Die Sicherheitenverwaltung im Euroraum nach Einführung des Eurosystem Collateral Management System (ECMS) Monatsbericht – Juli 2025

Monatsbericht

Am 16. Juni 2025 ist das Eurosystem Collateral Management System (ECMS) erfolgreich in Betrieb gegangen. Das ECMS bietet den geldpolitischen Geschäftspartnern künftig einen über alle Notenbanken hinweg einheitlichen Zugang für die Verwaltung notenbankfähiger Sicherheiten und ist ein integraler Bestandteil der TARGET-Services. Das Stellen von Sicherheiten ist notwendig, da das Eurosystem Kredite nur gegen Sicherheiten vergeben darf. Verwaltet wurden diese Sicherheiten bislang über 20 verschiedene Systeme der einzelnen nationalen Zentralbanken. Die Umstellung auf ein einziges System ermöglicht es, Sicherheiten deutlich effizienter zu mobilisieren und zu verwalten, und bringt auch für das Eurosystem wirtschaftliche und operative Vorteile. Das ECMS ist das letzte abgeschlossene Projekt der „Vision 2020“ des Eurosystems, mit der die Eurosystem-Marktinfrastruktur im Bereich des Zahlungsverkehrs und der Wertpapierabwicklung modernisiert und entscheidend weiterentwickelt wurde. Insbesondere verbessert die einfachere Übertragung von Geld, Wertpapieren und Sicherheiten auch das Liquiditätsmanagement für die Marktteilnehmer. Darüber hinaus leistet das ECMS einen signifikanten Beitrag zur Spar- und Investitionsunion, einer Initiative der EU zur Integration der europäischen Finanzmärkte.

Das ECMS stellt eine technische Weiterentwicklung der nationalen Systeme zur Sicherheitenverwaltung dar und bietet den Geschäftspartnern diverse neue und erweiterte Funktionen. Ferner wird die IT-Sicherheit weiter verbessert, weil Teilnehmer ausschließlich über einen der beiden vom Eurosystem zugelassenen Netzwerkdienstleister zugreifen und das Eurosystem Single Market Infrastructure Gateway (ESMIG) nutzen. Die moderne technische Konzeption des ECMS und die Verwendung neuester Standards, wie etwa ISO 20022 für die Nachrichtenkommunikation mit Nutzern beziehungsweise anderen Systemen, erleichtert es außerdem, zukünftige Erweiterungen und Anpassungen effizient umzusetzen. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, inwieweit künftig digitale Wertpapiere auf Basis der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) für die Sicherheitenstellung im Eurosystem genutzt werden können.

Die Bundesbank hat alle ihre geldpolitischen Geschäftspartner auf dem Weg zum ECMS eng begleitet, um eine reibungslose Migration sicherzustellen. Bei der Migration wurden Sicherheiten im Wert von rund 360 Mrd € aus dem bisherigen Sicherheitenmanagementsystem der Bundesbank in das ECMS überführt. Nach Inbetriebnahme sind nun in Deutschland über 140 Geschäftspartner direkt und weitere 515 Geschäftspartner indirekt über eine Drittpartei angebunden.

1 Einführung des ECMS

Im Juni 2025 ist das ECMS erfolgreich in Betrieb gegangen. Das ECMS bietet den geldpolitischen Geschäftspartnern einen über alle Notenbanken hinweg einheitlichen Zugang für die Verwaltung notenbankfähiger Sicherheiten und ist ein integraler Bestandteil der TARGET-Services. 1 Das Eurosystem darf gemäß Artikel 18.1 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken Kredite nur gegen ausreichende Sicherheiten vergeben. 2 Für die Abwicklung der Kreditgeschäfte des Eurosystems und die effiziente Verwaltung der refinanzierungsfähigen Sicherheiten sind leistungsfähige technische Systeme erforderlich. Die Verwaltung dieser Sicherheiten erfolgte bislang dezentral in den eigenen Systemen der insgesamt 20 nationalen Zentralbanken des Eurosystems im Einklang mit den gemeinsamen Bestimmungen des geldpolitischen Handlungsrahmens. Die bisherigen Systeme zur Sicherheitenverwaltung der Bundesbank und der anderen nationalen Zentralbanken erfüllten damit zwar eine Reihe gemeinsamer Anforderungen. Sie waren aber technisch und auch hinsichtlich der Schnittstellen und konkreten Geschäftsprozesse äußerst unterschiedlich. Zwar konnten Sicherheiten auch grenzüberschreitend mobilisiert werden, allerdings nur unter Nutzung eines technisch komplexen Verfahrens, bei dem die jeweiligen Zentralbanken untereinander eine Korrespondenzbankfunktion übernahmen. 3

