Monatsbericht – Februar 2024

Weltwirtschaftliche Entwicklung

Die Weltwirtschaft legte im Schlussquartal 2023 moderat zu. Die globale Konjunktur blieb dabei regional gespalten. Im Euroraum stagnierte die Wirtschaftsleistung, und im Vereinigten Königreich sowie in Japan ging sie erneut zurück. Auch in China blieb die Konjunktur angesichts des anhaltenden Abschwungs am Immobilienmarkt gedämpft. In den USA expandierte die Wirtschaft dagegen weiterhin lebhaft. Insgesamt hielt sich die Weltwirtschaft solide, trotz Belastungen wie der noch vergleichsweise hohen Energie- und Nahrungsmittelpreise, der geldpolitischen Straffung in vielen Regionen, verstärkter geopolitischer Risiken und vielfältiger struktureller Herausforderungen.

Die globale Industrieproduktion stieg im vierten Quartal 2023 moderat an, erneut getragen von den Schwellenländern. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften sinkt die Erzeugung hingegen in der Grundtendenz seit über einem Jahr. Hierzu trug die Schwäche der Industrie im Euroraum maßgeblich bei. Noch stärker rückläufig waren die Wareneinfuhren der fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Der globale Warenhandel blieb damit im vergangenen Jahr insgesamt schwach. Auch das Jahr 2024 begann für Industrie und Welthandel laut Unternehmensumfragen verhalten. Hingegen scheint die Dienstleistungskonjunktur Fahrt aufzunehmen.

Die Rohstoffpreise für Energie entwickelten sich zuletzt uneinheitlich. Die europäischen Gaspreise sanken vor dem Hintergrund der anhaltenden Schwäche der Industrie im Euroraum, der zeitweise milden Wintertemperaturen sowie der stabilen Gasimporte deutlich. Eine Megawattstunde Gas kostete in Europa zum Abschluss dieses Berichts rund 25 € und damit rund 40 % weniger als noch Anfang Dezember. Die Rohölnotierungen zogen im gleichen Zeitraum geringfügig an. Sorgen vor einer weiteren Eskalation der Konflikte im Nahen Osten stützten die Preise. Zum Abschluss dieses Berichts kostete ein Fass der Sorte Brent 85 US-$ und damit ähnlich viel wie ein Jahr zuvor. Die Terminnotierungen deuten allerdings Preisrückgänge für die kommenden Monate an. Dazu passt die Einschätzung der Internationalen Energieagentur, dass die globalen Ölmärkte 2024 überversorgt sein dürften. 1

Die Verbraucherpreisinflation ließ zuletzt etwas langsamer nach. In der Gruppe der Industrieländer verringerte sich die Vorjahresrate seit Oktober 2023 insgesamt um 0,3 Prozentpunkte auf 3,1 % im Januar, und die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel sank auf 3,8 %. Die Risiken hinsichtlich der zukünftigen Verbraucherpreisentwicklung dürften weiterhin vorwiegend aufwärtsgerichtet sein. Die jüngsten Beeinträchtigungen des Schiffsverkehrs im Roten Meer sollten zwar kaum Auswirkungen auf die Verbraucherpreise haben (siehe Ausführungen „Zu den wirtschaftlichen Folgen der Störungen des Schiffsverkehrs im Roten Meer“). Eine Ausweitung der Konflikte im Nahen Osten auf Ölförderländer würde die Energie- und Verbraucherpreise aber wieder in die Höhe treiben. Zudem könnten die vielerorts hohe Auslastung der Arbeitsmärkte und das immer noch hohe Lohnwachstum den weiteren Disinflationsprozess gefährden.

Angesichts der bislang lebhaften Konjunktur in den USA und wirtschaftspolitischer Stützmaßnahmen in China blickt der Stab des Internationalen Währungsfonds (IWF) etwas zuversichtlicher als zuvor in die Zukunft. 2 In dem turnusmäßigen Update seines globalen Wirtschaftsausblicks hob der Stab die Prognose für das globale Wirtschaftswachstum im Jahr 2024 leicht auf 3,1 % an. Die Vorausschätzung für das kommende Jahr beließ er bei 3,2 %. Damit dürfte die Weltwirtschaft nach Einschätzung des IWF ihren moderaten Wachstumskurs fortsetzen. Zudem geht der IWF nun von einem schnelleren Rückgang der Inflation in den Industrieländern aus. Die Teuerungsrate dürfte bis zum Schlussquartal 2024 auf 2,3 % sinken.

