Wie die Schuldenbremse weiterentwickelt werden könnte Ein Beitrag zur Reformdiskussion

Studie
Ein Beitrag zur Reformdiskussion

Wie die Schuldenbremse weiterentwickelt werden könnte

11.11.2025

Die deutschen Fiskalregeln wurden im März grundlegend reformiert. Um den großen Herausforderungen bei Verteidigung und Infrastruktur Rechnung zu tragen, gibt es nunmehr umfangreiche Verschuldungsmöglichkeiten. Dies ist vorübergehend nachvollziehbar. Aufgrund der unbegrenzten Verschuldungsmöglichkeiten für Verteidigungsausgaben sind damit aber längerfristig weder solide Staatsfinanzen noch die Einhaltung der EU-Regeln gewährleistet. Auch sind staatliche Investitionen bei den Kreditspielräumen nur vorübergehend privilegiert. Der nachfolgende Vorschlag für eine Reform der Schuldenbremse adressiert diese beiden Sachverhalte.

Der hier vorgelegte Diskussionsbeitrag baut auf den Reformvorschlägen der Bundesbank vom März auf und berücksichtigt die neue Ausgangssituation. Ziel ist es, solide Staatsfinanzen und staatliche Investitionen verlässlich abzusichern, den EU-Regeln Rechnung zu tragen und eine relativ stetige Haushaltspolitik zu ermöglichen. Dazu wird ein dreistufiger Reformprozess vorgeschlagen: An die aktuelle Phase mit höheren Defiziten für Verteidigung und Infrastruktur schließt eine Übergangsphase an, in der die Verteidigungsausgaben sukzessive stärker aus dem laufenden Haushalt finanziert werden. Schließlich mündet der Vorschlag in eine dauerhafte Zielzone mit einer adäquat ausgestalteten Schuldenbremse. Der Diskussionsbeitrag konkretisiert die Länge und Ausgestaltung der drei Stufen und begründet dies. Der Beitrag weist teils auf Ausgestaltungsvarianten hin. Entscheidend wird es bei jedweder Reform darauf ankommen, die Defizite perspektivisch auf ein tragfähiges Niveau zu begrenzen, das eine solide Schuldenposition sicherstellt und das Grundgesetz mit den Europäischen Regeln kompatibel macht.

Symbolbild: Detailgrafik zweier nebeneinander liegender Sterne
Symbolbild: Detailgrafik zweier nebeneinander liegender Sterne

1 Überblick 1

Die Bundesbank empfiehlt, Finanzpolitik und Schuldenbremse in drei Stufen gezielt und planvoll auf die aktuellen Herausforderungen und solide Staatsfinanzen auszurichten:  

  • Geltende Kreditgrenzen bis 2029: Hohe Defizite sind möglich; Kredite sind aber auf große Bedarfe für Verteidigung und Infrastruktur fokussiert.
  • Übergangsphase 2030‑2035: Die Defizite werden im Sinne der EU-Regeln sukzessive zurückgeführt, um solide Staatsfinanzen wieder zu erreichen.
  • Zielzone ab 2036: Die Schuldenbremse verstetigt den Kreditspielraum für staatliche Investitionen und gewährleistet solide Staatsfinanzen sowie stetige Haushaltspolitik. 

Die Empfehlungen verfolgen verschiedene Ziele: 

  • Ein konsistentes Gesamtpaket für handlungsfähige Finanzpolitik und solide Staatsfinanzen: Vorübergehend sind hohe Defizite möglich, um Verteidigung und Infrastruktur zu stärken, im weiteren Verlauf werden solide Staatsfinanzen verlässlich abgesichert.
  • Planbarkeit und Stetigkeit: Die Defizite werden in der Ausnahmephase absehbar und gleichmäßig zurückgeführt; es wird nicht abrupt konsolidiert.
  • Trägt den EU-Regeln Rechnung: Die 60 % Schuldenquote ist der Anker. Hohe strukturelle Defizitquoten werden um rd. ½ PP pro Jahr abgebaut. Der Zielwert für eine solide Haushaltsposition ist eine strukturelle Defizitquote von 1 % bzw. 1½ % des BIP.
  • Verteidigungsausgaben werden Schritt für Schritt weniger kreditfinanziert, Kreditspielräume für Infrastrukturinvestitionen verstetigt: Kreditspielräume sind zunehmend investiv fokussiert, es wird nahtlos an das Sondervermögen Infrastruktur/Klimaneutralität (SVIK) angeschlossen.
  • Zusätzliche Reform-Elemente ab 2036 erleichtern u. a. eine stetige Haushaltspolitik. 
Ausblick auf die Staatsfinanzen nach der 3-Stufen Empfehlung der Bundesbank
Ausblick auf die Staatsfinanzen nach der 3-Stufen Empfehlung der Bundesbank