Das Ziel des ECMS-Projekts war es, ein einheitliches Sicherheitenverwaltungssystem mit vollständig harmonisierter Funktionalität zu schaffen. Das ECMS gewährleistet damit, dass die für Kreditgeschäfte des Eurosystems zu hinterlegenden Sicherheiten in allen Ländern des Euroraums nach einheitlichen Prozessen verwaltet werden. Im Dezember 2017 genehmigte der Rat der Europäischen Zentralbank den Beginn der Realisierungsphase des Projekts ECMS, welches am 16. Juni 2025 in Betrieb gegangen ist. Seit der Inbetriebnahme ersetzt das ECMS die verschiedenen Sicherheitenverwaltungssysteme der nationalen Zentralbanken. Die Umstellung auf ein einziges System macht vor allem die grenzüberschreitende Mobilisierung und Verwaltung von Sicherheiten deutlich effizienter.

Das ECMS wurde im Rahmen der Initiative „Vision 2020“ entwickelt. Mit dieser Initiative konnten bereits umfangreiche Weiterentwicklungen der Marktinfrastruktur im Bereich des Zahlungsverkehrs und der Wertpapierabwicklung des Eurosystems realisiert werden. 4 So hat das Eurosystem den Dienst TARGET Instant Payment Settlement (TIPS) entwickelt und 2018 in Betrieb genommen sowie das Echtzeit-Bruttoabwicklungssystem TARGET2 im Jahr 2023 durch T2 ersetzt, auch um das Liquiditätsmanagement der Kreditinstitute für alle TARGET-Dienste zu optimieren (TARGET2/T2S-Konsolidierung). Mit Inbetriebnahme ist das ECMS somit nun das letzte abgeschlossene Projekt der „Vision 2020“, welches unter anderem durch technische Modernisierung eine effizientere Sicherheitenverwaltung und -abwicklung im Eurosystem garantiert (siehe Schaubild 3.1). Im Zusammenspiel mit den anderen TARGET-Diensten ermöglicht das ECMS die reibungslose Übertragbarkeit von Geld, Wertpapieren und Sicherheiten im Eurosystem.

Das ECMS als integraler Bestandteil der Vision 2020
Das ECMS als integraler Bestandteil der Vision 2020

(Anm. der Redaktion, Corrigendum vom 28.07.2025 zum Schaubild 3.1: In einer vorherigen Version des Schaubilds wurde als Live-Termin für die TARGET2/T2S-Konsolidierung irrtümlich das Jahr 2022 genannt.)

Sicherheiten spielen auch für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über die Notenbanken eine wesentliche Rolle. Im März 2025 hatten geldpolitische Geschäftspartner im Eurosystem Sicherheiten im Wert von über 1 500 Mrd € hinterlegt, die bei Refinanzierungsgeschäften dazu dienen, das Kreditrisiko bei einem Ausfall eines Geschäftspartners abzudecken. 5 Dabei stellt das Eurosystem sehr hohe Anforderungen an die Qualität der Sicherheiten und berücksichtigt, unter anderem zur Abdeckung von Marktpreisrisiken, auch verschiedene Abschläge – sogenannte Haircuts – bei der Bewertung eingelieferter Sicherheiten. Sicherheiten, die nicht im Wege von Refinanzierungsgeschäften gebunden sind, können auch für Innertageskredite im Zahlungsverkehr genutzt werden und zum Beispiel während eines Tages temporäre Ungleichgewichte zwischen Zahlungsein- und -ausgängen bei geldpolitischen Geschäftspartnern überbrücken. Innertageskredite, die am Ende des Tages nicht zurückgezahlt sind, werden automatisch in einen Übernachtkredit überführt. Insgesamt standen im Laufe des Jahres 2023 besicherte Innertageskreditlinien zwischen 1 400 Mrd € und 2 000 Mrd € für Zahlungszwecke in TARGET bereit, 6 die allerdings nur in geringem Umfang genutzt werden mussten.