China

Die chinesische Konjunktur blieb zum Jahresabschluss 2023 verhalten. Im Vergleich zum Vorquartal legte das preis- und saisonbereinigte Bruttoinlandsprodukt (BIP) der offiziellen Schätzung zufolge lediglich um 1,0 % zu. Das Wachstumsziel der Regierung von 5 % für das Gesamtjahr wurde damit nur knapp übertroffen. Insbesondere die anhaltende Schwäche am Immobilienmarkt belastete die Wirtschaft. Zuletzt büßte zudem der private Verbrauch an Dynamik ein. Moderat steigende Absatzzahlen auf den Auslandsmärkten glichen dies nur zum Teil aus. Erste Wirkungen scheinen dafür die jüngeren wirtschaftspolitischen Stimuli entfaltet zu haben. Die Investitionen in Infrastruktur legten in den vergangenen Monaten deutlich zu.

Im laufenden Jahr dürfte die chinesische Wirtschaft weiterhin von einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik gestützt werden. Es zeichnet sich ein erneut hohes öffentliches Defizit ab. 3

Die Notenbank reaktivierte zum Jahreswechsel zudem ein Programm zur Liquiditätsbereitstellung an Staatsbanken. Auch der Mindestreservesatz wurde spürbar gesenkt. Damit reagierte die Notenbank nicht zuletzt auf die nach wie vor äußerst verhaltene Entwicklung der Verbraucherpreise. Im Januar lagen diese sogar merklich unterhalb des Vorjahresniveaus. Die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel verharrte mit 0,4 % knapp im positiven Bereich.

Andere ausgewählte Schwellenländer

Indiens Wirtschaft hielt im Schlussquartal 2023 vermutlich nicht das hohe Expansionstempo der Vorquartale. Maßgeblich hierfür dürfte ein Dämpfer in der Industrie gewesen sein. Im Dienstleistungssektor dauerte dagegen gemäß Umfragen unter Einkaufsmanagern die Hochkonjunktur an. Zur guten Kauflaune der Konsumenten dürfte beigetragen haben, dass sich die Teuerung auf der Verbraucherstufe zuletzt wieder im Zielkorridor der indischen Zentralbank bewegte. Im Januar 2024 sank sie auf 5,1 %. Die ohne Energie und Nahrungsmittel gerechnete Kernrate ging auf nun 3,5 % zurück. Die Zentralbank beließ den Leitzins bei 6,5 %.

Die brasilianische Wirtschaft blieb aller Wahrscheinlichkeit nach im Schlussquartal 2023 kraftlos. Die Industrieproduktion stieg zwar im Vergleich zum Vorquartal merklich, Umfragen zufolge fiel aber die Expansion im Dienstleistungssektor erneut nur verhalten aus. Das Konsumentenvertrauen ließ vor diesem Hintergrund spürbar nach, und die Einzelhandelsumsätze sanken preisbereinigt leicht. Hierzu trug auch der noch immer recht kräftige Anstieg der Verbraucherpreise bei. Nach dem Energiepreisschub im vergangenen Sommer ermäßigte sich die Teuerungsrate bis Januar 2024 nur langsam auf 4,5 %. Weitere Fortschritte wurden dagegen bei der Rückführung der zugrunde liegenden Inflation erzielt. Vor diesem Hintergrund senkte die Zentralbank seit Anfang November den Leitzins in drei Schritten um insgesamt 150 Basispunkte auf 11,25 %.

