Überblick Monatsbericht – Februar 2025

Monatsberichtsaufsatz

1 Weltwirtschaft und internationale Finanzmärkte

1.1 Weltwirtschaft vor neuen Herausforderungen

Die Weltwirtschaft expandierte im Schlussquartal 2024 erneut moderat. Dabei fiel das Wachstum regional sehr unterschiedlich aus. In den USA

blieb die Konjunktur schwungvoll, und in China verstärkte sie sich dank staatlicher Stimuli und kräftiger Exporte etwas. Hingegen stieg die Wirtschaftsleistung im Euroraum nur leicht. Dahinter stand auch der Wegfall von Sondereffekten, die das Wachstum im Sommer gestützt hatten, wie beispielsweise die Olympischen Spiele in Paris. 

Die Industriekonjunktur blieb im Herbst regional zweigeteilt. Global dürfte die industrielle Erzeugung im Schlussquartal 2024 recht kräftig expandiert haben. Ihr Wachstum wurde aber weiterhin vorwiegend von den Schwellenländern getragen. In den Fortgeschrittenen Volkswirtschaften blieb die Industriekonjunktur kraftlos. Auch die Warenexporte zogen nur in der Gruppe der Schwellenländer an. Vermutlich trug hierzu die Erwartung höherer Importzölle der USA

bei. 

Der verschärfte handelspolitische Kurs der USA könnte den Welthandel und die globale Konjunktur deutlich belasten. Nach seinem Amtsantritt intensivierte US

-Präsident Trump die Zolldrohungen gegen Kanada und Mexiko, den wichtigsten Handelspartnern der USA. Gegenüber China wurden die US-Importzölle bereits angehoben, wenn auch bislang bei Weitem nicht so stark wie vor der Präsidentschaftswahl angekündigt. Jüngst beschloss die US-Regierung außerdem Zusatzzölle auf sämtliche Einfuhren von Stahl und Aluminium und stellte darüber hinaus breit angelegte Zollanhebungen gegenüber vielen Handelspartnern in Aussicht. Derartige Schritte der USA könnten Vergeltungsmaßnahmen der betroffenen Länder provozieren. Für diesen Fall kündigten die USA an, mit weiteren Zollschritten zu reagieren. Dies könnte sich zu schwerwiegenden Handelskonflikten aufschaukeln. Vor diesem Hintergrund stieg die handelspolitische Unsicherheit weltweit erheblich an. Allein die erhöhte Unsicherheit könnte die globale Konjunktur bereits dämpfen. 

1.2 Der Disinflationsprozess machte zuletzt kaum mehr Fortschritte

Die Preise von Energierohstoffen zogen zeitweise spürbar an. Anhaltende Förderkürzungen der OPEC

und ihrer Partner sowie neue US-Sanktionen gegen den russischen Ölsektor trieben die Ölpreise zu Beginn des Jahres 2025 in die Höhe. Seitdem gaben die Ölnotierungen jedoch wieder spürbar nach. Vermutlich trugen die Appelle der neuen US-Regierung zur Ausweitung der Ölförderung in den Vereinigten Staaten und in den OPEC-Ländern maßgeblich dazu bei. Gleichzeitig dürften die sich abzeichnenden handelspolitischen Konflikte die Aussichten für die globale Ölnachfrage eintrüben. Vor diesem Hintergrund geht die Internationale Energieagentur derzeit davon aus, dass die globalen Ölmärkte 2025 gut versorgt sein werden. 

Der Disinflationsprozess machte zuletzt kaum mehr Fortschritte. In der Gruppe der Industrieländer verstärkte sich der Anstieg der Verbraucherpreise im Januar 2025 auf 2,9 % binnen Jahresfrist, verglichen mit 2,4 % im Oktober 2024. Ausschlaggebend dafür waren Basiseffekte sowie der jüngste Anstieg der Energiepreise. Die ohne Energie und Nahrungsmittel gerechnete Kernrate verharrte im gleichen Zeitraum bei 3,1 %. Insbesondere im Bereich der Dienstleistungen blieb der Preisauftrieb hartnäckig hoch.

