Länderfinanzen 2024: Lage verschlechtert, Gemeinden mit hohem Defizit Monatsbericht – Oktober 2025

Monatsbericht

Die Haushaltslage der Länder und vor allem ihrer Gemeinden verschlechterte sich 2024 deutlich. Das Defizit von zusammengenommen 43 Mrd € (1 % des BIP) resultierte aber auch aus Sondereinflüssen, und in struktureller Betrachtung war es spürbar niedriger (25 Mrd €). Besonders angespannt ist die Lage auf der kommunalen Ebene: Hier liegt der weit überwiegende Teil des gesamten strukturellen Defizits, und die Ausgaben stiegen auf breiter Front kräftig. Im laufenden Jahr zeichnet sich keine größere Veränderung ab. 

Die Finanzlage streute 2024 erneut stark zwischen den Ländern (einschließlich Gemeinden). Rheinland-Pfalz und Thüringen erzielten Überschüsse. Der Stadtstaat Bremen schloss das Jahr trotz hoher Sanierungshilfen vom Bund mit einem besonders hohen Pro-Kopf-Defizit ab. Bremen verzeichnete unter allen Ländern auch die mit Abstand höchsten Schulden pro Kopf, bei den Flächenländern war dies das andere Sanierungshilfeland Saarland. Am niedrigsten waren die Werte in Sachsen und Bayern. Die Länder haben in den vergangenen Jahren unterschiedlich auf Notlagenkredite zurückgegriffen. Mit Abstand am stärksten (pro Kopf) tat dies Bremen, gefolgt vom Saarland. Damit nähert sich ihre Verschuldung nicht an die anderen Länder an, was mit den Sanierungshilfen eigentlich beabsichtigt ist. 

Mit der Reform der Schuldenbremse erhalten die Länder weitere Kreditspielräume und investive Zuschüsse aus dem neuen Sondervermögen des Bundes. Die neuen Kreditspielräume sind frei verfügbar, und die Investitionszuschüsse sollen nicht an zusätzliche Investitionen gebunden sein. Die Reform des Grundgesetzes wurde aber mit der Bewältigung der großen Herausforderungen bei der Infrastruktur begründet. Es ist nachdrücklich zu empfehlen, dass die Länder die neuen Spielräume vor allem nutzen, um ihre Investitionstätigkeit und die ihrer Gemeinden zusätzlich zu stärken. Beim laufenden Betrieb läge es nahe, die Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und dabei die Digitalisierung zu stärken. Um die Digitalisierung effizient zu gestalten, ist eine länderübergreifende, gemeinsame Vorgehensweise ratsam. Damit könnte nicht zuletzt auch der absehbare Personalmangel entschärft werden. 

Höhere Verschuldungsspielräume machen die Haushaltsüberwachung wichtiger. Dies gilt besonders für die bereits sehr hoch verschuldeten Länder. Die Finanzen der Länder und die Ergebnisse im Rahmen der landesspezifischen Schuldenbremsen lassen sich allerdings weiter kaum überblicken und vergleichen. Es ist weiterhin wichtige Aufgabe des Stabilitätsrates, die Haushalte intensiv zu überwachen und die Transparenz zu erhöhen. 

Die Haushaltslage der Gemeinden droht sich weiter zu verschärfen. Ohne grundlegende Anpassungen engen sich Handlungsspielräume weiter ein, und viele Kommunen dürften wieder in verstärkte Schieflagen mit hohen Kassenkrediten hineinlaufen. Die Länder sind in hohem Maße mitverantwortlich für die kommunalen Finanzen. Wenn härtere Konsolidierungsauflagen im Rahmen der Haushaltsaufsicht nicht ausreichen oder möglich erscheinen, müssten die Länder ihren Gemeinden mehr Mittel zuweisen. Erwägenswert ist zudem, dass Kommunen Kassenkredite nur noch bei ihrem Land aufnehmen dürfen und das Land diese auf seine Kreditgrenze anrechnet. Dies würde der Verantwortung der Länder gerecht und Anreize geben, bei angespannten Kommunalfinanzen zeitnah gegenzusteuern. 

1 Gesamtbetrachtung: hohes strukturelles Defizit auf der Gemeindeebene

Die Finanzlage der Länder und insbesondere ihrer dabei miteinbezogenen Gemeinden verschlechterte sich 2024 deutlich. Dieser regelmäßig erscheinende Länder-Bericht untersucht die Ergebnisse genauer. Er beleuchtet auch die Aussichten im laufenden Jahr und die neuen Kreditspielräume. Zwei ausführliche Tabellen geben einen detaillierten Überblick zum Ergebnis 2024 (Tabelle 4.2 ) und zu dessen Änderung gegenüber 2023 (Tabelle 4.3 ). Hier finden sich umfangreiche Informationen zu den einzelnen Ländern. Anhang 1 erläutert, wie die Daten aufbereitet wurden und welche Unzulänglichkeiten verbleiben. In den Fußnoten dieses Berichts finden sich teils ausführlichere technische Erläuterungen oder Hinweise zu speziellen Entwicklungen in einzelnen Ländern.

Die Länder und Gemeinden meldeten 2024 ein hohes unbereinigtes Defizit von 43 Mrd € (1,0 % des BIP). Davon entfielen 18 Mrd € auf die Länder. Dieses Defizit verteilte sich fast gleichmäßig auf ihre Kern- und Extrahaushalte. Die Gemeinden (der Flächenländer) verzeichneten mit 25 Mrd € ein noch etwas größeres Defizit (siehe Tabelle 4.1, Ziffer 1 , und Schaubild 4.1). 

Finanzierungssaldo der Länder (einschließlich Gemeinden)
Finanzierungssaldo der Länder (einschließlich Gemeinden)

Das (unbereinigte) Defizit der Länder (einschließlich Gemeinden) ist im Vorjahresvergleich stark gestiegen. Dies lag letztlich an einem kräftigen Ausgabenzuwachs von 8 %, der sich über viele Ausgabenarten erstreckte. So legten die gewichtigen Personalausgaben um 8 % zu, gestützt vor allem durch Entgeltanhebungen, aber auch durch Personalaufbau. Auch die Sachinvestitionen wuchsen mit 8½ % kräftig und der laufende Sachaufwand nur wenig schwächer. Bei diesen drei Kategorien wirkte allerdings die Eingliederung zahlreicher Nahverkehrseinrichtungen in den Staatssektor nach. Der Anlass war die Einführung des Deutschlandtickets im Frühjahr 2023 gewesen. Diese Eingliederung erhöhte auch den Zuwachs der Gesamteinnahmen (+ 3½ %) über zusätzliche Gebühreneinnahmen. Die Steuereinnahmen wuchsen um 3 %. 1 Prozentpunkt trug dazu bei, dass die Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge sprunghaft stieg. Gesunkene Ausfälle durch temporäre Krisenmaßnahmen leisteten einen etwa halb so großen Beitrag. Auf der Gemeindeebene belastete, dass die gewichtige Gewerbesteuer stagnierte. 

Tabelle 4.1: Haushaltskennzahlen der Länder (einschließlich Gemeinden) insgesamt
in Mrd €
PositionZiffer2021202220232024
Finanzierungssaldo1

5,1

15,0

− 7,7

− 42,7

Saldo finanzieller Transaktionen2

− 8,5

− 12,2

− 6,3

− 13,3

Abrechnung Länderfinanzausgleich3

0,4

− 0,8

0,0

0,0

Konjunkturkomponente1)4

0,7

5,5

9,1

1,2

Sondereffekte (Corona- und Energie-Maßnahmen)2)5

− 9,1

− 22,2

− 10,6

− 5,2

Struktureller Saldo6 = 1 – 2 + 3 – 4 – 5

22,4

43,2

0,2

− 25,3

Nettozinslast7

10,2

9,6

9,1

8,9

Struktureller Primärsaldo8 = 6 + 7

32,6

52,8

9,2

− 16,4

Quelle: Statistisches Bundesamt und eigene Berechnungen. 1 Konjunkturkomponente gemäß Deutschland-Prognose der Bundesbank vom Juni 2025. 2 Einschließlich verschiedener kleinerer Einmaleffekte ohne Bezug zu Corona- oder Energiemaßnahmen.