Russlands Kriegswirtschaft hielt sich wohl bis zuletzt recht gut, scheint jedoch zunehmend an angebotsseitige Grenzen zu stoßen. Im Gesamtjahr 2023 legte die Wirtschaftsleistung gemäß der ersten offiziellen Schätzung um 3,6 % zu. Im Schlussquartal dürfte die Binnennachfrage weiterhin von den stark ausgeweiteten Rüstungsaufwendungen profitiert haben. Der in den ersten Kriegsmonaten in der Industrie vorherrschende Mangel an Vorleistungsgütern scheint weitgehend ausgestanden zu sein und hemmt die Produktion wohl kaum noch. Westliche Sanktionen werden durch Lieferungen aus China und anderen Nachbarländern umgangen. Weitaus größere Engpässe ergeben sich am Arbeitsmarkt. Vor allem der Fachkräftemangel machte sich bei einer überaus niedrigen Erwerbslosenquote von rund 3 % verstärkt bemerkbar. Entsprechend zog das bereits kräftige Lohnwachstum weiter an. Der Verbraucherpreisanstieg verstärkte sich vor diesem Hintergrund in den letzten Monaten weiter auf 7,4 % im Januar, bei einer annähernd so hohen Kerninflation von 7,2 %. Angesichts zunehmender angebotsseitiger Engpässe warnte die Zentralbank vor Überhitzungsgefahren und hob den Leitzins auf 16 % an.

Exkurs

Zu den wirtschaftlichen Folgen der Störungen des Schiffsverkehrs im Roten Meer

Der Seeweg durch das Rote Meer und den Suezkanal zählt zu den weltweit wichtigsten Handelsrouten. 1 Seit November 2023 attackieren jemenitische Huthi-Rebellen dort Frachtschiffe. Aufgrund der Attacken brach der Schiffsverkehr auf dieser Route um rund die Hälfte ein. 2 Viele Reedereien ziehen derzeit die zehn bis 20 Tage länger andauernde Route um die Südspitze Afrikas herum vor.

In der Folge zogen die globalen Spotpreise für die Anmietung von Containern auf Frachtschiffen an. So verdreifachte sich der Freightos Baltic Index seit November 2023 nahezu. Maßgeblich dafür waren vor allem Preisanstiege auf den Routen zwischen Asien und Europa. Dort stiegen die Frachtraten um bis zu 350 % an. Der Transport auf anderen Routen verteuerte sich hingegen weitaus weniger stark. Auch reagierten die Neumieten von Containerschiffen und die Frachtraten für andere Transportformen wie Schüttgut, Öl- und Gastanker oder Luftfracht bislang kaum.

Werden Handelsströme vom Roten Meer zur Route um Afrika umgelenkt und die Handelswege damit länger, dürfte das die globale Produktion nur wenig beeinflussen. Seit der Pandemie wurden die globalen Schiffskapazitäten deutlich ausgeweitet, und gegenwärtig ist der internationale Handel konjunkturbedingt ohnehin gedämpft. Daher dürften die Lieferengpässe, wie sie in Deutschland zurzeit vereinzelt im Zusammenhang mit der Eskalation im Roten Meer zu beobachten sind, nach einer Anpassung der Beschaffungs- und Produktionspläne von Unternehmen schnell abklingen. Umfragen unter Einkaufsmanagern zeigen bislang auch keine breit angelegte Verlängerung von Lieferzeiten an. Der Global Supply Chain Pressure Index der Federal Reserve Bank of New York, der eine Vielzahl von Indikatoren bündelt, signalisiert bislang keine ungewöhnliche Anspannung globaler Lieferketten.

Die Auswirkungen auf die globale Verbraucherpreisentwicklung dürften sich ebenso in engen Grenzen halten. Zum einen liegen die Spotpreise für Containerfracht trotz der merklichen Anstiege weiterhin deutlich unter den Höchstständen im Nachgang der Pandemie. Zum anderen dürften die durchschnittlichen Transportkosten von Containerfracht weit weniger stark angestiegen sein als die Spotpreise, da Frachtkapazitäten häufig über längerfristige Verträge gebucht werden. 3

Auch sind Waren, die nicht per Container transportiert werden, kaum betroffen. Überdies machen Transportkosten im Allgemeinen nur einen geringen Anteil des Endpreises von Gütern aus. 4

Ungleich größer wäre das Risiko für die Verbraucherpreise und die globale Konjunktur, falls sich die Konflikte im Nahen Osten auf die Ölförderländer in der Region ausweiten sollten. Dies könnte die globalen Öl- und Gaspreise sowie die Verbraucherpreise deutlich in die Höhe treiben und den weiteren Disinflationsprozess gefährden.

