EU-Finanzen: Finanzbeziehungen der Mitgliedstaaten zur EU 2024 und Mehrjähriger Finanzrahmen 2028 bis 2034 Monatsbericht – Oktober 2025
Veröffentlicht am 9.10.2025
EU-Finanzen: Finanzbeziehungen der Mitgliedstaaten zur EU 2024 und Mehrjähriger Finanzrahmen 2028 bis 2034 Monatsbericht – Oktober 2025
Monatsbericht
Der EU-Haushalt umfasste im vergangenen Jahr Ausgaben von 146 Mrd € oder knapp 0,8 % des EU-Bruttonationaleinkommens (EU-BNE). 2023 war es noch etwa 1 %. Dabei flossen weniger Mittel von der EU an die Mitgliedstaaten, denn viele Mitgliedstaaten riefen weniger Kohäsionsmittel ab. Dagegen nutzen sie vorrangig Mittel des Extrahaushalts Next Generation EU(NGEU), die 2026 auslaufen. Die Zahlungen aus beiden Haushalten zusammen lagen bei rund 1,3 % des EU-BNE und sanken nur leicht gegenüber dem Vorjahr (− 0,1 Prozentpunkte).
Die Mitgliedstaaten finanzieren den EU-Haushalt vor allem mit Beiträgen, die sich an ihrem BNE orientieren. Diese Beiträge streuen relativ wenig, während sich die Zahlungen an die Mitgliedstaaten aus dem EU-Haushalt und NGEU stark unterscheiden. So ergeben sich Nettozahler- und Nettoempfänger-Positionen. 2024 war auch Deutschland wieder unter den zehn Nettozahler-Ländern mit 0,4 % seines BNE (18 Mrd €). Von den 17 Nettoempfänger-Ländern erhielt Lettland mit über 3 % (netto) die meisten Mittel.
Für den neuen Finanzrahmen 2028 bis 2034 veröffentlichte die Europäische Kommission im Juli einen ersten Vorschlag. Demnach soll der EU-Haushalt in Prozent des EU-BNE in etwa um den Umfang der Tilgungen und Zinslasten für NGEU steigen. Entsprechend höher sollen die Zahlungen der Mitgliedstaaten ausfallen. Gleichzeitig schlägt die Europäische Kommission verschiedene neue Verschuldungsmöglichkeiten vor, die vor allem zusätzliche Kredite an die Mitgliedstaaten finanzieren sollen.
Die Europäische Kommission will den EU-Haushalt etwas stärker auf europäische Aufgaben ausrichten und die Finanzierung einfacher und transparenter machen. Beides ist zu begrüßen und könnte in den anstehenden Verhandlungen noch stärker angestrebt werden. Dagegen ist es weniger naheliegend, EU-Mittel an Reformpläne für nationale Aufgaben und Projekte zu binden und diese von der Europäischen Kommission überwachen zu lassen. Es droht zusätzlicher bürokratischer Aufwand, und die Verantwortlichkeiten könnten zunehmend verschwimmen. Die Erfahrungen mit NGEU sind in dieser Hinsicht zumindest zwiespältig.
1 Rückblick auf die Zahlungsströme 2024
Die Mitgliedstaaten stimmen jeweils für sieben Jahre ab, welche Ausgaben sie gemeinsam tätigen und wie sie dies finanzieren. Dazu stellen sie einen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) auf. Der aktuelle Finanzrahmen reicht von 2021 bis 2027. Der größte Teil der Ausgaben fließt als Transfers an die Mitgliedstaaten. Ein kleinerer Teil finanziert gemeinsame Ausgaben, wie zum Beispiel für den Grenzschutz oder humanitäre Hilfe. Für die Laufzeit des Finanzrahmens legen die jährlichen EU-Haushalte konkretere Ausgabenpläne fest. Im aktuellen Finanzrahmen umfasst der EU-Haushalt rund 1 % des EU-BNE. 1 Zum größten Teil finanzieren ihn die Mitgliedstaaten über laufende Beiträge in Relation zu ihrer Wirtschaftskraft.
Von 2021 bis 2026 ergänzt NGEU den regulären EU-Haushalt. Die Mitgliedstaaten beschlossen den Extrahaushalt NGEU als einmaliges Kriseninstrument in der Corona-Krise. Er ist auf sechs Jahre befristet und umfasst Transfers und Kredite an die Mitgliedstaaten. Das Kernstück bildet die Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF). Auf sie entfallen sämtliche Kredite und rund 80 % der Transfers. Die restlichen 20 % stocken bestehende Ausgabenprogramme des regulären EU-Haushalts auf. Die NGEU-Transfers führen in den Jahren 2021 bis 2026 zu zusätzlichen Ausgaben von jahresdurchschnittlich 0,5 % des EU-BNE. 2
Vor allem unterschiedlich hohe Transfers aus dem EU-Haushalt bestimmen, ob ein Land per saldo Zahlungen an den EU-Haushalt leistet oder Zahlungen erhält. Denn die Einzahlungen der Mitgliedstaaten sind in etwa gleich hoch. Hingegen erhalten die wirtschaftlich schwächeren Länder (gemessen am BNE pro Kopf) tendenziell überproportional hohe Transfers aus dem EU-Haushalt. Auch für NGEU können Nettobeiträge ermittelt werden. Allerdings beantragen die Mitgliedstaaten NGEU-Mittel teils unregelmäßig in größeren Blöcken. Daher schwanken die NGEU-Nettobeiträge von Jahr zu Jahr stärker als die des EU-Haushalts (siehe Exkurs „Methodische Hinweise zur Ermittlung der Nettobeiträge“).