Auch strukturell verzeichneten die Länder und Gemeinden ein Defizit von etwas mehr als 25 Mrd €. Es war aber deutlich niedriger als das unbereinigte Defizit, und auch der Anstieg gegenüber dem Vorjahr war geringer 1  (vgl. Tabelle 4.1, Ziffern 2 bis 6). Die temporären Belastungen waren 2024 höher als im Vorjahr. Da sie in der strukturellen Betrachtung herausgerechnet werden, stieg das strukturelle Defizit weniger als das unbereinigte. Folgende Faktoren erklären, dass das strukturelle Defizit unter dem Strich niedriger war als das unbereinigte:

  • Finanzielle Transaktionen erhöhten das unbereinigte Defizit um 13 Mrd €. 2 Temporäre Maßnahmen als Reaktion auf die Energiepreiskrise trugen weitere 5 Mrd € bei (davon auf Grundlage einer Bundesbank-Schätzung gut zwei Drittel durch die Steuerbefreiung von Inflationsausgleichsprämien).
  • Dagegen beeinflusste die Konjunktur die Haushalte von Ländern und Gemeinden im letzten Jahr noch leicht positiv (1 Mrd €). Größere länderspezifische Einmaleffekte waren nicht bekannt, sodass keine Bereinigung erfolgte. Die nachlaufende Abrechnung des bundesstaatlichen Finanzkraftausgleichs (einschließlich finanzkraftabhängiger Bundesergänzungszuweisungen) wirkte zwar auf einzelne Länder spürbar, nicht aber auf das Aggregat (vgl. zu den einzelnen Effekten nachfolgendes Schaubild 4.2).
Einflüsse auf den Finanzierungssaldo der Länder (einschließlich Gemeinden)
Einflüsse auf den Finanzierungssaldo der Länder (einschließlich Gemeinden)

Das strukturelle Defizit entfiel zum weit überwiegenden Teil auf die Gemeindeebene (21 Mrd €). Dort ist die Finanzlage besonders angespannt. Das strukturelle Defizit auf der Länderebene war relativ gering (4½ Mrd €, siehe Schaubild 4.3). 3 Ein strukturelles Defizit der Gemeinden deutet zwar nicht zwangsläufig auf besondere Haushaltsanspannung hin. Das kommunale Haushaltsrecht erlaubt nämlich leistungsfähigen Gemeinden 4 kreditfinanzierte Defizite für Nettoinvestitionen. Die Entwicklung 2024 zeigt aber, dass die Defizite nicht primär infolge der Investitionsausgaben wuchsen. Hauptursache waren höhere Ausgaben für Sozialleistungen und Personal. Gleichzeitig blieb das Steuerwachstum moderat. 5

Strukturelle Salden für Länder und Gemeinden 2024
Strukturelle Salden für Länder und Gemeinden 2024

Die Anspannung der Kommunalfinanzen zeigt sich deutlich in steigenden Kassenkrediten. 6 Kassenkredite zeigen an, dass die Haushalte nicht regulär finanziert sind, und sie sind eigentlich nur als vorübergehende Finanzierungsquelle vorgesehen. Zum Jahresende nicht getilgte Kassenkredite sind daher ein guter Indikator für die Haushaltsanspannung. Tatsächlich sind die Kassenkreditbestände 2024 bundesweit spürbar gestiegen (nachdem sie von Ende 2016 bis Ende 2023 rückläufig waren oder stagnierten). Bereinigt um das Teilentschuldungsprogramm von Rheinland-Pfalz wuchsen sie um 5 Mrd €. Das ist zwar weniger als das deutlich höhere strukturelle Defizit. Dies liegt aber wohl insbesondere daran, dass neben noch relativ umfangreichen regulären Haushaltskrediten auch Reserven zur Verfügung standen. Allerdings wird diese Finanzierungsquelle bei anhaltender Haushaltsanspannung zeitnah versiegen, und der Spielraum an Haushaltskrediten dürfte sich verengen. Dabei ist zwar zu beachten, dass die Situation von Land zu Land unterschiedlich ist. Aus eigener Kraft dürften die Gemeinden insgesamt ihre Haushalte aber kaum wieder ausgleichen können. Die Länder sind mitverantwortlich dafür, die kommunalen Finanzprobleme zu lösen (siehe dazu Abschnitt 4.4).

2 Einzelne Länder: Finanzlage sehr unterschiedlich 7

2.1 Zum unbereinigten Defizit

Bis auf drei Länder verbuchten 2024 alle Länder ein unbereinigtes Defizit (jeweils einschließlich Gemeinden). Die Pro-Kopf-Spannweite fiel mit gut 2 100 € sehr hoch aus. Den höchsten Pro-Kopf-Überschuss erzielte Sachsen (170 €), dicht gefolgt von Rheinland-Pfalz. Thüringen verzeichnete ebenfalls einen Pro-Kopf-Überschuss. In Rheinland-Pfalz und Thüringen lagen die Pro-Kopf-Ausgaben um beinahe 1 000 € unter dem Durchschnitt der Flächenländer (9 200 €). Unter diesen verzeichnete Hessen mit 1 010 € das höchste Pro-Kopf-Defizit. Mit großem Abstand an der bundesweiten Spitze lag Bremen mit 1 940 €. Es erhält – wie das Saarland – seit 2020 umfangreiche Sanierungshilfen von 400 Mio € pro Jahr. Pro Kopf waren das in Bremen 570 €, wovon eigentlich ein Fünftel für Tilgungen der hohen Altschulden einzusetzen ist. Angesichts einer von Bremen festgestellten Notlagensituation sah das Bundesfinanzministerium aber erneut davon ab, Sanierungshilfen zu kürzen. 

2.2 Zum teilbereinigten strukturellen Defizit

In struktureller (teilbereinigter 8 ) Betrachtung lag das Defizit in den meisten Ländern (jeweils Länder einschließlich Gemeinden) niedriger als unbereinigt, und die Spannweite zwischen den Ländern war erheblich geringer (siehe Tabelle 4.2, Ziffer 6 ). Ausschlaggebend war, dass bei der Bereinigung insbesondere in Ländern mit besonders hohen Defiziten sehr hohe Beteiligungserwerbe herausgerechnet wurden (siehe Tabelle 4.2, Ziffer 2 ). Dies gilt insbesondere für die drei Stadtstaaten (über 820 € in Hamburg und Bremen, in Berlin sogar 1 090 €). Unter den Flächenländern fielen Beteiligungserwerbe besonders in Hessen und im Saarland ins Gewicht (über 370 €). Die Kategorie Beteiligungserwerbe werden bei der strukturellen Betrachtung herausgerechnet, weil den Ausgaben dabei ein Zuwachs an Finanzvermögen gegenübersteht. In einigen Fällen scheint die Werthaltigkeit des Zuwachses aber fraglich, wobei dies im Rahmen dieses Berichts nicht genauer geprüft werden kann. 9

Gegenüber dem Vorjahr verschlechterte sich das strukturelle (teilbereinigte) Ergebnis in 14 Ländern. Die beiden Ausnahmen waren auch die einzigen Länder mit einem positiven Ergebnis: Einen Überschuss erzielte Rheinland-Pfalz mit 120 € pro Kopf, gefolgt von Thüringen. Über alle Länder gerechnet ergab sich ein (teilbereinigtes) strukturelles Defizit von 370 €. Unter den Flächenländern stand das höchste diesbezügliche Defizit für Schleswig-Holstein zu Buche (660 €), dicht gefolgt von Brandenburg und Hessen. Bundesweit am höchsten war es wie in beiden Vorjahren in Bremen. Mit 1 080 € lag es nicht nur weit über den Werten anderer Länder, sondern auch über dem Vorjahreswert (+ 610 €). 

