1 Staatlicher Gesamthaushalt
1.1 Ausblick auf 2024 und 2025
1.2 Herausforderungen angehen
2 Haushalte der Gebietskörperschaften
2.1 Steuereinnahmen
2.1.1 Zweites Quartal und Gesamtjahr 2024
2.1.2 Bundesregierung plant Steuererleichterungen
2.2 Bundesfinanzen
2.2.1 Zweites Quartal und Gesamtjahr 2024
Beim Klimafonds stieg das Defizit sprunghaft um 8 Mrd € auf 9½ Mrd €. Ausschlaggebend waren Subventionen für klimafreundlichen Strom. Die Förderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ( EEG ) belastete in diesem Jahr erstmals. Bis Mitte 2022 hatten Stromverbrauchende für die EEG -Förderung eine Umlage auf den Strompreis gezahlt. Dabei entstand eine umfangreiche Reserve, weil die veranschlagten Erlöse für den klimafreundlichen Strom deutlich übertroffen wurden. Diese Reserve deckte den Zuschussbedarf bis Ende 2023. Seit diesem Jahr zahlt der Klimafonds die Förderung. Zudem belastete den Klimafonds, dass die Erlöse aus europäischen und nationalen Emissionszertifikaten im Vorjahresvergleich um ½ Mrd € zurückgingen. Beim Fonds für inflationsindexierte Bundeswertpapiere sank der Überschuss um 6 Mrd € auf 2 Mrd €. Denn der Kernhaushalt leistete weniger Zuschüsse. Hintergrund war eine im Vorjahresvergleich niedrigere Inflation. Die Zuschüsse sorgen für die Kosten vor, die bei der späteren Tilgung eines Wertpapiers anfallen. Die Vorsorge führt beim Fonds zunächst zu einem Überschuss. Bei Tilgung zahlt der Fonds dann aus, und es entsteht ein Defizit. Beim Wirtschaftsstabilisierungsfonds ( WSF ) war der Überschuss ebenfalls rückläufig (um 3½ Mrd € auf 1 Mrd €). So sanken die Einnahmen, weil weniger Hilfsdarlehen zurückgezahlt wurden, die der Fonds in den Notlagejahren vergeben hatte. Weniger stark fiel ins Gewicht, dass die Ausgaben des Fonds für Energiepreishilfen ausliefen. Beim Bundeswehrfonds stieg das Defizit um 2½ Mrd € auf 3 Mrd €. Der Anstieg spiegelt Mehrausgaben für Beschaffungen. Zinsausgaben schlagen bisher kaum zu Buche.
2.2.2 Planungen für 2025
Geplant ist eine Nettokreditaufnahme von 51 Mrd €: Gemäß Schuldenbremse ist eine strukturelle Neuverschuldung von gut 14 Mrd € zulässig. Kredite für konjunkturelle Belastungen von 10 Mrd € sind gemäß Schätzung vom Frühjahr zusätzlich möglich. Es ist veranschlagt, Finanzvermögen von netto 27 Mrd € zu erwerben, was ebenfalls kreditfinanziert werden darf. Ein Großteil entfällt mit gut 12 Mrd € auf das Generationenkapital, gefolgt von Kapitaleinlagen bei der Bahn. Diese sollen im nächsten Jahr mit 10½ Mrd € fast doppelt so hoch ausfallen wie 2024. 13
Der Kernhaushalt soll vom Klimafonds die EEG -Förderzahlungen vollständig übernehmen. Dafür werden für 2025 im Kernhaushalt 16 Mrd € veranschlagt ‒ und dies mildert die Finanzanspannung im Klimafonds entsprechend. Der Haushaltsentwurf berücksichtigt die Wachstumsinitiative: Steuerausfälle aus diesbezüglichen Maßnahmen (einschließlich der Kompensation der kalten Progression) sind mit einer globalen Mindereinnahme von 7½ Mrd € angesetzt. Dagegen werden haushaltsentlastend globale Mehreinnahmen von wohl 6 Mrd € aus einem höheren Wachstum infolge der Initiative veranschlagt. Wie dieser Ansatz zustande kam, wurde nicht weiter erläutert. Dabei eröffnen Mehreinnahmen durch ein stärkeres Wachstum nur dann Spielräume bei der Schuldenbremse, wenn sie aus einem höheren BIP -Potenzial resultieren (ansonsten gelten sie als konjunkturbedingt und können dann nicht genutzt werden, um andere Projekte zu finanzieren). Ein starker kurzfristiger Anstieg des Potenzials ist aber ungewöhnlich und erscheint hier nicht naheliegend. Ebenfalls infolge der Initiative sind Minderausgaben des Bundes von gut 4½ Mrd € beim Bürgergeld gegenüber dem Nachtragsentwurf für 2024 vorgesehen. Dies wäre ein Rückgang um 16 % und scheint damit sehr ambitioniert. Die Wachstumsinitiative ist noch mit den Ländern abzustimmen. Diese sind von den Steuersenkungen finanziell mitbetroffen und fordern in solchen Fällen üblicherweise weiteren Ausgleich.