Das ECMS leistet einen signifikanten Beitrag zur Spar- und Investitionsunion. Die Spar- und Investitionsunion ist eine Initiative der EU zur Vertiefung, Integration und Weiterentwicklung der europäischen Finanzmärkte, welche das Projekt der Kapitalmarktunion ergänzt und fortsetzt. 7 Das übergeordnete Ziel ist, einen echten EU-weiten Binnenmarkt für Kapital zu schaffen. Finanzmittel sollen ohne bedeutende Hürden zwischen sämtlichen Mitgliedstaaten fließen können, sodass neue Finanzierungsquellen für Unternehmen erschlossen und grenzübergreifende Investitionen erleichtert werden. Damit würde die Spar- und Investitionsunion das Finanzsystem der EU überdies widerstandsfähiger machen und die internationale Rolle des Euro als Investitionswährung nachhaltig stärken. Das ECMS fördert die Spar- und Investitionsunion, da es die grenzüberschreitende Nutzung von Sicherheiten einfacher und effizienter macht sowie zu einer Vereinheitlichung im Sicherheitenmanagement in den Mitgliedstaaten des Eurosystems beiträgt. Zum einen ist bei Wertpapieren die Refinanzierungsfähigkeit bei der Notenbank ein besonderes Qualitätsmerkmal, da sie im Bedarfsfall als Sicherheit zur Liquiditätsbeschaffung im Eurosystem eingesetzt werden können. Zum anderen leistet das ECMS einen bedeutenden Beitrag zu einer umfassenden Harmonisierung bei der Besicherung, die bei einer Vielzahl von bilateralen oder etwa über zentrale Kontrahenten abgewickelten Finanzmarktgeschäften (beispielsweise Margin-Einschüsse bei zentral geclearten Derivaten) erforderlich ist. Eine besondere Rolle im Bereich des Sicherheitenmanagements spielen dabei sogenannte Triparty-Dienstleistungen, das heißt extern von verschiedenen Marktteilnehmern angebotene Sicherheitenmanagementsysteme, die eine flexible Nutzung des Wertpapierbestandes für verschiedene Zwecke ermöglichen (zum Beispiel für Wertpapierleihe und Geldmarktgeschäfte). Das Eurosystem akzeptiert die Sicherheitenstellung auch über zugelassene Triparty-Dienstleister, wie beispielsweise über die Clearstream Banking Luxembourg mit dem Angebot CmaX. 8

2 Auf dem Weg zum ECMS: Harmonisierung und Neuerungen

Harmonisierung trägt dazu bei, die Fragmentierung der Finanzmärkte in der EU zu überwinden. Das Eurosystem hat ein substanzielles Interesse, die Integration der europäischen Finanzmärkte zu fördern und in diesem Segment zur Schaffung eines echten Binnenmarkts in Europa beizutragen. 9 Harmonisierte Verfahren für die Verwaltung von Sicherheiten sind eine wichtige Voraussetzung dafür, dass ein echter Binnenmarkt im Finanzbereich entstehen kann. Dennoch gibt es hier nach wie vor signifikante Barrieren und Hindernisse aufgrund fragmentierter bestehender nationaler Standards und unterschiedlicher Marktpraktiken. 10

In Vorbereitung auf das ECMS hat das Eurosystem verschiedene Harmonisierungen im Bereich Sicherheitenmanagement angestoßen. Um die bestehende Fragmentierung zu überwinden, verfolgt das Eurosystem seit längerem auch das Ziel, Prozesse im Sicherheitenmanagement in Europa zu harmonisieren, und zwar nicht nur für die eigene Nutzung in Form geldpolitischer Sicherheiten. Fünf übergeordnete Prinzipien haben hier das Vorgehen geleitet: Erstens soll Harmonisierung zu einem einheitlichen europaweiten Regelwerk für das Sicherheitenmanagement führen. Dies betrifft das Zusammenspiel von Finanzmarktinfrastrukturen (zum Beispiel die für die Verwahrung von Wertpapieren benötigten Zentralverwahrer) und ihren Nutzern, welche private Finanzinstitute und auch Zentralbanken umfassen können. Zweitens soll Harmonisierung dazu führen, dass Nachrichten auf der Grundlage der neuesten internationalen Standards übermittelt werden. Harmonisierung soll, drittens, Interoperabilität erreichen und, viertens, eine durchgängig automatisierte Verarbeitung ermöglichen. Fünftens soll Harmonisierung operationelle Hürden für die Verfügbarkeit, Nutzung und Mobilität von Sicherheiten beseitigen. Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet die „Advisory Group on Market Infrastructures for Securities and Collateral(AMI-SeCo) des Eurosystems, in der Marktakteure verschiedener Länder vertreten sind, an der Entwicklung eines einheitlichen Regelwerks für die Sicherheitenverwaltung in Europa (Single Collateral Management Rulebook for Europe, SCoRE). 11 Die im SCoRE festgelegten harmonisierten Prozesse werden es den Marktteilnehmern zukünftig deutlich erleichtern, ihre Wertpapiere und Sicherheiten effizient und sicher im gesamten Euroraum zu bewegen.