USA

Die US-Wirtschaft wuchs zum Jahresende schwungvoll. Im Vergleich zum Vorquartal legte das reale BIP laut der ersten Schätzung saisonbereinigt um 0,8 % zu und schloss damit ein Jahr mit insgesamt hohem BIP-Wachstum stark ab. Maßgeblich hierfür war die Binnenkonjunktur. Die steigenden Realeinkommen und der anhaltend robuste Arbeitsmarkt stützten die Kauflaune der privaten Haushalte. Diese weiteten ihren Verbrauch im Herbst noch einmal deutlich aus. Einen merklichen Beitrag zum BIP-Wachstum leistete darüber hinaus erneut die öffentliche Nachfrage. Die gewerblichen Bauinvestitionen, die auch wegen fiskalischer Hilfen in den letzten zwei Jahren stark gewachsen waren, expandierten Ende 2023 weiterhin spürbar. 4 In diesem konjunkturellen Umfeld legten auch die Ausrüstungs- und Wohnungsbauinvestitionen trotz der ungünstigen Finanzierungsbedingungen leicht zu. Im laufenden Jahr könnte der Aufschwung der US-Wirtschaft bei einer womöglich restriktiveren Fiskalpolitik etwas an Fahrt verlieren. 5 Ein ab Anfang März drohender Verwaltungsstillstand dürfte nur geringe gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben. 6

Vor dem Hintergrund der robusten Binnenkonjunktur ging die Verbraucherpreisinflation in den USA zuletzt langsamer zurück. Die Vorjahresrate des Verbraucherpreisindex (VPI) sank im Herbst nur noch leicht. Im Januar lag sie bei 3,1 %. Die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel verringerte sich kaum und lag bei 3,9 %. Das weiterhin hohe Lohnwachstum und der immer noch starke Beschäftigungszuwachs könnten den weiteren Disinflationsprozess erschweren. Die US-Notenbank ließ daher ihren Leitzins zuletzt unverändert.

Japan

Die Wirtschaftsleistung Japans schrumpfte im Schlussquartal erneut. Laut der ersten Schätzung sank das BIP saison- und preisbereinigt um 0,1 % gegenüber dem Sommer. Vor allem die Binnenkonjunktur blieb kraftlos. Vor dem Hintergrund der nach wie vor hohen Teuerung gab der private Konsum etwas nach. Die Bruttoanlageinvestitionen setzten ihren Rückgang fort. Die Exporte stiegen hingegen wieder etwas lebhafter. Auch die Importe zogen weiter an. Ungeachtet der schwachen konjunkturellen Entwicklung besserte sich die Lage am Arbeitsmarkt. Die Erwerbslosenquote sank auf 2,3 %. Der Verbraucherpreisanstieg verringerte sich weiter auf 2,6 % im Dezember. Die Kernrate verharrte hingegen bei 2,8 %. Vor diesem Hintergrund hielt die Bank of Japan an ihrer geldpolitischen Ausrichtung fest.

Vereinigtes Königreich

Im Vereinigten Königreich setzte sich der wirtschaftliche Abschwung fort. Laut der ersten Schätzung sank das reale BIP im Herbst saisonbereinigt um 0,3 % gegenüber der Vorperiode. Besonders merklich schrumpfte die Aktivität im Verarbeitenden Gewerbe und am Bau. Auch die Dienstleistungsproduktion sank weiter. Dies galt insbesondere für konsumnahe Bereiche wie den Handel. Trotz des breit angelegten Abschwungs unterschied sich zuletzt die Stimmung der Unternehmen zwischen den Sektoren. Vor allem verbesserte Aussichten in der Dienstleistungsbranche hoben den Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft über die Expansionsschwelle. Gleichzeitig ließ die Knappheit am Arbeitsmarkt etwas nach. Im Einklang damit verlangsamte sich das Lohnwachstum. Die Vorjahresrate des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) sank auf 4,0 % im Januar. Die Kernrate betrug zuletzt noch 5,1 %. Die Bank of England ließ im Dezember und Januar ihren Leitzins unverändert.