Die Kernpunkte der drei Stufen:

Geltende Kreditgrenzen bis 2029: Die Kreditgrenzen bleiben unverändert, die Defizitspielräume werden gezielter genutzt.

  • Vorhandene Kreditgrenzen bestehen fort. Die (strukturelle) Defizitquote könnte damit im Jahr 2029 im Einklang mit den EU-Regeln bei etwa 4 % liegen, wenn der Bund die ohnehin weichen Defizitregeln nicht noch weiter dehnt.
  • Zudem ist empfehlenswert, zusätzliche Schulden für Verteidigung und Infrastruktur enger an zusätzliche Ausgaben in diesen Bereichen zu binden. Diese Schulden würden so gezielt eingesetzt, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen. Dafür wären stärker Prioritäten zu setzen, aber der spätere Konsolidierungsbedarf wäre auch geringer.

Die Übergangsphase bis 2035: Defizite sinken schrittweise in Einklang mit EU-Regeln, um eine solide Position zu erreichen. Die Bereichsausnahme wird sukzessive eingeschränkt.

  • Die strukturelle Defizitquote sinkt sukzessive Richtung 1 % (um etwa ½ PP p.a.). Dies dürfte in Einklang mit den EU-Regeln stehen.
  • Im Einzelnen:
  1. Verteidigungsausgaben werden zunehmend ohne Kredite finanziert. Die Schwelle, ab der kreditfinanziert werden darf, steigt in gleichen jährlichen Schritten. Am Ende der Übergangsphase beträgt sie 4 % des BIP.
  2. Abfluss aus SVIK wird verstetigt (etwa 0,8 % des BIP p.a. und damit im letzten Übergangsjahr letzte Mittel auszahlen).
  3. Bund & Länder behalten Kreditgrenzen von je 0,35 % des BIP. Die Ausschöpfung wird beschränkt, falls sonst ein Konflikt mit EU-Vorgaben besteht.

Die Zielzone ab 2036: Solide Staatsfinanzen, EU-Regeln, Investitionen und stetige Haushaltspolitik absichern (eng angelehnt an BBk-Vorschlag zur Schuldenbremse vom März):

  1. Investitionen werden privilegiert: Der Kreditspielraum des Bundes für Zusatzinvestitionen beträgt 0,8 % des BIP (anknüpfend an SVIK, unabhängig von Schuldenquote).
  2. Zusatz-Kreditspielräume für Bund und Länder sind abhängig von der Schuldenquote, um den 60 %-EU-Referenzwert gut zu verankern: 
    > 60 %: der Kreditspielraum für Bund & Länder beträgt je 0,1 % des BIP; 
    < 60 %: der Kreditspielraum beträgt je 0,35 % des BIP (wie derzeit).
    Die Ausschöpfung wird beschränkt, falls sonst ein Konflikt mit EU-Vorgaben besteht.
  3. Die Tilgungsplanpflicht für Notlagenkredite könnte entfallen.
  4. Weitere Ausgestaltungsoptionen unterstützen eine stetige Haushaltspolitik. U.a. ein modifiziertes Konjunkturbereinigungsverfahren.

