Kurzberichte Monatsbericht – April 2024

1. Konjunktur

1.1 Grundtendenzen: Deutsche Konjunktur leicht aufgehellt, aber im Kern noch schwach

Die Konjunktur in Deutschland hat sich etwas aufgehellt, eine durchgreifende Belebung ist aber noch nicht gesichert. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP

) dürfte im ersten Quartal leicht zugenommen haben. Diese Erwartung wird von einer zuletzt etwas höheren Industrieproduktion getragen, die auch von gestiegenen Warenexporten gestützt wurde. Darüber hinaus ließ eine außergewöhnlich milde Witterung im Februar die Bauproduktion außerordentlich kräftig steigen. Allerdings ist die Industrieproduktion in vielen Wirtschaftsbereichen weiterhin schwach und im Bau dürfte die Produktion ohne die stützende Wirkung der Witterung wieder deutlich zurückfallen. In der Summe lässt sich noch keine anhaltende Besserung für die deutsche Wirtschaft erkennen. Denn belastende Faktoren halten weiter an. Die gestiegenen Finanzierungskosten und die erhöhte wirtschaftspolitische Unsicherheit
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Vgl. etwa den von Baker, Bloom und Davies (2016) auf Zeitungsartikeln basierenden Index zur Messung von wirtschaftspolitischer Unsicherheit. Dieser ist zwar im März im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen, liegt aber weiterhin auf einem erhöhten Niveau. Siehe: https://www.policyuncertainty.com.
dämpfen die Investitionstätigkeit der Unternehmen. Die Nachfrage nach deutschen Industrieerzeugnissen aus dem In- und Ausland ist nach wie vor schwach und tendenziell weiter rückläufig. Auch im Wohnungsbau ist der Negativtrend in der Nachfrage noch nicht gebrochen. Die privaten Haushalte sind weiter zögerlich mit ihren Konsumausgaben, trotz eines recht stabilen Arbeitsmarktes, kräftig steigender Löhne, sinkender Inflationsraten und somit sich erholender Realeinkommen. So lagen etwa die Umsätze im Einzelhandel im Mittel der Monate Januar und Februar spürbar unter dem Vorquartal. Es ist daher noch nicht ausgemacht, dass sich der Anstieg der Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal fortsetzt. Allerdings verbesserte sich die Stimmung der Unternehmen, insbesondere die ifo Geschäftserwartungen, zuletzt merklich und auf breiter Basis. Sollte sich diese Aufhellung fortsetzen, könnte sich die Konjunktur auch in der Grundtendenz deutlicher beleben als dies noch vor Monatsfrist zu erwarten war.

1.2 Trotz fortgesetzter Nachfrageschwäche etwas höhere Produktion in der Industrie

Die Industrieproduktion legte im Februar zwar etwas zu, aber noch ist keine durchgreifende Erholung erkennbar. Im Vergleich zum Vormonat stieg die Industrieproduktion saisonbereinigt

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Die Saisonbereinigung umfasst hier und im Folgenden auch die Ausschaltung von Kalendereinflüssen, sofern sie nachweisbar und quantifizierbar sind.
den zweiten Monat in Folge an. Sie lag damit auch im Mittel der Monate Januar und Februar etwas über dem Durchschnitt des vierten Quartals 2023. Allerdings war dieser Anstieg nicht sehr breit angelegt. Er ging vor allem auf die energieintensiven Industrien
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Die energieintensiven Industrien umfassen die Wirtschaftszweige Herstellung von chemischen Erzeugnissen; Metallerzeugung und -bearbeitung; Kokerei und Mineralölverarbeitung; Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden sowie Herstellung von Papier, Pappe und Waren daraus.
zurück, deren Produktion im Januar und Februar deutlich zunahm. Ihr Produktionsniveau liegt aber weiterhin erheblich unter den Ständen von vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Auch die Produktion von Kraftfahrzeugen konnte im Februar spürbar zulegen. Allerdings blieb sie im Mittel von Januar und Februar unter dem Durchschnitt des vierten Quartals 2023.
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Laut Angaben des Verbandes der deutschen Automobilindustrie stieg die Anzahl der gefertigten Personenkraftwagen im März 2024 weiter. Jedoch reichte dies nicht, um die Gesamtanzahl der gefertigten Personenkraftwagen im ersten Quartal 2024 über das Vorquartalsniveau zu heben.
Andere wichtige Branchen, wie etwa der Maschinenbau, blieben ebenso hinter dem Vorquartalsdurchschnitt zurück. 