2 ­­Finanzmarktumfeld

2.1 Langfristzinsen steigen deutlich

Die Finanzmärkte standen im Zeichen deutlich gestiegener Langfristzinsen, eines voranschreitenden Disinflationsprozesses im Euroraum und abnehmender Leitzinssenkungserwartungen vor allem in den USA. Die Marktteilnehmer revidierten den für das Jahr 2025 erwarteten Leitzinspfad für den Euroraum etwas nach oben. Sie gehen aber weiterhin von merklich sinkenden Geldmarktzinsen und einem abnehmenden Restriktionsgrad der Geldpolitik im Jahresverlauf aus. Sowohl Umfragen als auch Marktdaten deuten darauf hin, dass das Inflationsziel mittelfristig erreicht wird. Die Zinssenkungserwartungen für die US

-Geldpolitik bildeten sich deutlich stärker zurück. Hier erwies sich der Disinflationsprozess als vergleichsweise zäh. Die Marktteilnehmer rechneten für das Jahr 2025 zuletzt lediglich mit einem weiteren Zinsschritt der Fed. 

Die Renditen zehnjähriger US-Treasuries – und mit ihnen die Renditen weltweit – zogen im Ergebnis kräftig an. Hierzu trugen steigende US

-Inflationserwartungen, unerwartet robuste Wachstumssignale für die US-Wirtschaft und erwartete fiskalische Belastungen bei. Sorgen darüber, dass Zölle oder die restriktivere Migrationspolitik das US-Wachstum hemmen könnten, traten bislang in den Hintergrund. Von der erwarteten US-Haushaltspolitik, in der stark steigende Schuldenstände relativ zum BIP angelegt sind, gingen aus Sicht der Investoren zumindest in der kürzeren Frist ebenfalls Wachstumsimpulse aus. Der Renditeanstieg war letztlich ungewöhnlich stark gestiegenen Terminprämien geschuldet. Hierin spiegelten sich die gestiegene Zuversicht für die US-Wirtschaft, aber auch die wieder zunehmende Unsicherheit über die US-Inflationsentwicklung und die zukünftige Leitzinsentwicklung wider. Der Anstieg der Terminprämie griff auch auf die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen und auf europäische Staatsanleihen insgesamt über. Da aber gleichzeitig die geldpolitische Zinserwartung in den USA deutlicher nach oben revidiert wurde als im Euroraum, weitete sich die Zinsdifferenz zwischen dem Euroraum und den USA spürbar aus. Dies war ausschlaggebend dafür, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar deutlich abwertete. Insgesamt gab der Euro im Berichtszeitraum gegenüber 18 Handelspartnern auch effektiv nach; hier dürfte sich stärker das gedämpfte heimische Konjunkturbild niedergeschlagen haben. 

2.2 Steigende Kurse an den Aktienmärkten

Mit dem gestiegenen Risikoappetit und überraschend positiven Zahlen für die US-Wirtschaft stiegen die Kurse an den internationalen Aktienmärkten sichtbar an. Der gestiegene Risikoappetit trug im Ergebnis zu dem hohen Bewertungsniveau insbesondere von US

-Aktien bei. Nicht zuletzt aufgrund erwarteter regulatorischer Lockerungen für die Finanzindustrie durch die neue US-Regierung rechneten Anleger mit länger anhaltenden hohen Zinsmargen der Banken. Bankaktien gewannen daher deutlich an Wert.

3 Geldpolitik und Bankgeschäft

3.1 EZB-Rat senkt Leitzinsen zwei weitere Male ab

Auf seinen geldpolitischen Sitzungen im Dezember 2024 und Januar 2025 beschloss der EZB-Rat zwei weitere Zinssenkungen. Der Zinssatz für die Einlagefazilität, mit dem der EZB

-Rat den geldpolitischen Kurs steuert, notiert nach diesen beiden Senkungen um jeweils 25 Basispunkte nun bei 2,75 %. Der EZB-Rat begründete die Zinssenkungen unter anderem mit dem gut voranschreitenden Disinflationsprozess. Die Inflation hat sich im Wesentlichen weiterhin im Einklang mit den im Dezember erstellten Projektionen entwickelt. Der EZB-Rat erwartet, dass die Inflation im Euroraum im laufenden Jahr zum mittelfristigen Zielwert von 2 % zurückkehren wird. 

Der EZB-Rat passte im Dezember seine Kommunikation an und entfernte den Hinweis auf eine restriktive Geldpolitik. Der angemessene geldpolitische Kurs wird abhängig von der Datenlage und von Sitzung zu Sitzung festgelegt. Zinsbeschlüsse werden auf der Einschätzung der Inflationsaussichten vor dem Hintergrund aktueller Wirtschafts- und Finanzdaten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation sowie der Stärke der geldpolitischen Transmission basieren. Der EZB

-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest.

