Monatsbericht – Oktober 2024

Monatsberichtsaufsatz

1 Konjunkturlage

1.1 Deutsche Wirtschaft steckt weiter in der Schwächephase

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im dritten Quartal 2024 erneut etwas zurückgegangen sein. Die Produktion in Industrie und Bau sank voraussichtlich spürbar. In beiden Sektoren ist die Nachfrage anhaltend schwach. Dazu dürften die noch immer vergleichsweise hohen Finanzierungskosten beitragen, welche die Investitionstätigkeit und damit die Nachfrage nach Investitionsgütern dämpfen. Auch die anhaltende Unsicherheit bezüglich der zukünftigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen dürfte die Investitionen belasten, weil sie die Planungssicherheit der Unternehmen beeinträchtigt. 1 Die Auslandsnachfrage nach deutschen Industrieerzeugnissen erholt sich trotz moderat wachsender deutscher Absatzmärkte derzeit nur leicht. Dies deutet auf anhaltende Probleme mit der Wettbewerbsfähigkeit hin. Somit bleibt neben der Binnen- auch die Auslandsnachfrage nach deutschen Industrieerzeugnissen schwach. Die daher mittlerweile niedrige Kapazitätsauslastung im Verarbeitenden Gewerbe belastet wiederum die entsprechenden Investitionen. Die Dienstleister dürften die Konjunktur im dritten Quartal indes gestützt haben, wenn auch nur in begrenztem Umfang. Denn vom privaten Konsum kamen wohl nur geringe Impulse, da sich die Verbraucherinnen und Verbraucher weiter verunsichert zeigten. Zwar ist der Anstieg ihrer Realeinkommen intakt, da die Löhne deutlich stärker steigen als die Preise. Allerdings zögerten sie noch, diese zusätzlichen Ausgabenspielräume zu nutzen. Im vierten Quartal könnte die wirtschaftliche Aktivität aus heutiger Sicht in etwa stagnieren. Auch wenn für die deutsche Wirtschaft derzeit weiterhin keine Rezession im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung zu erwarten ist, steckt sie doch nach wie vor in der seit Mitte 2022 anhaltenden Schwächephase fest. 2

1.2 Industriekonjunktur breitflächig schwach

Die Industrieproduktion legte dank eines sehr starken Anstiegs der Herstellung von Kraftfahrzeugen und Teilen derselben zuletzt zwar zu, ging im Mittel von Juli und August jedoch spürbar zurück. Die deutsche Industrieproduktion legte im August gegenüber Juli saisonbereinigt 3 kräftig zu und machte ihren Rückgang aus dem Vormonat wett. Dennoch lag das Produktionsniveau im Durchschnitt von Juli und August spürbar unter demjenigen des zweiten Vierteljahres. Das Plus im August ist nahezu einzig auf die Herstellung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeugteilen zurückzuführen. Dass sie derart kräftig zulegte, nachdem sie im Juli stark zurückgegangen war, spricht dafür, dass hierfür auch Sonderfaktoren wie die Lage von Werksferien ausschlaggebend waren. Abgesehen von der Automobilindustrie war das Produktionsminus im Mittel von Juli und August über die Branchen hinweg recht breit verteilt. 4 Auch die Produktion in den energieintensiven Wirtschaftszweigen lag im Durchschnitt von Juli und August etwas unter dem Vorquartal. Ihre Erholungsbewegung aus dem ersten Halbjahr setzte sich damit nicht weiter fort. In das Bild einer insgesamt schwachen Industriekonjunktur passt, dass die Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe ihre Geschäftslage im dritten Vierteljahr gemäß ifo Institut deutlich schlechter einschätzten als im Vorquartal.

