Finanzmärkte Monatsbericht – November 2024

Monatsberichtsaufsatz

1 Finanzmarktumfeld

Die fortgesetzte Disinflation und politische Unsicherheiten prägten das Geschehen an den Finanzmärkten. Im Umfeld weiter verbesserter Inflationsdaten und schwächerer Konjunktursignale passten die Marktakteure ihre Leitzinserwartungen für die USA

und den Euroraum zunächst deutlich nach unten an. Zwischenzeitlich erachteten die Marktakteure einen ausgeprägten Zinssenkungszyklus und damit ein frühes Ende der restriktiven Geldpolitik als wahrscheinlich. In der Folge sanken die zehnjährigen Renditen auf den Kapitalmärkten der großen Währungsräume recht kräftig. Mit Beginn des vierten Quartals dämpften unerwartet robuste Arbeitsmarkt- und Konjunkturdaten in den USA sowie der Ausblick auf mögliche hohe US-Haushaltsdefizite die mittelfristigen Leitzinssenkungserwartungen der Marktteilnehmer. Auch die Terminprämien für längerfristige US-Anleihen zogen an. Dieser Anstieg übertrug sich gedämpft auch auf die Zinsen im Euroraum. Zum Ende des Berichtszeitraums notierten die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen uneinheitlich gegenüber ihren Werten von Ende Juni. Die Renditedifferenz zwischen den USA und dem Euroraum nahm jedoch zu. Dies trug maßgeblich dazu bei, dass der Euro zum US-Dollar abwertete. Effektiv gegenüber 18 Handelspartnern verzeichnete der Euro ebenfalls per saldo eine Abwertung.

An den internationalen Aktienmärkten spiegelten sich unterschiedliche wirtschaftliche Aussichten deutlich wider mit starken Kursgewinnen in den USA

und Kursverlusten im Euroraum und Japan. Der einsetzende Zinssenkungszyklus und der seit Mitte August wieder steigende Risikoappetit der Anleger stützten weltweit die Kurse. In den USA legten Vermögenswerte börsennotierter Unternehmen deutlich zu. Die Marktteilnehmer gehen davon aus, dass dort die Gewinne börsennotierter – vor allem auch finanzieller – Unternehmen von den Politikmaßnahmen der neuen US-Regierung profitieren werden. Im Euroraum dämpften dagegen gesunkene Gewinnerwartungen und die Aussicht drohender Zölle die Kursentwicklung. Bei steigendem Risikoappetit der Anleger sanken die Renditeaufschläge von langfristigen Staatsanleihen im Euroraum und insbesondere auch von Unternehmensanleihen.

2 Wechselkurse

Der Euro wertete seit Ende des zweiten Quartals 2024 gegenüber dem US

-Dollar per saldo ab. Insgesamt war die Entwicklung des Euro-US-Dollar-Wechselkurses seit Ende Juni 2024 vor allem von den Erwartungen hinsichtlich der US-Geldpolitik und dem Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA geprägt. Die Federal Reserve machte in den Sommermonaten deutlich, dass sie spürbare Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung sähe und den Zeitpunkt für gekommen hielt, den geldpolitischen Restriktionsgrad zu lockern. Die Zinsdifferenz zwischen den USA und dem Euroraum ging während dieser Zeit zurück, und der Euro wertete auf. Auf ihrer Sitzung Mitte September senkte die amerikanische Notenbank dann die Leitzinsen kräftig um 50 Basispunkte. Ende September notierte der Euro mit 1,12 US-$ so stark wie seit über einem Jahr nicht mehr. Überraschend positive US-Arbeitsmarktdaten deuteten dann aber auf eine weiterhin robuste US-Konjunktur hin. Eine weitere zeitweilig eingepreiste Leitzinssenkung um 50 Basispunkte durch die Federal Reserve auf einer ihrer nächsten Sitzungen hielten die Marktteilnehmer deswegen für eher unwahrscheinlich. Die daraufhin einsetzende Abwärtsbewegung des Euro setzte sich fort, als das Eurosystem Mitte Oktober – anders als noch vor Monatsfrist erwartet – seinerseits die Zinsen senkte, um auf die zunehmend enttäuschenden Wirtschaftsdaten im Euroraum zu reagieren. Zudem belasteten den Euro die vor allem im Oktober stark steigenden US-Kapitalmarktzinsen. Marktteilnehmer rechneten damit, dass unter der nächsten US-Regierung das Fiskaldefizit stark steigen könnte. Auch die Perspektive, dass die USA zusätzliche Zölle für Produkte aus dem Euroraum erheben könnten, übte Druck auf den Euro aus, da mit geringeren US-Importen infolge der Zölle die Nachfrage nach Euro abnähme. Bei Abschluss dieses Berichts lag der Euro bei einem Jahrestief von 1,05 US-$ und damit verglichen mit dem Ende des zweiten Quartals 2024 um 1,6 % im Minus.