Entlastungen des Bundes sind im Hinblick auf die deutschen Beiträge an die EU veranschlagt. Sie sollen wohl gegenüber der Steuerschätzung vom Mai um 8 Mrd € niedriger ausfallen. Dies schlägt sich buchungstechnisch in einem höheren Steueraufkommen des Bundes nieder (und ist in einer globalen Mehreinnahme eingestellt). Die Ansätze enthielten in der Vergangenheit umfangreiche Puffer. Der korrigierte Ansatz passt aus heutiger Sicht grob zu den neuesten Planungen für den EU -Haushalt. Einnahmen von 3 Mrd € sind aus der Abwicklung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energie geplant. Da dessen Ausgaben aus Notlagenkrediten finanziert wurden, würde ein Mitteleinsatz im Haushalt 2025 Fragen aufwerfen. Die Regierung will die Zinsausgaben ab 2025 periodengerecht verbuchen, was ökonomisch nachvollziehbar ist (siehe oben zu 2024). Veranschlagt ist dies zunächst noch als globale Minderausgabe (das heißt als ein Betrag, der im Haushaltsvollzug noch einzusparen ist). Im Haushaltsentwurf verringert dies die Nettokreditaufnahme um 7½ Mrd €. Zusätzlich veranschlagt die Regierung hohe globale Minderausgaben in einem Sammeltitel im Einzelplan Allgemeine Finanzverwaltung (Bodensatz-Minderausgabe). Üblich war dort zuletzt ein Betrag von etwa 8 Mrd € (knapp 2 % der Gesamtausgaben), im Haushaltsentwurf für 2025 sind es nun 12 Mrd €. Die Bundesregierung strebt an, dass diese Lücke bis zum Haushaltsbeschluss weiter verringert wird. Gleichzeitig wies der Finanzminister darauf hin, dass die Ansätze im Haushaltsentwurf 2025 knapper veranschlagt sind als in früheren Haushalten. Insofern dürfte es schwieriger werden, globale Minderausgaben im Vollzug zu erwirtschaften. Selbst bei einer Bodensatz-Minderausgabe in üblicher Größe ist der Sparbedarf im Vollzug insoweit ambitionierter, als er zunächst erscheint.
Finanzielle Transaktionen und Schuldenbremse
Die Regierung vereinbarte, weitere Zuschüsse für Infrastrukturinvestitionen an die Bahn von 4½ Mrd € in Eigenkapitalzuführungen umzuwandeln . Insgesamt sollen der Bahn 2025 nun Eigenkapitalzuführungen von 10½ Mrd € zufließen (zuvor waren 6 Mrd € für 2025 veranschlagt). Das Eigenkapital soll für den Bundeshaushalt eine angemessene Rendite abwerfen. Die Bundesregierung hat erklärt, dass sie derzeit mit der Bahn Gespräche führt, wie dies abgesichert werden kann. Wenn die Bahn statt Zuschüssen Eigenkapital erhält, die für den Bund eine Rendite abwerfen, schmälert dies ceteris paribus künftige Spielräume bei der Bahn. Die Bahn soll ein Darlehen von 3 Mrd € aus dem Kernhaushalt erhalten und damit von Zinslasten entlastet werden. Die Bahn zahlt auf ihre Emissionen je nach Laufzeit bis zu 1 Prozentpunkt höhere Zinsen als der Bund bei seinen Emissionen. 1 Das Bundesdarlehen soll 34 Jahre laufen und mit 1,5 % verzinst sein. Dies begründet die Bundesregierung damit, dass sich die Bundeschuld derzeit mit durchschnittlich 1,5 % verzinst. 2 Allerdings muss der Bund sich für das Darlehen neu verschulden, und derzeit liegen die Finanzierungskosten des Bundes für 30-jährige Bundesanleihen bei 2½ %. Insofern wird die Bahn erheblich begünstigt, und diese Maßnahme dürfte künftige Bundeshaushalte per saldo belasten.
