Geldpolitik und Bankgeschäft Monatsbericht – November 2024

Monatsberichtsaufsatz

1 Geldpolitik und Geldmarktentwicklung

Auf seiner geldpolitischen Sitzung im September 2024 senkte der EZB-Rat zum zweiten Mal in diesem Jahr die Leitzinssätze. Der Zinssatz für die Einlagefazilität, mit dem der EZB-Rat den geldpolitischen Kurs steuert, notierte nach der Zinssenkung um 25 Basispunkte bei 3,5 %. Auf Grundlage seiner aktualisierten Einschätzung hielt es der EZB-Rat für angemessen, den Grad der geldpolitischen Straffung ein weiteres Mal zu reduzieren. Er begründete die Zinssenkung unter anderem mit den wie erwartet ausgefallenen Inflationsdaten und einer Bestätigung der vorherigen Inflationsaussichten: Die im September von EZB-Fachleuten erstellten Projektionen für die Gesamtinflation waren identisch zu den Juni-Projektionen. Die Fachleute erwarten damit weiterhin eine Gesamtinflation von durchschnittlich 2,5 % für 2024, 2,2 % für 2025 und 1,9 % für 2026. Die Projektionen für die Kerninflation wurden für 2024 und 2025 im Vergleich zu Juni geringfügig nach oben korrigiert. Grund hierfür war eine höher als erwartete Inflation bei den Dienstleistungen. Die Binneninflation ist weiterhin hoch, da die Löhne nach wie vor in erhöhtem Tempo ansteigen, auch wenn es Faktoren gibt, welche die Auswirkungen der Löhne auf die Inflation teilweise abfedern.

Leitzinssätze und Geldmarktzinsen im Euroraum
Leitzinssätze und Geldmarktzinsen im Euroraum

Wie bereits im März 2024 angekündigt, traten im September Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen in Kraft. Mit Wirkung vom 18. September wurde der Abstand zwischen den Zinssätzen für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte (HRGs) und die Einlagefazilität auf 15 Basispunkte festgelegt. Der Abstand zwischen dem Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und dem Zinssatz für die HRGs blieb unverändert bei 25 Basispunkten. Nach dieser Änderung notierte der Zinssatz für die HRGs bei 3,65 % und der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 3,90 %.

Im Oktober senkte der EZB-Rat die Leitzinsen ein weiteres Mal um 25 Basispunkte. Die neu verfügbaren Daten zeigten aus Sicht des EZB-Rats, dass der Disinflationsprozess gut voranschreitet. Die Inflationsaussichten wurden zudem durch Konjunkturindikatoren beeinflusst, die schwächer ausfielen als erwartet. Der EZB-Rat geht davon aus, dass die Inflation in den kommenden Monaten wieder steigen wird, bevor sie im Laufe des nächsten Jahres auf ihren Zielwert fallen wird.

Der EZB-Rat hob auf beiden Sitzungen erneut hervor, dass er sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad festlegt. Er ist entschlossen, für eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Ziel von 2 % zu sorgen und wird dazu die Leitzinsen so lange wie erforderlich ausreichend restriktiv halten. Die Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus wird auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen.

Die kurzfristigen Geldmarktsätze vollzogen beide Senkungen der Leitzinsen vollständig nach. Nach der Senkung der Leitzinsen im Oktober notierte die Euro-Short-Term Rate (€STR) zuletzt bei 3,162 % und damit rund 9 Basispunkte unterhalb des neuen Niveaus des Einlagesatzes.

Marktteilnehmer erwarten einen zusätzlichen Zinsschritt im Dezember und weitere Zinssenkungen im kommenden Jahr. In der vor der Sitzung im Oktober durchgeführten geldpolitischen Umfrage des Eurosystems (Survey of Monetary Analysts) gaben alle Teilnehmer an, dass sie eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte im Dezember erwarten. Für 2025 werden im Median drei weitere Zinssenkungen um insgesamt 75 Basispunkte erwartet. Die Geldmarktterminsätze preisen aktuell ebenfalls einen Zinsschritt um 25 Basispunkte für die Dezember-Sitzung vollständig ein und zusätzlich vier weitere Zinssenkungen bis Mitte nächsten Jahres.

Die geldpolitischen Wertpapierbestände waren seit Mitte August weiter rückläufig. Eine Ursache des Rückgangs sind weiterhin die auslaufenden und nicht wieder angelegten Wertpapiere im Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP). Zudem wird seit der zweiten Jahreshälfte auch ein Teil der fälligen Beträge der auslaufenden Wertpapiere des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme, PEPP) nicht wieder angelegt. Insgesamt hielt das Eurosystem am 8. November dem APP zugehörige Aktiva in Höhe von 2 723,9 Mrd € (für eine Aufgliederung der Bestände in die einzelnen Teilprogramme siehe Exkurs zum Geldmarkt). Die im Rahmen des PEPP ausgewiesenen Wertpapierbestände lagen am selben Tag bei 1 628,5 Mrd €.