2 Ausgangslage: Was deutsche und europäische Fiskalregeln erlauben

2.1 Die Schuldenbremse wurde im März 2025 deutlich gelockert

Bis 2024 waren die Verschuldungsmöglichkeiten eng begrenzt: 

  • Bund: strukturelle Nettokreditaufnahme 0,35 % des BIP.
  • Länder: strukturelle Nettokreditaufnahme: 0 %.
  • Bundeswehr-Sondervermögen (seit 2022): Kreditspielraum von 100 Mrd €.
    (Nutzung 2024: 17 Mrd €, ca. 0,4 % des BIP; Ende 2024 verblieben: 77 Mrd €). 

Die Schuldenquote wäre damit im Zeitverlauf spürbar unter 60 % gesunken.

Im Frühjahr 2025 wurden die Verschuldungsmöglichkeiten erheblich erweitert: 

  • Bund: unbegrenzte Kreditmöglichkeit, soweit verteidigungs- und sicherheitsbezogene Ausgaben größer als 1 % des BIP (im Folgenden verkürzt: verteidigungsbezogene Ausgaben).
  • SVIK: 500 Mrd €. Es gibt keine jahresbezogenen Obergrenzen für Abflüsse, das SV steht für 12 Jahre bereit.
  • Länder: 0,35 % des BIP. Frei verwendbar, Aufteilung etwa gemäß Königsteiner Schlüssel.

Gemäß der Bundesbankprognose vom Juni steigt die strukturelle Defizitquote bis 2027 auf rund 4 %. Im weiteren Verlauf erscheinen auf Basis der Regeln Werte von rund 4 % bis 2035 und (nachdem das SVIK aufgebraucht ist) von gut 3 % ab 2036 plausibel. Die Schuldenquote steigt damit Richtung 90 % 2040 und im weiteren Verlauf über 100 %.

Szenario: Staatsfinanzen bei geltenden Schuldenregeln
Szenario: Staatsfinanzen bei geltenden Schuldenregeln

2.2 Die EU-Regeln erlauben ausnahmsweise und vorübergehend hohe Defizite

Die reformierten EU-Regeln werden zurzeit erstmalig angewendet. Bei der ersten Anwendung sind lockerere Auflagen für die Pläne vorgesehen. Überdies erlaubt die EU-Verteidigungs­ausnahme zusätzliche Defizite. 

Der deutsche Fiskalplan für 2025 bis 2029 und die Verteidigungsausnahme für Deutschland wurden von den EU-Gremien akzeptiert. Die Mittelfristplanung des Bundes bis 2029 sowie die BBk-Prognose bis 2027 mit der beschriebenen Fortschreibung bis 2029 dürften innerhalb der EU-Vorgaben liegen. 

Ab 2030 dürften die EU-Vorgaben (im Vergleich zur Schuldenbremse) einen spürbareren Defizitrückgang fordern.

  • Der aktuelle Fiskalplan läuft bis 2029. Deutschland muss (spätestens) für die Jahre ab 2030 einen neuen Plan vereinbaren. Das zu vereinbarende Ausgabenwachstum setzt dann auf der Defizitquote 2029 auf.
  • Es erscheint plausibel, dass bei einer 7-jährigen Anpassungszeit ein Ausgabenwachstum zu planen sein wird, mit dem die strukturelle Defizitquote bis 2036 auf etwa 1 % sinkt. Ab 2030 wäre die strukturelle Defizitquote damit jährlich um etwa ½ PP abzubauen.
  • Die Schuldenquote läge aber auch dann noch 2040 deutlich oberhalb von 60 %. Mit einer strukturellen Defizitquote von weiterhin 1 % könnte sie bei den getroffenen Annahmen Mitte der 2050er Jahre unter 60 % fallen.
Szenario: Staatsfinanzen in Einklang mit EU-Vorgaben
Szenario: Staatsfinanzen in Einklang mit EU-Vorgaben

3 Die Reformempfehlungen der Bundesbank: 3 Stufen

3.1 Geltende Kreditgrenzen bis 2029: Eine stringente Umsetzung im Fokus

In der ersten Stufe bleiben die geltenden Regeln unverändert. Unter plausiblen Annahmen könnte die strukturelle Defizitquote damit wie zuvor beschrieben auf etwa 4 % im Jahr 2029 steigen (vgl. obenstehende Abbildung 2: Staatsfinanzen bei geltender Schuldenregel): 

  • Der Bund finanziert dann 2½ % an Sicherheits- und Verteidigungsausgaben per Kredit (NATO-Quote von 3½ % des BIP angekündigt),
  • das SV IK gibt knapp 1 % des BIP p.a. aus, und
  • Bund und Länder schöpfen jeweils 0,35 % des BIP-Grenze aus. 