Der Bund leistet derzeit Investitionszuschüsse an den Infrastrukturteil der Bahn. Ausweislich der Haushaltsrechnung 2023 hatte er sich auch über 2025 hinaus umfangreich dazu verpflichtet. Anders als ein solcher Zuschuss löst eine Eigenkapitalzuführung (wie ein Darlehen) per se keinen Handlungsbedarf zur Einhaltung der Schuldenbremse aus. Denn sie wird als Erwerb von Finanzvermögen (finanzielle Transaktion) von der Schuldenbremse ausgenommen. Insofern sinkt der Konsolidierungsbedarf beim Bund. Für die Bahn steigen hingegen die Anforderungen und die künftigen finanziellen Handlungsspielräume fallen gegenüber reinen Zuschüssen geringer aus. Dabei stellt sich die Frage, ob es aus ökonomischer Sicht adäquat ist, Eigenkapitalzuführungen statt Zuschüsse zu verbuchen. Dazu müsste das zusätzliche Eigenkapital eine angemessene Rendite abwerfen. Derzeit ist aber nicht offensichtlich, wie der Infrastrukturteil der Bahn künftig solche Renditen erwirtschaften soll. Durch die Umwandlung sinkt ihr Handlungsspielraum auf der Ausgabenseite oder sie muss höhere Erlöse erzielen. Es wäre dabei nicht überzeugend, wenn die Rendite des Bundes wiederum vom Bund selbst über künftige Belastungen des Bundeshaushalts finanziert würde (zum Beispiel über höhere Bundeszuschüsse). Es wäre jedenfalls wichtig, transparent zu machen, wie die Bahn mit dem neuen Eigenkapital künftig die Rendite erzielen will. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Schuldenbremse auch die Einhaltung der EU -Fiskalregeln absichern soll. Die EU -Regeln beziehen sich auf den Staatssektor in VGR -Abgrenzung. Der Infrastrukturteil der Bahn gehört in den VGR zum Staatssektor, genauer zum Bund. Insofern erhöhen entsprechende Investitionen der Bahn in den VGR das Defizit des Bundes (und des Gesamtstaats). Dies ist unabhängig davon, ob im Kernhaushalt ein Zuschuss oder eine Eigenkapitalzuführung gebucht wird ‒ beides sind in den VGR jeweils Transaktionen innerhalb des Bundes. 3
Bundeswehrfonds: Die deutschen Verteidigungsausgaben sollen die in der NATO vereinbarten 2 % des BIP (etwa 88 Mrd €) überschreiten ‒ wie bereits 2024. Die größten Beiträge kommen aus dem Kernhaushalt, gefolgt vom Bundeswehrfonds. 14 Die Ausgaben des Fonds sind für 2025 moderat höher veranschlagt als für 2024. Sein Defizit soll dadurch von geplanten 20 Mrd € im laufenden Jahr auf 22 Mrd € steigen. Damit soll der Fonds Beschaffungen von 21 Mrd € finanzieren; im Beschaffungskapitel des Kernhaushalts treten 2½ Mrd € hinzu. Damit die NATO -Vorgabe im Ergebnis erreicht wird, müssen sich die Beschaffungsvorgänge allerdings deutlich beschleunigen: Im Haushaltsjahr 2023 wurden für 2025 Verpflichtungen von 3 Mrd € eingegangen. Damit wurden die Ermächtigungen bei weitem nicht ausgeschöpft. 15 Für 2025 insgesamt erreichten die Verpflichtungen aus Beschaffungsverträgen lediglich knapp 13 Mrd €. Sie liegen damit deutlich unter den Ausgabenansätzen. Engpässe bestehen also offenbar weniger bei den Ausgabenansätzen und Verpflichtungsermächtigungen als beim Ausschöpfen der eingeräumten Ermächtigungen. Klimafonds: Beim Klimafonds sah der Finanzplan vom Sommer 2023 für 2025 ein Defizit von 28 Mrd € vor (2024: 29 Mrd €), das durch Rücklagen finanziert werden sollte. Gemäß dem Plan für 2024 werden im laufenden Jahr die Rücklagen aber weitgehend aufgebraucht. Für 2025 wären daher praktisch keine Rücklagen mehr vorhanden, um ein Defizit abzudecken. Um den Fonds zu entlasten, will die Regierung nun gut die Hälfte des damals geplanten Defizits in den Kernhaushalt verlagern. So soll dieser die EEG -Förderung übernehmen. 