Die Nachfrage nach Industrieerzeugnissen befindet sich weiter im Abschwung. Zwar stützen die Auftragsbestände immer noch die Produktion. Allerdings verharrte der industrielle Auftragseingang im Februar in etwa auf dem niedrigen Niveau des Vormonats. Im Kern – also ohne die volatilen Großaufträge – war er im Februar sogar weiter rückläufig. Dies gilt auch für das Mittel von Januar und Februar gegenüber dem Vorquartal. Sowohl die neuen Aufträge aus dem Ausland als auch die Nachfrage aus dem Inland blieben unter dem Vorquartalsdurchschnitt. Dagegen setzte sich die Erholung des Auftragseingangs in den energieintensiven Industrien, insbesondere in der Chemie, fort. Immerhin erwiesen sich die Warenexporte im Mittel von Januar und Februar als robuster, als es die schwachen Auslandsaufträge vermuten ließen, und lagen deutlich über dem Vorquartalsdurchschnitt. Auch die Exporterwartungen hellten sich laut ifo

Umfrage merklich auf. Sie verblieben per Saldo aber noch im negativen Bereich. 

Im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt verbesserte sich die Stimmung im März gemäß der ifo Umfrage spürbar. Es bleibt aber noch abzuwarten, ob sich diese Stimmungsaufhellung verfestigt und in eine nachhaltige Erholung der Industrieproduktion ummünzt.

1.3 Im Bau höhere Produktion dank außergewöhnlich mildem Februar, aber sonst kaum Belebung

Im Baugewerbe ermöglichte ein außergewöhnlich milder Februar eine für die Jahreszeit unüblich starke Produktion, aber die grundsätzliche Nachfragesituation bleibt schlecht. Der Februar war im Durchschnitt der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

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Vgl.: Deutscher Wetterdienst (2024).
Im Vormonatsvergleich führte dies saisonbereinigt zu einem sprunghaften Anstieg der Bauproduktion. Nach einem auch witterungsbedingt schwachen vierten Quartal 2023 lag diese damit im Durchschnitt der Monate Januar und Februar deutlich über dem Vorquartal. Allerdings sollte die Produktion allein schon deswegen wieder zurückfallen, weil sich der Sondereffekt aus der milden Witterung im März nicht wiederholen kann. Denn anders als im Februar ist die Witterung im März im längerfristigen Durchschnitt kein großes Produktionshemmnis. Dies schlägt sich beispielsweise in der saisonbereinigten ifo Geräteausnutzung im Bauhauptgewerbe nieder. Sie stieg im Februar im Vergleich zum Vormonat stark an, sank aber im März wieder deutlich. 

Die Nachfragesituation im Bau ist weiter schlecht und eine nachhaltige Erholung des Bausektors nicht in Sicht. Der Auftragseingang im Bauhauptgewerbe verblieb im Januar nahe seines Tiefpunkts der letzten zwei Jahre. Im Wohnungsbau fiel er sogar auf einen neuen Tiefstand. Laut ifo

Institut erreichte der Auftragsmangel im Bauhauptgewerbe im März einen neuen Höchstwert seit Beginn der derzeitigen Schwächephase im Jahr 2022. Zwar hellte sich zuletzt die Stimmung auch im Bauhauptgewerbe etwas auf. Die ifo Geschäftserwartungen verbesserten sich aber im Vergleich zu anderen Branchen nur wenig und lagen weiterhin auf einem sehr pessimistischen Niveau.

1.4 Arbeitsmarkt weiter robust

Der Arbeitsmarkt bleibt trotz der nun bereits länger anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase weiterhin robust. Die Beschäftigung stieg im Februar in saisonbereinigter Rechnung zwar deutlich schwächer als im Vormonat. Gleichwohl erhöhte sie sich immerhin um rund 16 000 Personen. Nach der ersten Hochrechnung der Bundesagentur für Arbeit – diese liegt aktuell für den Januar vor – nahm die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung saisonbereinigt sogar um 27 000 Personen gegenüber dem Vormonat zu. Erneut stieg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Bereich Gesundheit und Pflege besonders kräftig. Ein spürbares Plus gab es zudem im Öffentlichen Dienst, im Bereich Verkehr und Lagerei, im Gastgewerbe, in der Energie- und Wasserversorgung sowie im Bereich Erziehung und Unterricht. Dagegen setzte sich der rückläufige Trend der Beschäftigung in der Arbeitnehmerüberlassung weiter fort. Zudem dämpfte die konjunkturelle Entwicklung die Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe, im Bereich Information und Kommunikation sowie in der Bauwirtschaft. Wirtschaftlich bedingte Kurzarbeit wurde im Januar saisonbereinigt für rund 190 000 Beschäftigte in Anspruch genommen, etwas mehr als einen Monat zuvor. Die Beschäftigungsaussichten sind insgesamt stabil: Die Mehrzahl der Frühindikatoren der Beschäftigung befindet sich im März weiterhin im neutralen Bereich. Das ifo

Beschäftigungsbarometer der gewerblichen Wirtschaft erholte sich sogar spürbar, und das IAB-Barometer Beschäftigung setzte seinen Anstieg fort.