Polen

In Polen blieb die Wirtschaftsleistung laut Schnellschätzung im Herbst unverändert. Im Jahresdurchschnitt wurde ein Wirtschaftswachstum von 0,2 % erreicht. Das war – mit Ausnahme des Jahres der Coronakrise 2020 – das schwächste gesamtwirtschaftliche Wachstum seit der wirtschaftlichen Transformation in den 1990er Jahren. Insgesamt scheint die Wirtschaft die inflationsbedingten Belastungen aber zuletzt überwunden zu haben. Die Erzeugung der Industrie stieg im Herbst merklich. Auch die Einzelhandelsumsätze legten preisbereinigt spürbar zu. Ein Grund hierfür war die wieder steigende Kaufkraft der privaten Haushalte angesichts nachlassender Inflation, hoher Beschäftigung und kräftiger Lohnsteigerungen. Die Erwerbslosenquote sank im Dezember wieder auf 2,7 %, und die Brutto-Durchschnittslöhne stiegen im Vorjahresvergleich um 9,6 %. Der Verbraucherpreisanstieg verringerte sich auf 6,2 %. Die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel verharrte allerdings bei 6,9 %. Die polnische Notenbank sah daher seit Mitte Oktober von weiteren Zinssenkungen ab und beließ den Leitzins bei 5,75 %.

Gesamtwirtschaftliche Tendenzen im Euroraum

Im Euroraum hielt die Konjunkturschwäche im vierten Vierteljahr 2023 an. Der Schnellschätzung von Eurostat zufolge stagnierte das BIP preis- und saisonbereinigt. Auch im Vergleich zum Vorjahresquartal blieb die Wirtschaftsleistung praktisch unverändert. Im Jahresdurchschnitt stieg das reale BIP gegenüber 2022 noch leicht an, maßgeblich getragen von Aufholeffekten nach der Pandemie.

Die konjunkturelle Schwäche war zum Ende des Jahres breit über die Sektoren verteilt, wenngleich das Verarbeitende Gewerbe nach wie vor am stärksten betroffen war. Dennoch blieb die Arbeitsmarktlage günstig. Die Arbeitslosenquote verharrte auf einem historischen Tiefstand. Der gesamtwirtschaftliche Ausblick ist weiterhin gedämpft. Die Belastungen durch den schwachen Welthandel, die geopolitische Unsicherheit und die Auswirkungen der strafferen Geldpolitik scheinen anzuhalten und die erhoffte konjunkturelle Belebung weiter zu verzögern.

Der private Verbrauch legte im Herbst wohl erneut nur moderat zu. Die Kaufkraft der privaten Haushalte nahm zwar vor dem Hintergrund der steigenden Arbeitseinkommen und des nachlassenden Preisdrucks etwas zu. Auch das Verbrauchervertrauen hellte sich im Quartalsverlauf leicht auf. Die Einzelhandelsumsätze sanken trotzdem preisbereinigt erneut, und die Zahl der Kfz-Neuzulassungen ging zurück. Die Sparquote überstieg wohl immer noch deutlich ihren Vorpandemiestand.

Die Investitionen dürften nach der Stagnation im Vorquartal gesunken sein. 7 Die Bauinvestitionen gingen vermutlich deutlich zurück. Jedenfalls sank die Bauleistung im Oktober und November weiter. Vor allem im Wohnungsbau schlagen sich die gestiegenen Finanzierungskosten nieder. Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohngebäude nahm bis zum dritten Quartal deutlich ab. Auch bei den Ausrüstungen gab es wohl ein Minus. Die Inlandsumsätze der Produzenten von Kapitalgütern sanken im Oktober und November preisbereinigt deutlich. Die Investitionen in Informations- und Kommunikationstechnologien sowie in geistiges Eigentum dürften im Zuge des Digitalisierungstrends weiter gestiegen sein.

Die Warenausfuhren der Euroraum-Länder in Drittländer legten im Schlussquartal seit Längerem erstmals wieder merklich zu. Grund hierfür war neben der Euroschwäche vermutlich die leicht gestiegene Auslandsnachfrage. Zudem gab es wohl eine gewisse Normalisierung nach dem besonders schwachen Sommerhalbjahr. Die Dienstleistungsexporte stiegen den Zahlungsbilanzangaben zufolge wohl ebenfalls. Getragen vom lebhaften Tourismusgeschäft hatten sie sich im Jahresverlauf deutlich besser gehalten als der Warenhandel. Die Wareneinfuhren aus Drittländern sanken im vierten Quartal deutlich.