Der EU-Haushalt verteilt finanzielle Mittel von wirtschaftlich stärkeren zu wirtschaftlich schwächeren Mitgliedstaaten um. Es wäre angemessen, dass die Europäische Kommission die Nettobeiträge zum EU-Haushalt zeitnah und transparent ausweist. 3 Dabei sind die Nettobeiträge vorsichtig zu interpretieren. Die Nettobeiträge zeigen, dass die mit den Gemeinschaftshaushalten einhergehenden finanziellen Be- und Entlastungen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich ausfallen. Sie bilden jedoch nicht den Nutzen und die Kosten der EU-Mitgliedschaft eines Landes ab.
Exkurs
Methodische Hinweise zur Ermittlung der Nettobeiträge
Um aussagekräftige Nettobeiträge zu ermitteln, müssen die Zahlungsströme des EU-Haushalts angepasst werden. Ausgabenseitig werden nur operative Zahlungen berücksichtigt, die an die Mitgliedstaaten fließen. Insbesondere die Verwaltungsausgaben zählen nicht dazu, weil sie nicht sinnvoll einzelnen Mitgliedstaaten zuzurechnen sind. Zudem finanziert der EU-Haushalt Transfers an Staaten außerhalb der EU, etwa für Entwicklungshilfe oder humanitäre Leistungen. Diese Zahlungen haben ebenfalls keinen Einfluss auf die hier ausgewiesenen Nettobeiträge der Mitgliedstaaten.
Einnahmenseitig werden nur die laufenden Beiträge der Mitgliedstaaten berücksichtigt, um die Nettobeiträge zu ermitteln. Diese bemessen sich nach verschiedenen landesbezogenen Größen: dem Bruttonationaleinkommen (BNE-Eigenmittel), dem (normierten) Mehrwertsteueraufkommen (MwSt-Eigenmittel) und an der Menge an nicht recycelten Verpackungsabfällen (Kunststoff-Eigenmittel). Den BNE-Eigenmitteln kommt im EU-Haushalt eine besondere Rolle zu. Sie bilden den größten Posten und werden so angepasst, dass sie den EU-Haushalt stets ausgleichen. Neben den laufenden Beiträgen der Mitgliedstaaten speist sich der EU-Haushalt aus Zolleinnahmen. Diese fallen aber vor allem an den Außengrenzen an und sind den Mitgliedstaaten, die die Zölle erheben, deshalb nicht sinnvoll zuzurechnen. Zudem gibt es weitere Einnahmen, wie etwa aus Kartellstrafen oder Strafzahlungen der Mitgliedstaaten.
Für die Berechnung der Nettobeiträge aus NGEU wird angenommen, dass die Mitgliedstaaten die NGEU-Transfers gemäß BNE-Anteilen finanzieren. Dies liegt nahe, weil die Finanzierungsanteile derzeit und wohl auch zukünftig grob den BNE-Anteilen entsprechen. Im Ergebnis wird damit derselbe Nettobeitrag ausgewiesen, der sich ergäbe, wenn die Mitgliedstaaten NGEU laufend über den regulären EU-Haushalt statt über Schulden finanzieren würden. 1 Dabei zählt der Schuldendienst im EU-Haushalt nicht zu den einbezogenen operativen Ausgaben. Dies verhindert, dass Belastungen doppelt gezählt werden.
1.1 EU-Haushalt 2024 (ohne NGEU)
Der EU-Haushalt 2024 umfasste Ausgaben von rund 146 Mrd € und damit 19 Mrd € weniger als im Vorjahr. 4 Mit gut 0,8 % des EU-BNE waren die Ausgaben niedriger als üblich (rund 1 % des EU-BNE). Die Verwaltungsausgaben lagen unverändert zum Vorjahr bei 12 Mrd €. Dies entspricht rund 8 % der Gesamtausgaben. Die Ausgaben für den NGEU-Schuldendienst erreichten 2 Mrd € und damit 1,5 % der Gesamtausgaben.
Ausschlaggebend für den Ausgabenrückgang waren die Kohäsionsausgaben, die um knapp 40 % sanken. Deswegen gingen auch die operativen Ausgaben 5 insgesamt um gut 20 Mrd € auf 132 Mrd € zurück. Der Anteil der Kohäsionsausgaben sank dabei auf nur noch 27 % (siehe Schaubild 2.1). Anders als in den Vorjahren lag er damit deutlich unter dem Anteil der Agrarpolitik (42 %). Die restlichen 30 % der operativen Ausgaben verteilten sich auf die Bereiche Forschung und Infrastruktur, Auswärtiges Handeln sowie Sicherheit und Unionsbürgerschaft. Von den operativen Ausgaben flossen gut 20 Mrd € an Empfänger außerhalb der EU, und zwar vor allem aus dem Bereich Auswärtiges Handeln (sie fließen nicht in die Nettobeiträge ein, siehe Exkurs „Methodische Hinweise zur Ermittlung der Nettobeiträge“).