Die registrierte Arbeitslosigkeit stieg im März leicht an. In saisonbereinigter Rechnung legte sie nochmals um 5 000 Personen zu, nach einem Plus von 11 000 Personen im Vormonat. Die Zahl der betroffenen Personen erhöhte sich im März auf 2,72 Millionen, die zugehörige Quote verblieb rundungsbedingt bei 5,9 %. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Anzahl der Arbeitslosen um gut 175 000 Personen zu, was einem Anstieg der Quote um 0,3 Prozentpunkte entspricht. Sieht man von Effekten des Flüchtlingszuzugs ab, fiel der Anstieg der Arbeitslosigkeit im konjunkturell dominierten Versicherungssystem größer aus als im Grundsicherungssystem. Gleichwohl stieg die Zahl der Arbeitslosen auch im Grundsicherungssystem merklich. Dies könnte auf vermehrte Übergänge vom Versicherungssystem in das Grundsicherungssystem zurückgehen, da die konjunkturelle Schwächephase nunmehr bereits etwa zwei Jahre andauert. Für die nächsten Monate haben sich die Aussichten weiter leicht aufgehellt. Das IAB

-Barometer Arbeitslosigkeit erhöhte sich im März etwas, blieb aber im negativen Bereich. Die Arbeitslosigkeit dürfte daher in den kommenden drei Monaten nur noch leicht ansteigen.

1.5 Energiepreise zuletzt spürbar gestiegen

Die Energiepreise stiegen zuletzt spürbar an. So legten die Rohölnotierungen in den vergangenen Wochen merklich zu. Rohöl der Sorte Brent kostete zum Abschluss dieses Berichts 91 US

-$ pro Fass und damit gut 9 % mehr als noch im Februar. Maßgeblich hierfür dürften vor allem die Spannungen im Nahen Osten, Förderkürzungen einiger OPEC-Staaten sowie eine gewisse Aufhellung der Nachfrageaussichten gewesen sein. Auch die europäischen Gaspreise zogen zuletzt wieder etwas stärker an und notierten bei 34 € je Megawattstunde. Preistreibend wirkten russische Angriffe auf ukrainische Gasspeicher, Ausfälle US-amerikanischer und norwegischer Gasverarbeitungsanlagen sowie ein gewisses Anziehen der asiatischen Flüssiggasnachfrage. 

1.6 Inflationsrate im März weiter gesunken

Die Preise ohne Energie auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen änderten sich zuletzt kaum. Die Preise für Energie gaben hingegen auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen im Februar vor allem bei den Einfuhren im Vergleich zum Vormonat weiter etwas nach. Energie hat allerdings bei den Einfuhren einen deutlich niedrigeren Anteil als bei den gewerblichen Erzeugnissen. Daher verbilligten sich Einfuhren und gewerbliche Erzeugnisse insgesamt im Verlauf in ähnlichem Maße. Ihren Vorjahresstand unterschritten die Preise weiterhin deutlich. Bei den Einfuhren lagen sie um rund 5 % niedriger und bei den gewerblichen Erzeugnissen um etwa 4 %.

Die Verbraucherpreise stiegen auch im März gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt etwas an. Die Dienstleistungspreise stiegen weiter überdurchschnittlich und dies, obwohl sich Pauschalreisen spürbar vergünstigten. Dagegen blieben die Preise für Nahrungsmittel und Energie nahezu konstant. Gewerbliche Waren ohne Energie verbilligten sich infolge von Preissenkungen für Bekleidung leicht. Insgesamt stieg der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI

) gegenüber dem Vormonat saisonbereinigt um 0,2 %. Dennoch verringerte sich die Inflationsrate merklich von 2,7 % auf 2,3 %, denn im Vorjahresvergleich stiegen die Preise für Nahrungsmittel sowie Industriegüter weniger stark.
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Beim nationalen VPI fiel die Rate von 2,5 % auf 2,2 %.
Dienstleistungen wiesen dagegen auch im Vorjahresvergleich nach wie vor eine überdurchschnittlich hohe Teuerungsrate auf. Die Kerninflationsrate ohne Berücksichtigung von Energie und Nahrungsmitteln sank von 3,5 % auf 3,2 %. Sie verlieb damit auf überdurchschnittlichem Niveau.

In den nächsten Monaten dürfte die Inflationsrate stark schwanken. Im April wird die Inflationsrate zunächst wohl nochmals zurückgehen. Dies liegt auch an dem im Vergleich zum Vorjahr frühen Ostertermin. Deshalb bleibt der üblicherweise kräftige Preisanstieg bei Reiseleistungen in diesem Jahr im April voraussichtlich aus. Im Mai könnte die Rate aber wieder auf einen Wert von etwa 3 % zurückspringen, denn ein Jahr zuvor hatte die Einführung des Deutschlandtickets das Preisniveau gedämpft. Neben dem Auslaufen dieser beiden Basiseffekte dürfte sich die Inflationsrate vor allem durch zuletzt wieder gestiegene Ölpreise und das weiterhin kräftige Lohnwachstum erhöhen.