Die AMI-SeCo treibt die Harmonisierung in verschiedenen Bereichen voran. Insgesamt hat die AMI-SeCo zehn Bereiche ermittelt, in denen eine weitere Harmonisierung dringend erforderlich ist (siehe Exkurs zu den Harmonisierungsaktivitäten der AMI-SeCo). In drei Bereichen wurden dabei bereits Standards festgelegt, die das Eurosystem selbst im ECMS implementiert hat und die seit dem 16. Juni 2025 in Kraft sind. So wurden im Bereich Kapitalmaßnahmen für Wertpapiere (welche beispielsweise Zins- und Fälligkeitszahlungen umfassen) eine erste Teilmenge von harmonisierten Geschäftsprozessen und Nachrichtenformaten definiert. Die AMI-SeCo hat ferner ein einheitliches Regelwerk für die Gebühren in Abrechnungsprozessen erarbeitet, die bei der Verwaltung von als Sicherheiten dienenden Wertpapieren anfallen. Schließlich wurde ein einheitliches Triparty-Modell für Europa vereinbart, welches harmonisierte Verfahren für die Interaktion zwischen allen wichtigen Beteiligten umfasst. 12 Die Harmonisierung in den drei Bereichen Kapitalmaßnahmen, Abrechnungsprozesse und Triparty-Sicherheitenverwaltung beinhaltet die Verwendung von Nachrichten gemäß dem ISO 20022-Standard. 13

Die Standards für Kapitalmaßnahmen, Rechnungsdaten und Triparty ermöglichen dem Eurosystem, auf Basis einheitlicher Nachrichtenformate und Geschäftsprozesse mit allen Marktteilnehmern zu interagieren. Die Umsetzung der Standards durch die Marktteilnehmer, die direkte Schnittstellen zum ECMS haben, war somit eine wichtige Voraussetzung für die Einführung des ECMS. Deshalb hat das Eurosystem die betroffenen Marktteilnehmer bei ihren Vorbereitungen und der Umsetzung ihrer Aktionspläne eng begleitet. Die Harmonisierungsstandards in den verbliebenen Bereichen werden erst zu einem späteren Zeitpunkt umgesetzt werden. Insgesamt hat das Eurosystem den Fortschritt bei der Umsetzung der Standards in den jeweiligen Märkten, gestützt auf eine jeweilige Selbsteinschätzung, fortlaufend überwacht und kommuniziert. 14

Exkurs

Harmonisierungsaktivitäten der AMI-SeCo

Corporate Actions

Der Bereich Corporate Actions beziehungsweise Kapitalmaßnahmen beinhaltet generell vom Emittenten eines Wertpapiers beschlossene Maßnahmen oder Ereignisse, die sich auf die Inhaber dieses Wertpapiers auswirken. Die entwickelten SCoRE-Standards für Corporate Actions decken drei verschiedene Bereiche ab: 1) Abwicklung von Kapitalmaßnahmen für von Intermediären verwahrte Wertpapiere; 2) Abwicklung von Kapitalmaßnahmen für die bilaterale Sicherheitenverwaltung, auch unter Beteiligung von Zentralbanken des Eurosystems; 3) Abwicklung von Kapitalmaßnahmen für die Verwaltung von Triparty-Sicherheiten. Die Harmonisierung umfasst auch die Verwendung von Nachrichten im ISO 20022-Standard.