Finanzierungssalden der einzelnen Länder (einschließlich Gemeinden) 2024
Finanzierungssalden der einzelnen Länder (einschließlich Gemeinden) 2024

2.3 Zu den Einnahmen 10

Die steuerlichen Pro-Kopf-Einnahmen der Länder (einschließlich Gemeinden) sind weiterhin sehr unterschiedlich. 11 Die Spannweite betrug allein unter den Flächenländern 12 800 €. So übertraf der Höchstwert in Hessen (knapp 6 600 €) den Tiefstwert in Sachsen-Anhalt um 14 % (siehe auch Tabelle 4.2, Ziffer 19 ). Hier ist zu berücksichtigen, dass Hessen im bundesstaatlichen Finanzkraftausgleich bereits 600 € pro Kopf abtrat und Sachsen-Anhalt (einschließlich finanzkraftabhängiger Bundesergänzungszuweisungen) 1 330 € pro Kopf erhielt. Die verbleibende Abweichung ist zum größeren Teil darauf zurückzuführen, dass der Finanzausgleich keine vollständige Angleichung vornimmt und dabei die Einnahmen der kommunalen Ebene nur teilweise berücksichtigt werden. Eine Rolle spielt aber auch, dass in Hessen höhere Steuersätze galten (Grunderwerbsteuersätze sowie landesdurchschnittliche Hebesätze der Grundsteuern und der Gewerbesteuer), was 21 % der Differenz erklärt.

2.4 Zu den Schulden und Zinslasten

Die Schulden von Ländern und Gemeinden lagen bundesweit bei 850 Mrd € (rund 10 200 € pro Kopf). Die Schuldenstände pro Kopf unterscheiden sich weiterhin sehr stark zwischen den Ländern (einschließlich ihrer Gemeinden). 13 Den weitaus höchsten Pro-Kopf-Wert hatte Bremen mit 36 700 €, gefolgt vom Saarland mit 20 300 € und Hamburg mit 20 200 €. Den niedrigsten Wert meldete Bayern mit knapp 3 200 €, dicht gefolgt von Sachsen. Pro Kopf stiegen die Schulden besonders stark in Bremen (+ 3 000 €). Mit großem Abstand folgten Berlin (+ 1 500 €), Hessen und Hamburg. Bremen wies ein sehr hohes Defizit aus. Der Schuldenstand stieg zudem noch zusätzlich, weil sich der Marktwert seiner umfangreichen Zinssicherungsgeschäfte negativ entwickelte. 14  

Schulden der einzelnen Länder
Schulden der einzelnen Länder

Die Durchschnittsverzinsung der Schulden von Ländern und Gemeinden nahm bundesweit gegenüber dem Vorjahr zu. Sie stieg um 0,2 Prozentpunkte auf 1,9 % (siehe Tabellen 4.2 und 4.3, jeweils Ziffer 24 ). Zwar können sich die einzelnen Länder am Kapitalmarkt zu ähnlichen Konditionen finanzieren. Allerdings variiert die Durchschnittsverzinsung durch Unterschiede bei den Zeitpunkten der Kreditaufnahme, bei den Zinsbindungsfristen und bei Zinsabsicherungsgeschäften.

Die höchste Durchschnittsverzinsung errechnete sich 2024 für Bremen. Mit knapp 2,7 % veränderte sie sich gegenüber dem Vorjahr aber kaum. Die Zinsabsicherungsgeschäfte führen zu relativ hohen Zinskosten, verhindern aber einen nennenswerten Anstieg. Die Durchschnittsverzinsung sank besonders stark in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern (jeweils um 0,6 Prozentpunkte). 15 Die niedrigsten Durchschnittszinsen errechneten sich für Berlin (gut 1,2 %).

Die Zinsausgaben der Länder (einschließlich Gemeinden) stiegen insgesamt weiter. Die Zinseinnahmen legten aber sogar noch etwas stärker zu (wie im Vorjahr). Die Netto-Zinslasten (bei denen Zinseinnahmen von den Zinsausgaben abgesetzt sind) gingen damit zurück. Der Rückgang gründete dabei im Wesentlichen auf Baden-Württemberg, das seine Zinseinnahmen bei rückläufigen Zinsausgaben steigern konnte. In Mecklenburg-Vorpommern war die Entwicklung ähnlich (Netto-Zinslasten: - 60 € pro Kopf). Den größten Anstieg der Netto-Zinslasten gab es dagegen in Nordrhein-Westfalen. Mit 30 € pro Kopf fiel aber auch dieser noch moderat aus. Bremen hatte die mit Abstand höchsten Netto-Zinslasten pro Kopf (780 €), gefolgt vom Saarland (280 €, siehe Tabelle 4.2, Ziffer 7 ). 

Zinsbelastung der einzelnen Länder (einschließlich Gemeinden) 2024
Zinsbelastung der einzelnen Länder (einschließlich Gemeinden) 2024

Wie stark die Länder jeweils durch die Netto-Zinslast eingeschränkt sind, zeigt deren Relation zu den steuerlichen Einnahmen. Bundesweit ergab sich ein Wert von gut 1½ %. Bremen verzeichnete den mit Abstand höchsten Wert (knapp 10 %) gefolgt vom Saarland (knapp 5 %). Die effektive Zinslast dieser beiden Länder ist aber viel niedriger, als es der Standardindikator anzeigt, weil Sanierungshilfen vom Bund zufließen: Wird die Zinslast um die Sanierungshilfen verringert ausgewiesen, lag die Netto-Zinslast Bremens bei 2½ %. Dies entspricht dem Niveau in Hamburg und Berlin. Im Saarland ist die bereinigte Quote sogar negativ (fast - 2 %). Die Hilfen des Bundes übertreffen also die Netto-Zinslasten des Saarlands.

3 Schuldenbremsen der Länder

3.1 Große Unterschiede bei der Konjunkturbereinigung

Die Länder klammern Konjunktureffekte in ihren Schuldenbremsen sehr unterschiedlich aus. Die meisten Länder ermitteln konjunkturelle Einflüsse bei Aufstellung des Haushalts mit einer ähnlichen Methode wie der Bund. 16 Andere Länder bestimmen die Konjunkturkomponente hingegen grundlegend anders. Teilweise ermitteln sie diese als Abweichung des Steueraufkommens von einem langjährigen Entwicklungstrend. Teilweise leiten sie aus der jüngeren Vergangenheit ein Referenzniveau ab und berechnen die Konjunkturkomponente als Abweichung von diesem Niveau. 17 Nur noch Bayern verzichtet vollständig auf eine Konjunkturbereinigung. Dagegen griff Nordrhein-Westfalen 2024 erstmals darauf zurück und verschaffte sich damit zusätzlichen Kreditspielraum.

Alle Länder zusammen bringen für das Jahr 2024 konjunkturelle Belastungen von 7½ Mrd € zum Ansatz. Aufgrund der unterschiedlichen Verfahren unterscheiden sich die jeweils berücksichtigten Konjunktureinflüsse aber stark. Dies geschieht trotz des bundesstaatlichen Finanzausgleichs, der konjunkturelle Unterschiede – wie solche bei der Finanzkraft – größtenteils ausgleichen sollte. Einzelne Länder meldeten entlastende Konjunktureffekte (Rheinland-Pfalz, Hamburg und Bremen). 18 Neben Bayern brachten Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen keine Konjunktureffekte zum Ansatz. 19 Die meisten Länder meldeten dagegen umfangreiche belastende Konjunktureffekte. Damit ist in diesen Ländern eine höhere Nettokreditaufnahme innerhalb ihrer Schuldenbremsen möglich. 