3.2 Aufwärtstendenz des Kreditwachstums im Euroraum setzte sich fort

Der Wiederanstieg des Geldmengenwachstums setzte sich im vierten Quartal 2024 fort; die Kreditvergabe zeigt zunehmend Anzeichen einer Erholung. Die Zuflüsse zum breit gefassten Geldmengenaggregat M3

stabilisierten sich im letzten Quartal 2024 auf erhöhtem Niveau; die Jahreswachstumsrate von M3 stieg Ende Dezember 2024 auf 3,5 %. Gestützt wurde das Geldmengenwachstum insbesondere durch weiter sinkende Opportunitätskosten der Geldhaltung sowie durch wirtschaftliche Unsicherheiten, die die Attraktivität liquider Anlagen erhöhten. Auf der Entstehungsseite löste die Kreditvergabe der Banken an heimische Nichtbanken die Mittelzuflüsse aus dem Ausland als wichtigste Stütze des Geldmengenwachstums ab: Die Aufwärtstendenz bei den Buchkrediten an private Haushalte verfestigte sich. Darüber hinaus zeigten sich auch bei den Buchkrediten an nichtfinanzielle Unternehmen gewisse Anzeichen einer Erholung, obwohl diese vor dem Hintergrund der gedämpften Wachstumsperspektiven für den Euroraum nur allmählich erfolgen dürfte. Die in der Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey, BLS) befragten Banken meldeten eine marginale Zunahme der Nachfrage nach Unternehmenskrediten im vierten Quartal 2024. 

4 Deutsche Wirtschaft

4.1 Wirtschaftsleistung im vierten Quartal zurückgegangen

Die deutsche Wirtschaftsleistung sank im vierten Quartal 2024 überraschend deutlich. Laut der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes ging das reale BIP

um saisonbereinigt 0,2 % gegenüber dem Vorquartal zurück. Damit korrigierte das Statistische Bundesamt eine erste, zuvor veröffentlichte Schätzung leicht nach unten. Als wesentlichen Belastungsfaktor führte das Statistische Bundesamt deutlich niedrigere Exporte an, während die privaten und staatlichen Konsumausgaben anstiegen. Der private Konsum profitierte von den kräftig gestiegenen Löhnen. Allerdings trübten sich die Aussichten am Arbeitsmarkt ein. Das trug zur hohen Verunsicherung der Verbraucher bei und dämpfte damit den privaten Konsum. Die Produktion in der Industrie ging weiter zurück, während der Bau wohl auf der Stelle trat. Die immer noch erhöhten Finanzierungskosten, die hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit und die mittlerweile sehr niedrige Kapazitätsauslastung belasteten weiterhin die Investitionen und damit die inländische Nachfrage nach Investitionsgütern und Bauleistungen. Angesichts der verschlechterten Wettbewerbsposition konnte die deutsche Industrie nicht von den wachsenden ausländischen Absatzmärkten profitieren. 

Dazu passend blieb das Unternehmenskreditgeschäft deutscher Banken auch im Jahresendquartal 2024 ohne Impuls. Die verhaltene Nachfrage nach Unternehmenskrediten spiegelt das aktuell schwierige wirtschaftliche Umfeld und den unsicheren Wirtschaftsausblick wider. Hierzu passt, dass die Banken laut BLS

ihre Kreditrichtlinien im vierten Quartal 2024 per saldo gestrafft haben. Die restriktivere Gestaltung ihrer Kreditvergabepolitik begründeten die Banken damit, dass ihre Risikotoleranz gesunken und das Kreditrisiko gestiegen sei. Das Kreditgeschäft der Banken mit privaten Haushalten setzte dagegen seine seit Sommer beobachtete leichte Erholung fort. Ausschlaggebend hierfür war der fortgesetzte Anstieg der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten, die von rückläufigen Kreditzinsen und einem hohen Bedarf an Wohnraum profitierte. Ferner wirkte laut BLS auch eine optimistischere Einschätzung der privaten Haushalte zu den Aussichten am Wohnimmobilienmarkt – einschließlich der voraussichtlichen Entwicklung der Preise für Wohneigentum und der erwarteten Renditen – nachfragefördernd. 

4.2 Arbeitslosigkeit moderat gestiegen, Lohnzuwächse immer noch stark

Die Beschäftigung blieb im Herbst stabiler, als nach dem Rückgang im Sommer zu erwarten gewesen war. Die Beschäftigung insgesamt verharrte auf dem Stand des Vorquartals. Dabei glichen weiterhin die Einstellungen in einigen Dienstleistungsbereichen den Beschäftigungsabbau im produzierenden Gewerbe aus. Die Kurzarbeit stieg seit den Sommerferien spürbar an. Betroffen sind auch hier in erster Linie Industriearbeitsplätze. Die Arbeitslosigkeit erhöhte sich moderat. Die Aussichten bleiben gedämpft. 