Die Höhe der Ausgaben, die aus dem EU-Haushalt an die Mitgliedstaaten flossen, unterschied sich auch 2024 deutlich zwischen den Ländern (siehe Schaubild 2.2).Lettland erhielt mit knapp 3½ % seines BNE die meisten Mittel. Den Niederlanden, Deutschland, Schweden, Österreich und Dänemark flossen mit unter ½ % ihres BNEs die geringsten Mittel zu.
Alle Länder riefen in Relation zu ihrem BNE deutlich weniger Kohäsionsmittel ab als in den Jahren zuvor. Dies dürfte daran liegen, dass sie vorrangig Mittel der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzten, damit diese nicht verfallen. Insgesamt betrachtet sanken die Kohäsionsmittel von 0,37 % des EU-BNE im Durchschnitt der Jahre 2021 bis 2023 auf 0,17 %. In Ungarn und Polen war der Rückgang mit 1,7 Prozentpunkten beziehungsweise 1,4 Prozentpunkten besonders groß.Aber auch in der Slowakei, Estland, Litauen, Kroatien und Rumänien sanken die Kohäsionsmittel in Relation zum jeweiligen BNE um mehr als 1 Prozentpunkt. In Spanien, Italien, Portugal und Slowenien war der Anteil der Kohäsionsmittel am BNE bereits zuvor deutlich gefallen. Die genannten Länder erhalten alle überdurchschnittlich viele ARF-Mittel. Die Vermutung liegt nahe, dass die ARF-Mittel einen Teil der Kohäsionsmittel verdrängten. Denn die Mitgliedstaaten müssen die ARF-Mittel bis Ende September 2026 beantragen, damit sie nicht verfallen. Spätestens ab 2027 dürften die Kohäsionsmittel dann aufgrund von Nachholeffekten deutlich steigen.
Die Zahlungen der Mitgliedstaaten an den EU-Haushalt beliefen sich 2024 auf 128 Mrd €. Im (ungewichteten) Durchschnitt zahlten die Mitgliedstaaten damit gut 0,7 % ihres BNE an den EU-Haushalt (siehe Schaubild 2.3). Korrespondierend zu den geringeren Ausgaben, waren sie ebenfalls etwas niedriger als im Durchschnitt der letzten Jahre. Die Spanne zwischen dem Land mit den niedrigsten Zahlungen und dem mit den höchsten lag bei knapp 0,4 Prozentpunkten. Damit lag sie in dem auch in anderen Jahren üblichen Bereich. Der größte Anteil entfiel wie üblich auf die BNE-Eigenmittel (95 Mrd €). Die Zolleinnahmen lagen bei 21 Mrd €.
1.2 NGEU 2024
2024 flossen NGEU-Transfers von 80 Mrd € oder knapp 0,5 % des EU-BNEs(siehe Schaubild 2.4), davon 56 Mrd € für die ARF (einschließlich REPowerEU). In Relation zu ihrem BNE erhielten Lettland, Kroatien und Spanien die meisten Mittel (zwischen 1,5 % und 1,3 % ihres BNE). Dagegen erhielten Luxemburg, Schweden und Österreich weniger als 0,1 %. Die Unterschiede liegen nicht nur daran, dass unterschiedlich hohe Transfers vorgesehen sind. Hinzu tritt, dass die Mitgliedstaaten die ARF-Transfers teils unregelmäßig und dann in größeren Blöcken beantragen (siehe Schaubild 2.5).
Insgesamt flossen 2024 somit 16 % der vorgesehenen ARF-Transfers (siehe Schaubild 2.5). Dies war etwas mehr als in den Vorjahren (je 13 %). Erneut gab es große Unterschiede zwischen den Ländern. Vier Länder riefen keine oder kaum nennenswerte Teile der für sie vorgesehenen Mittel ab (Schweden, Österreich, Luxemburg und Bulgarien), Deutschland mit 45 % am meisten. Die Niederlande, Ungarn und Irland erhielten 2024 erstmals ARF-Mittel.
