Überblick Monatsbericht – November 2025

Monatsbericht

1 Weltwirtschaft

1.1 Weltwirtschaft weiterhin widerstandsfähig

Im Sommerquartal 2025 zeigte sich die Weltwirtschaft weiterhin robust. In den USA dürfte das BIP trotz der höheren Importzölle erneut spürbar gewachsen sein. In China schwächte sich die Konjunktur hingegen etwas ab. Maßgeblich hierfür war eine schwächere Binnennachfrage, während die Exporte recht lebhaft blieben. Im Euroraum legte die Wirtschaftsleistung nochmals leicht zu. Insgesamt erwies sich die Weltwirtschaft widerstandsfähig gegenüber den Belastungen durch die Handelsauseinandersetzungen.

Auch der globale Warenhandel hielt sich in den Sommermonaten trotz der stark gestiegenen US-Zölle insgesamt gut. Allerdings änderte sich die Regionalstruktur des Welthandels spürbar. Im Außenhandel der USA, auf den 2024 etwa 14 % der weltweiten Wareneinfuhren entfielen, hinterließ die restriktive Handelspolitik deutliche Spuren. Vor allem die US-Importe aus China sanken im Vergleich zum Jahresanfang erheblich. Außerhalb der USA blieb der internationale Warenhandel lebhaft. Es bleibt abzuwarten, ob die Belastungen aus den handelspolitischen Auseinandersetzungen im weiteren Jahresverlauf stärker auf den Welthandel durchschlagen werden. 

Die internationale Handelspolitik war weiterhin von erheblicher Unruhe geprägt. Die US-Regierung trieb ihre handelspolitische Agenda voran. Verschiedene sektorspezifische Zollsätze wurden angehoben. Gleichzeitig einigte sich die US-Regierung mit weiteren, vornehmlich asiatischen Ländern auf Rahmenabkommen für die künftigen Handelsbeziehungen. Wie schon bei den zuvor abgeschlossenen Verhandlungen konnten die USA ihren Partnern dabei Zugeständnisse abringen. Eine gewisse Entspannung gab es im Handelsstreit der USA mit China. Beide Parteien einigten sich auf moderate Zollsenkungen und weitere Erleichterungen. Zuvor hatten massive gegenseitige Drohungen im Raum gestanden. Dabei wären gerade die möglichen Beschränkungen Chinas beim Export von Seltenen Erden auch für die europäische Wirtschaft mit erheblichen Risiken einhergegangen. Aber selbst nach der Einigung zwischen den USA und China bleibt die Gefahr einer erneuten Eskalation bestehen.

1.2 Disinflationsprozess ins Stocken gekommen

Die Energierohstoffpreise gaben in den letzten Monaten in der Tendenz leicht nach. Ein Fass Rohöl der Sorte Brent kostete zum Abschluss dieses Berichts 63 US-$ und damit rund 7 % weniger als im August und 15 % weniger als vor einem Jahr. Maßgeblich dafür war die sich abzeichnende Überversorgung des globalen Ölmarktes, insbesondere infolge der Förderausweitungen der OPEC-Staaten. Die jüngsten US-Sanktionen gegen den russischen Ölsektor führten Ende Oktober nur zu einem leichten Anstieg des Ölpreises. Die europäischen Gaspreise gaben im Vorjahresvergleich ebenfalls nach. 

Der Disinflationsprozess in den Industrieländern kam in den letzten Monaten ins Stocken. Der Verbraucherpreisanstieg in den Industrieländern verstärkte sich im September auf 2,9 % binnen Jahresfrist, verglichen mit 2,6 % im Juli. Die Kernrate sank im gleichen Zeitraum geringfügig auf 2,8 %. In den meisten Industrieländern dürfte die Teuerungsrate in den nächsten Monaten wieder nachgeben. Dafür sprechen die nachlassende Arbeitsmarktanspannung und das schwächere Lohnwachstum. Lediglich in den USA dürfte eine zunehmende Weitergabe der Zölle zu einem anhaltend kräftigen Verbraucherpreisanstieg führen. 