Zu ausgewählten Ergebnissen der Konjunkturbereinigung der Länder

  • Der Spitzenwert an Konjunkturlast aus dem Saarland gründet darauf, dass der bundesstaatliche Finanzkraftausgleich einen Sondereffekt aus 2023 abrechnete. Der hohe Wert reflektiert insoweit keine konjunkturelle Schwankung, sondern gleicht die starke Einnahmenschwankung aus. Es ist gut begründet, um diese Schwankung zu bereinigen. 20
  • Abgesehen von diesem Sonderfall meldete Sachsen-Anhalt die größte Konjunkturlast pro Kopf (370 €). Dem liegt zugrunde, dass das Land seinen Ausgangswert für die Konjunkturlast bereits im Mai 2023 bestimmt hatte. Danach entwickelte sich das Steueraufkommen deutlich schwächer als erwartet, was die so ermittelte Konjunkturlast beim Haushaltsabschluss vergrößerte.
  • Baden-Württemberg nutzte die errechneten negativen Konjunktureffekte nicht vollständig für Kreditaufnahmen. Der Haushalt schloss damit günstiger ab als nach der Schuldenbremse zulässig. In Vorjahren war dies anders gewesen. 21  

Die verschiedenen und teils komplexen Verfahren zur Konjunkturbereinigung erschweren die Analyse der Länderfinanzen im Hinblick auf die Schuldenbremsen erheblich. Regelmäßig starke Abweichungen zwischen den errechneten Konjunktureffekten einzelner Länder sind bei typischerweise weitgehend gleichlaufenden konjunkturellen Entwicklungen ökonomisch schwer zu begründen. Daher lassen sich die konjunkturbereinigten Ergebnisse auf Grundlage der Landesangaben unter den Ländern nicht sinnvoll vergleichen. Darüber hinaus implizieren rechnerisch unterschiedliche Konjunktureffekte zwischen den Ländern auch unterschiedliche Anforderungen durch die Schuldenbremsen. Auch dies ist ökonomisch nicht gut begründbar. Ungeachtet dessen ist es grundsätzlich empfehlenswert, konjunkturbedingte Be- und Entlastungen symmetrisch und vollständig anzurechnen. So wird eine wünschenswerte stetige Haushaltspolitik am ehesten sichergestellt.

3.2 Trotz Defiziten wurden Notlagenkredite getilgt

Die meisten Länder konnten 2024 das insgesamt defizitäre Ergebnis in den Kreditgrenzen ihrer Schuldenbremsen gut auffangen und sogar Notlagenkredite tilgen. 22 Allerdings unterschieden sich die Ergebnisse der einzelnen Länder auch hier stark – teils weit über die zuvor beschriebenen landesspezifischen Konjunktureffekte hinaus.

Per saldo tilgten die Länder Notlagenkredite von 7 Mrd €. Dazu nutzten sie offenbar großteils Reserven, die sie zuvor aus Notlagenkrediten gebildet hatten (vgl. Exkurs „Entwicklung der Notlagenkredite im Haushaltsjahr 2024 in einzelnen Ländern). Dabei wuchsen die Bestände an Notlagenkrediten nur in Bremen (gut + ½ Mrd €). Das Saarland griff zwar ebenfalls auf Notlagenkredite von ½ Mrd € zurück, hatte diese aber schon im Vorjahr als aufgenommen gemeldet. Sachsen-Anhalt nahm zwar einen kleineren Betrag neu auf, insgesamt überwogen dort aber die Tilgungen deutlich. 23

Die Länder meldeten Ende 2024 einen Bestand an Notlagenkrediten von rund 60½ Mrd € (gut 700 € pro Kopf) 24  (vgl. auch Tabelle 4.4 ). Bei der Bewilligung von Notlagenkrediten müssen die Länder einen Tilgungsplan verabschieden. Die damit aufgelaufenen Tilgungspflichten verteilen sich sehr unterschiedlich auf die Länder. 25 Rheinland-Pfalz hatte seine Notlagenkredite bereits 2021 getilgt, Hamburg 2023. Die gemeldeten ausstehenden Pro-Kopf-Verpflichtungen sind weiterhin am höchsten in Bremen und im Saarland (4 000 € beziehungsweise 3 000 €). Beide Länder erhalten umfangreiche Sanierungshilfen vom Bund. Sie haben sich im Gegenzug verpflichtet, ihren Schuldenstand zu verringern. Umfangreiche Notlagenkredite erhöhen diesen aber für längere Zeit und vergrößern so den Abstand zu den übrigen Ländern. 

Exkurs

Entwicklung der Notlagenkredite im Haushaltsjahr 2024 in einzelnen Ländern

Die Bundesbank erstellt für diesen Aufsatz eine eigene Überschlagsrechnung zu Finanzbedarfen oder Tilgungsmöglichkeiten. Diese Rechnung nutzt zwar Länderangaben zu ausgeklammerten Konjunktureffekten und finanziellen Transaktionen. Der als Ausgangspunkt einbezogene Finanzierungssaldo weicht aber vom Startpunkt in den Schuldenbremsenabrechnungen der Länder ab (siehe Tabelle 4.4 ). 1  

Die Überschlagsrechnung deutet darauf hin, dass die Länder vorrangig Reserven zur Tilgung einsetzten. Sie zeigt für die Ländergesamtheit für 2024 per saldo keinen Tilgungsspielraum aus dem Haushaltsvollzug an. In den Haushalten von 2024 stand demnach ein strukturelles Defizit von 4½ Mrd € zu Buche. 2 Um dennoch Notlagenkredite zu tilgen, spielten offenbar Reserven eine zentrale Rolle. 

  • Nordrhein-Westfalen etwa tilgte Notlagenkredite von 3 Mrd €, als deren Rückzahlung fällig wurde. Die seinerzeit am Kapitalmarkt aufgenommenen Mittel hatte das Land offenbar nicht im Zuge der Krisenbekämpfung verbraucht, sondern angelegt.
  • Schleswig-Holstein wollte für seinen Finanzierungsbedarf eigentlich Notlagenkredite aufnehmen, muss nach einem Urteil des Landesverfassungsgerichts aber darauf verzichten. In der landeseigenen Abrechnung ergibt sich so ein spürbarer Rückgang der Notlagenkreditbestände durch Tilgung über Reserven. 3
  • Mecklenburg-Vorpommern zahlte sogar trotz eines rechnerischen strukturellen Finanzierungsbedarfs in beträchtlichem Umfang Notlagenkredite zurück. In Sachsen-Anhalt überstiegen die Tilgungszahlungen den errechneten strukturellen Überschuss.
Notlagenkreditaufnahme / - tilgung und Finanzierungsbedarf der Länder (2024) nach Überschlagsrechnung der Bundesbank
Notlagenkreditaufnahme / - tilgung und Finanzierungsbedarf der Länder (2024) nach Überschlagsrechnung der Bundesbank

Die Länder planen, ausstehende Notlagenkredite über unterschiedliche Zeiträume zu tilgen. Tendenziell sehen Länder mit höheren Notlagenkrediten längere Tilgungszeiträume vor. Den kürzesten Zeitraum plant Sachsen mit einer Tilgung bis 2030. Die besonders lange Tilgungsphase in Nordrhein-Westfalen erstreckt sich über 50 Jahre bis 2070. Damit sind die jährlichen Lasten relativ gering. In fast allen Ländern waren 2024 die Tilgungspläne bereits angelaufen – ungeachtet einiger Beschlüsse, diese aufzuschieben. Einige Länder tilgten mehr als laut Tilgungsplan angestanden hätte. Mecklenburg-Vorpommern tilgte 900 Mio €, planmäßig beginnen die Tilgungszahlungen dann 2028. Lediglich Bremen tilgte 2024 per saldo noch keine Notlagenkredite, sondern nahm weitere auf. Aber auch das Saarland weitete seine effektiven Tilgungslasten noch aus, indem es zuvor aufgenommene Notlagenkredite nun verbrauchte. Die Tilgung beginnt im Saarland planmäßig 2025, in Bremen erst 2028.

Tilgungsverpflichtungen aus Notlagenkrediten allein sind kein guter Indikator dafür, wie künftige Haushalte vorbelastet sind. Zusätzlich sind vorhandene Vorsorgemittel beziehungsweise Reserven zu berücksichtigen. Länder reservieren Vorsorgemittel zwar zum guten Teil für besondere Aufgaben. Sie können eine solche Zweckbindung aber teils auch aufheben, wenn ein besonderer Bedarf an anderer Stelle besteht. Insofern können Vorsorgemittel Lasten durch Tilgungsverpflichtungen aus Notlagenkrediten lindern. Allerdings fehlt weiter ein umfassender Überblick über die Vorsorgemittel. Eine neue Umfrage der Bundesbank deutet weiterhin auf länderweise sehr unterschiedliche Bestände (vgl.Anhang 2). 