Seit 2021 flossen an die Mitgliedstaaten 55 % der insgesamt verfügbaren ARF-Transfers. Sollen keine Mittel verfallen, muss sich das Abflusstempo weiter beschleunigen. Denn die Europäische Kommission darf die Mittel nur bis Ende 2026 auszahlen. Nach Deutschland flossen bis Ende 2024 66 % der vorgesehenen Mittel. Daneben erhielten zehn weitere Länder bis Ende 2024 mehr als die Hälfte der für sie vorgesehenen Mittel (Tschechien, Portugal, Estland, die Slowakei, Spanien, Kroatien, Dänemark, Italien, Malta und Frankreich). Schweden ist das einzige Land, an das bis Ende 2024 keine Mittel flossen. Im Juli 2025 erhielt jedoch auch Schweden seine erste Zahlung. 6
1.3 Nettobeiträge 2024
Betrachtet man EU-Haushalt und NGEU insgesamt, leisteten 2024 zehn Länder per saldo Zahlungen (siehe Schaubild 2.6 zu den einzelnen Ländern und getrennt nach EU-Haushalt und NGEU). Am höchsten waren die Nettozahlungen mit über 0,5 % des BNE in Österreich, Schweden und Irland. Deutschland war ebenfalls Nettozahler. Es gehörte 2024 jedoch nicht zu den Spitzenreitern, da es einen guten Teil seiner ARF-Transfers erhielt. Deswegen fiel der deutsche Nettobeitrag zu NGEU gering aus. 17 Länder empfingen per saldo Zahlungen aus den beiden Haushalten. Darunter erhielt Lettland mit fast 3½ % die höchsten Nettotransfers, gefolgt von Kroatien, Estland und Griechenland mit um die 2 %.
2 Ausblick auf den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen
Im Juli veröffentlichte die Europäische Kommission ein Paket mit ersten umfassenden Vorschlägen für den Finanzrahmen 2028 bis 2034. 7 Nun müssen sowohl die Mitgliedstaaten als auch das Europäische Parlament dazu eine Position erarbeiten. Da die neue Finanzperiode erst 2028 beginnt, ist eine Einigung nicht vor 2027 zu erwarten. Das Kommissionspaket enthält detaillierte Vorschläge zum Umfang und zur Ausgestaltung künftiger Ausgabenprogramme. Zudem zeigt es, wie die Mitgliedstaaten diese künftig finanzieren sollen. Auch ist vorgesehen, dass die Europäische Kommission im Krisenfall zusätzliche gemeinsame EU-Schulden aufnehmen können soll, für die die Mitgliedstaaten über den EU-Haushalt haften. Ausgewählte Aspekte des Kommissionsvorschlags werden im Folgenden vorgestellt.
2.1 Mehr Mittel benötigt, um Schuldendienst für NGEU-Kredite zu leisten
Die Europäische Kommission schlägt vor, den maximalen Umfang des EU-Haushalts auszuweiten – von derzeit jährlich bis zu 1,13 % des EU-BNE auf 1,26 %. 8 Der Anstieg resultiert hauptsächlich aus dem Schuldendienst für NGEU. Für 2028 bis 2034 sollen im EU-Haushalt insgesamt 1 763 Mrd € 9 zur Verfügung stehen. Für den NGEU-Schuldendienst plant die Europäische Kommission 150 Mrd € ein (knapp 9 % der vorgesehenen Mittel). 10 Damit sollen Zinsen und Tilgungen geleistet werden.
Die im Finanzrahmen festgelegten Ausgaben sollen künftig stärkere Inflationsschwankungen berücksichtigen. Die Ausgaben werden üblicherweise über den gesamten Planungszeitraum in konstanten Preisen eines Basisjahres festgelegt. Dies ist für den aktuellen Finanzrahmen das Jahr 2018, für den künftigen das Jahr 2025. Um die Inflation zu berücksichtigen, werden diese Größen bislang jährlich mit 2 % hochgerechnet, ungeachtet der tatsächlichen Inflationsrate. Die Europäische Kommission will dieses Vorgehen im Falle besonders hoher oder besonders niedriger Inflationsraten anpassen. Sie schlägt vor, künftig bei einer Inflationsrate über 3 % oder unter 1 %, die tatsächliche Inflationsrate zu verwenden. 11 Dadurch würde das Ausgabenvolumen in Relation zum BNE tendenziell stabilisiert.
Exkurs
Entwicklung von Defiziten und Schulden auf der EU-Ebene
Der EU-Haushalt ist grundsätzlich ausgeglichen und weist keine Defizite auf. Aufgrund von NGEU werden aber auf der EU-Ebene vorübergehend Defizite verzeichnet und im weiteren Verlauf Überschüsse für Tilgungen. 2021 bis 2026 führen NGEU-Transfers ausnahmsweise zu Defiziten auf der EU-Ebene (siehe Schaubild 2.7). 1 Am Ende des Auszahlungszeitraums 2026 dürften die betreffenden NGEU-Schulden rund 2,2 % des EU-BNE betragen. Ab 2028 sollen die hierfür aufgenommenen Schulden sukzessive getilgt werden. Hierfür sind dann über viele Jahre Überschüsse im EU-Haushalt zu erzielen. Die EU-Schuldenquote sinkt dann wieder (auch aufgrund des steigenden BNEs im Nenner). Die Zinsbelastung aus der aufgelaufenen Verschuldung beträgt bis zum Ende des nächsten Finanzrahmens 2034 voraussichtlich jährlich unter 0,1 % des EU-BNE (siehe Schaubild 2.8).