2 Finanzmarktumfeld

2.1 Steigender Risikoappetit an den Finanzmärkten trotz immer wieder aufflammender Unsicherheiten

An den globalen Finanzmärkten stieg der Risikoappetit trotz des zwischenzeitlich wieder eskalierten Handelskonflikts weiter an. Zusammen mit günstigen makroökonomischen Nachrichten für den Euroraum, fallenden Kapitalmarktzinsen in den USA und anhaltendem Optimismus über die wirtschaftlichen Potenziale künstlicher Intelligenz stützte dies die Aktienkurse. Sie erreichten Ende Oktober beziehungsweise Anfang November beiderseits des Atlantiks jeweils neue Höchststände. Zwar gaben die Kurse Anfang Oktober infolge der Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China vorübergehend deutlich nach, doch blieb die Marktstimmung insgesamt widerstandsfähig. Am Markt für europäische Unternehmensanleihen dämpfte der höhere Risikoappetit die Risikoaufschläge, die zuletzt über alle Bonitätsklassen hinweg nahe ihren historischen Tiefständen notierten. Die Renditeaufschläge französischer Staatsanleihen weiteten sich hingegen angesichts der politischen Entwicklungen und der fiskalischen Unsicherheiten in Frankreich leicht aus. Dadurch rentierten französische Staatsanleihen erstmals seit Einführung des Euro zeitweise höher als italienische Staatsanleihen, deren Renditen etwas nachgaben.

2.2 Euro verliert gegenüber dem US-Dollar leicht an Wert trotz fallender Zinsdifferenz zwischen den Währungsräumen

Die Renditen von US-Staatsanleihen gingen spürbar zurück, während die Renditen von Bundesanleihen im Ergebnis leicht anstiegen; dennoch verlor der Euro gegenüber dem US-Dollar etwas an Wert. In den USA sanken die Renditen zehnjähriger US-Treasuries spürbar. Belastend wirkte insbesondere die unerwartete Schwäche am US-Arbeitsmarkt, die maßgeblich dazu beitrug, dass sich das Konjunkturbild dort eintrübte. Zudem erwarteten die Marktteilnehmer seitens der amerikanischen Notenbank weitere Zinssenkungen, womöglich schon auf der nächsten Sitzung des Federal Open Market Committee im Dezember dieses Jahres. Im Euroraum stiegen hingegen die Staatsanleiherenditen leicht an. Ein Grund hierfür war, dass sich die Konjunktur im Euroraum als widerstandsfähiger erwies als zunächst angenommen. Die Marktteilnehmer erwarteten zuletzt mehrheitlich, dass der Zinssenkungszyklus des Eurosystems abgeschlossen sei. Im Ergebnis engte sich die Zinsdifferenz zwischen den Währungsräumen ein. Der Euro wertete dennoch per saldo gegenüber dem US-Dollar leicht ab, welcher damit seine ausgeprägte Schwächephase des ersten Halbjahres beendete. 

3 Geldpolitik und Bankgeschäft

3.1 EZB-Rat lässt Leitzinsen weiterhin unverändert

Auf seinen geldpolitischen Sitzungen im September und Oktober 2025 ließ der EZB-Rat die Leitzinssätze unverändert. Der Zinssatz für die Einlagefazilität, mit dem der EZB-Rat den geldpolitischen Kurs steuert, beträgt weiterhin 2 %. Gemäß Basisszenario der EZB-Projektionen aus dem September würde die durchschnittliche Gesamtinflation 2025 bei 2,1 %, 2026 bei 1,7 % und 2027 bei 1,9 % liegen. 

3.2 Buchkreditvergabe an inländischen Privatsektor nimmt nur moderat zu

Im dritten Quartal 2025 verlor das Geldmengenwachstum im Euroraum weiter an Schwung. Das breit gefasste Geldmengenaggregat M3 stieg in geringerem Umfang an als im Vorquartal; seine Jahreswachstumsrate sank bis Ende September auf 2,8 %. Vor allem bei den täglich fälligen Einlagen fielen die Zuflüsse geringer aus. Da die Unsicherheit an den Finanzmärkten nach der Einigung im Handelskonflikt zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten abflaute, reduzierten insbesondere institutionelle Anleger ihre zuvor aufgebauten Liquiditätspuffer.