Die leichte Erholungstendenz bei der Auslandsnachfrage nach deutschen Industrieerzeugnissen schwächte sich zuletzt ab. Der Auftragseingang in der deutschen Industrie ging im August 2024 saisonbereinigt stark zurück. Zuvor war er zwei Monate in Folge kräftig gestiegen, im Juli insbesondere dank einiger Großaufträge. 5 Daher lag der industrielle Auftragseingang im Mittel von Juli und August noch deutlich über dem Durchschnitt des zweiten Vierteljahres. Der Rückgang im August geht zu einem Teil darauf zurück, dass deutlich weniger Großaufträge eingingen als im Vormonat. Doch auch in seiner Grundtendenz, das heißt ohne die volatilen Großaufträge gerechnet, ging der industrielle Auftragseingang gegenüber Juli deutlich zurück. Damit lag er in dieser Betrachtung im Mittel von Juli und August spürbar unter dem Durchschnitt des zweiten Vierteljahres. Für diesen Rückgang ist weiterhin die Nachfrage aus dem Inland ausschlaggebend. Die Erholungstendenzen bei der Auslandsnachfrage nach deutschen Industrieerzeugnissen blieben dagegen erkennbar, sie schwächten sich jedoch ab. Nachdem sich der Auftragseingang (ohne Großaufträge) aus dem Ausland – dank erheblich mehr Aufträgen aus dem Euroraum – im Juli noch kräftig ausgeweitet hatte, verringerte er sich im August nämlich sogar noch in etwas größerem Maße. Gleichwohl lag er im Mittel von Juli und August weiterhin über dem Vorquartal. Im Einklang mit der insgesamt schwachen Nachfrage nach deutschen Industrieprodukten verschlechterten sich die ifo Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe sowie die kurzfristigen Produktionspläne und Exporterwartungen im dritten Vierteljahr wieder deutlich. In näherer Zukunft ist also keine Belebung der Industriekonjunktur absehbar.

1.3 Privater Konsum wohl nur mit geringen Impulsen

Der private Konsum dürfte der Konjunktur im dritten Quartal trotz günstiger Rahmenbedingungen keinen großen Schub gegeben haben. Eigentlich sind die Voraussetzungen für eine kräftige Ausweitung der privaten Konsumausgaben gut. Die Löhne steigen mittlerweile deutlich stärker als die Preise. Dadurch erhöhen sich die realen verfügbaren Einkommen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Im Einklang damit sind die Einkommenserwartungen gemäß Umfragen der GfK in den ersten drei Quartalen des Jahres – und insbesondere im zweiten Vierteljahr – gestiegen. Zudem sind, trotz gewisser Abkühlungstendenzen, die Aussichten am Arbeitsmarkt bislang relativ stabil. Dennoch zeigten sich die Privathaushalte im dritten Quartal weiter verunsichert und zögerten, ihre zusätzlichen Ausgabenspielräume zu nutzen. Die Konsumentenstimmung – gemessen am GfK-Konsumklimaindex – verbesserte sich im dritten Quartal zwar spürbar, blieb jedoch auf niedrigem Niveau. Ähnliches gilt für die Anschaffungsneigung. Spiegelbildlich dazu blieb die Sparneigung auf einem sehr hohen Niveau. Sie stieg im dritten Vierteljahr sogar wieder etwas an, nachdem sie im Frühjahr spürbar zurückgegangen war. Dabei dürften auch konjunkturelle Sorgen eine Rolle gespielt haben, denn die Konjunkturerwartungen gingen erneut leicht zurück. Die weiteren Indikatoren für den privaten Konsum geben gemischte Signale für das dritte Quartal. So sanken die Kraftfahrzeugzulassungen privater Halter deutlich gegenüber dem Vorquartal. Für einen eher verhaltenen privaten Konsum spricht auch, dass sich die ifo Geschäftslage im dritten Vierteljahr im Handel kräftig und im übrigen Dienstleistungssektor deutlich verschlechterte. Dagegen überstiegen die realen Einzelhandelsumsätze, für die das Statistische Bundesamt mit den Ergebnissen für August seine reguläre Konjunkturberichterstattung jüngst wieder aufnahm, im Mittel von Juli und August den Durchschnitt aus dem Frühjahr spürbar. 6 Insgesamt dürften vom privaten Konsum dennoch nur geringe Impulse gekommen sein.

1.4 Arbeitsmarkt etwas schwächer

Die ungünstige wirtschaftliche Entwicklung wirkt sich allmählich auf den Arbeitsmarkt aus, wenngleich dieser weiterhin vergleichsweise mild auf die Schwäche reagiert. Der Beschäftigtenstand in Deutschland ist im August zurückgegangen. Insgesamt waren in saisonbereinigter Rechnung 21 000 Personen weniger beschäftigt als einen Monat zuvor. Dagegen nahm die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung am aktuellen Rand – hierbei handelt es sich allerdings um den Monat Juli – zu. Erste Hochrechnungen nach Wirtschaftsbereichen bestätigen den bisherigen Trend: Die von schwacher Nachfrage besonders betroffenen Bereiche im Produzierenden Gewerbe und im Handel bauen zunehmend Personal ab. Auf der anderen Seite wird im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Bildung und Erziehung, der Logistik und zuletzt auch in der Finanzbranche kräftig eingestellt. Kurzarbeit wird weiterhin fast nur im Verarbeitenden Gewerbe genutzt. Die Inanspruchnahme ist in den letzten Monaten kaum gestiegen. Allerdings gibt es für die Betriebe derzeit auch keine erleichterten Zugangsmöglichkeiten zur Nutzung von Kurzarbeit, wie sie in früheren schweren konjunkturellen Krisen vorübergehend eingeführt wurden.