Die Überschussliquidität nahm weiterhin ab. Ihr Volumen lag zuletzt bei 2 957 Mrd €. Zu dem Rückgang trugen Endfälligkeit und freiwillige Rückzahlungen bei den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften der dritten Serie (GLRG III) bei. Auch die auslaufenden Wertpapiere im APP und PEPP führten zu rückläufiger Überschussliquidität. Darüber hinaus wurde die Überschussliquidität durch die Entwicklung der autonomen Faktoren beeinflusst (siehe Exkurs zum Geldmarkt).

Exkurs

Geldmarktsteuerung und Liquiditätsbedarf

Im Betrachtungszeitraum vom 24. Juli 2024 bis 22. Oktober 2024 1 sank die Überschussliquidität im Eurosystem um insgesamt 124,2 Mrd € auf durchschnittlich 2 995,2 Mrd €, blieb aber weiterhin auf hohem Niveau. Haupttreiber dieses Rückgangs waren freiwillige, vorzeitige Rückzahlungen und Fälligkeiten bei den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften der dritten Serie (GLRG III) sowie die Verringerung des ausstehenden Volumens der Ankaufprogramme.

Der Liquiditätsbedarf aus autonomen Faktoren im Eurosystem (siehe Tabelle 2.1) in der MP 6/2024 (September 2024/Oktober 2024) sank im Vergleich zur MP 4/2024 (Juni 2024/Juli 2024) um 28,7 Mrd € auf durchschnittlich 1 294,9 Mrd €. Ohne diese liquiditätszuführende Wirkung wäre die Überschussliquidität noch stärker zurückgegangen. Hauptverantwortlich für den rückläufigen Liquiditätsbedarf war der Anstieg der Summe aus den Netto-Währungsreserven und den sonstigen Faktoren um 31,6 Mrd € (davon 16,9 Mrd € in Deutschland). Die beiden Größen werden aufgrund liquiditätsneutraler Bewertungseffekte gemeinsam betrachtet. Die Zunahme der Einlagen öffentlicher Haushalte um 2,39 Mrd € wirkte hingegen liquiditätsabsorbierend. In Deutschland stellte der Anstieg der Netto-Banknotenemission um 11,4 Mrd € auf 941,1 Mrd € den stärksten liquiditätsabsorbierenden Effekt innerhalb der autonomen Faktoren dar. Das Mindestreservesoll im Eurosystem stieg im Betrachtungszeitraum um 1,0 Mrd € auf 162,9 Mrd €, was den Bedarf an Zentralbankliquidität marginal erhöhte. In Deutschland sank das Reservesoll dagegen um 0,2 Mrd € auf 44,4 Mrd €. Geschäftsbanken im Euroraum hielten 95 % der Zentralbankliquidität in der Einlagefazilität (in Deutschland 96 %).

Autonome Faktoren im Eurosystem
Autonome Faktoren im Eurosystem
Tabelle 2.1: Liquiditätsbestimmende Faktoren1)
in Mrd €; Veränderungen der Tagesdurchschnitte der Reserveerfüllungsperioden zur Vorperiode




Position
2024
24. Juli
bis 
17. September
18. September 
bis 
22. Oktober
I. Bereitstellung (+) beziehungsweise Absorption (–) von Zentralbankguthaben durch Veränderungen der autonomen Faktoren
 1. Banknotenumlauf (Zunahme: –)

- 4,7

+ 4,0

 2. Einlagen öffentlicher Haushalte beim Eurosystem (Zunahme: –)

- 4,0

+ 1,8

 3. Netto-Währungsreserven 2)

+ 20,0

+ 40,2

 4. Sonstige Faktoren 2)

+ 9,8

- 38,2

Insgesamt

+ 21,1

+ 7,8

II. Geldpolitische Geschäfte des Eurosystems
 1. Offenmarktgeschäfte
  a) Hauptrefinanzierungsgeschäfte

- 2,7

+ 4,8

  b) Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte

- 19,4

- 36,3

  c) Sonstige Geschäfte

- 52,3

- 45,9

 2. Ständige Fazilitäten
  a) Spitzenrefinanzierungsfazilität

+ 0,0

+ 0,0

  b) Einlagefazilität (Zunahme: –)

+ 54,5

+ 69,6

Insgesamt

- 19,9

- 7,8

III. Veränderung der Guthaben der Kreditinstitute (I. + II.)

+ 1,2

- 0,3

IV. Veränderung des Mindestreservesolls (Zunahme: –)

- 0,3

- 0,7

1 Zur längerfristigen Entwicklung und zum Beitrag der Deutschen Bundesbank vgl. S. 14/15 im Statistischen Teil dieses Berichts. 2 Einschließlich liquiditätsneutraler Bewertungsanpassungen zum Quartalsende.

Das durchschnittliche ausstehende Tendervolumen im Euroraum sank im Betrachtungszeitraum um 53,7 Mrd € auf 57,0 Mrd €. In den Betrachtungszeitraum fielen der Fälligkeitstermin des GLRG III.9 sowie eine freiwillige, vorzeitige Rückzahlungsmöglichkeit der GLRG III.10 am 25. September 2024. Zurückgezahlt und fällig wurden zu diesem Termin insgesamt 47,3 Mrd €. Das Volumen in den regulären Haupt- und Dreimonatstendern blieb insgesamt auf einem niedrigen Niveau. Im Haupttender gibt es temporäre Anstiege am Quartalsende, die im dritten Quartal zudem mit dem Auslaufen des GLRG III.9 einhergehen. In Deutschland sank das durchschnittliche ausstehende Volumen aller Refinanzierungsgeschäfte im Betrachtungszeitraum um 6,6 Mrd € auf 9,8 Mrd €. Dazu trugen die Fälligkeit und die vorzeitige freiwillige Rückzahlung im Rahmen der GLRG III im September mit 6,4 Mrd € bei. Damit entsprach der Anteil der Banken in Deutschland am ausstehenden Volumen der Refinanzierungsgeschäfte im Eurosystem rund 17 %, über 2 Prozentpunkte mehr als in der MP 4/2024.

