Kurzbericht: Konjunkturlage Monatsbericht – Juli 2025
Veröffentlicht am 16.7.2025
Kurzbericht: Konjunkturlage Monatsbericht – Juli 2025
Monatsbericht
1 Deutsche Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal 2025 mehr oder weniger unverändert
Auslaufende Vorzieheffekte trugen dazu bei, dass das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal saisonbereinigt wohl stagnierte. In Erwartung höherer Zölle waren in Deutschland die Industrieproduktion und die Exporte im ersten Quartal deutlich gestiegen. Im zweiten Quartal waren die US-Importzölle auf deutsche Waren und Dienstleistungen zwar teilweise ausgesetzt und die zukünftigen Zollhöhen unklar. Jedoch ist davon auszugehen, dass sich die hohe Aktivität im Vergleich zum Vorquartal etwas normalisierte. Die realen Warenexporte stagnierten im Mittel der Monate April und Mai gegenüber dem Vorquartal. Auch die Industrieproduktion expandierte im gleichen Zeitraum etwas weniger dynamisch. Darüber hinaus weitete der Dienstleistungssektor seine Aktivität im zweiten Quartal voraussichtlich allenfalls leicht aus, auch weil die Sparneigung der privaten Haushalte wohl nicht mehr weiter zurückging und daher vom privaten Konsum weniger Impulse kamen. Vom Bausektor sind deutlich negative Wachstumsbeiträge zu erwarten.
Die konjunkturelle Grundtendenz ist insgesamt weiter schwach. Die Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten aus dem In- und Ausland zog zwar etwas an. Sie ist jedoch nach wie vor gering. Die niedrige Kapazitätsauslastung in der Industrie belastet weiterhin die Investitionsneigung der Unternehmen. Im Juni verbesserte sich zwar die Unternehmensstimmung. Vor allem die ifo Geschäftserwartungen hellten sich auf. Zudem stieg der Einkaufsmanagerindex von S&P Global für Juni wieder knapp über die Expansionsschwelle. Allerdings könnten sich darin teilweise Erwartungen an die Auswirkungen der expansiveren Ausrichtung der Fiskalpolitik widerspiegeln. Ihre Anschubwirkung auf die Wirtschaftsleistung ist aber erst mit Verzögerung zu erwarten. Kurzfristig droht der deutschen Exportwirtschaft zusätzlicher Gegenwind durch die US-Zollpolitik. So kündigte US-Präsident Trump kürzlich an, dass ab dem 1. August 2025 Zusatzzölle von 30 % (anstelle des im April eingeführten Basiszollsatzes von 10 %) auf Produkteinfuhren aus der EU in Kraft treten, falls es nicht zuvor zu einer Einigung kommt. In der Deutschland-Prognose vom Juni hatte die Bundesbank für die Basislinie noch einen Zollsatz von 10 % zugrunde gelegt. Träte der nun angekündigte Zollsatz in Kraft, stellte er insofern ein beachtliches konjunkturelles Abwärtsrisiko dar. Mit Blick auf das in der Deutschland-Prognose vom Juni ebenfalls skizzierte adverse Risikoszenario ist allerdings zu beachten, dass dort einerseits zwar nur ein zusätzlicher Zollsatz für EU-Exporte von 20 % unterstellt wurde, andererseits aber weitere belastende Faktoren wie Gegenzölle der EU in gleicher Höhe, abermals sehr hohe Zölle zwischen den USA und China sowie anhaltend hohe Unsicherheit und starke Finanzmarktreaktionen angenommen wurden. Inwieweit diese Faktoren relevant werden würden, ist gegenwärtig unklar.