Ein deutlich sinkender Beschäftigungsstand ist derzeit nicht zu erwarten. Das kurzfristige Indikatorenbild für die nächsten Monate ist weiterhin gemischt. Deutlich negativ ist vor allem das ifo Beschäftigungsbarometer, welches die Einstellungspläne der gewerblichen Wirtschaft für die nächsten drei Monate in einer Stichprobe bei den Unternehmen erfragt. Vor allem Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes und des Handels wollen die Zahl der Beschäftigten (weiter) verringern. Am Bau und in den anderen gewerblichen Dienstleistungen sind die Beschäftigungspläne neutral bis positiv. Das IAB Beschäftigungsbarometer für die Gesamtwirtschaft zeigt sich stabiler und befindet sich weiter im positiven Bereich. Die Zahl der bei der BA gemeldeten offenen Stellen ging im September erstmals seit langem kaum weiter zurück. Gleichzeitig ist die Zahl der Vakanzen immer noch vergleichsweise hoch, und die Stellenbesetzung dauert häufig lange.

Die Arbeitslosigkeit stieg im September wieder etwas an. Saisonbereinigt waren rund 2,82 Millionen Personen registriert, 17 000 mehr als im August. Die Arbeitslosenquote verharrte rundungsbedingt bei 6,0 %. Nur im konjunkturreagiblen Versicherungssystem des SGB III nahm die Arbeitslosigkeit zu, in der Grundsicherung blieb sie unverändert. Für arbeitslose Personen ist es derzeit schwierig, wieder eine Beschäftigung zu finden. Die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit in Beschäftigung ist sehr niedrig. Dazu beitragen dürfte der Strukturwandel, da in der Industrie Beschäftigte entlassen, aber Erzieherinnen und Erzieher sowie Pflegerinnen und Pfleger dringend gesucht werden. Auch deshalb steigt die Arbeitslosigkeit trotz des noch immer bestehenden Arbeitskräftemangels. Allerdings ist in den nächsten Monaten nur mit einem moderaten Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit zu rechnen. Das IAB-Barometer Arbeitslosigkeit befindet sich nur knapp unterhalb der neutralen Schwelle. Auch die Zahl der Personen, die sich bereits im Vorfeld einer anstehenden Entlassung bei der Bundesagentur für Arbeit wegen drohender Arbeitslosigkeit arbeitssuchend melden, ist bislang nicht nennenswert erhöht.

1.5 Energierohstoffpreise zuletzt leicht im Plus

Nach Rückgängen im September zogen die Energierohstoffpreise im Oktober zeitweise an. Insbesondere Rohöl verteuerte sich Anfang Oktober angesichts der sich weiter zuspitzenden Konflikte im Nahen Osten. Nachdem damit einhergehende Sorgen über mögliche Ölangebotsausfälle nachließen, gaben auch die Rohölnotierungen wieder nach. Preisdämpfend wirkten zudem Hinweise auf eine schwächere Ölnachfrage insbesondere in China und die Aussicht auf einen überversorgten globalen Ölmarkt im Jahr 2025. Zum Abschluss des Berichts kostete ein Fass der Sorte Brent 77 US-$ und damit ähnlich viel wie im September. Die europäischen Gaspreise zogen infolge der geopolitischen Spannungen im Oktober leicht an.

1.6 Inflationsrate sinkt im September auf 1,8 %

Auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen zeigten sich zuletzt preisdämpfende Signale. Im gewerblichen Inlandsabsatz sanken die Preise im September saisonbereinigt im Vergleich zum Vormonat erstmals seit Jahresbeginn wieder. Dies war vor allem einem kräftigen Preisrückgang bei Energie geschuldet. Auch die Einfuhrpreise (mit und ohne Energie) gingen im August – dem jüngsten Datenstand – kräftig zurück. Insgesamt lagen die gewerblichen Erzeugerpreise immer noch um gut 1 % unter ihrem Vorjahresstand. Die Einfuhrpreise überschritten ihr Vorjahresniveau nur noch marginal.