Die Buchkreditvergabe an den inländischen nichtfinanziellen Privatsektor im Euroraum stabilisierte sich auf moderatem Niveau. Per saldo blieb der Aufbau der Buchkredite an nichtfinanzielle Unternehmen trotz weiter gesunkener Kreditzinsen und allmählicher Belebung der Investitionsdynamik auch im dritten Quartal verhalten. Dies betraf insbesondere die Kreditnachfrage der Industrie, für die das globale Umfeld trotz der Einigung im Handelskonflikt mit den USA schwierig blieb. Die Banken, die im Rahmen der Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey, BLS) befragt wurden, strafften ihre Richtlinien im Unternehmenskreditgeschäft leicht, da ihrer Einschätzung nach das Kreditrisiko im dritten Quartal leicht stieg; für das vierte Quartal beabsichtigen sie keine Änderung der Richtlinien.

4 Deutsche Wirtschaft

4.1 Deutsche Wirtschaft stagnierte im dritten Quartal

Die Wirtschaftsleistung in Deutschland blieb im dritten Quartal trotz widriger Umstände stabil. Gemäß der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes blieb das reale BIP gegenüber dem Vorquartal saisonbereinigt unverändert, nachdem es im Quartal zuvor um 0,2 % gesunken war. Insbesondere der Gegenwind für die Exportwirtschaft durch die höheren US-Zölle, aber auch durch die Aufwertung des Euro, dämpfte die wirtschaftliche Aktivität. Die ohnehin verschlechterte Wettbewerbsposition deutscher Exporteure wird dadurch zusätzlich belastet. Die nominalen Warenexporte in die USA sanken wie schon im Vorquartal kräftig. Auch insgesamt gingen die Exporte deshalb zurück. Die deutsche Industrie blieb daher schwach, ihre Umsätze und ihre Produktion sanken. Die Dienstleister konnten hingegen ihre Aktivität erhöhen, auch wenn vom privaten Konsum wohl keine Impulse ausgingen. Positiv zur Wirtschaftsleistung trugen gemäß Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes die Ausrüstungsinvestitionen bei. Dabei könnten zeitliche Verschiebungen aufgrund der seit Juli geltenden großzügigeren Abschreibungsbedingungen eine Rolle gespielt haben, die im Rahmen des steuerlichen Investitionssofortprogramms eingeführt wurden.

Das Kreditgeschäft mit dem nichtfinanziellen Unternehmenssektor nahm im dritten Quartal moderat zu, nachdem es in den vergangenen drei Quartalen Nettoabflüsse verzeichnet hatte. Die deutschen BLS-Banken begründeten die gestiegene Nachfrage im Firmenkundengeschäft in erster Linie mit dem gesunkenen allgemeinen Zinsniveau. Positive Impulse gingen nach Ansicht der BLS-Banken zudem vom Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen, ebenso wie von Fusionen, Übernahmen und Umstrukturierungen sowie von gesunkenen Innenfinanzierungspielräumen der Unternehmen aus. Eine durchgreifende Aufhellung der Investitionsstimmung ist allerdings noch nicht erkennbar. Dafür spricht auch, dass die BLS-Banken ihre Kreditvergabepolitik gegenüber Firmenkunden im dritten Quartal erneut gestrafft haben; sie begründeten dies mit dem gestiegenen Kreditrisiko, insbesondere aufgrund branchen- und firmenspezifischer Faktoren. 

In der Baubranche ist die Lage weiter heterogen. Während im Hochbau die Produktion auch aufgrund des immer noch hohen Auftragsmangels zurückgefahren wurde, verhinderten im Tiefbau vor allem fehlende Arbeitskräfte einen deutlicheren Anstieg. Insgesamt ging die Produktion im Bau etwas zurück. Die Vergabe von Wohnungsbaukrediten an private Haushalte setzte ihre seit Sommer 2024 beobachtete Erholung fort. Neben dem bestehenden hohen Bedarf an Wohnraum wurde diese Erholung dadurch getragen, dass die Preise für Bestandsimmobilien weiterhin vergleichsweise attraktiv sind. 

4.2 Arbeitsmarkt bleibt gedämpft, Lohnzuwächse schwächen sich tendenziell ab

Eine Verbesserung am Arbeitsmarkt ist weiterhin nicht absehbar. Der Beschäftigungsstand sank im Sommerquartal leicht, nachdem er seit Mitte 2023 nahezu unverändert geblieben war. Die wichtige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung blieb jedoch stabil. Im Verarbeitenden Gewerbe wurde sie zwar weiter spürbar reduziert. Auf der anderen Seite wurden aber mehr Stellen in einigen Wirtschaftsbereichen – vor allem Dienstleistungen – besetzt, die vom demografischen Wandel und dem energetischen Umbau profitieren. Die Arbeitslosigkeit erhöhte sich nur minimal. Die Frühindikatoren versprechen weiterhin keine Verbesserung der gedämpften Beschäftigungsentwicklung. 