Die Reduktion des Portfolios aus dem Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) hatte den größten Effekt auf die Bestände der Wertpapierankaufprogramme. Ein weiterer Einflussfaktor waren fällig gewordene Beträge auslaufender Wertpapiere des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme, PEPP), die seit der zweiten Jahreshälfte 2024 teilweise nicht reinvestiert werden. Insgesamt sank der geldpolitische Wertpapierbestand im Durchschnitt von der MP 4/2024 auf die MP 6/2024 um 75,7 Mrd €. Der bilanzielle Bestand der Wertpapierankaufprogramme betrug zum 1. November 2024 4 353,3 Mrd € (siehe Tabelle 2.2) und blieb damit auf einem hohen Niveau. Die Liquiditätsbereitstellung aus geldpolitischen Instrumenten speiste sich zu 99 % aus Ankaufprogrammen und nur zu 1 % aus Refinanzierungsgeschäften.

Einlagesatz, Geldmarktsätze und Überschussliquidität
Einlagesatz, Geldmarktsätze und Überschussliquidität
Tabelle 2.2: Ankaufprogramme des Eurosystems
in Mrd €



Programme


Veränderung in den beiden Reserveperioden


Bilanzieller Bestand am 1. November 2024
Programme mit laufenden Reinvestitionen1)
PEPP

- 22,5

1 627,3

Beendete Programme
APP

- 75,7

2 726,0

 PSPP

- 59,8

2 165,7

 CBPP3

- 6,2

258,0

 CSPP

- 8,8

294,5

 ABSPP

- 1,0

7,7

SMP

0,0

1,3

1 Veränderungen aufgrund von Fälligkeiten, Reinvestitionen und Anpassungen wegen der Amortisation.

In einem Umfeld sinkender Leitzinsen des Eurosystems und abnehmender Überschussliquidität engte sich der Abstand zwischen Tagesgeldsätzen am Euro-Geldmarkt und dem Einlagesatz graduell weiter ein. Die unbesicherte Euro Short-Term Rate (€STR) wurde in der MP 5/2024 durchschnittlich bei 3,66 % und damit unverändert im Vergleich zur vorherigen MP festgestellt. In der MP 6/2024 reduzierte sich der durchschnittliche festgestellte Satz, ausgelöst durch die im September erfolgte Zinssenkung des Eurosystems, auf 3,41 %. Die Transmission des geldpolitischen Impulses auf die €STR erfolgte somit reibungslos und vollständig. Der durchschnittliche Abstand zwischen Einlagesatz und €STR sank in der MP 5/2024 im Vergleich zur vorangegangenen Periode um 0,7 Basispunkte (BP) auf 8,68 BP. In der MP 6/2024 blieb er hingegen fast unverändert bei durchschnittlich 8,62 BP. In die MP 6/2024 fielen zudem der freiwillige Rückzahlungstermin für die GLRG III.10 sowie das Verringern des Abstandes zwischen den Zinssätzen für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte und die Einlagefazilität. Nach der Einengung des Zinsabstandes waren im Betrachtungszeitraum höhere Volumina in den regulären Haupt- und Dreimonatstendern zu beobachten, auch wenn diese weiterhin auf niedrigem Niveau blieben.

Die gehandelten Volumina waren im Durchschnitt im Vergleich zu den vorangegangenen MPs erneut rückläufig. So wurden in der MP 5/2024 im Durchschnitt täglich 53,4 Mrd € und in der MP 6/2024 48,1 Mrd € gehandelt. In der MP 3/2024 dagegen waren im Durchschnitt 49 Mrd € und in der MP 4/2024 54 Mrd € gehandelt worden. Damit setzte sich der leicht rückläufige Trend seit dem Höchststand der Handelsvolumina im Frühjahr 2023 fort. Zu den Monatsultimo-Terminen von Juli, August und September sank das €STR-Fixing um 1,2 BP, 1,0 BP beziehungsweise 0,5 BP. Damit schwächte sich der Monatsendeffekt zuletzt ab. Die vorangegangenen Monatswechsel resultierten in einem etwa 2 BP niedrigeren Fixing.