Die Inflationsrate gab im September weiter nach. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) blieb saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat unverändert, wie bereits im August. Vor allem die Preise für Energie sanken nochmals kräftig. Dagegen musste für Nahrungsmittel, insbesondere für Obst und Gemüse, deutlich mehr gezahlt werden. Auch Industriegüter (ohne Energie) verteuerten sich etwas. Die Preisdynamik bei Dienstleistungen blieb – mit Ausnahme von Reiseleistungen – auf breiter Basis hoch. Insgesamt fiel die Teuerungsrate in der Vorjahresbetrachtung von 2,0 % im August auf 1,8 % im September. Die Kernrate ohne Energie und Nahrungsmittel verharrte dagegen weiter bei 3,0 %.

Zum Jahresende dürfte die Inflationsrate wieder höher liegen. In den nächsten Monaten wird die Teuerungsrate voraussichtlich wieder ansteigen. Der Grund hierfür sind unter anderem Basiseffekte bei Energie. So erreichten die Rohölpreise im September des vergangenen Jahres einen Hochpunkt und sanken danach wieder. Dies trägt für sich genommen zu einem Anstieg der HVPI-Gesamtrate in den kommenden Monaten bei. Auch für Nahrungsmittel ist – wegen der zuletzt gestiegenen Rohstoffpreise – mit einer höheren Inflationsrate zu rechnen. Schließlich dürfte sich die Teuerung bei Diensten noch eine Weile auf erhöhtem Niveau halten. Vor dem Hintergrund kräftig steigender Löhne vollzieht sich die Disinflation in diesem Bereich weiterhin sehr viel langsamer als bei den Industriegütern (ohne Energie).

2 Öffentliche Finanzen

Kommunalfinanzen

Die Kommunen (Kern- und Extrahaushalte) schlossen das erste Halbjahr 2024 mit einem sehr hohen Defizit von 17 Mrd € ab. Es übertraf das Defizit des Vorjahreszeitraums erheblich, und zwar um 10 Mrd €.

Die statistische Umgruppierung von Nahverkehrsgesellschaften trieb Einnahmen und Ausgaben nochmals an, sie hat den Saldo aber wohl kaum berührt. 7 Seit dem zweiten Quartal 2023 zählen die kommunalen Nahverkehrsgesellschaften als Extrahaushalte zum Staatssektor (und nicht mehr zum Unternehmenssektor). Weil sie noch nicht im gesamten ersten Halbjahr 2023 zum Staatssektor zählten, sind die betroffenen staatlichen Einnahmen- und Ausgabenpositionen im Vorjahresvergleich stark gestiegen. Dieser statistische Effekt betrifft im Wesentlichen die Extrahaushalte. Um ihn auszublenden, richtet sich der Blick im Folgenden auf die Entwicklung der Kernhaushalte.

Die Einnahmen der Kernhaushalte stiegen im ersten Halbjahr um knapp 3½ % (+ 5 Mrd €) gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dabei stagnierten allerdings die Steuererträge. Die gewichtige Gewerbesteuer (nach Abzug der Umlage) wuchs zwar infolge einer stärkeren Entwicklung im Auftaktquartal noch um 3 % (+ 1 Mrd €). Die Einkommensteueranteile sanken aber stark um 9 % (- 1½ Mrd €). Dies lag an einer überhöhten Vorjahresbasis: Im ersten Halbjahr des Vorjahres wurden relativ hohe Nachzahlungen abgerechnet. 8 Die gewichtigen Schlüsselzuweisungen der Länder wuchsen moderat (+ 2½ % oder ½ Mrd €). Im Vorjahr war der Zuwachs noch deutlich höher, weil die maßgeblichen Steuereinnahmen der Länder zuvor sehr viel stärker zugelegt hatten. Die Gebühreneinnahmen stiegen mit 4½ % (+ ½ Mrd €) etwas schwungvoller. Offenbar erhöhten die Kommunen ihre Gebühren nicht zuletzt wegen gestiegener Kosten. 9