Die Tarifverdienste stiegen im Sommer aufgrund von Sondereffekten vorübergehend nicht an. Einschließlich der Nebenvereinbarungen sanken sie im dritten Quartal 2025 geringfügig um 0,1 % gegenüber dem Vorjahr, nach noch + 5,8 % im zweiten Quartal. Diese temporäre Stagnation beruht auf einem negativen Basiseffekt aus dem Sommer 2024. Damals waren hohe Inflationsausgleichsprämien und aufgelaufene Tariferhöhungen im Einzel- und Großhandel ausgezahlt worden. Die Grundvergütungen ohne Sonder- und Einmalzahlungen stiegen dagegen im Sommer mit 5,0 % gegenüber dem Vorjahr weiterhin kräftig an, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie im Frühjahr. Dies liegt daran, dass die alten Tarifabschlüsse mit höheren Stufenanhebungen nach und nach auslaufen. Aufgrund des schwächeren makroökonomischen Umfelds und der rückläufigen Inflation sind weiterhin niedrigere Neuabschlüsse wahrscheinlich. 

Die Effektivverdienste stiegen im Sommer im Gegensatz zu den Tarifverdiensten mutmaßlich kräftig. Damit überträfen sie die Tarifverdienste erheblich. Dabei spielt eine Rolle, dass die Inflationsausgleichsprämien 2024 überwiegend in tarifgebundenen Betrieben gezahlt wurden. Ihr Wegfall dämpft 2025 die tariflichen Löhne folglich deutlich stärker als die Effektivverdienste, in denen auch die nicht- und außertariflichen Löhne erfasst sind.

Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wird ab Januar 2026 kräftig erhöht. Das Bundeskabinett beschloss am 29. Oktober die stufenweise Anhebung von derzeit 12,82 € auf 13,90 € je Stunde zum 1. Januar 2026 und auf 14,60 € zum 1. Januar 2027. Diese Erhöhungen wirken sich auf die unteren Lohngruppen in den Niedriglohnbranchen unmittelbar und stark aus. Darüber hinaus tragen sie auch über Spillover-Effekte auf etwas über dem Mindestlohn liegende Vergütungen zu einem höheren gesamtwirtschaftlichen Lohnanstieg bei. 

4.3 Inflationsrate weiterhin etwas oberhalb von 2 %

Die Verbraucherpreise stiegen im dritten Quartal weiter moderat an. Gegenüber dem Vorquartal erhöhte sich der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) saisonbereinigt erneut um 0,5 %. Die Preisdynamik der Dienstleistungen blieb zwar weiterhin kräftig, war aber etwas rückläufig. Letzteres lag zum Teil an sinkenden Preisen für Reisedienstleistungen, die grundsätzlich recht stark schwanken. Die Preise für Industrieprodukte zogen hingegen trotz der tendenziell dämpfenden Wirkung der Aufwertung des Euro etwas stärker an als in den zwei vorangegangenen Quartalen, auch wenn die entsprechenden Importpreise sanken. Das spricht dafür, dass mögliche zollbedingte Umlenkungseffekte von Warenexporten aus China von den USA nach Deutschland auf der Ebene der Verbraucherinnen und Verbraucher zumindest bislang noch keine großen preisdämpfenden Auswirkungen hatten. Die Energiepreise blieben im dritten Quartal nahezu unverändert. Die Dynamik der Nahrungsmittelpreise war ähnlich stark wie im Vorquartal. In der Vorjahresbetrachtung lag die Inflationsrate im dritten Quartal 2025 unverändert bei 2,1 %. Der zugrunde liegende Preisauftrieb war aber stärker: Die Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) sank zwar kräftig von 2,8 % im Vorquartal auf 2,4 %. Ohne die volatilen Komponenten Bekleidung und Reisedienstleistungen verharrte die Kernrate jedoch – nahezu unverändert seit Mitte 2024 – bei etwa 3 %. Im Oktober lag die Inflationsrate mit 2,3 % weiterhin etwas oberhalb von 2 %. Die Kernrate stieg auf 2,8 % an.

