | 126,47 | 131,24 |
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Einfuhr | 352,14 | 343,39 | 334,29 | 109,95 | 108,77 | 110,46 |
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Saldo | 46,58 | 50,32 | 52,07 | 17,02 | 17,71 | 20,78 |
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nachr.: Leistungsbilanzsaldo | 59,14 | 69,47 | 74,33 | 25,94 | 22,99 | 26,88 |
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| 2023 |
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| 2.Vj. | 3.Vj. | 4.Vj. | Okt. | Nov. | Dez. |
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Arbeitsmarkt Anzahl in 1000 |
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Erwerbstätige | 45 949 | 45 934 | ... | 45 939 | 45 961 | ... |
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Offene Stellen 1) | 770 | 741 | 734 | 732 | 732 | 738 |
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Arbeitslose | 2 587 | 2 633 | 2 693 | 2 677 | 2 698 | 2 703 |
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Arbeitslosenquote in % | 5,6 | 5,7 | 5,8 | 5,8 | 5,8 | 5,9 |
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Preise 2015 = 100 |
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Einfuhrpreise | 126,5 | 125,2 | ... | 127,2 | 127,2 | ... |
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Erzeugerpreise gewerblicher Produkte | 149,4 | 147,1 | 146,1 | 147,1 | 146,4 | 144,8 |
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Baupreise 2) | 161,0 | 161,6 | 162,4 | . | . | . |
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Harmonisierte Verbraucherpreise | 125,6 | 126,6 | 126,7 | 126,9 | 126,7 | 126,6 |
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(1 Ohne geförderte Stellen und ohne Saisonstellen. 2 Nicht saison- und kalenderbereinigt.)
Im Gesamtjahr 2023 sank das reale BIP den vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zufolge gegenüber dem Vorjahr um 0,3 % (kalenderbereinigt – 0,1 %). Die schwache Auslandsnachfrage und die hohen Energiekosten lasteten auf der Industrie und den Exporten. Zugleich drückten die gestiegenen Finanzierungskosten auf die Investitionen, insbesondere im Wohnungsbau. Die privaten Haushalte hielten sich zudem mit ihren Konsumausgaben zurück, und der Staatskonsum sank kräftig, da pandemiebezogene Ausgaben entfielen.
Die Industrieproduktion setzte auch im November 2023 ihre im Frühjahr begonnene Abwärtsbewegung fort. Im Mittel von Oktober und November unterschritt sie den Vorquartalsstand saisonbereinigt 4 deutlich. Der Rückgang war über die Branchen breit gestreut, wobei sich die Automobilproduktion vergleichsweise robust zeigte. Gemäß den Angaben des Verbandes der deutschen Automobilindustrie, die bis Dezember vorliegen, ging die Zahl gefertigter Pkw im vierten Quartal gegenüber dem Vorquartal nur etwas zurück. Der Industrie machte die anhaltende Nachfrageschwäche weiterhin zu schaffen. Der industrielle Auftragseingang ging im Mittel von Oktober und November gegenüber dem Vorquartal erneut stark zurück. Auch ohne Großaufträge war der Rückgang deutlich und betraf sowohl die Aufträge aus dem Ausland als auch aus dem Inland. Die schwache Auslandsnachfrage machte sich auch in den Warenexporten bemerkbar, die im Mittel von Oktober und November preisbereinigt etwas unter dem Stand des dritten Quartals lagen. Der Auftragsbestand in der Industrie verringerte sich im November weiter, war aber im längerfristigen Vergleich noch hoch. Demnach wirkte er auch zuletzt noch als Puffer gegen den Rückgang der Neuaufträge und verhinderte ein noch stärkeres Minus bei der Produktion.
Die Produktion im Baugewerbe sank im November 2023 saisonbereinigt kräftig. Auch im Mittel von Oktober und November ging sie gegenüber dem Vorquartal stark zurück. Dabei waren sowohl der Hochbau als auch der Tiefbau und das Ausbaugewerbe von dem starken Rückgang betroffen. Die seit längerer Zeit gedrückte Nachfrage dürfte sich zuletzt stärker in der Produktion niedergeschlagen haben. Gemäß Umfragen des ifo Instituts stieg der Anteil der Unternehmen im Bauhauptgewerbe mit Auftragsmangel weiter deutlich im Mittel des vierten Quartals auf 38 %. Die Reichweite der Auftragsbestände lag zwar noch über dem langfristigen Durchschnitt. Sie ist aber im Vergleich zu ihrem Höchststand vom Februar 2022 spürbar abgeschmolzen. Die Umfrageergebnisse des ifo Instituts signalisieren zudem, dass eine ungünstige Witterung die Bauproduktion im vierten Quartal zusätzlich beeinträchtigte. Dies dürfte vor allem an den hohen Niederschlagsmengen gelegen haben. 5
Die Beschäftigung trotzte auch im November der schwachen Konjunktur. Wie schon im Oktober stieg die Zahl der Erwerbstätigen leicht an. Besonders positiv war zuletzt die Entwicklung bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Die erste Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit – diese liegt für den Monat Oktober vor – weist eine Zunahme von saisonbereinigt 33 000 Personen gegenüber dem Vormonat aus. Ein kräftiges Plus besetzter Arbeitsplätze gab es in den unternehmensnahen Dienstleistungen. Anhaltend günstig ist die Beschäftigungsentwicklung auch im Bereich Gesundheit und Pflege sowie dem Öffentlichen Dienst. Dagegen dämpfte die konjunkturelle Entwicklung die Beschäftigung in der Arbeitnehmerüberlassung, im Handel und in geringem Maß auch im Verarbeitenden Gewerbe. Wirtschaftlich bedingte Kurzarbeit wurde im Oktober für knapp 180 000 Beschäftigte in Anspruch genommen, etwas mehr als einen Monat zuvor. Die Beschäftigungsaussichten stabilisieren sich gleichwohl weiter. Die Frühindikatoren der Beschäftigung zeigten sich im Dezember durchweg – wenngleich nur leicht – verbessert.