Neben der Verschuldung für Transfers verschuldet sich die EU zunehmend für Kredite an Mitgliedstaaten und die Ukraine. 2 Dabei stehen einer stärkeren Verschuldung höhere Forderungen aus vergebenen Krediten gegenüber, und es entstehen keine Defizite. Schon 2019 bestanden diesbezügliche Schulden und Forderungen in Höhe von 52 Mrd € oder knapp 0,4 % des EU-BNE (siehe Schaubild 2.9). Sie umfassten vor allem Kredite des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) sowie Makrofinanzhilfen an Nicht-EU-Länder. Auf letztere entfielen knapp 5 Mrd €. Im Zuge der Corona-Pandemie kamen ab 2020 Kredite des EU-Kurzarbeit-Programms SURE an die Mitgliedstaaten hinzu und ab 2021 NGEU-Kredite. Ende 2024 entfiel auf diese beiden Kreditprogramme mit 1,2 % des EU-BNE der größte Teil der ausstehenden Kredite. Zudem gewinnen seit 2022 Kredite an die Ukraine an Bedeutung. Sie lagen Ende 2024 bei rund 40 Mrd € oder 0,2 % des EU-BNE. Insgesamt betrachtet stieg das Volumen der über den EU-Haushalt abgesicherten Kredite bis Ende 2024 auf knapp 300 Mrd € (1,7 % des EU-BNE).
Ab 2026 kommen weitere 150 Mrd € an Krediten für das neue EU-Schuldeninstrument Security Action for Europe(SAFE) hinzu. SAFE ist Teil der Initiative „Readiness 2030“, die der Rat Ende Mai 2025 beschloss. 3 Die hierüber vorgesehenen Kredite sollen Verteidigungsinvestitionen von bis zu 150 Mrd € finanzieren. Diese sowie die oben genannten Kredite belasten bei plangemäßer Bedienung der Kreditforderungen den EU-Haushalt nicht. Den Zinszahlungen für die eigenen Schulden stehen Zinseinnahmen aus den Kreditforderungen gegenüber.
2.2 Neue Ausgabenschwerpunkte
Die Mitgliedstaaten können die Ausgabenschwerpunkte des EU-Haushalts in den Verhandlungen zum nächsten Finanzrahmen an neue Herausforderungen anpassen. Bislang entfällt ein Großteil der Ausgaben auf die Agrar- und Kohäsionspolitik. Bei den Ausgaben für Agrarpolitik steht die Einkommensstützung der Landwirte im Vordergrund. Die Kohäsionspolitik soll die wirtschaftliche Konvergenz innerhalb der EU fördern. Im Ergebnis fließen die Mittel für diese beiden Aufgabenbereiche vor allem in wirtschaftlich schwächere Mitgliedstaaten. Im aktuellen Finanzrahmen entfallen auf sie zwei Drittel der Gesamtausgaben.
Der Kommissionsvorschlag stärkt die Bereiche Forschung, Infrastruktur und Verteidigung (siehe Schaubild 2.10). Er sieht vor, dass ein größerer Anteil der Mittel auf diese Bereiche entfallen. Außerdem will die Europäische Kommission diese Bereiche künftig in einer Rubrik zusammenfassen. Innerhalb einer Rubrik ist es leichter, Ausgaben im laufenden Finanzrahmen zwischen den Bereichen zu verschieben. Für diese neue Rubrik sieht der Kommissionsvorschlag 0,37 % des EU-BNE vor. 12 Dies ist eine Verdoppelung gegenüber dem aktuellen Finanzrahmen. Dabei soll der Bereich Verteidigung besonders stark steigen, von 0,01 % im aktuellen Finanzrahmen auf künftig 0,08 % des EU-BNE. Daneben sollen auch die Bereiche Auswärtiges Handeln und Migration, Sicherheit und Grenzschutz gestärkt werden.
Für die Agrarpolitik sieht die Europäische Kommission dagegen deutlich weniger Mittel vor. Die Mittel für Kohäsionspolitik sollen nahezu unverändert bleiben. Der Anteil der Agrarpolitik am EU-BNE soll um die Hälfte auf knapp 0,2 % gekürzt werden. Die Mittel für die Kohäsionspolitik bleiben hingegen nahezu unverändert bei 0,34 %. Für diesen Vergleich sind im aktuellen Finanzrahmen die Mittel herausgerechnet, die künftig dem Bereich Forschung, Infrastruktur und Verteidigung zugeschlagen werden sollen. Die Verwaltungsausgaben bleiben ebenfalls nahezu unverändert bei 0,08 % des EU-BNE.