4 Ausblick: Neue Spielräume der Länder gezielt einsetzen, Transparenz stärken

4.1 Defizitentwicklung 2025

Das Gesamtdefizit von Ländern und Gemeinden zusammengenommen könnte sich gegenüber dem Vorjahr nur wenig verändern. Die erwartete verhaltene gesamtwirtschaftliche Entwicklung lässt nur einen moderaten Anstieg der Steuereinnahmen erwarten. Auf der Länderebene könnte sich aber der Erwerb von Finanzvermögen verringern. Andere Länderausgaben könnten hingegen weiter deutlich zulegen, insbesondere für Personal. Bei den Gemeinden dürfte das Steueraufkommen noch etwas langsamer wachsen als bei den Ländern. Zugleich sind dort deutliche Ausgabenzuwächse breiter angelegt, etwa für Sozialleistungen, Personal und laufenden Sachaufwand. 

Exkurs

Kommunalfinanzen im ersten Halbjahr 2025

Die Kommunen (Kern- und Extrahaushalte) schlossen das erste Halbjahr 2025 mit einem sehr hohen Defizit ab. Nach den Angaben der vierteljährlichen Kassenstatistik übertraf es mit 20 Mrd € den Wert des Vorjahreszeitraums um 2½ Mrd €. Vorgezogene Schlüsselzuweisungen in Baden-Württemberg 1 senkten das Defizit dabei noch um gut 2 Mrd €. 

Die Einnahmen stiegen im ersten Halbjahr um gut 6 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum, davon etwa 1 Prozentpunkt durch die vorgezogenen Zuweisungen. Die Gebühreneinnahmen wuchsen schwungvoll, wohl auch weil Gemeinden über Gebührenanhebungen den Kostendeckungsgrad erhöhten, um Budgetlücken zu verringern. Die Steuererträge legten insgesamt moderat um knapp 3 % zu, wobei die gewichtige Gewerbesteuer stagnierte. 

Die Ausgaben wuchsen mit + 7 % weiter recht kräftig (+ 13 Mrd €), wobei alle gewichtigen Bereiche deutliche Zuwächse verzeichneten. Die Zinsausgaben legten weit überdurchschnittlich zu (+ 21 %), blieben aber mit 1 % der Gesamtausgaben insgesamt weiter unauffällig. Bei den Sozialleistungen stiegen die Leistungen für die Eingliederungshilfe besonders stark. Dem standen aber schwächere Zuwächse nicht zuletzt bei den Unterkunftskosten im Rahmen der Grundsicherung und sinkende Asylbewerberleistungen gegenüber. ­

Die Schulden der Gemeinden sind im ersten Halbjahr deutlich gegenüber dem Stand Ende 2024 angestiegen. Dabei ist auch eine beschleunigte Zunahme der Kassenkredite zu beobachten. Die Schulden der Gemeinden gegenüber dem nicht-öffentlichen Bereich stiegen im ersten Halbjahr um rund 9½ Mrd € (+ 5 %). Mit 6 Mrd € entfielen davon rund zwei Drittel auf Kassenkredite. 

Weiterhin unsicher sind die Auswirkungen der Grundgesetzänderungen vom März 2025 auf das Finanzergebnis der Länder (einschließlich Gemeinden) 2025. 26  Aus derzeitiger Sicht dürften sie die beschriebenen Grundtendenzen aber nicht dominieren.

  • Aus dem Sondervermögen Infrastruktur/Klimaneutralität (SV IK) erhalten die Länder gemäß den Bundesplanungen im laufenden Jahr noch 8½ Mrd €. Die tatsächlichen Zuflüsse könnten aber niedriger sein, denn die Anforderungen für den Abruf der Mittel sind noch zu vereinbaren. Hier zeichnet sich ab, dass dem Wunsch der Länder entsprechend keine zusätzlichen Investitionsausgaben nachzuweisen sein werden. Wenn also im laufenden Jahr noch spürbare Bundesmittel fließen sollten, würde dies wohl im Wesentlichen die Defizite von Ländern dämpfen – und gegebenenfalls der Gemeinden, wenn die Länder Mittel weiterleiten sollten.

  • Mit dem zusätzlichen Kreditspielraum von jährlich 0,35 % des BIP beziehungsweise gegenwärtig 15 Mrd € könnten die Länder ihr Defizit schon 2025 deutlich ausweiten. Es ist allerdings fraglich, ob bis zum Jahresende noch umfangreichere zusätzliche defizitausweitende Maßnahmen wirksam werden. Das Defizit von Ländern und Gemeinden zusammen ändert sich jedenfalls nicht, wenn Länder Mittel an ihre Gemeinden leiten und diese damit Finanzierungslücken schließen (die Defizite steigen dann bei den Ländern und sinken bei den Gemeinden). Auch wenn die Länder Mittel in Extrahaushalten zurücklegen, hat dies keinen Einfluss auf das hier betrachtete Defizit. 

4.2 Neue Verschuldungsmöglichkeiten bei hohen Schuldenständen sorgsam nutzen

Die ausgeweiteten Verschuldungsmöglichkeiten verschaffen Spielräume. Höhere Schulden vergrößern aber künftige Zinslasten. Entsprechend sorgsam sind die neuen Spielräume einzusetzen, insbesondere von bereits hoch verschuldeten Ländern. Die Länder erhalten höhere Spielräume und können zudem weiterhin landesspezifische Konjunktureffekte und den Saldo finanzieller Transaktionen beim Kreditspielraum berücksichtigen. Unter den Ländern ist der Spielraum von 0,35 % des BIP in Anlehnung an den „Königsteiner Schlüssel“ und damit vorrangig nach ihrer Steuerkraft aufgeteilt. 27 Dies erscheint sinnvoll. Neben der Steuerkraft sind allerdings auch die Lasten aus bestehenden und neuen Schulden zu beachten. Derzeit erhalten Bremen und das Saarland vom Bund Sanierungszuweisungen, damit sie ihre hohen Zinslasten tragen und ihre hohen Schulden zurückführen können. Solange sie auf solche Hilfen angewiesen sind, sind umfangreichere neue Schulden schwer zu begründen. Aber auch die übrigen Länder müssen darauf achten, dass die zusätzlichen Kreditzinsen dauerhaft finanzierbar bleiben. So dürften auch hier die Zinslasten bereits durch weiter steigende Durchschnittsverzinsungen zunehmen. 

4.3 Mittel aus SV IK zielorientiert einsetzen

Im Grundgesetz wurde ein Kreditspielraum für zusätzliche Infrastrukturinvestitionen verankert. Aus dem SV IK sollen 108 Mrd € an die Länder fließen. 28 Die Länder und insbesondere die Gemeinden verantworten den größten Teil der staatlichen Infrastruktur. Dementsprechend sind sie gefordert, die zunehmenden Schwächen zu beseitigen. Insofern ist es folgerichtig, dass umfangreiche Mittel aus dem Sondervermögen an die Länder fließen und diese größere Teile an ihre Gemeinden weiterreichen. 

Die beabsichtigte Zusätzlichkeit der Vorhaben scheint indes für die Ländermittel aufgegeben zu sein. Dies gefährdet die nötige Infrastrukturmodernisierung. So sichern die geplanten gesetzlichen Regelungen nicht ab, dass Länder und Gemeinden nur zusätzliche Vorhaben mit den SV IK-Mitteln finanzieren. Die Länder hatten auf diese Ausgestaltung explizit Wert gelegt, offenbar um mit den Mitteln auch bereits geplante Vorhaben finanzieren zu können. Ein wichtiger Grund dafür dürften die umfangreichen Haushaltslücken insbesondere auf der Gemeindeebene sein. Es wäre allerdings ein Rückschlag, wenn die Modernisierung der Infrastruktur nicht gelingt, weil mit den neuen Bundesschulden zum guten Teil Haushaltslücken gestopft werden. 