Die Tarifverdienste stiegen im Herbst stark, aber etwas schwächer als im Sommer. Einschließlich der Nebenvereinbarungen nahmen sie im vierten Quartal 2024 um kräftige 5,8 % gegenüber dem Vorjahr zu, nach 8,9 % zuvor. Anders sieht das Bild aus, wenn aus den Tarifverdiensten die Sonderzahlungen wie Inflationsausgleichsprämien herausgerechnet und ausschließlich die Grundvergütungen betrachtet werden. Denn dann legten die Tarifverdienste im Herbst mit 6,6 % gegenüber dem Vorjahr spürbar stärker zu als im Sommer (5,7 %). Die Tarifverdienste insgesamt stiegen in den Dienstleistungen erneut stärker als im produzierenden Gewerbe. Höhere Löhne lassen sich in vielen Dienstleistungsbereichen angesichts der besseren wirtschaftlichen Situation leichter durchsetzen als in der Industrie und am Bau. Die Effektivverdienste legten im Herbst voraussichtlich etwas weniger stark zu als im Vorquartal.

In jüngerer Zeit gab es kaum neue Abschlüsse für größere Branchen. Angesichts der lang anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase und deutlich niedrigerer Inflationsraten wird es in den anstehenden Lohnverhandlungen voraussichtlich zu spürbar niedrigeren Abschlüssen kommen als in den vergangenen zwei Jahren. 

4.3 Preise trotz gesunkener Energiekosten moderat gestiegen

Die Verbraucherpreise (HVPI) stiegen im Herbst erneut moderat an. Im Durchschnitt der Monate Oktober bis Dezember 2024 erhöhten sich die Verbraucherpreise saisonbereinigt um 0,5 %, nach 0,4 % im Vorquartal. Dabei wirkten die sinkenden Energiepreise weiterhin dämpfend. Der Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln nahm dagegen noch einmal merklich zu. Dienstleistungen verteuerten sich weiterhin deutlich, aber weniger stark als in den vorhergehenden Quartalen. Bei Industriegütern ohne Energie verstärkte sich der Preisanstieg dagegen wieder merklich. In der Vorjahresbetrachtung stieg die Inflationsrate im Herbst um 0,3 Prozentpunkte auf 2,5 %. Die Kerninflationsrate (HVPI

ohne Energie und Nahrungsmittel) erhöhte sich etwas auf 3,3 %.

Im Jahresdurchschnitt 2024 sank die Inflationsrate erheblich auf 2,5 %. Im Jahr 2023 hatte sie noch 6,0 % betragen. Vor allem der Preisauftrieb bei den Waren ließ kräftig nach. Die Teuerungsrate bei Nahrungsmitteln entsprach 2024 mit 2,8 % nahezu dem historischen Durchschnitt. Der Preisauftrieb bei Industriegütern ohne Energie sank auf 1,4 % und näherte sich ebenfalls dem historischen Mittel. Energie leistete sogar einen deutlich negativen Beitrag zur HVPI

-Rate. Lediglich der Preisanstieg bei Dienstleistungen war mit 4,3 % weiterhin ungewöhnlich hoch und verringerte sich gegenüber 2023 nur wenig. Hier schlugen sich die kräftigen Lohnanstiege besonders stark nieder.

Im Januar 2025 verharrte die Inflationsrate bei 2,8 %. Auch im Vormonatsvergleich setzte sich die Dynamik der Verbraucherpreise im gleichen Tempo wie im Dezember fort. Besonders stark stiegen die Energiepreise. Dazu trugen sowohl die zum Jahresbeginn in Kraft getretene Erhöhung des nationalen CO₂-Preises als auch gestiegene Rohölnotierungen bei. Durch die Abwertung des Euro gegenüber dem US

-Dollar wurde die preistreibende Wirkung der gestiegenen Rohölnotierungen zusätzlich verstärkt. Dem stand ein kräftiger Rückgang der Preise für Nahrungsmittel gegenüber. Die Preise für Industriegüter ohne Energie sanken geringfügig. Dienstleistungen verteuerten sich zuletzt wieder merklich stärker. Hier wirkten sich der Preisanstieg beim Deutschlandticket und höhere Kosten im Gesundheitsbereich aus. In der Vorjahresbetrachtung stieg die Kerninflation etwas an, von 3,3 % im Dezember auf 3,6 % im Januar.