2. Öffentliche Finanzen

2.1 Kommunalfinanzen

Die kommunalen Haushalte (Kern und Extrahaushalte) schlossen das Jahr 2023 mit einem hohen Defizit von 7 Mrd € ab. Das Ergebnis verschlechterte sich im Vorjahresvergleich stark um 9 ½ Mrd €, trotz eines positiven Sondereffekts bei den Steuereinnahmen. Ausschlaggebend für die Ergebnisverschlechterung war, dass die Ausgaben der Kernhaushalte kräftig zulegten. Neben den Entgelten für das Personal stiegen offenbar die Preise beschaffter Leistungen stark. Die kommunalen Ausgaben und Einnahmen wuchsen zudem infolge einer statistischen Umgruppierung: Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs gehören seit dem zweiten Quartal 2023 als Extrahaushalte zum Staatssektor.

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Vgl. ausführlicher: Deutsche Bundesbank (2023a), S. 8. 
Ausschlaggebend dafür ist, dass die Subventionen für diese Einheiten mit dem neuen Deutschlandticket stark stiegen. Die Umgruppierung dürfte dabei den Saldo der kommunalen Haushalte nicht wesentlich beeinflusst haben.

Die Einnahmen der kommunalen Haushalte stiegen kräftig um 9 % (+ 30 Mrd €), auch durch die statistische Umgruppierung des öffentlichen Nahverkehrs. Das Steueraufkommen wuchs mit knapp 7 ½ % (+ 9 Mrd €) wesentlich stärker als das Aufkommen von Bund und Ländern (+ 2 %).

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Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024a), S. 68.
Dazu trug bei, dass die Länder Einkommensteueranteile für 2022 teils verzögert an die Gemeinden auszahlten.
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In vielen Ländern basiert die Abschlagszahlung für diese Steueranteile für das vierte Quartal auf dem Kassenaufkommen der Einkommensteuer des Landes im dritten Quartal. Im Jahr 2022 dämpfte die einmalige Energiepreispauschale das Länder-Aufkommen im dritten Quartal stark. Daher fielen die Abschläge für das vierte Quartal 2022 zu niedrig aus, und die betreffenden Länder holten zum Jahresauftakt 2023 Zahlungen nach. Ohne diesen Effekt wären die Einkommensteueranteile der Gemeinden wohl weitestgehend der gesamtstaatlichen Aufkommensentwicklung dieser Steuern gefolgt. Dann wären die Gemeindesteuern um 3 Mrd € (2 ½ Prozentpunkte) weniger gewachsen.
Dieser Sondereffekt könnte überschlägig ein Drittel des Zuwachses der Steuereinnahmen der Gemeinden erklären. Außerdem legte die gewichtige Gewerbesteuer (nach Abzug der Umlage) kräftig um 7 ½ % zu. Die Einnahmen aus Gebühren stiegen sehr deutlich (+ 21 % oder 7 ½ Mrd €). Ausschlaggebend dafür war die Umgruppierung im Nahverkehr. Die nicht davon betroffenen Gebühren der Kernhaushalte nahmen lediglich um 4 ½ % zu. 

Weit stärker noch als die Einnahmen wuchsen die Ausgaben (+ 12 %). Die Umgruppierung im Nahverkehr schlug sich auch hier nieder. Die Ausgaben der Kernhaushalte allein wuchsen aber mit 9 ½ % ebenfalls kräftig. Insgesamt nahmen der laufende Sachaufwand und die Sachinvestitionen in den Kernhaushalten stark zu, nicht zuletzt aufgrund gestiegener Preise. Die Personalausgaben legten dort um 7 ½ % zu. Hierin schlug sich insbesondere der hohe Tarifabschluss vom Frühjahr des vergangenen Jahres nieder. Zudem erhöhte sich der Personalbestand durch die Umgruppierung im Nahverkehr. Im Ergebnis wuchsen die Personalausgaben von Kern- und Extrahaushalten sogar um 12 %. Ebenso stark stiegen die Sozialausgaben. Hier waren die Zuwächse breit angelegt. Eine Ausnahme bildeten allerdings die Asylbewerberleistungen (- 8 %).

Die kommunalen Schulden erhöhten sich im vergangenen Jahr kräftig um 15 Mrd € auf 160 Mrd € (einschließlich der Verbindlichkeiten gegenüber dem öffentlichen Bereich). Von dem Anstieg entfallen offenbar 6 Mrd € auf neu eingerechnete Schulden von Nahverkehrsunternehmen gegenüber dem nicht öffentlichen Bereich.