Dem lässt sich vorbeugen, indem die SV IK-Mittel an zusätzliche Ausgaben für Infrastruktur gebunden werden. Pragmatisch könnte der Bund Mittel in einem Jahr nur dann gewähren, wenn ein Land dann einen Anstieg der Sachinvestitionen in Prozent des BIP gegenüber 2024 einplant und später in der Jahresabrechnung nachweist. Diesen Ansatz hatte die Bundesbank in ihrem Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse im März angeregt. Tatsächlich erwartet das Bundesministerium der Finanzen in seiner jüngsten Fiskalschätzung bis 2029 für die Kernhaushalte von Ländern und Gemeinden trotz der massiven Zuschüsse lediglich in etwa stabile nominale Ausgaben für Sachinvestitionen. Wenn der Bund eine Modernisierung der Infrastruktur von Ländern und Gemeinden wirklich anstrebt, wären Nachbesserungen im vorgeschlagenen Sinne folgerichtig.

Eine weitere Chance des SVIK könnte darin liegen, eine bundeseinheitliche Digitalisierung in den Ländern zu fördern. Dazu könnte ein Teil der Mittel für gemeinsame Digitalisierungsprojekte eingesetzt werden, welche die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen verbessern. 29 Eine länderübergreifend effiziente digitale Verwaltung dürfte sich mit einer stark koordinierten Herangehensweise besser erreichen lassen. Digitalisierung dürfte auch helfen, den absehbaren Personalmangel zu bewältigen. 

4.4 Länder hinsichtlich Kommunalfinanzen gefordert, Finanzreform ratsam

Die Länder tragen hohe Verantwortung für die kommunalen Finanzen. Sie gestalten maßgeblich die Finanzausstattung und Aufgaben ihrer Kommunen mit. Auf der Finanzierungsseite stellen sie umfangreiche Mittel zur Verfügung und begrenzen Finanzkraftunterschiede. Zudem verantworten sie die kommunale Finanzaufsicht. Diese soll Haushaltsschieflagen vermeiden. Wenn härtere Auflagen der Aufsicht nicht genügen, um solide Haushalte zu erreichen, sind stärkere Mittelzuweisungen der Länder geboten. 

Es ist vor diesem Hintergrund zu begrüßen, dass Länder mit hohen kommunalen Kassenkrediten in den letzten Jahren ihren Kurs änderten und einen Abbau einleiteten. Kassenkredite zeigen Fehlentwicklungen bei den Kommunalfinanzen an (siehe auch Kapitel 1). Nach jahrzehntelangen Fehlentwicklungen sanken die Kassenkredite von 46 Mrd € Ende 2016 bis Ende 2023 auf 27 Mrd €. Hierzu leisteten bundesfinanzierte Finanzhilfen und landesspezifische Entschuldungsprogramme wichtige Beiträge. Besonders umfassend war die „Hessenkasse“ zum Ende des letzten Jahrzehnts. Auch das Saarland und Rheinland-Pfalz übernahmen in den letzten Jahren einen guten Teil der aufgelaufenen Kassenkredite. Im Gegenzug zu den Länderprogrammen müssen die unterstützten Gemeinden ihre Kassenkredite künftig so eng begrenzen, dass sie nicht neuerlich auf Hilfe angewiesen sind. Als letztes Land mit hohen kommunalen Kassenkrediten beschloss Nordrhein-Westfalen im Sommer 2025 ein Gesetz zur Teilentschuldung. 30

Allerdings verschlechterte sich die Lage der Kommunalfinanzen bereits 2024 wieder, und die Kassenkredite stiegen teils wieder deutlich. Dabei wurden offenbar auch Reserven eingesetzt, um einen noch schnelleren Anstieg zu vermeiden. Ohne Gegenmaßnahmen dürften mehr und mehr Kommunen die Reserven aufbrauchen, die sie in den letzten Jahren gebildet haben. Damit die Kassenkredite nicht weiter und beschleunigt steigen, muss sich die Finanzlage der Kommunen bundesweit nachhaltig verbessern. Dies setzt weitere Schritte voraus. 

Die Länder sind gefordert, finanzielle Schieflagen ihrer Kommunen frühzeitig zu verhindern. Das bedeutet zunächst eine konsequente Aufsicht gefährdeter Kommunen, die auf eine sparsame und effiziente Mittelverwendung hinwirkt. Auch kommunale Steuererhöhungen sind zu erwägen, wobei hohe Hebesätze für die Gewerbesteuern den Unternehmensstandort belasten. Wenn die Ausgaben- und Abgabenspielräume ausgeschöpft sind, müssen die Länder die Finanzmittel für ihre Kommunen erhöhen. Einige Länder haben bereits die kommunalen Finanzausgleiche aufgestockt. 31 Es zeichnet sich allerdings auch ab, dass die Länder in Kauf nehmen könnten, dass mit Bundesmitteln aus dem SV IK Haushaltslöcher der Gemeinden gestopft werden. Wenn diese aber nicht in zusätzliche Investitionen fließen, droht die notwendige Modernisierung der kommunalen Infrastruktur nicht voranzukommen.

Um die Einnahmen langfristig zu stabilisieren, hohe Kassenkredite abzubauen und strukturellen Haushaltsschieflagen vorzubeugen, ist eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzen empfehlenswert. 32 Die derzeitig gewichtigen kommunalen Einnahmen aus der Gewerbesteuer und teilweise auch aus Länderzuweisungen sind sehr schwankungsanfällig. Eine Reform könnte diese Einnahmen verstetigen. Dies würde den Kommunen helfen, besser zu planen und zu wirtschaften. Als kurzfristig umsetzbare Hilfe wäre erwägenswert, den kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer zu erhöhen. Um der Verantwortung der Länder für die kommunale Finanzlage besser Rechnung zu tragen, könnte festgelegt werden, dass Kommunen Kassenkredite nur noch bei ihrem Land aufnehmen dürfen. Und es wäre folgerichtig, dass die Länder solche Kredite auf ihre eigenen Kreditgrenzen im Rahmen ihrer Schuldenbremsen anrechnen. 33 Dann wäre eine sich aufbauende Schieflage der Kommunen direkt im Länderhaushalt abgebildet. Dies wäre ein Anreiz, dem frühzeitig entgegenzuwirken.

4.5 Transparenz der Länderfinanzen erhöhen

Die Länderfinanzen sind weiterhin sehr intransparent. Die Länder sind offenbar wenig bemüht, vergleichbare aussagekräftige Schlüsselzahlen zu veröffentlichen. Das gilt sowohl für die Ergebnisse als auch die Planzahlen. Letztere sind vielfach veraltet und nur begrenzt aussagefähig etwa für die Haushaltsüberwachung im Stabilitätsrat. Zumindest sollten die Länder im Anschluss an Steuerrechtsänderungen oder neue offizielle Steuerschätzungen den Anpassungsbedarf an den eingeplanten Steuereinnahmen ausweisen. Ohne bessere Angaben zu den Länderfinanzen lassen sich auch die Haushaltsspielräume nur schwer einschätzen und vergleichen. Der vorjährige Bericht umfasste detaillierte Empfehlungen, um die statistischen Ausweise zu verbessern und die Schuldenbremsen zu harmonisieren. Diese Empfehlungen sind weiter aktuell. 34  

Zudem sollten die einzelnen Länder erste Finanzergebnisse gemäß ihrer Schuldenbremse im Frühjahr des Folgejahres vorlegen, damit diese frühzeitig eingeordnet werden können und so auch politisch relevant sind. Dies entspräche dem Vorgehen des Bundes: Er veröffentlicht im Frühjahr vorläufige Ergebnisse, bevor er im September die endgültigen Ergebnisse vorlegt. Bisher liegen Länderergebnisse zu den Schuldenbremsen erst im Herbst des Folgejahres vor, wenn der Stabilitätsrat seine Analysen dazu veröffentlicht. Dann steht allerdings zumeist die Haushaltsplanung für das darauffolgende Jahr im Fokus. 

Anhang 1: Wie die Länderergebnisse für diesen Bericht aufbereitet wurden und wo weiterhin Probleme liegen

Um die Finanzlage zwischen den einzelnen Ländern zu vergleichen, bezieht dieser Aufsatz nicht nur die Kernhaushalte der Länder ein, sondern auch die der Gemeinden sowie sämtliche Extrahaushalte beider Ebenen (mit den Angaben der Kassenstatistik). Dies verhindert, dass Aufgaben und Finanzierungslasten die Ergebnisse verzerren, wenn sie zwischen diesen Einheiten verlagert werden. Bei den Stadtstaaten ist die kommunale Ebene ohnehin in den Landesdaten enthalten. 