In den gestärkten Bereichen gibt es gute Gründe, die Ausgaben gemeinsam europäisch zu tätigen. Zentral unternommene große Forschungs- und Infrastrukturprojekte bieten Vorteile, etwa durch Skaleneffekte oder wenn sie auf nationaler Ebene nicht zustande kämen. Im Bereich Auswärtiges Handeln oder Migration dürfte ein gemeinsames europäisches Vorgehen wirksamer sein als nationale Alleingänge. Im Bereich Grenzschutz legt die Freizügigkeit innerhalb der EU einen gemeinsamen Schutz der Außengrenzen nahe. Darüber hinaus sprechen insbesondere Netzeffekte und externe Effekte dafür, auch bei der Absicherung der Energieversorgung oder dem Klimaschutz stärker auf der europäischen Ebene aktiv zu werden. Allerdings sollte jeweils geprüft werden, ob dies gegenüber dem rein nationalen Ansatz vorteilhaft ist. Dagegen handelt es sich bei der Agrar- und Kohäsionspolitik weitgehend um Transfers an die Mitgliedstaaten ohne besonderen europäischen Bezug. Wird damit vor allem eine Umverteilung zwischen den Mitgliedstaaten angestrebt, ließe sich dies transparenter umsetzen.
Bei der Verteidigungspolitik erscheint eine intensivere Kooperation und Zusammenarbeit in Europa dringend nötig. Seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine beabsichtigen die Mitgliedstaaten, ihre Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen. 13 Dabei wäre ein gemeinsames Vorgehen in vielen Bereichen elementar. Dies ist etwa bei groß angelegten Rüstungsvorhaben der Fall, die einen europaweiten Schutz erwarten lassen. Sinnvoll wäre wohl auch, Waffensysteme so abzustimmen, dass die Mitgliedstaaten sie im Bedarfsfall problemlos gemeinsam einsetzen können. Gleichzeitig ist es folgerichtig, auch Länder außerhalb der EU einzubeziehen, die gleichgelagerte Sicherheits- und Verteidigungsinteressen haben, wie etwa Großbritannien. Nicht zuletzt müssen geeignete Entscheidungs- und Finanzierungsstrukturen gefunden werden, die ein gut koordiniertes und zügiges Vorgehen ermöglichen. Welche Rolle dabei die bestehenden EU-Strukturen spielen werden, wird im weiteren Verlauf zu klären sein. Neue Koordinationsinstrumente sollten in Erwägung gezogen werden, wenn sie eine effizientere Verteidigung besser gewährleisten. Generell spricht einiges dafür, dauerhaft notwendige Verteidigungsausgaben nicht über Schulden, sondern über laufende Einnahmen zu finanzieren.
2.3 Änderungen an der Finanzierungsstruktur
Die Europäische Kommission schlägt zur Finanzierung des EU-Haushalts fünf neue Eigenmittel vor, die jährlich insgesamt 44 Mrd € erbringen sollen (0,25 % des EU-BNE). 14 Dies sind:
Eigenmittel auf der Grundlage der Menge nicht gesammelter Elektroaltgeräte (15 Mrd €),
Eigenmittel auf der Grundlage der Verbrauchsteuer auf Tabak (11,2 Mrd €),
Eigenmittel auf der Grundlage des Emissionshandelssystems (30 % der nationalen ETS1-Einnahmen; 9,6 Mrd €),
ein pauschaler nach der Höhe des Nettoumsatzes gestaffelter Beitrag großer Unternehmen mit einem Nettoumsatz über 100 Mio € (6,8 Mrd €),
Eigenmittel auf der Grundlage des CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (75 % der nationalen CBAM-Einnahmen; 1,4 Mrd €).
Außerdem möchte die Europäische Kommission die bestehenden Eigenmittel anpassen und teils vereinfachen. Sie schlägt drei Veränderungen an den bestehenden Eigenmitteln vor:
Der Anteil der Zolleinnahmen, den die Mitgliedstaaten als Erhebungskosten für die von ihnen erhobenen Zolleinnahmen einbehalten, soll von 25 % auf 10 % sinken. Damit sollen sie sich stärker an den tatsächlichen Erhebungskosten orientieren, die deutlich unter 25 % liegen dürften. Von der hohen Erstattung profitieren vor allem die Niederlande und Belgien. In diesen beiden Ländern fällt aufgrund der großen Überseehäfen regelmäßig ein überdurchschnittlich hoher Anteil der Zolleinnahmen der EU an. 15 Insofern stellen die hohen Erhebungskosten einen versteckten Rabatt dar.
Um die Transparenz bei der Berechnung der Eigenmittel zu erhöhen, sollen länderspezifische Korrekturmechanismen entfallen.
Der Abrufsatz für die Kunststoff-Eigenmittel soll steigen, um der Inflationsentwicklung Rechnung zu tragen.
Neue Eigenmittel mindern nicht die Finanzierungslast der Mitgliedstaaten. Mitunter wird der Eindruck erweckt, neue Eigenmittel würden die Mitgliedstaaten entlasten, weil sie geringere Beiträge leisten müssen. In den meisten Fällen treten die Mitgliedstaaten jedoch einen Teil ihres nationalen Steueraufkommens an die EU ab. Dies wäre zum Beispiel bei dem vorgeschlagenen Tabak-Eigenmitteln der Fall. In anderen Fällen verzichten die Mitgliedstaaten auf eigene Besteuerungsmöglichkeiten. So wird der vorgeschlagene Unternehmensbeitrag zwar nicht auf nationaler Ebene erhoben, erhöht aber die Belastung der ansässigen Unternehmen. In jedem Fall tragen die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten die Finanzierungslasten.