Es ist empfehlenswert, die erweiterten Kreditspielräume gezielt einzusetzen, um die Herausforderungen bei Verteidigung und staatlicher Infrastruktur zu bewältigen. Dies wurde bei der Änderung des Grundgesetzes in Aussicht gestellt. Derzeit ist aber geplant, einen Teil anders zu verwenden. Um die Herausforderungen wirkungsvoll zu adressieren, wäre es folgerichtig, die Verschuldungsmöglichkeiten stärker an den infrastrukturellen und verteidigungspolitischen Prioritäten auszurichten.

Die Bundesbank empfiehlt konkret, die Zusätzlichkeit von kreditfinanzierten Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben stärker abzusichern. Sie hat diesbezüglich vorgeschlagen:

  • die Zusätzlichkeit der Investitionen so zu konkretisieren, dass die Kreditfinanzierung über das SV IK zusätzliche Investitionen gegenüber dem Ausgangsjahr 2024 absichert,
  • eine solche Zusätzlichkeitsvorgabe auch für die Länder vorzusehen,
  • die 10 %-Investitionsquote im Bundeshaushalt anders abzugrenzen und
  • die Verteidigungsausnahme zu ändern, sodass nur Mehrausgaben gegenüber der Verteidigungs-Quote 2024 zählen.

Es erscheint darüber hinaus naheliegend, schon in der jetzigen Situation auf neue strukturell belastende Maßnahmen ohne Gegenfinanzierung zu verzichten: Umso geringer fällt im Folgenden der Handlungsbedarf aus, um Haushaltslücken zur Einhaltung der Schuldenbremse zu schließen. 

3.2 Die Übergangsphase 2030 bis 2035: Annäherung an eine solide Position

Die EU-Fiskalregeln dürften für Deutschland nach Ende der Verteidigungsausnahme einen Defizitrückgang vorsehen. Die nationalen Regeln schränken die Verschuldungsspielräume hingegen erst wieder (moderat) ein, wenn das SVIK aufgebraucht ist. Plausibel erscheint, dass nach EU-Vorgaben die strukturelle Defizitquote ab 2030 Richtung 1 % sinken muss, in Mindestschritten von ½ PP p.a. (vgl. C.1). Dies ist allein deshalb nötig, um eine Grundposition zu erreichen, mit der sich Deutschland wieder in ausreichenden Schritten der im EU-Vertrag verankerten 60 %-Grenze annähert. 

Der Reformvorschlag sieht auch vor diesem Hintergrund vor, die nationalen Kreditgrenzen im Grundgesetz zu ändern, um die Defizitquote ab 2030 sukzessive zu senken: 

  • Verteidigung: wird zunehmend ohne Kredite finanziert. 

    Der Vorschlag sieht vor, Verteidigungsausgaben perspektivisch ohne Verteidigungs-Sonderkredite zu finanzieren, um erweiterte Kreditspielräume v.a. für investive Ausgaben zu reservieren. Dazu wird die Bereichsausnahme Verteidigung in der Übergangsphase planvoll zurückgebaut (in der Zielzone ab 2036 gibt es die Ausnahme nicht mehr).

    Vorgeschlagen wird hier, die Schwelle, ab der Sonderkredite möglich sind, um 0,5 PP pro Jahr anzuheben: auf 1,5 % in 2030 und bis auf 3,5 % in 2034 und 4 % in 2035. 2

  • SVIK Mittel: fließen in der Übergangsphase relativ gleichmäßig ab. 

    Die Ende 2029 noch vorhandenen Mittel werden relativ gleichmäßig auf die Übergangsphase verteilt. Der Vorschlag unterstellt Abflüsse für 2028 bis 2035 von 0,8 % des BIP p.a..