Zudem werden strukturelle Salden ermittelt, um die grundlegenden Entwicklungen sachgerechter bewerten zu können. Solche Salden ergeben sich durch das Herausrechnen von finanziellen Transaktionen (zum Beispiel Darlehensvergaben und -rückflüsse), 35 vorübergehenden Konjunktureinflüssen, temporären Krisenmaßnahmen 36 und bekannten größeren Einmaleffekten (zum Beispiel Sonderdividenden). Ergänzend sind Finanzausgleich und Bundesergänzungszuweisungen gemäß der ersten Abrechnung im Folgejahr zugerechnet, um Einnahmen periodengerecht zu erfassen. Konjunktureinflüsse sind mit dem Verfahren der Bundesbank auf Basis ihrer Deutschland-Prognose vom Juni 2025 ermittelt. 37 Temporäre Einflüsse aus letzten Maßnahmen im Zuge der Energiepreiskrise (2024: Steuerfreiheit der Inflationsausgleichsprämie und bis Ende März abgesenkte Umsatzsteuer auf Gas und Fernwärme) sind nur im bundesweiten (über alle Länder konsolidierten) Ergebnis bereinigt. Wegen der insoweit unvollständigen Korrektur sind die bereinigten Salden der einzelnen Länder als teilbereinigte strukturelle Salden gekennzeichnet.

Bei der Interpretation der Länderergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die Finanzbeziehungen eines Landes zu seinen Extrahaushalten den ausgewiesenen Finanzierungssaldo verzerren können. Anders als in den Vorjahren gab es im Berichtsjahr aber offenbar keine nennenswerten Effekte. Es ist nicht in allen Fällen sichergestellt, dass Zahlungsströme zwischen Kern- und Extrahaushalt auf beiden Seiten korrespondierend in der Finanzstatistik erfasst sind. Beispielsweise können Einnahmen aus innerstaatlichen Transfers zu einem anderen Zeitpunkt verbucht werden als die damit korrespondierenden Ausgaben. Es ist allerdings nicht grundsätzlich von einem statistischen Fehler auszugehen, wenn etwa Einnahmen eines Landes-Kernhaushalts von Extrahaushalten nicht den entsprechenden Ausgaben der Extrahaushalte des Landes entsprechen. Denn in begrenztem Maße können sowohl die Kern- als auch die Extrahaushalte auch Zahlungsbeziehungen zu Extrahaushalten eines anderen Landes oder des Bundes unterhalten (wobei die innerstaatlichen Zahlungsströme diesbezüglich nicht näher aufgeschlüsselt sind). Die sehr hohen Diskrepanzen in Bremen (Defizit im innerstaatlichen Zahlungsverkehr: 850 € pro Kopf) haben noch einen anderen Grund. Die Haushaltssystematik kennt allerdings keine Kategorie „Extrahaushalte“. Die Länder weisen daher Zahlungen an öffentliche Unternehmen und Einrichtungen auch in den gleichnamigen haushaltssystematischen Kategorien nach – unabhängig davon, ob die Empfänger Extrahaushalte sind oder nicht. Die Finanzstatistik schlüsselt solche Angaben um, im Falle Bremens zuletzt aber offenbar zu weitgehend. Das Finanzierungsdefizit ist insoweit nicht verzerrt, weil nur Ausgabenkategorien ausgetauscht werden und die Einnahmen nicht korrigiert werden. Da keine aktualisierten Angaben aus der nachfolgenden Jahresrechnungsstatistik vorliegen, die auf einen Fehler beim hier betrachteten Defizit hindeuten, bleibt dessen Wert unverändert (anders als im letzten Jahr bei Bremen und Schleswig-Holstein). 

Zentrale Ausgabenkategorien der einzelnen Länder lassen sich mitunter nur eingeschränkt vergleichen. Beispielsweise können Länder und Gemeinden Leistungen mit eigenem Personal im Kernhaushalt erbringen oder vergleichbare Leistungen sicherstellen, indem sie nichtstaatliche Stellen dafür bezuschussen. Dies schlägt sich dann etwa in statistisch unterschiedlich hohen Personalausgaben bei weitgehend gleichen Gesamtausgaben nieder. Weitgehend gleiche Leistungen können aber auch zu unterschiedlichen Gesamtausgaben führen, wenn Leistungen nicht länger im Kernhaushalt, sondern in Extrahaushalten erbracht werden, die dafür ein Leistungsentgelt aus dem Kernhaushalt erhalten. Die Kassenstatistik konsolidiert Zahlungsflüsse innerhalb des Staatssektors nämlich nur dann, wenn sie als Transfers klassifiziert sind, nicht aber wenn ein Land stattdessen Leistungsentgelte zahlt. 

Daten für die einzelnen Länder sind im Regelfall in Relation zur jeweiligen Bevölkerungszahl dargestellt. So lassen sie sich besser zwischen den Ländern vergleichen. Besonders beim bundesstaatlichen Finanzkraftausgleich ist die Einwohnerzahl zentraler Maßstab für den Mittelbedarf und die daran angelehnte Umverteilung unter den Ländern. 38

Wie oben dargelegt, können temporäre Krisenmaßnahmen nicht länderindividuell herausgerechnet werden. Deshalb fallen die teilbereinigten strukturellen Salden ungünstiger aus als vollständig bereinigte strukturelle Salden. Bundesweit betrachtet beträgt der Unterschied gemäß Bundesbank-Schätzung gut 5 Mrd € beziehungsweise gut 60 € pro Kopf

Die Tabellen 4.2 bis 4.4 bebildern zum einen die Jahresergebnisse und zum anderen die Veränderungen gegenüber dem Vorjahr detaillierter. Die Darstellung erfolgt länderweise. Sie zeigt die Schritte zur Ableitung des teilbereinigten strukturellen Saldos aus der amtlichen Kassenstatistik. Zudem enthält sie wichtige Kennzahlen. Dazu gehören die steuerlichen Einnahmen einschließlich des vorläufig abgerechneten bundesstaatlichen Finanzkraftausgleichs, die Schulden und die Zinslasten. Neben wichtigen Ausgabenarten finden sich in den Tabellen weitere Daten wie landesdurchschnittliche Hebesätze von kommunalen Grund- und Gewerbesteuern, die landesspezifischen Grunderwerbsteuersätze und Vergleichszahlen zur Beamtenbesoldung der Länder

Anhang 2: Reserven

Arten von Reserven und Informationslage

Reserven eröffnen Handlungsspielräume bei Haushaltsengpässen. Im Regelfall setzen die landesspezifischen Schuldenbremsen Grenzen für die (strukturelle) Nettokreditaufnahme. Mit dem Einsatz von Reserven kann die (strukturelle) Nettokreditaufnahme reduziert werden (mit der Bildung von Reserven steigt sie). 39 Länder verfügen über Reserven häufig in Form von Rücklagen im Kernhaushalt und in Sondervermögen. Vielfach bestehen Zweckbindungen durch den Gesetzgeber, die dieser aber bedarfsweise ändern kann. Rücklagen sind meist keine liquiden Mittel (etwa Bankguthaben), sondern Kreditermächtigungen, die nur formal (haushaltsmäßig) in Anspruch genommen wurden. 

Es fehlt weiterhin ein vollständiger Überblick zu den Reserven der Länder. 40 Der Stabilitätsrat sollte hier Transparenz schaffen. Mit einem transparenten Ausweis der Reserven ließe sich die Lage der Länderfinanzen deutlich besser einschätzen und vergleichen. Die Rücklagen und Sondervermögen sind zwar Teil der Haushaltsrechnungen der Länder. Die Haushaltsrechnungen liegen aber für die meisten Länder erst sehr weit nach dem Jahresende vor 41 und fassen die oft vielfältigen Reserven nicht übersichtlich zusammen. Diese Informationslücke erschwert es, Haushaltsspielräume abzuschätzen. 