Wechselkurs des Euro
Wechselkurs des Euro

Gegenüber dem Pfund Sterling verzeichnete der Euro seit Ende des zweiten Quartals 2024 einen Wertverlust. Nachdem der Euro-Pfund-Kurs im Juli nur geringe Schwankungen aufgewiesen hatte, wertete die Gemeinschaftswährung Anfang August nach einer für einige Marktteilnehmer überraschenden Leitzinssenkung der Bank of England auf. Anders als das Eurosystem beließ die britische Notenbank die geldpolitische Ausrichtung in ihrer Septembersitzung jedoch unverändert. Die dadurch gestiegene kurzfristige Zinsdifferenz zwischen dem Vereinigten Königreich und dem Euroraum führte zu leichten, aber stetigen Kursverlusten des Euro. Diese wurden vorübergehend unterbrochen, als die neue britische Regierung Ende Oktober eine höhere Neuverschuldung für die kommenden Jahre ankündigte.

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Anders als ähnliche Vorhaben in den USA riefen diese Haushaltspläne vorübergehend Sorgen vor einem Vertrauensverlust der Investoren hervor.
Zuletzt stand der Euro bei 0,83 Pfund Sterling, womit sein Wert seit Ende Juni 2024 um 1,7 % gefallen ist.

Der Euro verlor gegenüber dem Yen seit Ende Juni 2024 unter heftigen Kursbewegungen per saldo an Wert. Der Euro erreichte am 11. Juli ein Rekordhoch von 175 Yen, wertete aber wie andere wichtige Währungen danach bis Anfang August rapide gegenüber dem Yen ab. Auslöser für diesen Umschwung war, dass die Bank of Japan den geldpolitischen Restriktionsgrad im Unterschied zu anderen großen Notenbanken erhöhte. Die massiven Kursgewinne des Yen belasteten die Profitabilität von Währungs-Carry-Trades, deren Auflösung den Aufwertungsdruck auf den Yen weiter verstärkte. Hinzu kam, dass einige Indikatoren veröffentlicht wurden, die auf eine überraschend starke wirtschaftliche Verfassung in Japan hindeuteten. Mitte September erreichte der Euro mit knapp 156 Yen die schwächste Notierung seit Ende letzten Jahres. Seitdem wertete er gegenüber dem Yen aber wieder auf, auch deshalb, weil die Geldpolitik des Euroraums weiterhin restriktiver war als die Japans. Ende Oktober kam es zudem zu überraschenden Verlusten der langjährigen Regierungspartei bei Neuwahlen für das Unterhaus der japanischen Nationalversammlung. Die dadurch entstandene politische Unsicherheit führte zu weiteren Kursverlusten des Yen. Aufgrund der eingangs beschriebenen, starken Abwertung im Juli 2024 liegt der Euro seit dem Halbjahreswechsel insgesamt dennoch um 4,5 % im Minus und stand zuletzt bei 164 Yen.

Der Euro hat im gewogenen Durchschnitt gegenüber den Währungen von 18 Handelspartnern gegenüber Ende Juni 2024 abgewertet. Der effektive Wechselkurs des Euro gegenüber 18 Handelspartnern verzeichnete seit Halbjahresbeginn per saldo Kursverluste (- 1,1 %). Neben der oben beschriebenen Abwertung gegenüber US

-Dollar, Pfund Sterling und Yen verlor der Euro unter anderem auch noch gegenüber dem Schweizer Franken (- 2,8 %) und dem Renminbi (- 1,9 %) an Wert. Dennoch hat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des Euroraums seit dem letzten Jahr verschlechtert. Damit setzte sich jeweils die Verschlechterung aus dem vorhergehenden Jahr fort. Aktuell ist die preisliche Wettbewerbsposition Deutschlands auf Basis des Produktivitätsansatzes als neutral einzuschätzen, nachdem sie zwischen 2015 und 2023 als günstig gelten konnte. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Euroraums ist trotz der jüngsten Verschlechterung hingegen immer noch günstig.

Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit auf Basis des Produktivitätsansatzes
Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit auf Basis des Produktivitätsansatzes

3 Wertpapiermärkte

3.1 Rentenmarkt

Die Renditen von Staatsanleihen in den USA

gaben unter dem Eindruck fallender Leitzinserwartungen zunächst nach, zogen aber mit Blick auf die Unsicherheit und das sich abzeichnende Haushaltsdefizit im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen zuletzt deutlich an. Aufgrund der oben erwähnten Fortschritte im Disinflationsprozess leitete die Federal Reserve die Zinswende ein und senkte im September den Leitzinssatz um 50 Basispunkte und im November um 25 Basispunkte. Die Renditen von US-Treasuries gaben entsprechend zunächst deutlich nach. Im Umfeld der US-Präsidentschaftswahl nahmen die Marktteilnehmer aber dann auch verstärkt die erwarteten höheren US-Haushaltsdefizite der neuen US-Regierung in den Blick. Die damit verbundene Belastung des Kapitalmarkts und die erhöhte Unsicherheit übten für sich genommenen einen Aufwärtsdruck bei den langfristigen Renditen aus. Zudem dämpften die anziehenden marktbasierten Inflationserwartungen zum Ende des Berichtszeitraums die Erwartungen an zügige Leitzinssenkungen in den USA. Im Ergebnis stiegen die nominalen Renditen zehnjähriger US-Treasuries geringfügig um 4 Basispunkte und lagen zuletzt bei 4,5 %.

Leitzinsen im Euroraum und in den USA
Leitzinsen im Euroraum und in den USA

Die Renditen von Staatsanleihen im Euroraum gaben im Umfeld fallender Leitzinserwartungen und unerwartet schwächerer Konjunkturaussichten nach. Der EZB

-Rat führte den Restriktionsgrad seiner Geldpolitik weiter zurück und senkte die Leitzinsen auf seinen Sitzungen im September und Oktober um jeweils 25 Basispunkte. Auch der von den Marktteilnehmern erwartete Pfad für die Leitzinsen in der kurzen und mittleren Frist für den Euroraum gab deutlich nach. So lag der aus Geldmarktsätzen abgeleitete erwartete Einlagesatz bis Mitte 2025 zuletzt bei 1,8 % und damit etwa 150 Basispunkte unter seinem aktuellen Niveau. Hierin spiegelte sich die Einschätzung des Marktes, dass auch im Euroraum der Disinflationsprozess zügig voranschreitet. Gemäß Umfrageergebnissen erachten die Marktakteure bei einem Leitzinsniveau von circa 2 %, dass die Geldpolitik im Euroraum weder restriktiv noch expansiv ausgerichtet wäre.
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Gemäß dem Survey of Monetary Analysts der EZB vom Oktober 2024 erachten die Umfrageexperten langfristig ein Niveau des EZB-Einlagesatzes von 2 % bis 2,4 % als wahrscheinlich (Interquartilsabstand der Antworten, vgl.: Europäische Zentralbank (2024)).
Zudem zeigte sich anhand einiger überraschend schwacher Konjunkturindikatoren vor allem in Deutschland, dass sich der Konjunkturausblick für den Euroraum unerwartet eintrübte. Auch das lastete auf den Renditen. Zum Ende des Beobachtungszeitraums übertrugen sich die Zinssteigerungen aus den USA abgeschwächt auf die Euroraum-Renditen. Insgesamt überwogen aber die geldpolitischen Impulse, sodass die mit dem BIP gewichtete zehnjährige EWU-Rendite um 29 Basispunkte auf 2,9 % sank.

Historische Zerlegung der Änderung von Renditen zehnjähriger Bundesanleihen
Historische Zerlegung der Änderung von Renditen zehnjähriger Bundesanleihen

Die Renditen von zehnjährigen Bundesanleihen sanken wegen steigender Terminprämien weniger stark als die EWU

-Renditen. Mithilfe von Zinsstrukturmodellen kann die zehnjährige Rendite zerlegt werden in einen erwarteten geldpolitischen Pfad und eine Terminprämie, die Investoren für die Übernahme von Zinsänderungsrisiken fordern. Während des Berichtszeitraums zeigte sich, dass der Beitrag fallender Leitzinsen auf die langfristigen Renditen durch ungewöhnlich stark ansteigende Terminprämien gedämpft wurde. Ursächlich für die steigenden Prämien sind zum einen die oben erwähnten US-Faktoren. Für die Bundesanleihen ist aber zusätzlich bedeutend, dass mit dem sukzessiven Auslaufen der geldpolitischen Ankaufprogramme der Streubesitz von Bundesanleihen in den Händen privater Investoren zunahm und sich damit die Knappheit von Bundesanleihen verringerte.
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Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024).
Hierdurch werden Knappheitsprämien ausgepreist, die in den oben genannten Modellzerlegungen als steigende Terminprämie aufscheinen. Seit Anfang September stieg auch der Risikoappetit der Anleger wieder deutlich an. Ein steigender Risikoappetit mindert die Nachfrage nach ausfallsicheren Bundeswertpapieren, was bei diesen mit steigenden Renditen einhergeht.