2 Anstieg der Industrieproduktion von Kfz-Erzeugung begünstigt
Angeschoben durch die Automobilindustrie legte die Industrieproduktion im Mittel von April und Mai im Vorquartalsvergleich leicht zu. Die Industrieproduktion verzeichnete nach einem starken Abschluss des ersten Quartals im April zunächst einen Rückprall, den sie im Mai aber weitgehend ausglich. Insgesamt stieg die Industrieproduktion im Durchschnitt der ersten beiden Monate des zweiten Quartals leicht im Vergleich zum Vorquartal. Damit steuert sie auf den zweiten Quartalszuwachs in Folge zu, nachdem sie zuvor sieben Quartale lang geschrumpft war. Allerdings legten nicht alle Bereiche zu. Die Produktion von Vorleistungsgütern ging breitflächig zurück. Dagegen erhöhte sich die Produktion von Konsumgütern leicht und die von Investitionsgütern deutlicher. Die Erzeugung Letzterer wurde vor allem von der Automobilbranche aber auch vom sonstigen Fahrzeugbau angeschoben. Die vom Verband der Automobilindustrie für Juni gemeldeten Stückzahlen produzierter Personenkraftwagen deuten darauf hin, dass dies für die Autoindustrie auch für das zweite Quartal insgesamt gilt. Der Auftragseingang bei Kraftfahrzeugen stagnierte im Mai allerdings.
Der Auftragseingang in der Industrie blieb trotz auslaufender Vorzieheffekte in der Grundtendenz aufwärtsgerichtet. Der industrielle Auftragseingang sank zwar im Mai deutlich. Aufgrund des starken Quartalsauftakts im April lag er im Mittel aus April und Mai aber immer noch über dem Vorquartalsdurchschnitt. Maßgeblich für den Anstieg waren die Bestellungen aus dem Ausland, während die Inlandsnachfrage im zweiten Quartal in etwa stagnierte. Zudem entwickelten sich vor allem die Großaufträge zuletzt günstiger als im Vorquartal. Aber auch ohne die volatilen Großaufträge legte der Auftragseingang im zweiten Quartal leicht zu. Damit setzt er seine im Vorjahr begonnene Erholung in der Grundtendenz fort. Hingegen waren die preisbereinigten Warenexporte im April und Mai im Vormonatsvergleich rückläufig. Nach dem starken Märzwert fielen sie im Mittel von April und Mai auf den Vorquartalsdurchschnitt zurück. Maßgeblich dafür dürften deutlich rückläufige Exporte in die USA gewesen sein. Zuvor hatten zum Ende des ersten Quartals erhöhte Ausfuhren in die USA kräftige Impulse geliefert. Diese dürften auf Vorzieheffekte aufgrund der Zollankündigungen durch die US-Regierung zurückzuführen gewesen sein. 1 Je nach zukünftigem Zollniveau droht von den Warenexporten weiteres Rückschlagpotenzial. Hinzu kommt, dass die vom ifo Institut erhobenen Exporterwartungen der Unternehmen jüngst wieder etwas nachgaben, insbesondere im Automobilsektor. Insgesamt bleibt der kurzfristige Ausblick für das Exportgeschäft und die Industrie angesichts der Zollpolitik der US-Regierung eingetrübt.
Der Dienstleistungssektor dürfte im zweiten Quartal allenfalls leicht zugelegt haben. Im April sank die Produktion im Dienstleistungssektor (ohne Handel) im Vergleich zum Vormonat, lag aber dennoch etwas über dem Vorquartal. Für den weiteren Quartalsverlauf zeichnen die bereits bis Juni vorliegenden Stimmungsindikatoren ein uneinheitliches und insgesamt eher verhaltenes Bild. Die vom ifo Institut befragten Dienstleistungsunternehmen bewerteten ihre aktuelle Lage zwar günstiger als im ersten Quartal. Allerdings rangierte der Einkaufsmanagerindex von S&P Global im Dienstleistungsbereich durchweg unterhalb der Expansionsschwelle und dem Vorquartalsdurchschnitt.
Der private Konsum dürfte die Aktivität der Dienstleister kaum unterstützt haben. Die bis April vorliegenden realen Umsätze im Gastgewerbe deuten zwar darauf hin, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in diesem Bereich etwas mehr konsumierten. Allerdings hielten sie sich im Einzelhandel laut den preis- und saisonbereinigten Umsätzen von April und Mai im Vergleich zum Vorquartal deutlich zurück. Laut ifo-Umfrage bewerteten die Einzelhändler ihre Geschäftslage im zweiten Quartal kaum günstiger und die Unternehmen im Gastgewerbe ihre Geschäftslage nur leicht besser als im Vorquartal. Zudem kam die leichte Erholung des GfK-Konsumklimaindex für das zweite Quartal weniger durch eine höhere Konsumneigung als durch verbesserte Einkommenserwartungen zustande. Trotz besserer Konjunkturerwartungen der Verbraucherinnen und Verbraucher stieg ihre Sparneigung laut GfK im zweiten Quartal wieder. Zuvor hatte sich gemäß den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen die Sparquote im ersten Quartal bereits weitgehend normalisiert. Der bisherige Zusatzimpuls für den privaten Konsum aus ihrer Rückführung entfällt damit voraussichtlich.