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Vgl.: Statistisches Bundesamt (2024). 
Es ist nicht bekannt, wie sich die neu eingerechneten Altschulden der Nahverkehrsunternehmen zusammensetzten. Daher lässt sich die Veränderung in der Zusammensetzung der Schulden nur eingeschränkt interpretieren. Besonders stark stiegen die investitionsbezogenen Kreditmarktschulden (+ 13 Mrd €). Zum Jahresende 2023 betrugen sie 125 Mrd €. Die Kassenkreditbestände, mit denen die Kommunen eigentlich nur unterjährig Finanzierungslücken bei den laufenden Ausgaben stopfen sollten, wuchsen um 1 Mrd € auf 31 Mrd €. Das Grundmuster hat sich hier nicht verändert. Weiterhin entfielen etwa zwei Drittel aller Kassenkredite auf die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Bezogen auf ihre Einwohnerzahl meldeten die Gemeinden in Rheinland-Pfalz mit 1 180 € den höchsten Wert, gefolgt von Nordrhein-Westfalen. In beiden Ländern sind die Kassenkredite weiter gestiegen. In Rheinland-Pfalz schlägt sich dabei das im letzten Jahr gesetzlich verabschiedete Teilentschuldungsprogramm nicht nieder, da die Vertragsabschlüsse noch ausstehen: Im Zuge des Programms übernimmt das Land dann kommunale Kassenkredite von 3 Mrd € (landesweit gerechnet 720 € pro Kopf).
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Vgl.: Ministerium des Inneren und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz (2024). 
 

Im laufenden Jahr ist erneut ein recht hohes Defizit der Gemeinden angelegt. So dürften sich die Preissteigerungen immer noch breit in der Ausgabenentwicklung niederschlagen. Der Tarifabschluss vom Frühjahr 2023 lässt die Personalausgaben weiterhin kräftig steigen. Die Steuern legen voraussichtlich nur recht schwach zu. Denn die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsaussichten sind verhalten. Zudem verringert der statistische Sondereffekt bei den Einkommensteuern im Jahr 2023 den Zuwachs im laufenden Jahr. Beide Faktoren dürften den Zuwachs des Steueraufkommens unter die Erwartungen aus der letzten Steuerschätzung (+ 5 %) drücken. 

2.2 Die Maastricht-Verschuldung der EU-Institutionen und ihre fiskalische Bedeutung für Deutschland

2.2.1 Eurostat veröffentlicht erstmals Maastricht-Verschuldung für EU-Institutionen

Die EU-Mitgliedstaaten verschulden sich derzeit zunehmend gemeinsam, vor allem für den Extrahaushalt Next Generation EU (NGEU). Dadurch entstehen Defizite und Schulden auf der europäischen Ebene. Diese sind bei einer umfassenden Analyse der nationalen Staatsfinanzen mit ins Bild zu nehmen. Die gemeinsam eingegangenen Zahlungsverpflichtungen belasten die Mitgliedstaaten ähnlich wie entsprechende nationale Zahlungsverpflichtungen. Deshalb ist es wichtig, die europäische Verschuldung ebenso wie die nationalen Schulden transparent und detailliert auszuweisen. Nur so können die Staatsfinanzen umfassend analysiert werden. 

Daher ist zu begrüßen, dass Eurostat erstmals Angaben zum Maastricht-Schuldenstand und Maastricht-Defizit der EU-Institutionen

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Die Bezeichnung EU-Institutionen steht hier vereinfachend für die "Organe und Einrichtungen der EU" gemäß Europäischem System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG). 
veröffentlicht hat. Bisher liegen Angaben für 2021 und 2022 vor. Die Zahlen für 2023 sollen Mitte dieses Jahres folgen. Für die Fiskalanalyse wäre es hilfreich, wenn die Zahlen künftig zeitgleich mit den validierten Maastricht-Meldungen für die nationalen Staatsfinanzen im Frühjahr vorlägen.
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Die Bundesbank wies in ihrer Pressenotiz vom 28. März 2024 zum deutschen Maastricht-Schuldenstand 2023 erstmals auch einen zugerechneten Anteil an der EU-Verschuldung für Deutschland aus. Dabei schätzte sie diesen Wert für 2023. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024b). Hinweis: Die deutsche Schuldenquote wurde inzwischen um 0,1 Prozentpunkte nach unten revidiert und wird nunmehr mit 63,6 % ausgewiesen.

Den EU-Schulden stehen teilweise Forderungen der EU-Institutionen an Mitgliedstaaten gegenüber. Wenn die betreffenden Mitgliedstaaten diese Forderungen vereinbarungsgemäß begleichen, müssen die EU

-Institutionen hierfür keine Mittel aufbringen. Die Forderungen an die Mitgliedstaaten schlagen sich in den nationalen Maastricht-Schuldenständen der Mitgliedstaaten als Verpflichtungen gegenüber der EU nieder.

Daher weist Eurostat auch eine konsolidierte Maastricht-Verschuldung der EU-Institutionen aus. Um diese zu ermitteln, werden die Forderungen an die EU-Mitgliedstaaten von der unkonsolidierten EU-Verschuldung abgezogen. Die konsolidierte EU

-Verschuldung umfasst vor allem die Kreditaufnahme für Transfers des Extrahaushalts NGEU (siehe Schaubild 1.6). Gemäß geltendem Recht müssen die Mitgliedstaaten diese Schulden  entsprechend ihrem Anteil am Bruttonationaleinkommen (BNE) der EU finanzieren. Außerdem enthält die konsolidierte EU-Verschuldung zum kleineren Teil Schulden für Darlehen an Nicht-EU-Mitgliedstaaten (wie etwa an die Ukraine). 