Auf der Handelsplattform GC Pooling der Eurex Repo erhöhte sich der Abstand, den die Zinssätze für besicherte Overnight-Geschäfte zum Zinssatz der Einlagefazilität haben, bei anhaltend hohen Transaktionsvolumina im Beobachtungszeitraum marginal. Im ECB-Basket wurde in der MP 5/2024, wie in den beiden vorangegangenen Perioden, durchschnittlich zu 3,73 % gehandelt. In der MP 6/2024 sank der Satz, ausgelöst durch die Leitzinssenkung des Eurosystems, auf 3,49 %. Bei durchschnittlichen Sätzen von 3,74 % und 3,50 % im ECB EXTended Basket, dem eine breitere Sicherheitenauswahl mit niedrigeren Ratinganforderungen für den Abschluss der Repo-Geschäfte zugrunde liegt, blieb der Abstand zwischen den beiden Sätzen konstant. Mit durchschnittlich 9,6 Mrd € blieb zudem das tägliche Transaktionsvolumen im ECB-Basket unverändert. Demgegenüber zeigte sich das Volumen im ECB EXTended Basket mit 4,75 Mrd € wieder ansteigend.

Ausstehende Liquidität nach Offenmarktoperationen im Euroraum
Ausstehende Liquidität nach Offenmarktoperationen im Euroraum

 

2 Monetäre Entwicklung im Euro-Währungsgebiet

Der Anstieg des Geldmengenwachstums setzte sich im dritten Quartal fort. Die Jahreswachstumsrate des breit gefassten Geldmengenaggregats M3 nahm seit Ende September 2023 um 4½ Prozentpunkte auf aktuell 3,2 % zu (siehe Schaubild 2.5). Der Anstieg steht im Zusammenhang mit den seit Herbst 2023 erwarteten und ab Juni 2024 schrittweise beschlossenen Senkungen der geldpolitischen Leitzinsen. Für die Anleger hat das veränderte Zinsumfeld die Attraktivität längerfristiger Anlagearten außerhalb von M3 relativ zu ihren liquideren Pendants innerhalb des Geldmengenaggregats verringert. Auf der Entstehungsseite stützten erneut vor allem die starken Mittelzuflüsse aus dem Ausland das Geldmengenwachstum. Bei der Buchkreditvergabe der Banken verfestigte sich die im Herbst 2023 begonnene Aufwärtstendenz der Kredite an private Haushalte. Dagegen ist eine spürbare Erholung der Kredite an nichtfinanzielle Unternehmen noch nicht erkennbar. Dies lag insbesondere daran, dass viele Unternehmen ihre Investitionen aus internen Mitteln finanzieren konnten. Hierzu passt, dass laut Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey, BLS) die Nachfrage nach Unternehmenskrediten im dritten Quartal nur marginal angestiegen ist.

Komponenten und Gegenposten der Geldmenge im Euroraum
Komponenten und Gegenposten der Geldmenge im Euroraum

Die Ausweitung der Geldhaltung war breit über alle Komponenten von M3 gestreut. Mit den Leitzinssenkungen sind die zuvor beobachteten Portfolioumschichtungen innerhalb von M3 zum Stillstand gekommen; der Anstieg der Geldhaltung verteilte sich folglich wie schon im Vorquartal über alle Teilkomponenten von M3 (siehe Tabelle 2.3). Allerdings konzentrierte sich das Interesse der Anleger auf den Aufbau kurzfristiger Termineinlagen sowie den Erwerb marktfähiger Finanzinstrumente, insbesondere von Geldmarktfondsanteilen; täglich fällige Einlagen wurden per saldo nur moderat aufgebaut.

Tabelle 2.3: Konsolidierte Bilanz des MFI-Sektors im Euroraum1) 
Veränderung gegenüber Vorquartal in Mrd €, saisonbereinigt


Aktiva


2024 2. Vj.


2024 3. Vj.


Passiva


2024 2. Vj.


2024 3. Vj.
Forderungen gegenüber privaten Nicht-MFIs im Euroraum

18,5

62,0

Verbindlichkeiten gegenüber Zentralstaaten 2)

14,9

- 8,4

davon: 
 Buchkredite

40,9

52,8

Geldmenge M3

164,7

146,4

 Buchkredite, bereinigt 3)

52,1

48,0

davon Komponenten:
 Wertpapiere

- 22,4

9,3

 Bargeld und täglich fällige Einlagen (M1)

83,2

33,8

  Übrige kurzfristige Einlagen (M2-M1)

56,0

52,8

Forderungen gegenüber öffentlichen Haushalten im Euroraum

- 3,0

- 3,2

 Marktfähige Finanzinstrumente (M3-M2)

25,5

59,8

davon: 
 Buchkredite

2,4

- 3,6

Geldkapital

54,8

61,3

 Wertpapiere

- 5,4

0,3

davon:
  Kapital und Rücklagen

20,9

15,9

Nettoforderungen gegenüber Ansässigen außerhalb des Euroraums

142,9

166,6

 Sonstige längerfristige Verbindlichkeiten

33,8

45,4

andere Gegenposten von M3

75,8

- 26,1

 
1 Statistisch bedingte Veränderungen (zum Beispiel statistische Brüche) und Umbewertungen ausgeschaltet. 2 Einschließlich Einlagen der Zentralstaaten beim MFI-Sektor sowie der von Zentralstaaten gehaltenen Wertpapiere, die vom MFI-Sektor begeben wurden. 3 Bereinigt um Kreditverkäufe, Kreditverbriefungen und um Positionen im Zusammenhang mit durch MFIs erbrachten fiktiven Cash-Pooling-Dienstleistungen.