In den nächsten Monaten dürfte die Inflationsrate sinken, bevor sie ab Mitte des Jahres vorübergehend wieder steigt. Haupttreiber des erwarteten Disinflationsprozesses sind die Dienstleistungen. Dazu tragen niedrigere Lohnzuwächse bei. Dennoch sollte die Inflation bei Dienstleistungen weiterhin auf einem deutlich überdurchschnittlichen Niveau bleiben. Dagegen dürfte der Beitrag von Energie im Jahresverlauf, auch aufgrund von Basiseffekten, wieder anziehen. Für die Preise von Lebensmitteln werden aufgrund der Preisentwicklung auf vorgelagerten Stufen und der Nachwirkungen der außerordentlich kräftigen Lohnerhöhungen im Einzelhandel deutliche Steigerungen erwartet. Die Preise von Industriegütern ohne Energie legen aus heutiger Sicht moderat zu. Bei der Kerninflationsrate dürfte sich der Disinflationsprozess somit grundsätzlich fortsetzen.

4.4 Deutsche Wirtschaft könnte im Winter geringfügig zulegen

Trotz anhaltend schwacher konjunktureller Grundtendenz könnte die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal geringfügig zulegen. Die Industrie könnte im Winterquartal weniger als bisher belasten und der Bausektor etwa auf dem Stand des Vorquartals verharren. Zwar belasten Faktoren wie eine hohe Unsicherheit, erhöhte Finanzierungskosten und eine geringe Auslastung nach wie vor die Investitionen. Allerdings erholte sich die Nachfrage gemessen am Auftragseingang in beiden Sektoren zuletzt etwas. Der Wohnungsbau profitierte dabei von bis Ende 2024 rückläufigen Bauzinsen. Gleichwohl zeigten Umfragen des ifo

Instituts zu Auftragsmangel und Geräteauslastung im Januar noch keine Verbesserung an. Der private Konsum hingegen könnte erneut etwas expandieren: Die kräftig gestiegenen Löhne bieten weiteren Spielraum für zusätzliche Konsumausgaben. Gleichzeitig dürfte sich der Arbeitsmarkt mit moderat sinkender Beschäftigung und leicht steigender Arbeitslosigkeit weiter abkühlen, und die Stimmung der Verbraucher ist weiterhin schlecht. Daher werden sie diese zusätzlichen Ausgabenmöglichkeiten wohl nur zögerlich nutzen. Die Exporte dämpften die wirtschaftliche Aktivität zuletzt besonders stark. In den ersten Monaten des laufenden Jahres könnten sie sich etwas weniger ungünstig entwickeln. Dies gilt insbesondere, falls sie angesichts drohender US-Zölle von Vorzieheffekten profitieren sollten. Alles in allem könnte die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal marginal wachsen. In der Grundtendenz bleibt die deutsche Wirtschaft nach wie vor in der Stagnation gefangen. 

5 Staatsfinanzen

5.1 Deutsches Staatsdefizit bleibt relativ hoch

Die gesamtstaatliche Defizitquote lag im vergangenen Jahr weiterhin bei 2½ %, und auch für 2025 zeichnet sich keine größere Änderung ab. Im letzten Jahr entfielen im Vorjahresvergleich zwar umfangreiche temporäre Lasten aus den Energiepreisbremsen. Allerdings legten einige Ausgaben stark zu: vor allem bei den Sozialversicherungen, aber auch für Zinsen, Personal, die EEG

-Förderung von klimafreundlichem Strom und die Bundeswehr. Im Ergebnis stieg die strukturelle Defizitquote deutlich auf etwa 2 % an. Im laufenden Jahr dürfte der ausgabenseitige Preisdruck nachlassen, und die Klimaschutzausgaben könnten sich in etwa parallel zum BIP entwickeln. Die Ausgaben von Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung dürften zwar weiter deutlich wachsen, dem stehen aber insgesamt umfangreichere Mehreinnahmen aus höheren Beitragssätzen gegenüber. Die Verteidigungsausgaben erreichten 2024 die NATO-Vereinbarung von 2 % des BIP. Mittlerweile wird über deutlich höhere Quoten und diesbezüglich erweiterte Kreditspielräume diskutiert. Ein neuerlicher deutlicher Ausgabenschub im laufenden Jahr ist aber bisher noch nicht angelegt.