16 Darüber hinaus wurden investive Ausgaben knapper veranschlagt. Zudem wurden globale Minderausgaben von 9 Mrd € und globale Mehreinnahmen von 3 Mrd € in den Plan des Klimafonds für 2025 eingestellt. Dies könnte die Erwartung reflektieren, dass insgesamt weniger Mittel abfließen und dass der Klimafonds am Ende des laufenden Jahres doch noch über umfangreiche Rücklagen verfügt (siehe zur Entwicklung 2024: Kapitel „ Bund, 2024 “). Mit diesen Rücklagen könnte der Klimafonds dann ein Defizit 2025 finanzieren. Dazu passt, dass der Kreditfinanzierungsplan des Bundes 2025 eine Kreditaufnahme von 12 Mrd € zur Finanzierung der Ausgaben des Klimafonds ausweist. Sonstige: Auch darüber hinaus sinkt das geplante Defizit der Extrahaushalte: So kehrt der Digitalisierungsfonds 2024 einmalig 4 Mrd € an den Kernhaushalt aus. Dies führt zu einem Defizit des Fonds, das dann 2025 entfällt.
2.2.3 Ausblick auf die Folgejahre
Im Bereich Arbeit und Soziales schlagen sich die stark wachsenden Bundesmittel zur Rentenversicherung nieder. Die Planungen der Bundesregierung sehen vor, dass der Beitragssatz der Rentenversicherung im Jahr 2028 deutlich steigt. Dies lässt die Bundesmittel stark wachsen, weil sie größtenteils an den Satz gekoppelt sind. Enthalten ist dabei bereits der zusätzliche Druck auf die Bundesmittel durch das geplante Rentenpaket: Es soll die Haltelinie für das Versorgungsniveau über 2025 hinaus verlängern. Dadurch steigt der Beitragssatz im Jahr 2028 stärker, und die Bundesmittel wachsen auch danach kräftiger. Die Ausgaben für den Schuldendienst steigen insbesondere in den beiden Schlussjahren. Im Jahr 2028 sind die ersten Notlagenkredite zu tilgen. Es ist nicht dargelegt, welcher Teil des Ausgabenanstiegs auf diese entfällt. Der Finanzminister hatte angekündigt, den Tilgungsplan womöglich ein weiteres Mal zu strecken und deutlich weniger zu tilgen als bislang vorgesehen (gut 9 Mrd €). Die Ausgaben des Verteidigungsressorts im Kernhaushalt steigen im Jahr 2028 um etwa die Hälfte auf 80 Mrd € an. Dies setzt die übrigen Bereiche im Haushalt unter erheblichen Anpassungsdruck.
2.3 Länderhaushalte
2.3.1 Bisherige Entwicklung 2024 und Ausblick bis 2025
2.3.2 Schuldenbremsen der Länder weiter unübersichtlich
3 Sozialversicherungen
3.1 Rentenversicherung
3.1.1 Ausblick auf 2024 und 2025
3.1.2 Reformoptionen zur Stärkung des Erwerbspersonenpotenzials
Wie bisher können sie reguläre Zuschläge auf ihre späteren monatlichen Rentenzahlungen erhalten. Alternativ sollen sie künftig eine abgabenfreie Rentenaufschubprämie wählen können. Eine Einmalauszahlung von Rentenansprüchen wäre in der umlagefinanzierten Rentenversicherung systemfremd: Rentenansprüche würden dann vorzeitig bedient. Dadurch steigen unter sonst gleichen Bedingungen am aktuellen Rand die Ausgaben stärker. Dabei erhöhen Wahlmöglichkeiten der Versicherten tendenziell die Gesamtausgaben. Denn Versicherte wählen jeweils die Option, die für sie voraussichtlich am günstigsten ist. Komplexere Regeln erhöhen außerdem den Beratungsbedarf. Zudem ist vorgesehen, die Prämie steuerfrei zu zahlen. Spezielle steuerliche Begünstigungen machen die Besteuerung komplexer sowie die Bemessungsgrundlage löchriger und schaffen Anreize zur Steuergestaltung (vgl. Kapitel „ Steuereinnahmen, Bundesregierung plant Steuererleichterungen “).