Die Bundesbank zieht die von Eurostat ausgewiesene konsolidierte Verschuldung als Maß für gemeinschaftliche Lasten heran und rechnet sie anteilig den Mitgliedstaaten zu. Alternativ ließe sich den Mitgliedstaaten auch die unkonsolidierte EU

-Verschuldung zurechnen.
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Herauszurechnen wären auch dann Kreditvergaben der Europäischen Finanzstabilisierungsfaziliät (EFSF). Diese ist bereits den offiziellen Maastricht-Schuldenständen der hierfür garantierenden Mitgliedstaaten anteilig zugerechnet. Diese offizielle Zurechnung ist der Ausgestaltung der EFSF geschuldet und findet auf die Schulden anderer EU-Institutionen bislang keine Anwendung.
Analog zu den nationalen Schuldenständen wären dann auch Schulden enthalten, die Kreditvergaben an andere Mitgliedstaaten finanzieren.
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Das ZEW geht in einem kürzlich veröffentlichten Policy Brief noch weiter. Zusätzlich zu dem hier gezeigten Anteil an der konsolidierten EU-Verschuldung weist es den deutschen Haftungsanteil an den durch die EU an Mitgliedstaaten vergebenen Krediten aus. Zudem berücksichtigt es die künftige Kreditaufnahme für zugesagte aber noch nicht ausgezahlte NGEU-Transfers sowie NGEU- und MFA-Kredite. Vgl.: Heinemann und Moessinger (2024).
Dieser Ansatz wirft jedoch unter anderem die Frage auf, mit welchem Anteil den Empfänger-Staaten die Finanzierung ihrer eigenen Hilfskredite zuzurechnen sind. Die hier gewählte Zurechnung der konsolidierten EU-Verschuldung ist daher ein pragmatischer Ansatz. Ihm liegt eine von Eurostat publizierte Kenngröße zugrunde, deren Fokus weit überwiegend auf ungedeckten künftigen Lasten liegt. Denn diese müssen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den nationalen Besteuerungsmöglichkeiten bestritten werden. 

2.2.2 Maastricht-Verschuldung der EU-Institutionen 2022 sowie Schätzung für 2023

Die unkonsolidierte EU-Verschuldung lag 2022 bei 646 Mrd € (4,1 % des BIP der EU). Knapp die Hälfte entfiel auf die Verschuldung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM

) und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Der andere Teil resultierte aus verschiedenen Programmen, die die Mitgliedstaaten über gemeinsame Schulden finanzieren. Diese Programme umfassen Makrofinanzhilfen an Staaten außerhalb der EU (MFA-Kredite), Zahlungsbilanzhilfen an EU-Mitgliedstaaten (BoP) sowie Kredite des Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM). Im Zuge der Corona-Krise kamen zwei weitere kreditfinanzierte Programme hinzu: 2020 das Europäische Instrument zur Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) sowie 2021 NGEU. NGEU finanziert im Unterschied zu allen anderen kreditfinanzierten Programmen nicht nur Kredite, sondern auch Transfers an die Mitgliedstaaten. 

Die Forderungen der EU-Institutionen gegenüber den Mitgliedstaaten beliefen sich 2022 auf 498 Mrd € (3,1 % des BIP). Sie umfassen die ausstehenden ESM

- und EFSF-Kredite sowie die vergebenen Kredite der BoP-, EFSM-, SURE- und NGEU-Programme. Daneben gibt es weitere Forderungen gegenüber Mitgliedstaaten, beispielsweise in Form von Staatsanleihen, die der ESM hält.

Die konsolidierte EU-Verschuldung lag demnach 2022 bei 148 Mrd € (1,0 % des EU-BIP) (siehe Schaubild 1.6). Einen Großteil dieser Schuldenlast tragen die Mitgliedstaaten zusätzlich zur nationalen Verschuldung über künftig höhere Beiträge zum EU-Haushalt. Die konsolidierte EU

-Verschuldung resultiert überwiegend aus der Schuldenaufnahme für geleistete NGEU-Transfers an die Mitgliedstaaten. Daneben besteht sie aus Schulden für noch nicht ausgezahlte NGEU-Leistungen, Schulden für MFA-Kredite an Nicht-EU-Länder sowie einem Restposten.
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Der Restposten kann positiv oder negativ ausfallen. Er resultiert erstens aus etwaigen Differenzen zwischen Schuldenaufnahme und Kreditvergabe bei ESM, EFSF und Europäischer Kommission (für SURE-, BoP- und EFSM-Programme). Hierzu kommt es beispielsweise, wenn diese Einheiten Kreditmittel aufnehmen und für spätere Auszahlungen vorhalten. Zweitens verändert sich der konsolidierte Schuldenstand, wenn die EU-Institutionen Forderungen gegenüber Mitgliedstaaten halten, die sie nicht über eine eigene Kreditaufnahme finanzieren. Dies ist beispielsweise beim ESM der Fall, der dafür auch sein eingezahltes Stammkapital nutzen kann. (Das Stammkapital ist nicht Teil der EU-Verschuldung). Weil die Forderungen gegenüber Mitgliedstaaten die konsolidierte Verschuldung auch in solchen Fällen senken, kann der Restposten negativ ausfallen.