Die betragsmäßig größten Nettozuflüsse entfielen auf die M3-Einlagen der privaten Haushalte. Sie fragten weiterhin in größerem Umfang kurzfristige Termineinlagen nach, deren Verzinsung im Vergleich zu täglich fälligen Einlagen attraktiv blieb. Neben privaten Haushalten stockten auch finanzielle Unternehmen und öffentliche Haushalte (außer Zentralregierungen) ihre in M3 enthaltenen Einlagen auf. Einzig die nichtfinanziellen Unternehmen bauten per saldo M3-Einlagen ab. Ein Motiv dafür könnte sein, dass Unternehmen – in Erwartung weiterer geldpolitischer Leitzinssenkungen – die Zeit zu überbrücken versuchen, bis auch die Kreditkosten sich weiter verringern.

Neben den kurzfristigen Anlagen blieb auch der Erwerb längerfristiger Banktitel für die Anleger attraktiv. Zwar sind die Renditen längerfristiger Bankschuldtitel im dritten Quartal 2024 noch einmal gesunken, sie lagen jedoch weiterhin über der Verzinsung der Anlageformen innerhalb von M3. Vor diesem Hintergrund fragten Nichtbanken erneut in relativ hohem Umfang längerfristige Bankschuldverschreibungen nach. Dagegen war das Interesse der Anleger an den relativ niedrig verzinsten längerfristigen Bankeinlagen wie bereits im Vorquartal gering.

Auf der Entstehungsseite trugen vor allem die starken Mittelzuflüsse aus dem Ausland zum Geldmengenwachstum bei. Die neuerliche Zunahme der Netto-Auslandsposition des MFI-Sektors beruhte maßgeblich auf dem weiter gestiegenen Leistungsbilanzüberschuss des Euroraums mit dem Rest der Welt. Dagegen deuten die bisher verfügbaren Informationen aus der Zahlungsbilanzstatistik darauf hin, dass der Saldo der Wertpapiertransaktionen im dritten Quartal nahezu ausgeglichen war. Zwar blieb das Interesse gebietsfremder Investoren an Staatsanleihen aus dem Euroraum vor dem Hintergrund der lebhaften Netto-Emissionstätigkeit dieser Staaten hoch. Zudem ermöglichte es der allmähliche Abbau der geldpolitisch motivierten Staatsanleihebestände des Eurosystems gebietsfremden Investoren, ihre Positionen in diesem Segment weiter aufzustocken. Den Nettokäufen ausländischer Investoren stand aber ein ähnlich hoher Nettoerwerb ausländischer Wertpapiere durch inländische Anleger gegenüber, sodass sich die Wirkung dieser Transaktionen auf die Netto-Auslandsposition der Banken weitgehend neutralisierte.

Darüber hinaus bauten die Banken auch ihre Buch- und Wertpapierkredite an Nichtbanken weiter aus, was das Geldmengenwachstum ebenfalls stützte. Bei den Buchkrediten an private Haushalte verfestigte sich die Aufwärtstendenz: Die in den letzten Quartalen auffallend schwache Kreditvergabe beschleunigte sich in den Sommermonaten deutlich (siehe Schaubild 2.6). Getragen wurde diese Entwicklung von einer erkennbaren Erholung der Wohnungsbaukredite. Ursächlich für die Belebung der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten waren insbesondere die seit Jahresbeginn moderat rückläufigen Kreditzinsen und die robusten Einkommenszuwächse der privaten Haushalte. Dies bestätigten die Angaben der im BLS befragten Banken, wonach die Nachfrage in diesem Kreditsegment zum zweiten Mal in Folge spürbar stieg. Als Haupttreiber dieser Entwicklung sahen die BLS-Banken den Rückgang des allgemeinen Zinsniveaus an. Außerdem beurteilten die privaten Haushalte die Aussichten am Wohnimmobilienmarkt nach Einschätzung der Banken positiver als zuvor. Für das vierte Quartal rechnen die BLS-Banken mit einem weiteren Anstieg der Nachfrage.

Buchkredite des MFI-Sektors an den nichtfinanziellen Privatsektor im Euroraum
Buchkredite des MFI-Sektors an den nichtfinanziellen Privatsektor im Euroraum

Die im BLS befragten Banken lockerten ihre Richtlinien für Wohnungsbaukredite zum dritten Mal in Folge. Die Lockerung im dritten Quartal war allerdings nur marginal. Die Banken begründeten sie im Wesentlichen mit einer gestiegenen Wettbewerbsintensität und ihrer verbesserten Liquiditätsposition.

Auch die Konsumentenkredite legten im dritten Quartal per saldo deutlich zu. In geringerem Umfang wurden dagegen die sonstigen Kredite an private Haushalte weiter abgebaut. Über beide Kreditkategorien zusammengenommen berichteten die im BLS befragten Banken wie bei den Wohnungsbaukrediten zum zweiten Mal in Folge von einem nennenswerten Anstieg der Nachfrage privater Haushalte. Verantwortlich dafür war nach Einschätzung der BLS-Banken das gestiegene Verbrauchervertrauen sowie höhere Ausgaben für langlebige Konsumgüter. Gleichzeitig strafften die befragten Banken ihre Kreditrichtlinien für Konsumenten- und sonstige Kredite erneut. Sie begründeten dies mit einem ihrer Ansicht nach gestiegenen Kreditrisiko und ihrer gesunkenen Risikotoleranz.