Die registrierte Arbeitslosigkeit stieg im Dezember nur noch geringfügig um 5 000 Personen in saisonbereinigter Rechnung. In den vorangegangenen Monaten hatte sie noch durchaus merklich zugenommen. Die Zahl der betroffenen Personen verblieb rundungsbedingt bei 2,70 Millionen, die zugehörige Quote betrug 5,9 %. Im Durchschnitt des gesamten Jahres 2023 ergibt sich eine Arbeitslosenquote von 5,7 %, was einem Anstieg gegenüber 2022 von 0,4 Prozentpunkten entspricht. Dies kam in erster Linie von der großen Zahl an Zuwanderern, vor allem Flüchtlingen. So wurden die ukrainischen Flüchtlinge etwa ab der Jahresmitte 2022 in das Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik integriert. Dies machte sich in erster Linie im Bereich des Grundsicherungssystems bemerkbar. Zudem war die konjunkturelle Entwicklung im abgelaufenen Jahr trotz robuster Beschäftigungsentwicklung zu schwach, um einen Anstieg im Bereich der Arbeitslosenversicherung gänzlich zu verhindern und gleichzeitig den Zuwanderern mehr Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Für die nächsten Monate sind die Aussichten weniger ungünstig als zuletzt. Das IAB-Barometer Arbeitslosigkeit erhöhte sich im Dezember etwas, ist aber weiterhin im negativen Bereich. Dies deutet auf eine auch in den kommenden drei Monaten nur noch wenig ansteigende Arbeitslosigkeit hin.
Die Rohstoffpreise für Energie gaben zuletzt insgesamt nochmals etwas nach. Zum Abschluss dieses Berichts kostete eine Megawattstunde Gas (TTF) in Europa mit 28 € knapp 40 % weniger als noch Ende November 2023. Maßgeblich dafür waren die zeitweise für die Jahreszeit hohen Temperaturen, die gedämpfte industrielle Gasnachfrage, stabile Gaslieferungen sowie sehr gut befüllte europäische Gasspeicher. Die Rohölnotierungen tendierten hingegen seitwärts. Preisdämpfend wirkten Zweifel an der Umsetzung der jüngsten Förderbeschlüsse einiger OPEC-Staaten und ihrer Partner sowie die überraschend hohe Förderung in einigen Nicht-OPEC-Ländern. Wiederaufkommende Sorgen über eine Eskalation des Konflikts im Nahen Osten sorgten hingegen zuletzt für einen leichten Preisauftrieb.
Von den vorgelagerten Wirtschaftsstufen gingen eher preisdämpfende Impulse aus. Gegenüber dem Vormonat blieben die Einfuhrpreise im November zwar unverändert. Dabei gaben allerdings die Preise ohne Energie sichtbar nach. Bei den Erzeugerpreisen, für die schon Angaben zum Dezember zur Verfügung stehen, sanken die Preise für Energie kräftig. Andere Waren verteuerten sich leicht. Gegenüber dem Vorjahr lagen die Einfuhrpreise zuletzt um 9 % und die inländischen Erzeugerpreise um 8½ % niedriger.
Auf der Verbraucherstufe waren die Preise im Dezember saisonbereinigt erneut leicht rückläufig. Die Energiepreise sanken weiter, während die Preise für Nahrungsmittel unverändert blieben und sich Industriegüter und Dienstleistungen leicht verteuerten. Im Ergebnis sank der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) saisonbereinigt um 0,1 % gegenüber dem Vormonat. Trotzdem erhöhte sich der Preisanstieg im Vergleich zum Vorjahr kräftig, und die Inflationsrate stieg deutlich von 2,3 % im November auf 3,8 %. 6 Grund für diesen erwarteten Anstieg sind im Wesentlichen die einmaligen staatlichen Soforthilfen bei den Gas- und Fernwärmezahlungen im Dezember 2022. Diese führten dazu, dass aufgrund des Basiseffekts der zuvor stark negative Beitrag der Energiekomponente zur Gesamtrate wieder merklich positiv wurde. Die Kerninflationsrate ohne Berücksichtigung von Energie- und Nahrungsmittelpreisen blieb näherungsweise konstant und betrug 3,4 % (November 3,5 %).
Im Jahr 2023 lag die Inflationsrate, wie bereits im Vorjahr, im historischen Vergleich außergewöhnlich hoch. Die HVPI-Rate betrug im Jahresdurchschnitt 6,0 % (2022: 8,7 %), wobei die Inflationsrate im Jahresverlauf deutlich rückläufig war. 7 Für die nach wie vor hohe Teuerungsrate waren insbesondere die sehr hohen, gegenüber 2022 nochmals gestiegenen Preiszuwächse bei Nahrungsmitteln verantwortlich. Auch Dienstleistungen verteuerten sich 2023 noch stärker als zuvor. Dagegen blieb die Rate bei den Industriegütern unverändert und ermäßigte sich bei Energie ganz erheblich. Aber auch diese beiden Komponenten verteuerten sich gemessen am langjährigen Mittel weiterhin überdurchschnittlich. Zu Beginn des neuen Jahres dürfte die Inflationsrate wieder spürbar zurückgehen, da der erhöhende Basiseffekt aus dem Dezember entfällt.