Abrechnungsprozesse für Gebühren

Die SCoRE-Standards für Abrechnungsprozesse erleichtern die Verwaltung von Gebührenrechnungen im Zusammenhang mit Wertpapieren und Sicherheiten, die bei mehreren Zentralverwahrern gehalten werden. Sie sollen die Automatisierung von Abrechnungsprozessen durch die Aufnahme eines Mindestmaßes an Informationen in Rechnungen für Gebühren unterstützen. Ferner sollen unterschiedliche Rechnungstermine angeglichen werden. Diese Informationen sollen über harmonisierte ISO 20022-Nachrichten in Übereinstimmung mit einer Standardabrechnungsperiode gesendet werden. Die SCoRE-Standards für Abrechnungsprozesse richten sich in erster Linie an Verwalter von Wertpapierkonten.

Triparty-Sicherheitenverwaltung

Die Harmonisierung der Arbeitsabläufe bei der Verwaltung von Triparty-Sicherheiten und des Nachrichtenaustauschs zielt darauf ab, Prozesse zu vereinheitlichen und somit die Mobilität von Sicherheiten zwischen Triparty Agents zu erleichtern. Es wurde ein gemeinsames Regelwerk für Prozesse entwickelt, welches sowohl für Zentralbanken als auch für Geschäftsbanken gilt. Die Umsetzung der Standards für die Verwaltung von Triparty-Sicherheiten ist für alle Triparty Agents (Zentralverwahrer als auch große Verwahrbanken) verpflichtend.

Steuerliche Prozesse

Die Notwendigkeit, mit unterschiedlichen Besteuerungsformen und -verfahren umzugehen, wurde als Hindernis für die Verwendung von Wertpapieren als Sicherheiten identifiziert. Operative Unterschiede in den Besteuerungsverfahren einzelner Mitgliedstaaten des Euroraums erschweren die Mobilisierung von Sicherheiten und können daher die Verknappung von Sicherheiten verstärken. Daher wird eine Harmonisierung der steuerlichen Behandlung im Rahmen der Sicherheitenverwaltung angestrebt.

Bilaterale Sicherheitenverwaltung

Im Bereich der bilateralen Sicherheitenverwaltung zielen die vereinbarten Maßnahmen insbesondere darauf ab, eine umfassendere Automatisierung der wichtigsten Prozesse für nicht über zentrale Gegenparteien verrechnete außerbörsliche Derivategeschäfte, Rückkaufgeschäfte (Repo-Transaktionen) und Wertpapierleihen zu fördern, insbesondere durch die Nutzung interoperabler elektronischer Plattformen.

Margin Calls

Nachschussaufforderungen (Margin Calls) entstehen in Situationen einer Unterdeckung im Sicherheitenpool von Geschäftspartnern. Die Sicherheitengeber (beziehungsweise Kreditnehmer) sind dann dazu verpflichtet, diese Unterdeckung (Marge) mit der Stellung zusätzlicher Sicherheiten auszugleichen. In diesem Bereich wird eine größere Interoperabilität und bessere Nutzung bestehender Infrastrukturen und Marktplattformen für Margenprozesse angestrebt.

Annahmeschlusszeiten

Der Bereich der Annahmeschlusszeiten betrifft unter anderem die Mobilisierung von Sicherheiten über Links zwischen internationalen Zentralverwahrern. Mindestanforderungen für Tagesschlusszeiten sollen dafür sorgen, dass bei grenzüberschreitenden Geschäften auf verschiedenen Märkten keine unterschiedlichen Wertstellungsdaten gelten, da dies zu Mehraufwand für die Marktteilnehmer führen kann.

Beschaffung von Sicherheiten

Die rechtzeitige Beschaffung von Sicherheiten ist von grundlegender Bedeutung für das effiziente Funktionieren der Sicherheitenverwaltung. Es wurde eine Reihe von Anforderungen in Bezug auf Aspekte wie die maximale Bearbeitungszeit für die Einlieferung von Sicherheiten definiert. Harmonisierte Mindestanforderungen für die Beschaffung beziehungsweise Bewegung von Sicherheiten im Euroraum sollen die Sicherheitenverwaltung deutlich effizienter machen.

Dynamische und statische Daten zu Sicherheiten

In der Vergangenheit standen die aktuellen Informationen (zum Beispiel Kurswert oder Notenbankfähigkeit) mitunter nur den Teilnehmern bestimmter Märkte zur Verfügung. Dadurch wurden die Sicherheiten auf anderen Märkten nicht mit den richtigen Informationen bewertet. Die AMI-SeCo strebt eine Harmonisierung des Datenaustauschs und der relevanten Marktpraktiken an, um sicherzustellen, dass die aktuellen Daten im Bedarfsfall stets verfügbar sind.