Eine spürbare Erholung der Buchkredite an nichtfinanzielle Unternehmen ist noch nicht erkennbar. Die Banken weiteten ihre Unternehmenskredite im dritten Quartal 2024 per saldo moderat aus (siehe Schaubild 2.6). Allerdings fiel der Nettozuwachs unter dem Strich schwächer aus als im Vorquartal. Im Gegensatz zum Vorquartal wurden kurzfristige Kredite mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr per saldo abgebaut; die Volatilität in diesem Kreditsegment war zuletzt auffallend hoch. Langfristige Kredite mit einer Laufzeit von über fünf Jahren, die üblicherweise in einem stärkeren Zusammenhang mit der Investitionstätigkeit der Unternehmen stehen, legten nach einem schwächeren Vorquartal wieder etwas zu. Die Ausweitung blieb aber hinter den Zuflüssen aus dem Winterhalbjahr zurück. Unter den vier großen Mitgliedsländern kamen von den Banken in Deutschland, Italien und Spanien weiterhin wenig Impulse; lediglich die Banken in Frankreich verzeichneten eine deutlich positive Netto-Kreditvergabe.

Bislang konnten die nichtfinanziellen Unternehmen einen Großteil ihrer Investitionen mit internen Mitteln finanzieren. Das immer noch relativ hohe Niveau der Kreditzinsen, der unsichere Wirtschaftsausblick und die erhöhte politische Unsicherheit dämpften weiterhin die Investitionsdynamik im Euroraum und damit auch die Nachfrage der Unternehmen nach Krediten. Für die Finanzierung der schwachen Investitionstätigkeit reichten im Aggregat die vorhandenen Finanzierungsmittel weitgehend aus. So gab ein Großteil der in der Unternehmensumfrage SAFE (Umfrage über den Zugang von Unternehmen im Euroraum zu Finanzmitteln) befragten Firmen an, aufgrund ausreichender interner Mittel auf Kreditanträge verzichtet zu haben. 1 Hierzu passt, dass die nichtfinanziellen Unternehmen im dritten Quartal per saldo auch nicht in größerem Umfang auf eine Finanzierung über Anleihen zurückgriffen, obwohl die Anleiherenditen mittlerweile stärker gesunken waren als die Kreditzinssätze.

Die BLS-Banken beobachteten erstmals seit zwei Jahren eine gestiegene Kreditnachfrage vonseiten der Unternehmen, nach zum Teil deutlichen Rückgängen in den Quartalen zuvor. Der Anstieg fiel jedoch nicht stark aus und blieb etwas hinter den Erwartungen zurück, die die Banken im Vorquartal geäußert hatten. Expansive Impulse kamen nach Angaben der Banken vom Rückgang des allgemeinen Zinsniveaus sowie von einem gestiegenen Mittelbedarf für Umfinanzierungen, Umschuldungen und Neuverhandlungen. Außerdem beobachteten die Banken erstmals seit gut zwei Jahren einen – wenngleich nur geringen – Anstieg des Finanzierungsbedarfs für Anlageinvestitionen. Auch für das vierte Quartal 2024 rechnen die befragten Banken mit einer leicht steigenden Kreditnachfrage.

Die BLS-Banken passten ihre Kreditrichtlinien für nichtfinanzielle Unternehmen per saldo nicht an. Zwar gaben die befragten Banken an, dass die Wirtschaftslage und die Aussichten sowohl aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive als auch mit Blick auf branchen- und firmenspezifische Entwicklungen restriktiv wirkten. Dies schlug sich aber nicht in einem weiteren Anziehen der Kreditrichtlinien nieder. Damit ist die Straffungsphase der Richtlinien bei den Unternehmenskrediten nach rund drei Jahren vorerst beendet. Allerdings planen die BLS-Banken für das vierte Quartal 2024 abermals eine restriktive Anpassung der Richtlinien. Zudem ist die Ablehnungsquote gegenüber dem Vorquartal nochmals gestiegen, wenngleich nur marginal.

3 Einlagen- und Kreditgeschäft deutscher Banken mit inländischen Kunden

Das Einlagengeschäft des deutschen Bankensektors mit inländischen Nichtbanken erfuhr im dritten Quartal 2024 eine moderate Ausweitung. Dies lag vor allem daran, dass die Anleger ihre Bestände an kurzfristigen Termineinlagen weiter aufstockten. Zwar sind die Zinsen kurzfristiger Termineinlagen im Zuge der geldpolitischen Leitzinssenkungen in Deutschland wie im Euroraum zurückgegangen. Ihre Verzinsung blieb jedoch im Vergleich zu anderen Einlageformen weiterhin attraktiv (siehe Schaubild 2.7).