Die konsolidierte Maastricht-Verschuldung stieg 2022 um 63 Mrd €, vor allem aufgrund zusätzlicher Schulden für NGEU-Transfers (+ 62 Mrd). Außerdem stiegen die Kreditaufnahme für nicht ausgezahlte NGEU

-Leistungen (+ 7 Mrd €) sowie die ausstehende Verschuldung für MFA-Kredite (+ 8 Mrd €). Bei Letzterer standen Rückzahlungen von 3 Mrd € neuen Krediten von 11 Mrd € für die Ukraine gegenüber. Der Restposten sank gegenüber dem Vorjahr um 14 Mrd €.

2023 stieg der konsolidierte Schuldenstand nach aktueller Bundesbank-Schätzung weiter um 92 Mrd € auf rund 240 Mrd € (1,4 % des BIP). Die EU

-Verschuldung für 2023 wird Eurostat voraussichtlich im Juli 2024 veröffentlichen. Die EU-Kreditaufnahme für NGEU und MFA-Kredite lässt sich jedoch bereits anhand veröffentlichter Zahlen der Kommission abgreifen. Mit 183 Mrd € entfällt der Großteil des konsolidierten Schuldenstands auf die Kreditaufnahme für bereits geleistete NGEU-Transfers. Daneben stieg der Kreditbestand für noch nicht ausgezahlte NGEU-Leistungen auf insgesamt 22 Mrd €. Die restlichen rund 35 Mrd € resultieren aus MFA-Krediten, darunter knapp 30 Mrd € für die Ukraine.

2.2.3 Maastricht-Defizit der EU-Institutionen 2021 und 2022

Eurostat weist neben dem Maastricht-Schuldenstand auch ein Maastricht-Defizit der EU-Institutionen aus. Es belief sich 2021 auf 0,2 % und 2022 auf 0,3 % des EU-BIP. 2023 könnte es ähnlich hoch liegen. Das Defizit resultiert hauptsächlich aus NGEU

-Transfers. 2023 flossen NGEU-Transfers von 0,4 % des BIP. Allerdings werden die NGEU-Transfers in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) nicht zu dem Zeitpunkt auf der EU-Ebene defizitwirksam, zu dem die EU die Transfers an die Mitgliedstaaten leistet. Vielmehr werden sie als Defizit gebucht, wenn die Mitgliedstaaten die NGEU-Mittel verausgaben. Das zeitliche Profil der EU-Defizite kann daher von dem der Transferzahlungen abweichen. Des Weiteren nimmt die Kommission die Schulden für die NGEU-Transfers teilweise früher auf. Beide Effekte haben zur Folge, dass sich die NGEU-Transfers unterschiedlich im EU-Schuldenstand und EU-Defizit niederschlagen. Zudem kann es (unabhängig von NGEU) auch im EU-Haushalt zu kleineren Defiziten und Überschüssen kommen, die in das EU-Defizit einfließen.

2.2.4 Der Anteil Deutschlands an der konsolidierten EU-Verschuldung und am EU-Defizit

Die Analyse der Staatsfinanzen sollte neben den nationalen Kennzahlen auch den zurechenbaren Anteil der EU-Schulden und des EU-Defizits in den Blick nehmen. Für die Zurechnung eignet sich der Anteil des jeweiligen Mitgliedstaats am EU

-BNE.
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Ändert sich der Anteil eines Landes am EU-BNE, so ändert sich bei einer solchen Zurechnung zwar dessen absoluter Anteil an den EU-Schulden und Defiziten. Der Anteil in Relation zum BNE bleibt jedoch unverändert. Dies gilt im Wesentlichen auch für den Anteil in Prozent des BIP, da BNE und BIP eines Landes sich sehr ähnlich entwickeln.
Dieser Zurechnungsschlüssel liegt nahe, da die Mitgliedstaaten nach bisherigem Rechtsstand EU-Schulden aus Transfers über den EU-Haushalt zurückzahlen werden (NGEU-Transfers) oder über den EU-Haushalt haften (MFA-Kredite).
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Die Bundesbank nutzt diesen Zurechnungsschlüssel ebenfalls, um Nettobeiträge für NGEU auszuweisen. Vgl. dazu: Deutsche Bundesbank (2022a), S. 41 sowie Deutsche Bundesbank (2023b), S. 84.
Die Mitgliedstaaten finanzieren den EU-Haushalt derzeit im Wesentlichen mit ihrem Anteil am EU-BNE.