Die vorgeschlagenen Anpassungen an den bestehenden Eigenmitteln würden das Eigenmittelsystem vereinfachen. Das ist zu begrüßen. Neue Eigenmittel dürften hingegen neue Rabatte nach sich ziehen und die Transparenz des Eigenmittelsystems wieder mindern. Der EU-Haushalt könnte wesentlich einfacher und transparenter allein über BNE-Eigenmittel finanziert werden. Die vielfältigen Korrekturmechanismen und versteckten Rabatte machen das Eigenmittelsystem insgesamt kompliziert und intransparent. Gleichzeitig sind sie das Ergebnis politischer Verhandlungen und reduzieren die finanziellen Beiträge einiger Länder zulasten von anderen. Auch die vorgeschlagenen neuen Eigenmittel verschieben die Finanzierungslast zwischen den Mitgliedstaaten. Diese Effekte sind für die Verhandlungen relevant und könnten wiederum neue Rabattforderungen nach sich ziehen. Denn Mitgliedstaaten, bei denen Änderungen des Eigenmittelsystems zu höheren Beiträgen führen, dürften diese Änderungen nur sehr begrenzt akzeptieren. Letztlich ist zu erwarten, dass die Mitgliedstaaten den EU-Haushalt auch künftig grob gemäß ihrem BNE-Anteil finanzieren werden. Daher liegt es nahe, die Finanzierung vollständig auf diese einfache und transparente Bezugsgröße umzustellen.
Es spricht viel dafür, auch Einnahmen aus dem ETS-Handelssystem und dem Grenzausgleichsmechanismus der europäischen Ebene zuzuordnen. Dies ist bereits für die Zolleinnahmen der Fall. Sie resultieren aus der gemeinsamen europäischen Zollpolitik. Dabei erheben die Mitgliedstaaten die Zolleinnahmen, die insbesondere in Ländern mit großen Seehäfen anfallen. Zum Ausgleich für die nationalen Kosten erhalten die Mitgliedstaaten eine pauschale Erstattung ihrer Erhebungskosten (25 % der Zolleinnahmen). Ein ähnliches Vorgehen scheint auch für die Einnahmen aus dem ETS-Handelssystem naheliegend. Sie resultieren aus der gemeinsamen europäischen Klimapolitik. Derzeit fließen die ETS-Einnahmen den Mitgliedstaaten grob gemäß ihren historischen CO₂-Verschmutzungsanteilen zu. Diese Aufteilung erscheint jedoch nicht überzeugend, weil der Schaden aus dem CO₂-Ausstoß nicht an der Landesgrenze Halt macht. Bei den Einnahmen aus dem Grenzausgleichsmechanismus ist dagegen bereits eine Zuordnung auf die EU-Ebene vorgesehen. Der Mechanismus setzt ab 2027 ein und belastet Importe mit Einfuhrabgaben, soweit die Produkte noch keinen dem ETS vergleichbaren CO₂-Preisbestandteil enthalten. Wie bereits bei den Zöllen sollen drei Viertel der Einnahmen an den EU-Haushalt fließen.
2.4 Nationale Reformpläne
Die Europäische Kommission möchte mit den Mitgliedstaaten künftig Pläne bilateral vereinbaren und hierfür ausgewählte EU-Haushaltsmittel einsetzen. 16 Dazu sollen die Mitgliedstaaten nationale und regionale Partnerschaftspläne vorlegen, die auch Investitionen und Reformen enthalten. Die Pläne sollen alle Bereiche abdecken, für die es vorvereinbarte Mittel gibt: Agrarpolitik, Kohäsionspolitik sowie Migration, Sicherheit und Grenzschutz. 17 Die nationalen Pläne sollen außerdem Investitionen und Reformen enthalten. Die Auszahlung der Mittel soll daran geknüpft werden, dass die Mitgliedstaaten die zugesagten Reformen umsetzen und Meilensteine wie vereinbart erreichen.
Die Europäische Kommission verspricht sich davon unter anderem, finanzielle Mittel besser nach den politischen Prioritäten der EU einzusetzen. Ob dies gelingt, erscheint jedoch nicht gesichert. Zu erwarten ist hingegen, dass damit erheblicher bürokratischer Aufwand verbunden wäre. Dies zeigt nicht zuletzt die Erfahrung mit der ARF, für die die Mitgliedstaaten ebenfalls Pläne mit der Europäischen Kommission aushandelten. Der Europäische Rechnungshof wies mehrfach auf Schwächen der ARF hin: Die ARF-Mittel seien nicht ausreichend wirksam für die angestrebten Ziele in den Bereichen digitale und grüne Transformation verwendet worden. 18 Auch könnten Mittel ausgezahlt werden, ohne dass die Mitgliedstaaten die vereinbarten Ziele umgesetzt hätten. Generell sieht der Rechnungshof kritisch, dass die Europäische Kommission nicht tatsächlich entstandene Kosten erstattet. Stattdessen fließen die Mittel in geplanter Höhe, wenn die Mitgliedstaaten vereinbarte Meilensteine erreichen. Aus Sicht des Rechnungshofs sind diese jedoch nicht hinreichend treffsicher. 19 Davon unabhängig erscheint ein stärkerer, breit angelegter Einfluss der Europäischen Kommission nicht generell naheliegend. Es spricht viel dafür, sich auf Politikbereiche zu konzentrieren, die tatsächlich einen starken europäischen Bezug haben – wie etwa den einheitlichen Binnenmarkt oder die gemeinsame Klimapolitik.