Zinssätze für Bankeinlagen in Deutschland
Zinssätze für Bankeinlagen in Deutschland

Hinter der Ausweitung des Einlagengeschäfts standen hauptsächlich Nettozuflüsse bei Einlagen privater Haushalte. Daneben trugen auch finanzielle und nichtfinanzielle Unternehmen zum Einlagenwachstum bei. Während Unternehmen vorwiegend täglich fällige Einlagen aufbauten, präferierten private Haushalte die etwas weniger liquiden, aber höher verzinsten kurzfristigen Termineinlagen. Gleichzeitig reduzierten sie ihre Bestände an vergleichsweise unattraktiv verzinsten kurzfristigen Spareinlagen weiter. Nachdem die privaten Haushalte ihre Bestände an täglich fälligen Einlagen in den Vorquartalen deutlich abgebaut hatten, scheint dieser Trend nun – begünstigt durch die gesunkenen Opportunitätskosten der Geldhaltung – zum Stillstand gekommen zu sein.

Das Kreditgeschäft deutscher Banken mit inländischen Kunden wuchs im dritten Quartal 2024 spürbar. Zum einen weiteten die Banken in Deutschland ihre Kreditvergabe an inländische öffentliche Haushalte weiter aus, wenngleich etwas schwächer als im Vorquartal. Noch wichtiger für die Entwicklung des Kreditgeschäfts war aber, ähnlich wie im Euroraum, die Kreditvergabe an den inländischen Privatsektor. Dabei legte erneut insbesondere die Buchkreditvergabe an finanzielle Unternehmen zu. Anders als im Vorquartal kam im dritten Quartal 2024 aber auch ein leichter Impuls von den Buchkrediten an private Haushalte (siehe Tabelle 2.4).

Tabelle 2.4: Banken in Deutschland: Kredit- und Einlagenentwicklung 
Veränderung gegenüber Vorquartal in Mrd €, saisonbereinigt1)


Position
2024
2. Vj.3. Vj.
Einlagen von inländischen Nicht-MFIs 2)
 täglich fällig

1,7

7,7

 mit vereinbarter Laufzeit
  bis zu 2 Jahren

37,5

19,0

  über 2 Jahre

3,6

1,0

 mit vereinbarter Kündigungsfrist
  bis zu 3 Monaten

-13,8

-9,1

  über 3 Monate

1,7

0,9

Kredite
 Kredite an inländische öffentliche Haushalte
  Buchkredite

5,2

1,4

  Wertpapierkredite

5,4

6,1

 Kredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen
  Buchkredite3)

3,8

11,5

  darunter:
   an private Haushalte4)

0,9

3,8

   an nichtfinanzielle Unternehmen5)

-0,2

0,5

  Wertpapierkredite

-0,7

3,5

1 Banken einschließlich Geldmarktfonds. Quartalsendstände, statistisch bedingte Veränderungen (zum Beispiel statistische Brüche) und Umbewertungen ausgeschaltet. 2 Unternehmen, private Haushalte (sowie private Organisationen ohne Erwerbszweck) und öffentliche Haushalte (ohne Bund). 3 Bereinigt um Kreditverkäufe und -verbriefungen. 4 Private Organisationen ohne Erwerbszweck. 5 Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und Quasi-Kapitalgesellschaften.

Die Vergabe von Wohnungsbaukrediten an inländische private Haushalte blieb auf Vorquartalsniveau. Im Gegensatz zum Euroraum ist im Kreditgeschäft der Banken mit privaten Haushalten in Deutschland bislang lediglich eine schwache Aufwärtstendenz zu erkennen. Dies liegt vor allem daran, dass die Vergabe von Wohnungsbaukrediten im dritten Quartal erneut hinter dem stärkeren ersten Quartal zurückblieb (siehe Schaubild 2.8). Zwar sind die Zinsen für Wohnungsbaukredite im Berichtsquartal auch in Deutschland leicht gesunken, jedoch liegen sie weiterhin höher als in den anderen großen Mitgliedsländern des Euroraums. Ferner gestalteten die Banken in Deutschland laut BLS die Richtlinien in diesem Segment erneut leicht restriktiver als im Vorquartal (siehe Schaubild 2.9). Als Grund dafür nannten die befragten Banken eine schlechtere Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer.

Buchkredite des MFI-Sektors an den nichtfinanziellen Privatsektor in Deutschland
Buchkredite des MFI-Sektors an den nichtfinanziellen Privatsektor in Deutschland

Neugeschäftsvolumina und BLS-Angaben deuten aber auf eine Belebung der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten hin. Im Gegensatz zu den Auszahlungen bereits bewilligter Kredite zeichnet sich im Neugeschäft seit Jahresbeginn eine leichte Zunahme der von den Banken bewilligten Kreditvolumina ab. Auch die im BLS befragten Banken beobachteten in den letzten drei Quartalen einen Anstieg der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten. Dies führten die Banken auf eine optimistischere Einschätzung der privaten Haushalte zu den Aussichten am Wohnimmobilienmarkt sowie auf das gesunkene allgemeine Zinsniveau zurück (siehe Schaubild 2.9).

Bankkonditionen in Deutschland für Buchkredite an private Haushalte
Bankkonditionen in Deutschland für Buchkredite an private Haushalte

Neben den Wohnungsbaukrediten verzeichneten auch die Konsumentenkredite einen leichten Zuwachs. Dazu passt, dass die BLS-Banken einen Anstieg der Nachfrage nach Konsumenten- und sonstigen Krediten beobachteten. Ausschlaggebend dafür war nach Einschätzung der BLS-Banken, dass sowohl das Verbrauchervertrauen als auch die Ausgaben für langlebige Konsumgüter im dritten Quartal 2024 anstiegen. Gleichwohl strafften die Banken die Richtlinien für Konsumenten- und sonstige Kredite weiter, da sich aus ihrer Sicht die Kreditwürdigkeit der privaten Haushalte verschlechtert hat.