Die Renditeabstände von Staatsanleihen im Euroraum engten sich mit den fallenden Leitzinsen und mit steigendem Risikoappetit weiter ein. So verringerten sich die BIP

-gewichteten Renditeabstände zehnjähriger Staatsanleihen aus dem Euroraum gegenüber laufzeitgleichen Bundeswertpapieren um 17 Basispunkte. Ein Grund hierfür war die weniger restriktive geldpolitische Ausrichtung auf beiden Seiten des Atlantiks, was die Risikoneigung der Anleger positiv beeinflusste. Der Renditeaufschlag zehnjähriger französischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen ging aufgrund der anhaltend hohen Unsicherheit über die französische Fiskalpolitik und die öffentliche Defizitentwicklung weniger deutlich zurück.

Die Renditen von Staatsanleihen des Vereinigten Königreichs stiegen im Umfeld anhaltenden binnenwirtschaftlichen Preisdrucks sowie einer erhöhten Unsicherheit über den fiskalischen Ausblick an, während sie in Japan trotz der Marktturbulenzen im Sommer unverändert blieben. Die Bank of England reduzierte nach einem Jahr unveränderter Zinsen im August und November ihren Leitzins um jeweils 25 Basispunkte. Wie in den USA

und im Euroraum stiegen im September die mittelfristigen Leitzinserwartungen der Marktteilnehmer auch im Vereinigten Königreich wieder etwas an. Die Vorstellung von Planungen eines zukünftig stark defizitären britischen Haushalts führte zuletzt zu einem zusätzlichen Aufwärtsdruck bei den Renditen für zehnjährige britische Staatsanleihen, die insgesamt um 31 Basispunkte auf 4,5 % stiegen. In Japan hingegen blieben die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen unverändert bei 1,1 %. Zwar straffte die Bank of Japan im Juli überraschend die Geldpolitik. Im August sanken die japanischen Renditen infolge von zwischenzeitlichen Marktturbulenzen, weil die Bank of Japan Erwartungen an weitere geldpolitische Straffungen dämpfte.

Erwartungen für die HVPI-Inflation im Euroraum 2025
Erwartungen für die HVPI-Inflation im Euroraum 2025

Die marktbasierten Inflationsindikatoren waren im Berichtszeitraum leicht rückläufig. Für das Jahr 2025 lag die marktbasierte Inflationserwartung, die sich aus Inflationsswaps für den Euroraum ergibt, zuletzt um die 2,0 % und damit im Einklang mit dem Preisstabilitätsziel. Die Einschätzung für die HVPI

-Inflation im Euroraum für das Jahr 2025 war im Berichtszeitraum über weite Strecken von fallenden Ölpreisen geprägt. Fallende Ölpreise gingen aufgrund eines Basiseffekts mit einer gleichgerichteten Entwicklung der marktbasierten Inflationsindikatoren auf Jahresfrist einher. Zudem trugen die unerwartet schwächeren Stimmungsindikatoren für die konjunkturelle Entwicklung dazu bei, dass die Marktteilnehmer höhere Abwärtsrisiken beim kurz- und mittelfristigen Inflationsausblick in ihren Anlageentscheidungen berücksichtigten. Zuletzt näherten sich die Markt- und Umfragedaten den Projektionen des Eurosystems deutlich an. Hintergrund hierfür waren die für die Marktteilnehmer überraschend hohen Inflationszahlen im Oktober. Insgesamt lag die aus Optionen abgeleitete Wahrscheinlichkeit einer Inflation zwischen 1,5 % und 2,5 % im Durchschnitt über die nächsten fünf Jahre zuletzt bei knapp 50 %, dem höchsten Wert seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Anfang 2022. Insgesamt zeigt sich auch hier, dass die Marktteilnehmer davon ausgehen, dass die Inflation im Euroraum nun zügig zum Inflationsziel des Eurosystems zurückkehrt.