4 Arbeitsmarkt weiterhin stabil
Der Beschäftigungsstand blieb bereits den dritten Monat in Folge praktisch unverändert. Saisonbereinigt erhöhte sich die Erwerbstätigkeit in Deutschland im Mai gegenüber dem Vormonat zwar lediglich marginal um 2 000 Personen. Dahinter verbirgt sich jedoch eine Verschiebung zwischen den Beschäftigungsformen und Branchen. Dem anhaltenden Rückgang der Zahl selbstständiger Personen steht eine weiterhin moderat steigende Zahl von Arbeitnehmern gegenüber. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, deren erste Schätzung der BA sich auf April bezieht, blieb ebenfalls praktisch unverändert. Der deutliche Arbeitsplatzabbau im Verarbeitenden Gewerbe hielt an. Innerhalb der letzten zwölf Monate sind etwa 2 % der Arbeitsplätze dort verloren gegangen. Kompensiert wurde dies im Wesentlichen durch eine Zunahme im Gesundheits- und Sozialwesen. Dort entstanden ähnlich viele Arbeitsplätze. Der Zuwachs in den letzten zwölf Monaten belief sich in diesem Wirtschaftsbereich auf 2½ %. In anderen Sektoren waren die Veränderungen zuletzt vergleichsweise gering. So kam der Rückgang im Baugewerbe nahezu zum Erliegen und die Zunahme in der Öffentlichen Verwaltung ebenso. Die Inanspruchnahme wirtschaftlich bedingter Kurzarbeit verringerte sich im bisherigen Jahresverlauf von ihrem moderat erhöhten Niveau aus leicht.
Die Frühindikatoren der Beschäftigung bleiben kraftlos. Das ifo Beschäftigungsbarometer, welches die Personalplanungen der gewerblichen Wirtschaft für die nächsten drei Monate abbildet, fiel im Juni wieder deutlich, nachdem es sich in den zwei Monaten zuvor ein wenig aus seinem tiefen Tal gearbeitet hatte. Es überwiegen die Personalabbaupläne. Diese betreffen weiterhin vor allem das Verarbeitende Gewerbe, während im Baugewerbe sogar die Expansionsschwelle leicht überschritten wurde. Das IAB-Barometer Beschäftigung – welches die öffentlich finanzierten Branchen mit in den Blick nimmt – verbesserte sich etwas und befindet sich minimal oberhalb der Expansionsschwelle. Die Zahl der bei der BA gemeldeten offenen Stellen sank jedoch weiter. Der Zugang neuer gemeldeter Stellenofferten stabilisierte sich auf dem erreichten niedrigen Niveau.
Die Arbeitslosigkeit stieg im Juni nur etwas an. Saisonbereinigt gab es mit 2,97 Millionen Personen rund 11 000 mehr registrierte Arbeitslose als im Mai. Die Arbeitslosenquote beträgt weiterhin 6,3 %. Die von der BA ausgewiesene Zahl der Unterbeschäftigten, welche Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen einschließt, sank sogar etwas. Die zuletzt schrumpfende Differenz zwischen der registrierten Arbeitslosigkeit und der Unterbeschäftigung deutet darauf hin, dass der Anstieg der letzten zwei Monate in erster Linie auf einen Rückgang entlastender arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen zurückzuführen ist. Gleichwohl stieg die Arbeitslosigkeit seit Anfang 2023 relativ gleichmäßig um nahezu eine halbe Million Personen. Die vom Strukturwandel geprägte Verschiebung der Beschäftigung zwischen den Wirtschaftsbereichen führte unter anderem dazu, dass Arbeitslose schwerer eine neue Stelle finden und eventuell die Branche wechseln müssen. Auch ein Beschäftigungsabbau über ausbleibende Neubesetzungen freigewordener Stellen verringert die Einstellungschancen von Arbeitslosen und Berufseinsteigern und verlängert die Dauer der Arbeitslosigkeit. Die Aussichten verbesserten sich geringfügig. Das IAB-Barometer Arbeitslosigkeit erholte sich im Juni den dritten Monat in Folge. Es befindet sich jedoch weiter im negativen Bereich, der für eine steigende Arbeitslosigkeit in den nächsten drei Monaten steht.