Nicht auf Euro lautende Sicherheiten

In diesem Bereich geht es darum, unterschiedliche Marktpraktiken für den Umgang mit nicht auf Euro lautenden Sicherheiten zu harmonisieren, einschließlich der damit verbundenen Corporate Actions-Prozesse. Eine weitere Priorität ist die Interoperabilität zwischen den beiden wichtigen internationalen Zentralverwahrern Clearstream Banking Luxembourg und Euroclear Bank, die zusammen Wertpapiere in Höhe von fast 20 Billionen € verwahren, über die elektronische Kommunikationsplattform „Bridge“. 1

Mit Inbetriebnahme des ECMS sind weitere Neuerungen speziell im Zusammenhang mit der Sicherheitenverwaltung des Eurosystems in Kraft getreten. Erstens nehmen die nationalen Zentralbanken im Euroraum marktfähige Sicherheiten von ihren geldpolitischen Geschäftspartnern nur noch auf Konten bei Zentralverwahrern (Central Securities Depositories, CSDs) entgegen, die für die Abwicklung dieser Transaktionen die Eurosystem-Plattform TARGET2-Securities (T2S) nutzen („T2S Settlement Policy“). 15 Dies ermöglicht dem ECMS, alle Wertpapiergeschäfte über eine einheitliche Schnittstelle zu T2S abzuwickeln. Schnittstellen zu Zentralverwahrern außerhalb von T2Ssind somit nicht mehr notwendig. T2S als integrierte Plattform für die Wertpapierabwicklung dürfte dadurch weiter gestärkt werden. Zweitens lässt sich die Sicherheitenbereitstellung mit dem ECMS deutlich einfacher grenzüberschreitend abwickeln. Das Korrespondenz-Zentralbank-Modell (CCBM) bleibt funktional weiter bestehen, im Ergebnis entfällt aber etwa die bisher erhobene Gebühr für die Mobilisierung marktfähiger Sicherheiten über das CCBM. 16 Zudem ist künftig auch im Rahmen der in T2S angebotenen Selbstbesicherung „Auto-Collateralisation 17 eine grenzüberschreitende Nutzung von Sicherheiten via CCBM möglich. Diese Neuerungen erleichtern den Zugriff auf Sicherheiten für Geschäftspartner in allen Mitgliedstaaten des Eurosystems deutlich. Die harmonisierten Prozesse und Verfahren für die Sicherheitenverwaltung hat das Eurosystem in einem Leitfaden für die Verwaltung von Sicherheiten bei Kreditgeschäften des Eurosystems zusammengefasst. 18

3 Vorteile in der Sicherheitenverwaltung durch das ECMS 

Als einheitliches System zum Sicherheitenmanagement bietet das ECMS eine Reihe von Vorteilen. Mit dem ECMS wird die Sicherheitenverwaltung im Eurosystem harmonisiert und konsolidiert. Dies bringt nicht nur Vorteile für die Marktteilnehmer, sondern auch für das Eurosystem. So ist aus Gesamtsicht der Betrieb einer Gemeinschaftsplattform deutlich effizienter als der Betrieb von vielen separaten Einzelplattformen durch die jeweiligen Zentralbanken. Aufgrund der verminderten Komplexität lassen sich die gemeinschaftlichen Anwendungen zudem einfacher pflegen und weiterentwickeln. Die bessere Verzahnung mit den TARGET-Services und die Nutzung von gemeinschaftlichen Komponenten für bestimmte Funktionen tragen ebenfalls zu einer verbesserten Wirtschaftlichkeit bei.