Für diesen Monatsbericht befragte die Bundesbank die Länder zu Reserven zum Jahresende 2024. Wie in den Vorjahren blieb das Bild unvollständig. So schließen einige Länder ihre Haushalte mit den Sollansätzen ab und übertragen damit noch nicht genutzte Kreditermächtigungen in die Folgejahre. Zudem werden Selbstbewirtschaftungsmittel bei Haushaltsabschluss als verausgabt gebucht, ein Kassenabfluss ist damit aber nicht immer verbunden. Das betrifft vor allem ein Land, wo solche Rückbuchungen als Einnahmen zum Haushaltsausgleich einen Reservecharakter belegen. 42 Daher werden diese Selbstbewirtschaftungsmittel in diesem Aufsatz den Rücklagen zugerechnet. 

Zum Umfang der Rücklagen auf Basis einer Bundesbank-Umfrage

Die verschiedenen Rücklagen sind hier als Reserven zusammengefasst. Insgesamt meldeten die Länder einen Rückgang um 8 Mrd €, wodurch der Bestand in den Kernhaushalten und Sondervermögen auf weiterhin sehr umfangreiche 135 Mrd € sank. Nicht bekannt ist zumeist, welcher Teil der Reserven bereits planmäßig in Folgejahren gebunden ist. Zu den Rücklagen zählen insbesondere die allgemeinen Rücklagen und Rücklagen für die Beamtenversorgung.

Allgemeine Rücklagen

Die gemeldeten allgemeinen Rücklagen beliefen sich Ende 2024 auf 35 Mrd € (415 € pro Kopf). Sie fielen damit um 2½ Mrd € gegenüber dem Vorjahr. Die höchsten Bestände an allgemeinen Rücklagen pro Kopf verzeichnete Hamburg (insgesamt 3 840 €, im Kernhaushalt 1 520 €) vor Mecklenburg-Vorpommern (1 270 €). Neben Berlin wiesen auch Schleswig-Holstein und das Saarland keine allgemeinen Rücklagen aus, in Nordrhein-Westfalen und Bremen verblieben nur noch kleine Restbestände. Deutliche Anstiege gegenüber dem Vorjahresende gab es in Niedersachsen. Niedersachsen erzielte Überschüsse im Kernhaushalt, die nur teilweise in Tilgungen flossen. Dagegen sanken die allgemeinen Rücklagen besonders stark in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. In Brandenburg spielt dabei ein Urteil des Landesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2024 eine wichtige Rolle. Das Land hatte die Voraussetzungen für die Aufnahme von Notlagenkrediten in seinem Haushaltsplan für 2024 nicht erfüllt. Die Regierung sah sich nicht in der Lage, rechtssicher nachzubessern, und entschied sich deshalb für den Einsatz von Rücklagemitteln statt Notlagenkrediten. 43

Vorsorge für die Beamtenversorgung

Die Beamtenversorgung bringt wachsende Belastungen für die Länder mit sich, und die Länder weiteten die Vorsorge dafür insgesamt um 6 Mrd € auf 63 Mrd € aus. Die Pensionsvorsorge ist mit wachsendem Abstand die größte Rücklagengruppe. 44 Sachsen hält mit annähernd 3 200 € pro Kopf die höchste Vorsorge, obwohl die westdeutschen Länder bevölkerungsbezogen weit höhere Versorgungslasten haben. Sachsen strebt an, künftig Versorgungslasten vollständig aus der Reserve zu leisten. 45 Es folgen Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt (Größenordnung 1 000 € pro Kopf). Thüringen und das Saarland verfügen über (fast) keine Pensionsrücklagen. Thüringen hatte vor einigen Jahren seine Vorsorge umgestellt und tilgt seitdem für neu verbeamtetes Personal feste Beträge seiner Altschulden. Dies geschah auch im Berichtsjahr, wenngleich in weit geringerem Ausmaß als die Rücklagenaufstockungen in Sachsen. Das Saarland trägt weiter besonders hohe Versorgungslasten. Zur Entlastung seines angespannten Haushalts stellte es Zuführungen an seine Versorgungsrücklage ein. Hamburg weist die absehbaren gesamten Versorgungslasten in seinem Geschäftsbericht abgezinst aus. Einschließlich der Gemeindeebene und der Anspruchsberechtigten in ausgelagerten Einheiten ergab sich Ende 2024 eine Belastung von annähernd 22 000 € pro Kopf – mehr als die ausstehenden Schulden Hamburgs. Die vorgenommene Vorsorge Hamburgs in einem Sondervermögen spielt daran gemessen aber nur eine untergeordnete Rolle.

Konjunkturausgleichsrücklagen

Die gemeldeten Rücklagen zum Konjunkturausgleich (beziehungsweise die Konjunkturposition) blieben mit 8½ Mrd € beinahe unverändert. Konjunktureinflüsse sind im Rahmen der Schuldenbremse symmetrisch anzusetzen. Im Aufschwung füllt sich dann die Rücklage, im Abschwung leert sie sich – sie atmet im Konjunkturzyklus. Eine Übersicht zu den insgesamt aufgenommenen konjunkturbedingten Krediten liegt nicht vor. Mit 6½ Mrd € entfiel der Großteil der Rücklagen auf Hamburg, das im Berichtsjahr noch eine Zuführung in Höhe der errechneten moderaten Konjunkturentlastung seines Haushalts vornahm. 46

Rücklagen mit Corona-Bezug

Rücklagen mit Bezug zur Corona-Pandemie meldete nur noch Nordrhein-Westfalen. Der Bestand ging hier durch Tilgungen und Zinszahlungen (die das Land somit weiterhin faktisch aus Notlagenkrediten finanziert) um 3½ Mrd € zurück. Ende 2024 standen noch knapp 2½ Mrd € im Corona-Sondervermögen zu Buche. Insbesondere Sachsen-Anhalt meldete die Tilgung des Restbestandes von 1½ Mrd €. Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein hatten die im Berichtsjahr aufgelösten Bestände zuvor nicht als Reserven mit Corona-Bezug gemeldet.

Rücklagen in Extrahaushalten für Investitionen

Die Reserven in vorfinanzierten Extrahaushalten für Investitionen sanken im Länderaggregat um gut 2 Mrd € auf knapp 6½ Mrd €. Nur noch sechs Länder meldeten solche Reserven (Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen).

Energierücklagen und sonstige Rücklagen

Energierücklagen und sonstige Rücklagen der Länder (einschließlich Selbstbewirtschaftungsmittel) sanken zusammen um 3 Mrd € auf 21 Mrd €. Neben dem Einsatz von Selbstbewirtschaftungsmitteln in Nordrhein-Westfalen schlug sich hier nicht zuletzt nieder, dass das Saarland Mittel aus seinem Transformationsfonds verbrauchte, dessen Kreditbestand es schon vorher als aufgenommen gemeldet hatte. 

Rücklagen und ausstehende Notlagenkredite im Vergleich

Rücklagen sind teils für bestimmte Aufgaben reserviert, im Prinzip lassen sie sich aber mobilisieren, um Notlagenkredite zu tilgen. Die Länder müssen ihre strukturelle Kreditgrenze dann nicht durch Einsparungen in Höhe der Tilgungsbeträge unterschreiten. Wenn man die vielfach umfangreiche Vorsorge für Beamtenpensionen und auch Konjunkturrücklagen ausblendet, sind die Rücklagenbestände insgesamt etwas höher als die Notlagenkredite. Für die einzelnen Länder fällt das Bild sehr unterschiedlich aus. In Thüringen und Niedersachsen mit moderaten Notlagenkreditbeständen überwogen die Reserven deutlich. Vor allem Bremen verfügte bei sehr hohen Notlagenkrediten dagegen über nur relativ geringe Reserven. Die recht niedrige rechnerische Deckungsquote in Baden-Württemberg ist dabei zu relativieren: Neben den Rücklagen verfügt das Land über weitere umfangreiche Reserven nicht zuletzt in Form von Überschüssen aus Vorjahren. 

Relation von Reserven zu ausstehenden Tilgungen aus Notlagenkrediten 2024
Relation von Reserven zu ausstehenden Tilgungen aus Notlagenkrediten 2024

In diesem Beitrag wurden Daten bis zum 15. Oktober 2025 berücksichtigt.

Literaturverzeichnis

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