Im Verarbeitenden Gewerbe setzte sich die konjunkturelle Schwäche fort. Die Konsumgüterproduktion und die Herstellung von Vorleistungen sanken merklich. Erste Anzeichen einer Bodenbildung gab es in energieabhängigen Sektoren wie der Chemie, und auch die Kfz-Produktion erholte sich ein Stück weit. Maßgeblich für die schwache Industriekonjunktur war den Umfragen der Europäischen Kommission zufolge der Mangel an Nachfrage aus dem In- und Ausland. Zudem sorgten sich die Unternehmen um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die Produktionshemmnisse durch Material- und Arbeitskräftemangel sind hingegen inzwischen weniger relevant. Darüber hinaus ließ der Preisdruck auf der Erzeugerstufe spürbar nach. Erzeuger- und Importpreise sanken im Vorjahresvergleich deutlich, vor allem dank rückläufiger Energiepreise, aber auch wegen fallender Preise für Vorleistungen. Die Kapazitätsauslastung ging zwischen Oktober und Januar weiter zurück und lag leicht unter ihrem langfristigen Durchschnitt.

Die Dienstleistungskonjunktur trübte sich im vierten Vierteljahr weiter ein. Nur die Informations- und Kommunikationsbranche dürfte ihre Expansion fortgesetzt haben, wenn auch mit verringerter Dynamik. Die Aktivität im Hotelund Gastgewerbe sowie einiger unternehmensnaher Dienstleister scheint hingegen nach kräftigen Zuwächsen in den Quartalen zuvor gesunken zu sein. Auch hier spielte den Umfragen der Europäischen Kommission zufolge zunehmend Nachfragemangel eine Rolle. Zudem nannten die Unternehmen vermehrt finanzielle Gründe als Hemmnis ihrer Geschäftstätigkeit.

In den meisten Mitgliedsländern des Euroraums blieb die konjunkturelle Lage im vierten Vierteljahr gedämpft. Gleichwohl verstärkte sich das Wirtschaftswachstum in mehreren Mitgliedsländern spürbar. Wesentliche Faktoren für das gemischte Bild waren Unterschiede in der Entwicklung der Kaufkraft der privaten Haushalte sowie die Stärke der Impulse aus öffentlichen Infrastrukturprojekten. Darüber hinaus waren die Länder in unterschiedlichem Maß von der Schwäche im Verarbeitenden Gewerbe betroffen. Besonders stark schlug sie in Deutschland zu Buche. 8

In Frankreich stagnierte das reale BIP laut der ersten Schätzung im Schlussquartal erneut. Damit bewegte sich die französische Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte 2023 seitwärts. Für das Gesamtjahr ergibt sich dennoch ein Wachstum von 0,9 %. Im vierten Quartal schwächte sich insbesondere die inländische Endnachfrage gegenüber dem Vorquartal merklich ab. Die Investitionen wurden deutlich eingeschränkt, und auch der private Verbrauch ging etwas zurück. Die Importe sanken kräftig. Die Ausfuhren blieben nach dem Rückgang im Vorquartal dagegen weitgehend unverändert. Aus den Lagerbewegungen ergab sich ein deutlich negativer Wachstumsbeitrag. Entstehungsseitig legte die Industrieproduktion etwas zu, während die Aktivität der Dienstleister stagnierte. In der Baubranche gab es erneut ein kräftiges Minus.

In Italien zog die gesamtwirtschaftliche Aktivität Ende 2023 leicht an. Das reale BIP stieg vorläufigen Angaben zufolge um 0,2 %, nachdem es im Vorquartal um 0,1 % zugelegt hatte. Im gesamten Jahr wuchs das reale BIP um 0,7 %. Impulse kamen im Schlussquartal vor allem von den Ausfuhren, die wohl merklich expandierten. Die Einfuhren dürften wie schon im Vorquartal gesunken sein. Hingegen belastete die schwache inländische Nachfrage die Konjunktur. Die Investitionstätigkeit dürfte auch aufgrund verschärfter Finanzierungsbedingungen erneut gesunken sein und der private Verbrauch trotz des verringerten Preisauftriebs nur stagniert haben. Entstehungsseitig zog sowohl die Produktion in der Industrie als auch die Aktivität der Dienstleister etwas an.