Auch die Defizite des Bundes bleiben relativ hoch, ungeachtet der eingehaltenen Schuldenbremse 2024 und der vorläufigen Haushaltsführung seit Jahresbeginn. Das finanzstatistische Defizit des Bundes einschließlich Extrahaushalten verringerte sich 2024 zwar erheblich auf rund 50 Mrd € (2023: rund 90 Mrd €). Allerdings lag das auch an Sonderfaktoren, etwa weil dem Bund mehr Mittel aus NGEU

zuflossen und er höhere Rückzahlungen von Krisenhilfen erhielt, die er in den Vorjahren gewährt hatte. Die Nettokreditaufnahme unterschritt die Grenze der Schuldenbremse, und der Bund konnte dabei noch seine Rücklage schonen. So erhielt er sich zusätzliche Spielräume für das laufende Jahr von 10 Mrd €. Für 2025 gibt es zwar noch keinen Haushaltsplan, dies erzwingt aber keinen restriktiven Ausgabenkurs. Engere Grenzen gelten letztlich nur bei neuen Vorhaben. Insgesamt gilt es, die Vorgaben der Schuldenbremse im Blick zu behalten. Der Bundesfinanzminister meldete einen Konsolidierungsbedarf von 16 Mrd €, um die Kreditgrenze im später zu verabschiedenden Haushaltsplan 2025 einzuhalten.   

5.2 Strukturelle Schwächen beheben, solide Staatsfinanzen sichern

Die Politik steht vor der Herausforderung, sowohl strukturelle Schwächen zu beheben als auch solide Staatsfinanzen abzusichern. Handlungsbedarf besteht etwa bei der staatlichen Infrastruktur und der nachhaltigen Finanzierung der Verteidigungsausgaben. Dabei sind Abgabenlast und Ausgabenquoten bereits relativ hoch, und die demografische Entwicklung wird die Staatsfinanzen zusätzlich belasten. In einem solchen Spannungsfeld leisten bindende Fiskalregeln wie die Schuldenbremse einen sehr wichtigen Beitrag, um solide Staatsfinanzen abzusichern. Grundsätzlich ist es jedoch gut vertretbar, bei einer niedrigen staatlichen Schuldenquote den Kreditrahmen der Schuldenbremse auch an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen. Voraussetzung für höhere Obergrenzen muss aber bleiben, dass sie zuverlässig binden und in Einklang mit soliden Staatsfinanzen stehen. Und auch dann bleibt unverzichtbar, Prioritäten zu überprüfen und Finanzmittel effektiver einzusetzen, um die Finanzpolitik besser auf die Herausforderungen auszurichten. 

5.3 Erste Anwendung der neuen EU-Fiskalregeln

In den letzten Monaten ließen sich erste Erfahrungen mit den neuen europäischen Fiskalregeln sammeln. Für 22 der 27 Mitgliedstaaten sind die Fiskalpläne nach den neuen Regeln nun vereinbart. Die Pläne legen mehrjährige Obergrenzen für das Ausgabenwachstum fest, um die Schulden- und Defizitquote eines jeden Mitgliedstaates im vereinbarten Rahmen zu halten. Für einige Staaten liegen die Obergrenzen höher als von der Europäischen Kommission ursprünglich vorgeschlagen. Bei den hoch verschuldeten Staaten Frankreich, Belgien und Italien steigen die Schuldenquoten planmäßig zunächst noch weiter. Demgegenüber planen Portugal, Griechenland und Spanien mit deutlich sinkenden Schuldenquoten. Fünf der 22 Staaten streckten die Laufzeit ihres Fiskalplans von vier auf sieben Jahre und reduzierten damit den Anpassungsdruck. Unter den fünf Staaten ohne Fiskalplan ist auch Deutschland: Die neue Bundesregierung wird alsbald einen Plan vorlegen müssen.

Im weiteren Verlauf wird es darauf ankommen, die Regeln stringent umzusetzen und solide Staatsfinanzen abzusichern. In diesem Kontext fällt auf, dass der Rat für die Länder in einem Defizitverfahren teils lange Korrekturfristen gewährte. Bei einzelnen Ländern wurde von einer Verfahrenseröffnung abgesehen, obwohl einschlägige Vorgaben deutlich verfehlt werden könnten. Zudem deuten in einigen Fällen aktuelle Schätzungen bereits auf eine eher ungünstigere Entwicklung hin. Insbesondere im Falle hoch verschuldeter Länder wäre es wichtig, bedarfsweise zeitnah geeignet nachzusteuern.

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