In den nächsten Monaten dürfte die Inflationsrate vor allem aufgrund von Basiseffekten vorübergehend etwas höher ausfallen. Im November wirkt sich ein Basiseffekt bei den Preisen für Reisedienstleistungen erhöhend auf die Inflationsrate aus. Das dürfte den aufgrund tendenziell abnehmender Lohnsteigerungsraten grundsätzlich angelegten Disinflationsprozess im Dienstleistungsbereich kurzfristig überlagern. Zu Beginn des nächsten Jahres steht einem preiserhöhenden Basiseffekt bei Nahrungsmitteln eine sinkende Teuerung im Energiebereich gegenüber. In letzterem überwiegen die preisdämpfenden Auswirkungen der geringeren Netzentgelte für Strom gegenüber den höheren CO2-Preisen im nationalen Emissionshandelssystem. Anschließend könnte die Inflationsrate wieder auf etwas über 2 % sinken. Grundsätzlich ist der Inflationsausblick für den Beginn des kommenden Jahres unsicherer als sonst üblich, da der HVPI mit dem Berichtsmonat Januar 2026 auf eine neue Klassifikation umgestellt wird.

4.4 Im vierten Quartal könnte die Wirtschaftsleistung leicht steigen

Im vierten Quartal könnte sich die Wirtschaftsleistung wieder leicht erhöhen. Aufgrund der schlechten Wettbewerbsposition profitiert die deutsche Industrie zwar nur begrenzt von der anhaltend moderat wachsenden Weltwirtschaft. Auch aufgrund der höheren US-Zölle ist kurzfristig nicht mit Impulsen von der Auslandsnachfrage zu rechnen. Allerdings dürften die dämpfenden Nachwirkungen der im ersten Quartal aufgetretenen Vorzieheffekte bei Ausfuhren in die USA mittlerweile abgeklungen sein. Insgesamt könnten sich daher Exporte und Industrie im vierten Quartal stabilisieren. Auch der Bau dürfte sich in etwa seitwärts bewegen. Die Nachfrage nach Bauleistungen zog zwar weiter an, blieb aber noch zu niedrig, als dass sich dies bereits in der Produktion niederschlagen dürfte. Anhaltenden Auftrieb für Bau- und Ausrüstungsinvestitionen durch die angekündigte Lockerung der Fiskalpolitik wird es wohl erst ab dem nächsten Jahr geben. Die nach wie vor niedrige Kapazitätsauslastung in der Industrie dürfte zudem die gewerblichen Investitionen weiter belasten. Positive Wachstumsimpulse dürften dagegen auch im vierten Quartal von den Dienstleistern ausgehen, wenn auch nicht unbedingt von den konsumnahen Branchen. Die gedämpften Aussichten am Arbeitsmarkt belasten den privaten Konsum. 

5 Staatsfinanzen

5.1 Steigende Defizit- und Schuldenquote

Bei den Staatsfinanzen ist für die kommenden Jahre eine expansive Finanzpolitik angelegt. Die Defizit- und die Schuldenquote erhöhen sich unter den gelockerten nationalen Kreditgrenzen deutlich. Im laufenden Jahr wird die Defizitquote noch sinken und könnte gut 2 % betragen. Sie dürfte im kommenden Jahr aber über 3 % und im weiteren Verlauf wohl über 4 % ansteigen. Die Schuldenquote nimmt dadurch kontinuierlich zu. Zur Jahresmitte 2025 lag sie noch bei 62,4 %.

Die Defizite steigen, weil viele Ausgaben stark zunehmen. Kräftig wachsen dürften vor allem die Ausgaben für Verteidigung. Zudem dürften die Ausgaben für Infrastruktur, Rente, Gesundheit und Pflege sowie für Zinsen stark steigen. Zunehmende Verteidigungsausgaben finanziert der Bund über die neue Bereichsausnahme der Schuldenbremse und damit über Kredit. Das Sondervermögen Infrastruktur/Klimaneutralität (SV IK) bietet weitere Kreditspielräume. 