2.5 Neue Spielräume für gemeinsame Schulden
Der Kommissionsvorschlag sieht mehr Spielräume für gemeinsame Schulden von bis zu 645 Mrd € 20 vor (3,6 % des EU-BNE 2024). Einen Teil der gemeinsamen Schulden will die Europäische Kommission fest einplanen. Sie sollen als Kredite an die Mitgliedstaaten (150 Mrd €) und an die Ukraine (100 Mrd €) fließen. Darüber hinaus sollen bis zu 395 Mrd € für ein vorsorgliches Kriseninstrument zur Verfügung stehen. Mit ihm sollen im Krisenfall Kredite an EU-Mitgliedstaaten vergeben werden. 21
Um die gemeinsame Kreditaufnahme abzusichern, soll die Eigenmittelobergrenze steigen. Diese Grenze legt fest, wie stark die Mitgliedstaaten zur Finanzierung des EU-Haushalts jährlich maximal herangezogen werden können (als Anteil an ihrem BNE). Dabei bildet ihr Abstand zu den im Finanzrahmen festgelegten Ausgaben-Obergrenzen einen finanziellen Puffer. Er kann im Falle unvorhergesehener Entwicklungen genutzt werden. Zudem sichert er die Bedienung der EU-Verschuldung ab, mit der über den EU-Haushalt Kredite vergeben wurden. Soweit diese EU-Schulden Kredite an Mitgliedstaaten und andere Staaten finanzieren, leisten zwar grundsätzlich die kreditnehmenden Staaten den Schuldendienst (Zins und Tilgung). Fällt allerdings ein Schuldner aus, haften alle Mitgliedstaaten bis zur vereinbarten Eigenmittelobergrenze.
Die Eigenmittelobergrenze soll von regulär 1,4 % auf 1,75 % des EU-BNE steigen. Damit soll sie auch eine zusätzliche Kreditaufnahme der EU im Umfang von bis zu 250 Mrd € absichern (1,4 % des EU-BNE 2024). Der vorgeschlagene Anstieg der Eigenmittelobergrenze ist nur zum kleineren Teil dem größeren Umfang des EU-Haushalts geschuldet. Der größere Teil würde hingegen den Puffer erhöhen, mit dem zusätzliche neue gemeinschaftliche Schulden abgesichert werden könnten. Die Europäische Kommission will damit Kredite finanzieren – 100 Mrd € an die Ukraine und 150 Mrd € an Mitgliedstaaten. Letztere speisen das neue Instrument Catalyst Europe, das die Partnerschaftspläne um eine Kreditkomponente ergänzen soll. Das heißt, die Mitgliedstaaten könnten in den bilateral vereinbarten Plänen zusätzlich zu den vorgesehenen Transfers auch Kredite beantragen.
Zudem soll die Eigenmittelobergrenze im Krisenfall zweckgebunden und befristet um weitere 0,25 Prozentpunkte steigen können. 22 Dies soll im Krisenfall die oben beschriebene, mögliche weitere gemeinsame Kreditaufnahme absichern. Der Rat würde entscheiden, wann dieses Kriseninstrument zum Einsatz kommt und wie es ausgestaltet wird. Das Europäische Parlament müsste zustimmen. Aktiviert der Rat das Kriseninstrument, ermächtigt er die Europäische Kommission, bis zu 395 Mrd € am Kapitalmarkt aufzunehmen (2,2 % des EU-BNE 2024). Diese Mittel sollen den betroffenen Mitgliedstaaten als Kredite zur Verfügung stehen, um die Auswirkungen der Krise abzufedern. Attraktiv sind solche Kredite für Mitgliedstaaten mit höheren Refinanzierungskosten. Sie profitieren von den im Vergleich zu Marktkonditionen günstigeren Zinskonditionen. Da die Mittel ausschließlich als Kredite fließen, kommen für Zins- und Tilgung im Regelfall die kreditnehmenden Mitgliedstaaten auf. Die übrigen Mitgliedstaaten müssten die gemeinsame Kreditaufnahme im EU-Haushalt allerdings über die höhere zweckgebundene Eigenmittelobergrenze absichern.
Solch ein vorsorgliches Kriseninstrument scheint angesichts der bestehenden Krisenarchitektur nicht folgerichtig. Die Europäische Kommission möchte erreichen, dass die EU den Mitgliedstaaten im Krisenfall einfacher finanzielle Hilfen bereitstellt als bislang. Im Euroraum gibt es aber bereits den Europäischen Stabilitätsmechanismus. Eine zusätzliche Krisenvorsorge im EU-Haushalt scheint insofern nicht notwendig.