Bei dem ECMS handelt es sich im Kern um eine gemeinsame technische Eurosystem-Plattform. Die Geschäfts- und Rechtsbeziehungen der nationalen Zentralbanken zu ihren Geschäftspartnern bleiben dabei grundsätzlich unverändert. Auch sind die nationalen Zentralbanken weiterhin die Ansprechpartner in allen Fragen der Sicherheitenverwaltung für ihre geldpolitischen Geschäftspartner. Die nationalen Zentralbanken führen im ECMS für jeden geldpolitischen Geschäftspartner einen Sicherheitenpool, in dem die Sicherheiten den Inanspruchnahmen des jeweiligen Geschäftspartners gegenübergestellt werden. Die Referenzdaten hierzu stammen von Zentralverwahrern, Drittparteien-Agenten (Triparty Agents) und Datenbanken des Europäische System der Zentralbanken, mit denen das ECMS interagiert, zum Beispiel für die Bewertung von Wertpapieren. Das ECMS berechnet hieraus für jeden Geschäftspartner den aktuell zur Verfügung stehenden freien Beleihungswert und sendet diese Information als Kreditlinie 19 für die Innertagesliquidität an das zentrale Liquiditätsmanagement (Central Liquidity Management, CLM) von T2. Abwicklungsinstruktionen werden an T2S gesendet (siehe Schaubild 3.2).

Aufbau des ECMS und Verbindungen zu anderen Akteuren und Systemen
Aufbau des ECMS und Verbindungen zu anderen Akteuren und Systemen

Das ECMS bietet den Geschäftspartnern des Eurosystems eine Reihe erweiterter, harmonisierter Services für das Management von Sicherheiten im Zusammenhang mit den Kreditgeschäften des Eurosystems. Dies soll gleiche Bedingungen für alle Geschäftspartner ermöglichen und somit dem wichtigen Grundsatz der einheitlichen Umsetzung der Geldpolitik im Eurosystem Rechnung tragen. Der Zugang für alle Geschäftspartner erfolgt über eine gemeinsame Schnittstelle, die länderübergreifend genutzt werden kann. Für Bankengruppen, die über mehrere nationale Zentralbanken an den Kreditoperationen des Eurosystems teilnehmen, dürfte das ECMS das gruppenweite Sicherheitenmanagement deutlich vereinfachen.

Das ECMS stellt eine technische Weiterentwicklung der nationalen Systeme zur Sicherheitenverwaltung dar. So bietet es erweiterte Funktionen wie die Einrichtung einer maximalen Kreditlinie sowie die automatisierte Mobilisierung von Cash Collateral (das heißt die Nutzung von verfügbaren Kontoguthaben) im Falle einer Unterdeckung auf dem Sicherheitenkonto und dessen Freigabe, sobald andere Sicherheiten in ausreichender Höhe zur Verfügung stehen. Darüber hinaus können zum Beispiel verschiedene, gruppenzugehörige Geschäftspartner in einer „ECMS Banking Group“ zusammengefasst werden. Es wird ein Geschäftspartner als „Manager“ der Banking Group definiert, welcher Zugriff auf eine konsolidierte Sicht aller Sicherheitenpools der Gruppe hat.

Durch eine Reihe von Maßnahmen garantiert das ECMS ein hohes Niveau an Sicherheit und Zukunftsfähigkeit. Der Zugriff auf das ECMS erfolgt über einen der beiden vom Eurosystem zugelassenen Netzwerkdienstleister (Swift oder Nexi-Colt) für die TARGET-Services. Allerdings können Geschäftspartner, die keinen eigenen Vertrag mit einem Netzwerkdienstleister haben, grundsätzlich auch den Netzwerkdienstleister eines Dritten nutzen. Für die Teilnehmer erfolgt der Zugang zum ECMS, wie auch bei allen anderen TARGET-Services, über das ESMIG, wodurch eine hohe IT-Sicherheit erreicht werden kann. 20 Der Zugriff kann entweder automatisiert (Application-to-Application-(A2A)-Modus) oder durch Benutzereingaben (User-to-Application-(U2A)-Modus) durchgeführt werden. A2A ermöglicht, dass die internen Verarbeitungssysteme der Marktteilnehmer direkt mit dem ECMS über XML-Nachrichten gemäß ISO 20022-Standard interagieren, um Instruktionen zu senden oder automatisiert Reports zu erhalten. Somit wird die Verwendung eines einheitlichen Nachrichtenstandards sichergestellt. Die gesamte Kommunikation zwischen Zentralverwahrern, Triparty Agents und dem ECMS erfolgt im A2A-Modus. Der U2A-Zugang ermöglicht den Geschäftspartnern bildschirmgestützte Online-Aktivitäten, die vom ECMS-Nutzer manuell über eine grafische Benutzeroberfläche ausgeführt werden. Die moderne technische Konzeption des ECMS und die Verwendung neuester Standards ermöglichen ferner eine effiziente Umsetzung zukünftiger Änderungen und Erweiterungen.