Das hohe Defizit entfällt weit überwiegend auf den Bund, der seine neuen Kreditspielräume in großem Umfang nutzt. Der Bund schöpft die reguläre Schuldenbremse aus. Zudem plant er erhebliche Nettokreditaufnahmen über die Bereichsausnahme für Verteidigung und das SV IK. Dabei fallen diese geplanten Zusatzschulden deutlich höher aus als die zusätzlichen Ausgaben für Infrastruktur des Bundes und für Verteidigung. Darüber hinaus fließen schuldenfinanzierte Mittel aus dem SV IK als Zuschüsse an die Länder (die keine zusätzlichen Investitionsausgaben zusagen, sodass allenfalls sehr begrenzt zusätzliche Infrastrukturinvestitionen von Ländern und Gemeinden zu erwarten sind), an den Klimafonds (der daraus zum großen Teil die neu beschlossene Senkung der Netzentgeltumlage finanziert) und an Einheiten außerhalb des Staatssektors (insbesondere Unternehmen). Zudem gewinnt der Kernhaushalt Spielraum für anderweitige Ausgaben. Trotzdem bestehen ab 2027 noch Haushaltslücken in der Planung. Wie der Bund sie schließen will, ist noch offen. Die Länder werden moderate strukturelle Defizite verzeichnen, wenn sie ihre neuen strukturellen Verschuldungsmöglichkeiten zumindest zum Teil ausschöpfen. Sie werden dadurch entlastet, dass sie umfangreiche Mittel aus dem SV IK erhalten, ohne dass hierfür zusätzliche Investitionsausgaben erforderlich sind. Die Gemeinden dürften ihr insgesamt hohes Defizit zurückführen, wohl auch unterstützt durch die Länder. Bei der Rentenversicherung sind zeitweilig stark steigende Defizite zu erwarten, bevor die Nachhaltigkeitsrücklage weitgehend ausgeschöpft ist und der Beitragssatz dann im Jahr 2028 stark steigt. 

5.2 Fiskalregeln wieder auf solide Staatsfinanzen ausrichten

Seit der Reform der deutschen Fiskalregeln im März dieses Jahres verfügt der Bund über sehr hohe zusätzliche Verschuldungsspielräume, die zum guten Teil (für Verteidigung) unbefristet sind. Vorübergehend hohe Defizite sind aufgrund der großen Herausforderungen bei Verteidigung und Infrastruktur sowie der vergleichsweise geringen deutschen Schuldenquote nachvollziehbar. Damit die deutschen Staatsfinanzen solide bleiben, muss die Defizitquote perspektivisch aber wieder sinken. Dies verlangen auch die EU-Regeln: Diese sehen vor, die Defizitquote nach der aktuellen Verteidigungsausnahme zuerst wieder unter 3 % und im weiteren Verlauf wohl Richtung 1 % zurückzuführen. Dies trägt dem 60 %-Anker für die Schuldenquote Rechnung: Die Schuldenquote soll sich verlässlich dem Ankerwert annähern. 

Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Bundesbank eine neue Reform der Schuldenbremse in drei Stufen. Die aktuelle Phase (Stufe 1) mit höheren Defiziten für Verteidigung könnte demnach bis 2029 laufen. Die Bundesbank empfiehlt allerdings, in dieser Zeit die Neuverschuldung stärker auf akute Mehrbedarfe bei Verteidigung und Infrastruktur zu fokussieren. In der nachfolgenden Übergangsphase (Stufe 2) von 2030 bis 2035 sinkt die strukturelle Defizitquote in relativ gleichmäßigen Schritten Richtung 1 %. Dazu finanziert der Bund die Verteidigungsausgaben sukzessive weniger über die Nettokreditaufnahme der Bereichsausnahme (um jeweils 0,5 % des BIP pro Jahr). Die Bereichsausnahme entfällt dann 2036, und ab dann tritt in der dritten Stufe eine adäquat ausgestaltete Schuldenbremse in Kraft. Diese entspricht im Wesentlichen den Bundesbank-Vorschlägen von Anfang 2025. Die Schuldenbremse sichert dann solide Staatsfinanzen ab und trägt den EU-Regeln Rechnung. Zudem ermöglicht sie einen Sockel von Nettokreditaufnahmen von 0,8 % des BIP für zusätzliche kreditfinanzierte Infrastrukturinvestitionen. Damit soll die Infrastruktur gestärkt und auf einem guten Niveau gewährleistet werden. Zudem unterstützt die konkrete Ausgestaltung der Schuldenbremse eine stetige Haushaltspolitik (etwa über ein ergänztes Verfahren zur Konjunkturbereinigung). In der Zielzone wäre die strukturelle Defizitquote insgesamt auf 1 % begrenzt, solange die Schuldenquote noch über 60 % liegt. Bei einer Schuldenquote unter 60 % könnte die Grenze bei 1½ % liegen.

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