5 Energierohstoffpreise zuletzt nicht weiter gesunken
Nach Rückgängen in den Vormonaten gaben die Energierohstoffpreise zuletzt insgesamt nicht weiter nach. Im Zuge der militärischen Eskalation des Konflikts zwischen Israel und dem Iran zogen die Preise zeitweise sogar deutlich an. Maßgeblich dafür waren Sorgen vor Angebotsausfällen. Mit der anschließenden Entspannung ließen die Preise wieder nach. Preisdämpfend wirkte ebenfalls die Entscheidung einiger OPEC-Staaten, ihre Förderung auszuweiten. Mitte Juli kostete ein Fass Rohöl der Sorte Brent 71 US-$ und somit nahezu genauso viel wie noch in Juni. Gegenüber dem Vorjahresstand ist der Preis jedoch um knapp 20 % gesunken. Gas kostete in Europa zuletzt mit 35 € je Megawattstunde geringfügig weniger als im Juni und nahezu genauso viel wie ein Jahr zuvor.
6 Inflationsrate sank im Juni leicht auf 2,0 %
Die Preise auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen sanken im Mai gegenüber dem Vormonat. Dies gilt sowohl für die Einfuhren als auch für die gewerblichen Erzeugnisse im Inlandsabsatz und lag insbesondere an den niedrigeren Preisen für Energierohstoffe. Bei den Einfuhren ohne Energie gingen die Preise im Mai aber ebenfalls zurück, wie in den Monaten zuvor. Die inländischen Erzeugerpreise ohne Energie blieben dagegen stabil. Im Vorjahresvergleich sanken die Einfuhrpreise um 1,1 % und die gewerblichen Erzeugerpreise um 1,2 %.
Die Inflationsrate sank im Juni etwas weiter. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) stieg saisonbereinigt erneut leicht um 0,1 % gegenüber dem Vormonat. Etwas günstigere Preise für Nahrungsmittel glichen den moderaten Anstieg der Dienstleistungspreise weitgehend aus. Vor allem Dienstleistungen im staatlichen Sektor verteuerten sich weiter. Die Energiepreise veränderten sich dagegen kaum, nachdem sie in den Vormonaten deutlich gesunken waren. Auch die Preise für Industriegüter ohne Energie änderten sich wie in den Monaten zuvor praktisch nicht. In der Vorjahresbetrachtung sank die Teuerungsrate insgesamt leicht von 2,1 % im Mai auf 2,0 % im Juni. 2 Die Kernrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) schwächte sich ebenfalls ab, von 2,7 % auf 2,5 %.
In den kommenden Monaten dürfte die Inflationsrate um die Marke von 2 % schwanken, sofern der aktuelle Ölpreispfad und der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar unverändert bleiben. Die Energiepreise werden dabei voraussichtlich weniger dämpfen als im ersten Halbjahr. Grund dafür ist unter anderem der Rückgang der Ölpreise im vergangenen Herbst. Dieser Basiseffekt erhöht für sich genommen die Vorjahresraten im zweiten Halbjahr dieses Jahres. Trotzdem dürfte der Beitrag der Energiepreise negativ und damit deutlich unterdurchschnittlich bleiben. Dagegen dürften vor allem die Preise für Dienstleistungen in den kommenden Monaten weiterhin überdurchschnittlich zur Gesamtteuerung beitragen. Insgesamt veränderten sich die Inflationsaussichten gegenüber der Juni-Projektion kaum. 3 Sollte die Stromsteuer für die Verbraucher anders als bisher angenommen doch nicht gesenkt werden, könnte die Inflationsrate 2026 um knapp 0,2 Prozentpunkte höher ausfallen als in der Juni-Projektion unterstellt. 4
In diesem Beitrag wurden Daten bis zum 15. Juli 2025, 11:00 Uhr berücksichtigt.