Der deutsche Anteil am konsolidierten EU-Schuldenstand belief sich 2023 auf schätzungsweise 60 Mrd € oder 1,5 % des deutschen BIP (siehe Schaubild 1.7).

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Der deutsche Anteil von 60 Mrd € beinhaltet Tilgungslasten aus NGEU-Transfers von 46 Mrd €. Diese Last wies die Bundesbank bereits in der Übersichtstabelle zu den Bundesfinanzen im letzten Quartalsbericht zu den Öffentlichen Finanzen aus. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024a), S. 70. Künftig wird auch dort die hier verwendete und etwas breiter abgegrenzte konsolidierte EU-Verschuldung einfließen.
Gemeinsam mit der nationalen Verschuldung (63,6 % des BIP) ergibt sich damit eine erweiterte Schuldenquote von 65,1 %. Dieser Zurechnung liegt der deutsche Anteil am EU-BNE von aktuell 25 % zugrunde. Die zurechenbare EU-Verschuldung ist durch die Schuldenaufnahme für NGEU-Transfers seit 2021 deutlich gestiegen. Damit sinkt die um diese Schulden erweiterte Schuldenquote seither weniger stark als die nationale Kennzahl. Bis Ende 2026 dürfte der deutsche Anteil am konsolidierten EU-Schuldenstand durch weitere Schuldenaufnahmen für NGEU-Transfers um bis zu 1,3 Prozentpunkte steigen. Insgesamt könnten dann bei unverändertem BNE-Anteil106 Mrd € der Kreditaufnahmen für NGEU-Transfers auf Deutschland entfallen.

Die deutsche Defizitquote lag 2021 bei 3,6 % und 2022 bei 2,5 %. Unter Zurechnung des EU-Defizits wäre sie 0,2 Prozentpunkte beziehungsweise 0,3 Prozentpunkte höher ausgefallen. Ab 2028 müssen die Mitgliedstaaten der EU

Mittel zur Verfügung stellen, um die für NGEU-Transfers aufgenommenen Schulden zurückzuzahlen. Dies belastet den Finanzierungssaldo der einzelnen Mitgliedstaaten und entlastet den EU-Saldo. Mit der Zurechnung gleichen die Entlastungen der EU-Ebene die Belastungen der nationalen Finanzierungssalden aus. Die Zurechnung der europäischen Defizite führt folglich dazu, dass die Budgetlasten auf nationaler Ebene zu dem Zeitpunkt abgebildet werden, zu dem die Mitgliedstaaten die NGEU-Ausgaben tätigen. Sie verändert zudem die jährliche Änderung der Defizite, die Hinweise zum fiskalischen Impuls auf die Wirtschaftstätigkeit gibt.

2.2.5 EU-Schulden und EU-Defizite bei den Fiskalregeln und der Beurteilung der Staatsfinanzen berücksichtigen

Die EU-Schulden und -Defizite sollten bei den nationalen und europäischen Fiskalregeln berücksichtigt werden. Die europäischen Fiskalregeln setzen an der nationalen Maastricht-Verschuldung und dem nationalen Maastricht-Defizit an.

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Zur Berücksichtigung bei der deutschen Schuldenbremse vgl.: Deutsche Bundesbank (2022b), S 68.
Das heißt, die gemeinsamen Schulden und Defizite auf der europäischen Ebene bleiben zum Entstehungszeitpunkt außen vor. Da sie mittlerweile eine relevante Größenordnung erreicht haben, wäre es angemessen, sie bei den nationalen und europäischen Fiskalregeln zu berücksichtigen. Dies entspräche der Intention der Regeln, Schulden und daraus resultierende künftige Lasten wirksam zu begrenzen. Denn die Mitgliedstaaten müssen EU-Schulden ebenso wie nationale Schulden bedienen. So würde verhindert, dass die Mitgliedstaaten Regelgrenzen unterlaufen können, indem sie Defizite durch gemeinsame EU-Schulden finanzieren.

Die EU-Finanzierungssalden sind zudem bei der Wirkungsanalyse der aggregierten und nationalen Fiskalkennzahlen zu berücksichtigen. Dies gilt beispielsweise für den fiskalischen Impuls auf die Wirtschaftstätigkeit. So sollten etwa bei einer Analyse des EU

-Aggregats die Salden der EU-Ebene zusätzlich zu den nationalen Salden berücksichtigt werden.
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Zur Berücksichtigung beim nationalen Fiskalimpuls vgl.: Deutsche Bundesbank (2020), S. 44 ff.

Literaturverzeichnis

Baker, S., N. Bloom und S. Davies (2016), Measuring Economic Policy Uncertainty, The Quarterly Journal of Economics, Volume 131, Issue 4, S. 1593 – 1636.

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