Das gestiegene Vertrauen, das Inflationsziel nachhaltig zu erreichen, zeigte sich auch in langfristigen Umfragen und Marktpreisen. So lag die in fünf Jahren beginnende fünfjährige Termininflationsrate zielkonform bei 2,1 % insgesamt 0,2 Prozentpunkte unter ihrem Wert zur Jahresmitte. Auch die längerfristigen umfragebasierten Inflationserwartungen von Consensus Economics für den Euroraum, die vierteljährlich erhoben werden, lagen im Oktober weiterhin auf dem Inflationsziel von 2 %.

Die Renditen europäischer Unternehmensanleihen sanken im Umfeld eines zunehmenden Risikoappetits der Marktakteure. So gingen die Renditen von Unternehmensanleihen in der Ratingklasse BBB sowohl für finanzielle als auch für nichtfinanzielle Unternehmen mit einer Restlaufzeit zwischen sieben und zehn Jahren deutlich zurück. Weil die Renditen laufzeitgleicher Bundeswertpapiere weniger stark sanken, engten sich die Renditeaufschläge damit ein. Vergleichbar starke Rückgänge verzeichneten auch die Renditeaufschläge von Hochzinsanleihen, was sich auch in gesunkenen Kreditausfallprämien für alle relevanten Anleiheklassen zeigte. Insgesamt lagen die Finanzierungskosten europäischer Unternehmen gemessen an den Renditeaufschlägen zuletzt unabhängig von ihrer Kreditqualität unter ihrem jeweiligen Fünfjahresdurchschnitt.

3.2 Aktienmarkt

Die internationalen Aktienindizes zeigten sich nach einer kräftigen Kurskorrektur Anfang August wieder deutlich erholt und konnten ihre zwischenzeitlichen Verluste teils kompensieren. Der S&P

500-Index stieg seit Ende Juni um weitere 8,9 % an und erreichte einen neuen Höchststand. Der Euro Stoxx veränderte sich dagegen kaum. Gestützt wurden die Aktienkurse in den USA vor allem von den verbesserten Konjunkturaussichten und einer positiv angelaufenen Berichtssaison, was sich auch in gestiegenen Gewinnerwartungen für die US-Unternehmen niederschlug. Unmittelbar nach den US-Wahlen zogen die US-Werte noch einmal deutlich an. Das lag zum einen daran, dass – wie häufig nach US-Präsidentschaftswahlen – die Unsicherheit über den weiteren politischen Kurs der USA abnahm, was für sich genommen kursstützend wirkte. Zum anderen gingen die Marktteilnehmer davon aus, dass die Gewinne börsennotierter Unternehmen – gerade auch von finanziellen Unternehmen – unter der neuen US-Regierung steigen werden. Die neue US-Regierung plant, zu deregulieren, Zölle zu erheben und Steuern zu senken. Im Euroraum fielen dagegen die Gewinnerwartungen im Berichtszeitraum. Neben der schwächeren Konjunktur trübte die Erwartung weltweit höherer Zölle die Aussichten. Gesunkene Zinsen und eine höhere Risikobereitschaft der Investoren stützten hingegen für sich genommen die Kursentwicklungen. Trotz des im Berichtszeitraum erreichten neuen Höchststandes beim CDAX (4,8 %) fällt die Rendite deutscher nichtfinanzieller Aktienunternehmen auch längerfristig gesehen geringer aus als für vergleichbare europäische und US-amerikanische Unternehmen (siehe Exkurs). Die Aktien des Vereinigten Königreichs im FTSE 100-Index reduzierten sich um 1,1 %. Auch wenn japanische Aktientitel im Sommer nach dem stärksten Aktienmarkteinbruch seit Oktober 1987 wieder deutlich aufgeholt haben, verzeichneten sie im Ergebnis für den Berichtszeitraum noch Kursverluste in Höhe von 2,6 % (siehe Abschnitt zu den Wechselkursen).

Aktien von Banken in Europa und den USA

haben sich weiterhin deutlich besser entwickelt als der Aktienmarkt insgesamt. Seit Ende Juni verzeichneten diese Bankaktien deutliche Kursgewinne. Die Perspektive höherer Zinsmargen infolge der zuletzt etwas nachlassenden Zinssenkungserwartungen dürfte zu den verzeichneten Kursgewinnen der Bankaktien beigetragen haben. Nach den US-Präsidentschaftswahlen stiegen insbesondere die US-Banktitel noch einmal deutlich an. Dahinter steckten Erwartungen der Marktteilnehmer, dass die neue US-Regierung die nach der Finanzkrise 2008 eingeführten Regulierungsmaßnahmen für die Finanzindustrie zumindest teilweise wieder zurücknehmen könnte. Insgesamt stiegen die Kurse der europäischen und US-amerikanischen Bankaktien im Ergebnis um 5,9 % beziehungsweise 20,2 %.