In Spanien setzte sich die seit mehreren Quartalen anhaltende Expansion der Wirtschaftsaktivität im vierten Vierteljahr schwungvoll fort. Das reale BIP stieg laut der ersten Schätzung um 0,6 % gegenüber dem Vorquartal. Im Jahr 2023 insgesamt wuchs die Wirtschaftsleistung um 2,5 %. Getragen wurde das Wachstum von einer leichten Ausweitung des privaten Konsums und einem Schub bei den Ausfuhren, insbesondere von Waren. Die Investitionstätigkeit sank hingegen preisbereinigt spürbar, wobei der Rückgang bei den Ausrüstungen deutlich stärker ausfiel als bei Bauten. Entstehungsseitig legte die Aktivität im Verarbeitenden Gewerbe, bei den Informations- und Kommunikationsdiensten und bei den unternehmensnahen Dienstleistungen deutlich zu.

Kräftige Zuwächse der Wirtschaftsleistung gab es auch in Portugal und in Zypern; in Belgien und in der Slowakei stieg sie erneut moderat. In den Niederlanden und in Österreich legte das reale BIP nach einer längeren Schwächephase wieder etwas zu. Angespannt blieb die konjunkturelle Lage in den baltischen Ländern und in Finnland. Zumindest in Lettland stieg die Wirtschaftsleistung aber wieder etwas. In Irland sank das reale BIP im fünften Quartal in Folge.

Die Lage am Arbeitsmarkt war im Euroraum im Schlussquartal 2023 unverändert gut. Die Arbeitslosigkeit blieb auf dem Tiefstand von 6,4 %, und die Zahl der Beschäftigten stieg nochmals merklich. Die konjunkturelle Schwäche schlug sich bislang vor allem in einer leichten Eintrübung der Beschäftigungsaussichten nieder. Die Arbeitskräfteknappheit ließ den Umfragen der Europäischen Kommission zufolge in der Industrie und auch bei den Dienstleistern nach, blieb im längerfristigen Vergleich aber hoch. Dazu passt, dass der Anteil der Unternehmen, die Arbeitskräfte beschäftigen, obwohl sie diese nicht unmittelbar benötigen, merklich über dem langfristigen Mittel liegt. 9 Das Lohnwachstum dürfte auch im vierten Quartal mit 4 % bis 5 % gegenüber dem Vorjahr vergleichsweise hoch ausgefallen sein. Angesichts der stagnierenden Arbeitsproduktivität blieb damit der Lohnkostendruck beträchtlich.

Im letzten Vierteljahr des Jahres 2023 stiegen die Verbraucherpreise im Euroraum nur leicht an. Der HVPI erhöhte sich gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt um 0,3 %, so moderat wie seit 2020 nicht mehr. Ein wichtiger Grund hierfür war der Rückgang der Energiepreise, die im Sommer noch zugelegt hatten. In den anderen Bereichen schwächte sich der Preisauftrieb zwar auch deutlich ab, blieb aber bei Nahrungsmitteln und Dienstleistungen spürbar.

Im Vorjahresvergleich blieb die Preisdynamik im Euroraum erhöht, auch wenn sich die HVPI-Rate mit 2,7 % gegenüber dem Sommer fast halbierte. Rund ein Drittel des Rückgangs erklärt sich durch Preissenkungen bei Energie. Hier fiel der Vorjahresabstand mit 9,8 % noch tiefer in den negativen Bereich. Die Preise für Nahrungsmittel und andere Waren stiegen dagegen im Vorjahresvergleich immer noch um rund 7 % beziehungsweise 2,9 % an. Aber auch hier ließ der Preisauftrieb weiter nach, auch weil der Preisanstieg auf den vorgelagerten Stufen zum Stillstand kam. Bei Dienstleistungen verringerte sich die Teuerung ebenfalls, blieb aber mit gut 4 % gegenüber dem Vorjahr erhöht. Dazu trug der anhaltende Lohndruck bei. Die Kerninflationsrate ohne Energie und Nahrungsmittel zeigte sich daher deutlich persistenter als die Gesamtrate und sank lediglich von 5,1 % auf 3,7 %. Im Jahresdurchschnitt 2023 belief sich die HVPI-Rate auf 5,4 %, nach 8,4 % im Jahr 2022. Die Kernrate stieg hingegen von 3,9 % auf 4,9 % an.