  • Kreditgrenzen Bund & Länder: bleiben grundsätzlich bei je 0,35 % des BIP; sie stehen aber unter Prüfungsvorbehalt, ob damit die EU-Regeln eingehalten werden. Die Prüfung kann der Stabilitätsrat, unterstützt durch den unabhängigen Beirat übernehmen. Um den Übergang in die Zielzone gleichmäßiger zu gestalten, könnten die Grenzen für Bund & Länder bereits 2034 auf je 0,2 % sinken (und dann (bei einer Schuldenquote über 60 %) auf je 0,1 % mit Eintritt in Zielzone).

Bis zum Ende der Übergangsphase würde die strukturelle Defizitquote auf Basis des Vorschlags unter plausiblen Annahmen recht gleichmäßig auf gut 1 % des BIP sinken (vgl. Szenario in der untenstehenden Abbildung). 

Szenario: Staatsfinanzen bei Bundesbank-Empfehlung bis 2035
Szenario: Staatsfinanzen bei Bundesbank-Empfehlung bis 2035

3.3 Die Zielzone ab 2036

3.3.1 Der überarbeitete Reformvorschlag der Bundesbank vom März tritt in Kraft

Nach der Übergangsphase gilt es, die erreichte sichere Position im Einklang mit den EU-Regeln zu stabilisieren. Der BBk-Vorschlag zur Reform der Schuldenbremse vom März erscheint hierfür im Grundsatz weiterhin gut geeignet (im Folgenden leicht aktualisiert). Kern des Vorschlags ist, erstens die gesamtstaatliche Schuldenquote beim europäischen Referenzwert von 60 % gut zu verankern. Zweitens sollen staatliche Investitionsausgaben weiterhin begrenzt kreditfinanziert werden dürfen, anschließend an das perspektivisch auslaufende SVIK. 

Der Vorschlag sieht konkret vor:

  • Generell erhält der Bund einen Kreditspielraum von 0,8 % des BIP für zusätzliche Sachinvestitionen 3  (unabhängig von der Schuldenquote). Damit würde das SVIK verstetigt, das im Rahmen des Vorschlags bis 2035 rund 0,8 % des BIP jährlich kreditfinanziert ausgibt. Investitionszuschüsse an die Länder für zusätzliche Investitionen von Ländern und Kommunen kämen ungeachtet des neuen Kreditspielraums der Länder weiterhin in Betracht.
  • Zudem gibt es frei verfügbaren Kreditspielraum abhängig von der Schuldenquote
    • Bei einer Schuldenquote unter 60 % bleibt der bisherige strukturelle Kreditspielraum von je 0,35 % des BIP für Bund und Länder erhalten.
    • Bei einer Schuldenquote über 60 % sinkt der strukturelle Kreditspielraum von Bund und Ländern auf je 0,1 % des BIP, um den 60 %-Anker für die Schuldenquote zügiger zu erreichen und den EU-Regeln Rechnung zu tragen.
  • Die Grenzen dürften nicht ausgeschöpft werden, wenn andernfalls ein Konflikt mit den EU-Regeln auftritt (wie in der Übergangsphase).

Zur Parameterwahl:

  • Eine gesamtstaatliche Defizitquote von rund 1 % bei Schulden oberhalb von 60 % des BIP und rund 1½ % bei Schulden unterhalb von 60 % passt zu den grundlegenden EU-Vorgaben und dem 60 %-Anker für die Schuldenquote. 4
  • Die Aufteilungen auf den Bund und die Länder sowie die konkrete Abgrenzung der Investitionen und deren Zusätzlichkeit könnten auch anders ausgestaltet werden.
    • Es spricht aber einiges dafür, die Verschuldungsmöglichkeiten beim Bund zu konzentrieren. Bedarfsweise könnten die Länder ein Recht auf bestimmte Zuweisungen daraus erhalten, um privilegierte Investitionen von Ländern/Kommunen zu finanzieren.
    • Je weiter der Investitionsbegriff abgegrenzt wird, umso eher droht der erwünschte „Schutz“ von Investitionen ins Leere zu laufen. Dies ist auch der Fall, wenn die Zusätzlichkeit nur schwach abgesichert wird.