Die anhaltend hohe Bewertung US

-amerikanischer Aktien setzt sich fort. Gemessen an der Gewinnrendite über die nächsten zwölf Monate sind die Bewertungsniveaus europäischer und US-amerikanischer Aktien gestiegen. Für den Euro Stoxx sanken zudem die impliziten Eigenkapitalkosten, die mithilfe eines Dividendenbarwertmodells auch die mittelfristigen Gewinnaussichten berücksichtigen. Dazu trugen sowohl die gesunkenen Zinsen als auch eine niedrigere Aktienrisikoprämie bei. Dies deutet auf eine gestiegene Bewertung europäischer Aktien hin, die im langfristigen Vergleich aber weiterhin moderat ist. Die impliziten Eigenkapitalkosten für US-amerikanische Aktien haben sich kaum verändert und signalisieren eine weiterhin historisch hohe Bewertung.

Exkurs

Die Aktienmarktentwicklung deutscher Unternehmen im längerfristigen internationalen Vergleich

Die am Kurs- und Dividendenverlauf gemessene Wertentwicklung deutscher nichtfinanzieller Aktientitel fiel im Vergleich zu den USA

und anderen europäischen Ländern seit 2018 merklich schwächer aus. Diese Beobachtung unterscheidet sich von der Phase vor 2018, als die Gesamtrendite deutscher Aktienwerte eine zum US-Markt ähnliche und zu anderen europäischen Unternehmen deutlich stärkere Entwicklung aufwies (siehe Schaubild 3.6).
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Gemessen anhand der Aktienrendite von 2012 bis 2017.
Ein Grund für die in den letzten Jahren beobachtete geringere Wertentwicklung dürften die gestiegenen Energiepreise nach der russischen Invasion der Ukraine Anfang 2022 gewesen sein, von denen insbesondere deutsche energieintensive Unternehmen betroffen waren. Es zeigt sich jedoch, dass auch bereits zuvor die Investoren deutsche Unternehmen relativ zu ihren internationalen Wettbewerbern schwächer bewerteten. So lag im Zeitraum von Anfang 2018 bis Ende 2021 die Aktienrendite – also Kurs- und Dividendenentwicklung zusammen – heimischer nichtfinanzieller Unternehmen 16 Prozentpunkte unter der von europäischen Titeln und deutliche 67 Prozentpunkte unter der von US-Unternehmen.

Aktienmarktentwicklung deutscher nichtfinanzieller Unternehmen relativ zu EU- und US-Unternehmen
Aktienmarktentwicklung deutscher nichtfinanzieller Unternehmen relativ zu EU- und US-Unternehmen

Aus Sicht der Investoren deutet dieses Marktbild auf eine bereits länger anhaltende Schwäche der deutschen börsennotierten Unternehmen hin. So beschränkte sich die schwächere Wertentwicklung der heimischen Aktientitel nicht nur auf einzelne Sektoren, wie etwa die energieintensiven Bereiche Industrie oder Grundmaterialien (inklusive Chemie). Verstärkter Wettbewerbsdruck aus China führte in den letzten Jahren zu fallenden Weltmarktanteilen deutscher Exporte insbesondere in den Bereichen Kraftfahrzeuge und im Maschinenbau (vgl.

den Exkurs zum Wettbewerbsdruck aus China im Artikel "Internationales und europäisches Umfeld"). Insgesamt spiegeln sich diese Entwicklungen auch im Indikator der preislichen Wettbewerbsfähigkeit wider, der sich für Deutschland im Vergleich zu 2018 per saldo verschlechtert hat (siehe Schaubild 3.2).

Literaturverzeichnis

Brandt, L., A. Saint Guilhem, M. Schröder und I. Van Robays (2021), What drives euro area financial market developments? The role of US

spillovers and global risk, ECB Working Paper Series, No 2560.

Europäische Zentralbank (2024), The ECB

Survey of Monetary Analysts, Aggregated Results, Oktober 2024.

Deutsche Bundesbank (2024), Streubesitz von Staatsanleihen in Deutschland und im übrigen Euroraum, Monatsbericht, Mai 2024.

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