4 Migration auf das ECMS und erste Bestandsaufnahme nach Inbetriebnahme

Zur Sicherstellung einer reibungslosen Migration hat die Bundesbank ihre geldpolitischen Geschäftspartner auf dem Weg zum ECMS eng begleitet. Diese Begleitung hat sich an dem vom Eurosystem aufgestellten Meilenstein-Zeitplan orientiert. Der Zeitplan enthielt zentrale Meilensteine, über die der Vorbereitungsstand aller am ECMS teilnehmenden Institute überwacht wurde. Die Bundesbank befragte dazu in periodischen Abständen alle ihre geldpolitischen Geschäftspartner, inwieweit sie die jeweils fälligen Meilensteine erfüllten und wie sie ihre Erfüllung künftiger Meilensteine einschätzten. Die Rückmeldungen flossen in das sogenannte Community Readiness Monitoring auf Ebene des Eurosystems ein. Unterstützend wurden diverse Fachschulungen für die Geschäftspartner angeboten und relevante Informationen zeitnah über die Website der Bundesbank zur Verfügung gestellt.

Die Inbetriebnahme des ECMS und die notwendigen Migrationsaktivitäten wurden erfolgreich abgeschlossen. Von April 2023 bis Ende Mai 2023 testeten die Geschäftspartner die Netzwerkanbindung in der ECMS-Vorproduktionsumgebung. Im August 2024 begann die Vorbereitung auf die Migration in der Produktionsumgebung. Das ECMS sollte eigentlich im November 2024 seinen Betrieb aufnehmen, tatsächlich startete es dann im Juni 2025, um mehr Zeit für die Stabilisierung der komplexen Funktionalitäten zu gewinnen. Nach der finalen Migrationsvorbereitung aller Teilnehmer erfolgte eine „Big-Bang“-Migration aller Notenbanken vom 13. bis 15. Juni 2025. Der erste Geschäftstag des ECMS war somit der 16. Juni 2025. Bei dieser erfolgreichen Migration wurden Sicherheiten im Wert von rund 360 Mrd € aus dem bisherigen Sicherheitenmanagementsystem der Bundesbank in das ECMS überführt. Insgesamt waren im Juni 2025 in Deutschland über 140 Nutzer direkt und weitere 515 Nutzer indirekt über eine Drittpartei an das ECMS angebunden.

5 Ausblick

Technische Neuerungen und marktgetriebene Innovationen werden das Sicherheitenmanagement im Eurosystem in den nächsten Jahren weiter verändern. Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme ist nunmehr die Zielsetzung für die nächsten Monate, eine hohe Betriebsstabilität zu gewährleisten. Zugleich werden sukzessive einige weitere Verbesserungen implementiert, die unter Prioritätsgesichtspunkten noch nicht zum Start bereitgestellt werden konnten. Ferner wird das Eurosystem durch das ECMS ausgelöste Änderungen in der Sicherheitenmanagement-Landschaft genau beobachten und analysieren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Sicherheitenverwaltung in einem sehr dynamischen Umfeld bewegt. So kann davon ausgegangen werden, dass die Diskussionen zur Spar- und Investitionsunion mittel- und längerfristig auch Auswirkungen auf die Sicherheitenverwaltung haben werden. Dies gilt insbesondere, wenn Fortschritte bei der weiteren Harmonisierung des EU-Rechtsrahmens für Wertpapiere erzielt werden sollten. Technisch werden auch die Diskussionen zum Einsatz der DLT im Wertpapierbereich besondere Aufmerksamkeit verlangen. Das Eurosystem hatte im Jahr 2024 eine Explorationsphase durchgeführt, um neue Technologien zur Abwicklung DLT-basierter Finanzmarkttransaktionen in Zentralbankgeld zu erproben. 21 Hier wiesen zahlreiche Marktteilnehmer darauf hin, dass die Notenbankfähigkeit für die Akzeptanz und Verbreitung digitaler Wertpapiere eine wichtige Rolle spielt. Insoweit wird das Eurosystem auch klären müssen, inwieweit solche DLT-basierten Wertpapiere als notenbankfähige Sicherheiten akzeptiert und genutzt werden könnten.

Literaturverzeichnis

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