Für Januar 2024 schätzte Eurostat die Inflationsrate im Euroraum auf 2,8 %, also 0,1 Prozentpunkte weniger als im Dezember. Informationen über die kurzfristigen Bewegungen bei wichtigen Komponenten des HVPI waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich verfügbar. 10

Den vorläufigen Informationen zu den Teilindizes zufolge aber sanken die Vorjahresraten für verarbeitete Nahrungsmittel und Industriegüter ohne Energie leicht. Bei Dienstleistungen blieb die jährliche Teuerungsrate hingegen unverändert, und bei unverarbeiteten Nahrungsmitteln und Energie stieg sie leicht. Wie auch die Gesamtrate fiel die Kernrate mit 3,3 % um 0,1 Prozentpunkte geringer als im Vormonat aus. In den nächsten Monaten könnte der Disinflationprozess etwas an Tempo verlieren. Die Energiepreise dürften sich eher seitwärts bewegen, und auf den vorgelagerten Stufen gaben die Preise von Konsumgütern nicht weiter nach. Zudem dürfte das hohe Lohnwachstum noch eine Zeit anhalten, was sich insbesondere bei den Dienstleistungen bemerkbar machen sollte.

Die konjunkturelle Schwäche wird sich im Euroraum wohl auch im laufenden Quartal noch fortsetzen. Vorausschauende Indikatoren versprechen allenfalls ein geringfügiges Wirtschaftswachstum. Im Verarbeitenden Gewerbe tendierte die Stimmung gemäß Umfragen der Europäischen Kommission seitwärts und blieb spürbar unter dem langjährigen Mittel. Bei den Dienstleistern stieg sie zuletzt etwas und übertraf im Januar wieder leicht den langfristigen Durchschnitt. Das Verbrauchervertrauen war trotz einer gewissen Aufhellung weiterhin gedrückt. Gleichwohl dürfte sich die gesamtwirtschaftliche Aktivität im Jahresverlauf verstärken. Die dämpfende Wirkung der geldpolitischen Straffung sollte allmählich nachlassen und der private Verbrauch von Kaufkraftgewinnen der privaten Haushalte stimuliert werden. Der Welthandel dürfte an Fahrt aufnehmen, wenn die Nachfrage nach Industriewaren in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften wieder anzieht. Dieser Ausblick steht aber unter dem Vorbehalt, dass neue Störungen, etwa als Ergebnis verstärkter geopolitischer Spannungen, ausbleiben. Insofern bleiben die Perspektiven gegenwärtig in hohem Maße unsicher, was wiederum selbst einen konjunkturdämpfenden Faktor darstellt.

Literaturverzeichnis

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  • Deutsche Bundesbank (2024), Risiken für Deutschland aus der wirtschaftlichen Verflechtung mit China, Monatsbericht, Januar 2024, S. 11–30.
  • Deutsche Bundesbank (2023), Zum Bauboom in der US-Halbleiterindustrie, Monatsbericht, August 2023, S. 15f.
  • Deutsche Bundesbank (2019), Zu den gesamtwirtschaftlichen Folgen des Verwaltungsstillstands in den Vereinigten Staaten, Monatsbericht, Februar 2019, S. 14f.
  • Deutsche Bundesbank (2018), Aktivitäten multinationaler Unternehmensgruppen und nationale Wirtschaftsstatistiken, Monatsbericht, Oktober 2018, S. 67–81.
  • Europäische Kommission (2023), A new survey-based labour hoarding indicator, European Business Cycle Indicators: 2nd Quarter 2023, European Economy Technical Paper, Nr. 066, S. 20–29.
  • Europäische Zentralbank (2021), Bestimmungsfaktoren für den jüngsten Anstieg der Seefrachtkosten, Wirtschaftsbericht, Ausgabe 3/2021, S. 30–37.
  • Internationale Energieagentur (2024), Oil Market Report, Februar 2024.
  • Internationaler Währungsfonds (2024), World Economic Outlook Update: Moderating Inflation and Steady Growth Open Path to Soft Landing, Januar 2024.
  • S&P Global (2023), Red Sea maritime risk likely to extend beyond Israel-Hamas war, alternative routes entail economic or operational compromises, Supply Chain Strategic Report, 21. Dezember 2023.
  • Stumpner, S. (2022), How much have rising transport costs affected US import prices?, Banque de France, Publications and statistics: Current economic developments, 11. Mai 2022, www.banque-france.fr.
  • UN Global Platform and PortWatch (2024), portwatch.imf.org, abgerufen am 15. Februar 2024.
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