Die Ausgaben der Kernhaushalte wuchsen mit 9 % (+ 14 Mrd €) erheblich stärker als die Einnahmen. Hierin dürften sich nicht zuletzt die gestiegenen Preise niedergeschlagen haben. Die Personalausgaben stiegen ebenfalls um 9 % und trugen damit fast 3½ Mrd € zum Ausgabenanstieg bei. Der hohe Tarifabschluss vom letzten Frühjahr hatte sich im ersten Halbjahr des Vorjahres erst zu einem kleinen Teil niedergeschlagen. Der laufende Sachaufwand legte mit 7 % (+ 2½ Mrd €) nur etwas schwächer zu. Die Ausgaben für Sozialleistungen wuchsen mit gut 12 % (+ 4½ Mrd €) besonders kräftig. Alle größeren Teilbereiche wie Eingliederungsleistungen, Sozialhilfe, Jugendhilfe und Unterkunftskosten (Grundsicherungsleistungen) trugen dazu bei. Die Sachinvestitionen legten unterdurchschnittlich um 6 % zu (+ 1 Mrd €). Die seit dem letzten Jahr deutlich verschlechterte Finanzlage könnte hier bereits dämpfend gewirkt haben.

Auch für das Gesamtjahr ist mit einem steigenden Defizit der kommunalen Ebene zu rechnen (2023: Defizit der Kern- und Extrahaushalte von 7 Mrd €). Denn die Ausgabendynamik dürfte im Gesamtjahr weiter hoch sein, auch wenn die gewichtigen Personalausgaben ab dem Sommer weniger kräftig zulegen dürften.

In den Folgejahren lässt der Druck auf die Kommunalfinanzen zwar teils nach, eine grundlegende Erholung zeichnet sich derzeit aber nicht ab. Zwar dürften die Steuereinnahmen perspektivisch solide wachsen, auch wenn man Mindereinnahmen aus der Wachstumsinitiative gemäß den Gesetzesentwürfen einrechnet. Abzuwarten bleibt zudem, wie die Umstellung auf die neue – länderweise unterschiedlich ausgestaltete – Grundsteuer verläuft: Auf der einen Seite wurden rechtliche Einwände vorgebracht, was auf Ausfallrisiken hinweist. 10 Auf der anderen Seite können Gemeinden die Hebesätze anheben, um mit Mehreinnahmen aus der Grundsteuer Haushaltslücken zu schließen. 11 Auf der Ausgabenseite dürften die Zuwachsraten deutlich dadurch sinken, dass der Preisdruck aus den hohen Inflationsraten der letzten Jahre nachlassen wird. An manchen Stellen verringert sich der Druck auf die Kommunalfinanzen folglich wieder. Allerdings stehen auch die Kommunen vor politischen Herausforderungen, die mit Mehrausgaben verbunden sind. Beispiele sind der weitere Ausbau von Einrichtungen zur Kinderbetreuung und des Nahverkehrs oder städtebauliche Anpassungen an den Klimawandel. Insoweit ist derzeit nicht absehbar, dass sich die Finanzlage deutlich entspannen wird.

Wichtig ist, politische Herausforderungen nicht zulasten nachhaltiger Kommunalfinanzen zu lösen. Die Länder bleiben gefordert, einen Wiederanstieg der überjährigen kommunalen Kassenkredite zu verhindern. 12

Literaturverzeichnis

Al-Haschimi, A., L. Emter, V. Gunnella, I. Ortdoñez Martínez, T. Schuler und T. Spital (2024), Why competition with China is getting tougher than ever, The ECB Blog, 3. September 2024.

Baker, S., N. Bloom und S. Davies (2016), Measuring Economic Policy Uncertainty, The Quarterly Journal of Economics, Volume 131, Issue 4, S. 1593 – 1636.

Deutsche Bundesbank (2024), Kurzberichte, Öffentliche Finanzen, Monatsbericht, April 2024, S. 10 - 19.

Deutsche Bundesbank (2023), Kurzberichte, Öffentliche Finanzen, Monatsbericht, Oktober 2023, S. 8 ff.

Deutsche Bundesbank (2021), Kommunalfinanzen: Ansätze zur Begrenzung von Kassenkrediten und zur Vermeidung von Haushaltsschieflagen, Monatsbericht, Juni 2021, S. 55 - 60.

Schwarting, G. (2024), Die Grundsteuer vor Gericht – Gefahr für das Bundesmodell?, in: Der Gemeindehaushalt, 1/2024, S. 16-19.

Statistisches Bundesamt (2024a), Auftragseingang im Verarbeitenden Gewerbe im Juli 2024: + 2,9 % zum Vormonat, Pressemitteilung Nr. 335 vom 5. September 2024.

Statistisches Bundesamt (2024b), Wiederaufnahme der monatlichen Statistiken im Handel und im Dienstleistungsbereich.

Statistisches Bundesamt (2024c), Realsteuervergleich 2023, EVAS-Nummer 71231.

 

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