Der Vorschlag führt letztlich dazu, dass die strukturellen Defizite für längere Zeit auf rund 1 % des BIP begrenzt werden, da die Schuldenquote noch längerfristig über 60 % läge. Sie fiele mit den getroffenen Annahmen erst Mitte der 2050er Jahre unter die 60 %-Grenze. Der Vorschlag steht aus heutiger Sicht mit den EU-Regeln in Einklang und begrenzt Defizite und Schuldenquote mittel- und langfristig deutlich stärker als die aktuellen Regeln (vgl. untenstehende Abbildungen 5 und 6).

Letztlich obliegt die konkrete Parameterwahl den politischen Entscheidungsträgern, und es sind Variationen denkbar. 

Entscheidend wird es aber bei jedweder Reform sein, die Defizite perspektivisch auf ein tragfähiges Niveau zu begrenzen, das eine solide Schuldenposition sicherstellt und kompatibel mit den Europäischen Regeln ist.

Szenario: Staatsfinanzen nach der 3-Stufen Empfehlung der Bundesbank
Szenario: Staatsfinanzen nach der 3-Stufen Empfehlung der Bundesbank
Szenario: Staatsfinanzen gemäß unterschiedlicher Regelungen
Szenario: Staatsfinanzen gemäß unterschiedlicher Regelungen

3.3.2 Sonstige empfohlene Elemente einer Schuldenbremsenreform

Die Bundesbank schlägt darüber hinaus einige ergänzende Änderungen vor. Sie gehen über eine neue Kreditgrenze und Verwendungsbeschränkungen oder -voraussetzungen hinaus (siehe ausführlicher und umfassender im Monatsbericht März). Hierzu zählen unter anderem die folgenden Elemente: 5

Die Konjunkturbereinigung sollte um ein Modell zur Fehlerkorrektur ergänzt werden. 
Dieses erlaubt, die Haushaltspolitik verzögert an unerwartete Entwicklungen anzupassen. Denn es verlängert die Anpassungszeit nach negativen Überraschungen zu den strukturellen Steuereinnahmen auf bis zu vier Jahre. Es verhindert so tendenziell prozyklisch wirkendes kurzfristiges Nachsteuern und erleichtert eine stetige Haushaltspolitik. Dabei beschränkt es sich nicht auf Revisionen des BIP-Wachstums oder -Potenzials, sondern bezieht Fehlschätzungen bei den Steuereinnahmen insgesamt ein (insoweit ähnlich wie Steuertrendverfahren). Insbesondere die Schwankungen der volatilen Gewinnsteuern lassen sich oft nur zum kleineren Teil im Rahmen klassischer Konjunkturbereinigungsverfahren (wie dem des Bundes) auffangen. 

Die Sprungstelle für die Kreditgrenze an der 60 %-Schwelle für die Schuldenquote sollte keine kurzfristigen Anpassungen der Haushaltspolitik erfordern. Dazu wäre der Übergang zu strecken: Die Grenze sinkt erst, wenn die Schwelle im Vorjahr und gemäß einer testierten Prognose auch im nächsten Jahr überschritten ist.

Die bisher im Grundgesetz verankerte Tilgungsplanpflicht für Notlagenkredite könnte entfallen. Die strengere Kreditgrenze oberhalb der 60 %-Schwelle für die Schuldenquote sollte die Wiederannäherung an die Schwelle absichern. Daher könnte die Tilgungsplanpflicht von Notlagenkrediten generell entfallen. 6 Die EU-Regeln enthalten auch keine vergleichbare Anforderung. Das Aufheben der Tilgungsplanpflicht lockert die Kreditgrenze zwar begrenzt. Das Risiko scheint aber ohnehin hoch, dass bestehende Tilgungsplanpflichten wiederholt aufgeschoben werden, wie bereits im Jahr 2022. Die Tilgungsplanpflicht hat sich bisher nicht als besonders wirksam erwiesen. 

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