Das Buchkreditgeschäft mit dem nichtfinanziellen Unternehmenssektor wuchs nur geringfügig. Die Veränderungen fielen dabei über alle Laufzeiten hinweg gering aus (siehe Schaubild 2.8). Eine Aufwärtstendenz ist derzeit weder bei den Ausleihungen mit langen Laufzeiten, die üblicherweise zur Finanzierung von Investitionen verwendet werden, noch für das gesamte Firmenkundengeschäft erkennbar. Einerseits trägt neben den weiterhin erhöhten Finanzierungskosten die aktuelle wirtschaftliche Lage dazu bei, dass die Investitionsbereitschaft und somit die Kreditnachfrage deutscher Unternehmen gering bleiben. Andererseits deuten Unternehmensumfragen wie der SAFE darauf hin, dass insbesondere ausreichend Eigenmittel die Kreditnachfrage im Berichtsquartal dämpften.

Laut den im BLS befragten Banken stieg die Kreditnachfrage vonseiten der Unternehmen zum zweiten Mal in Folge leicht an. Diese Belebung zeigte sich unabhängig von der Unternehmensgröße. Nach Einschätzung der BLS-Banken wirkte sich das zuletzt gesunkene Zinsniveau erstmals seit zwei Jahren wieder positiv auf die Kreditnachfrage aus (siehe Schaubild [2.10]). Zudem erhöhten ein steigender Mittelbedarf für Umschuldungen und Neuverhandlungen sowie – bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen – für Anlageinvestitionen die Nachfrage zusätzlich. Für das kommende Quartal erwarten die Banken einen weiteren Anstieg der Nachfrage seitens der Firmenkunden.

Bankkonditionen in Deutschland für Buchkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften
Bankkonditionen in Deutschland für Buchkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

Die Kreditangebotspolitik im Firmenkundengeschäft wurde nicht weiter gestrafft. Im dritten Quartal 2024 strafften die im BLS beteiligten Banken ihre Kreditrichtlinien erstmals seit knapp drei Jahren nicht weiter, sondern lockerten sie marginal (siehe Schaubild 2.10). Die marginale Lockerung fand vor dem Hintergrund vielfältiger Einflüsse mit jeweils geringem Beitrag statt. Die Banken gaben zwar an, dass die allgemeine Wirtschaftslage und die Konjunkturaussichten bei den Unternehmenskrediten restriktiv wirkten, dies schlug sich aber im dritten Quartal nicht in einer Straffung der Kreditrichtlinien nieder. Für das kommende Quartal planen die Banken jedoch wieder eine restriktivere Gestaltung der Richtlinien.

Die Refinanzierungssituation deutscher Banken hat sich etwas verbessert. Die deutschen Banken berichteten vor dem Hintergrund der Lage an den Finanzmärkten von einer im Vergleich zum Vorquartal etwas verbesserten Refinanzierungssituation.

Die Leitzinsentscheidungen des EZB-Rats sowie der Abbau der für geldpolitische Zwecke gehaltenen Wertpapierbestände des Eurosystems beeinflussten die Ertragslage der Banken positiv. Die bereits getroffenen und zukünftig erwarteten Leitzinsentscheidungen des EZB-Rats beeinflussten die Ertragslage der Banken in den vergangenen sechs Monaten insgesamt positiv. Nach den beiden Zinssenkungen im Juni und September 2024 berichteten allerdings weniger Banken als bei den früheren Befragungen von einem positiven Einfluss. Die Banken führten den positiven Einfluss nach wie vor auf eine Zunahme des Zinsergebnisses zurück. Für das Winterhalbjahr 2024/25 rechnen die Banken mit einem negativen Einfluss der Leitzinsentscheidungen auf das Zinsergebnis und auf ihre Ertragslage. Der Abbau der für geldpolitische Zwecke gehaltenen Wertpapierbestände des Eurosystems wirkte für sich genommen ebenfalls positiv auf die Ertragslage, da er zu einem Anstieg des Zinsergebnisses beitrug. Auch den Effekt auf die Eigenkapitalquote beurteilten die deutschen Banken als positiv.

Der Einfluss der GLRG III auf die finanzielle Situation der Banken ist nur noch sehr gering. Die GLRG III hatten in den vergangenen sechs Monaten kaum noch Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Banken in Deutschland. Lediglich mit Blick auf ihre Profitabilität berichteten die Banken noch von einem positiven Einfluss. Auf die Liquiditätsposition der Banken in Deutschland hatten die GLRG III erstmals keine Auswirkungen mehr. Da die aufgenommenen Mittel spätestens im Dezember 2024 komplett zurückgezahlt sein müssen, erwarten die Banken, dass die GLRG III in den kommenden sechs Monaten auch keinerlei Effekte mehr auf ihre finanzielle Situation haben werden.

Zitieren