Für die kommenden Jahre ist eine expansive Finanzpolitik angelegt. Die Defizit- und die Schuldenquote erhöhen sich deutlich. Die Defizitquote dürfte im kommenden Jahr zunächst über 3 % und im weiteren Verlauf wohl über 4 % steigen. Die Schuldenquote nimmt dadurch kontinuierlich zu.
Im laufenden Jahr dürfte die gesamtstaatliche Defizitquote jedoch sinken. Die Defizitquote fällt in Richtung 2 % (Vorjahr: 2,7 %). Zwar wachsen die Ausgaben deutlich, die Einnahmen steigen aber noch stärker. So sind erstens die Beitragssätze der Krankenkassen und der Pflegeversicherung stark gestiegen. Zweitens sind die abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien ausgelaufen, und an ihre Stelle treten regulär belastete Lohnbestandteile. Drittens schlagen verschiedene Sonderentwicklungen positiv zu Buche. Insbesondere die Einnahmen aus der Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge und aus der Erbschaftsteuer wachsen stark. Auf der Ausgabenseite steigen Aufwendungen für Renten, Gesundheit und Pflege stark. Die Schuldenquote erhöhte sich bis zur Jahresmitte 2025 geringfügig auf 62,4 % (Ende 2024: 62,2 %). Bis zum Jahresende könnte sie noch etwas zulegen.
In den kommenden Jahren stehen sich einnahmenseitig Mehreinnahmen durch steigende Sozialbeitragssätze und Mindereinnahmen durch Steuerentlastungen gegenüber. Die Beitragssätze für Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung müssen perspektivisch angehoben werden, um die dynamisch wachsenden Ausgaben zu finanzieren. Bei den Unternehmenssteuern kommt es dagegen zu Mindereinnahmen durch vorübergehend günstigere Abschreibungsmöglichkeiten und ab 2028 durch einen sinkenden Körperschaftsteuersatz. Bei Umsatz- und Einkommensteuer sollen einzelne Gruppen entlastet werden (Entlastungen zum Beispiel für die Gastronomie oder durch die “Aktivrente“ für abhängig Beschäftigte, die nach erreichtem Rentenalter arbeiten). Die seit 2013 übliche Kompensation der kalten Progression ist bislang bis einschließlich 2026 beschlossen. Zumindest der Grundfreibetrag wird auch danach weiter anzuheben sein, weil das Existenzminimum steuerfrei zu stellen ist.
Die Ausgaben dürften kräftig wachsen, vor allem für Verteidigung und Infrastruktur, Rente, Gesundheit und Pflege sowie für Zinsen. Deshalb ist absehbar, dass die strukturelle Ausgabenquote im mittelfristigen Planungszeitraum deutlich steigt. Hierbei schlagen die zunehmend kreditfinanzierten Verteidigungsausgaben des Bundes zu Buche. In der Summe ähnlich bedeutsam für den Quotenanstieg sind aus derzeitiger Sicht die Aufwendungen der Sozialversicherung für Renten, Gesundheit und Pflege. Die Mehraufwendungen für Infrastrukturinvestitionen außerhalb des Verteidigungsbereichs dürften dahinter deutlich zurückfallen. Vor allem bei den Ausgaben für Verteidigung und Infrastrukturinvestition ist jedoch schwer abzusehen, wie schnell und wie stark sie sich im Zeitverlauf erhöhen. Die Zinsausgaben-Quote dürfte zunächst noch überwiegend aufgrund von höheren Durchschnittszinsen zulegen. Der Anstieg der Schuldenquote hat verglichen damit ein geringeres Gewicht.
Ein hohes Defizit wird vor allem der Bund verzeichnen. Er dürfte seine neuen Kreditspielräume in großem Umfang nutzen und damit für einen expansiven Fiskalkurs sorgen. So plant er erhebliche Kredite über die Bereichsausnahme Verteidigung und das Sondervermögen Infrastruktur/Klimaneutralität (SVIK). Es ist zudem zu erwarten, dass er die reguläre Schuldenbremse ausschöpft. In seiner mittelfristigen Planung besteht noch ein hoher Konsolidierungsbedarf zur Einhaltung der Schuldenbremse – obwohl diese im März deutlich gelockert wurde. Wie die Haushaltslücken geschlossen werden sollen, ist noch offen. Die Länder werden moderate strukturelle Defizite verzeichnen, wenn sie ihre neuen strukturellen Verschuldungsmöglichkeiten zumindest zum Teil ausschöpfen. Die Gemeinden dürften ihr insgesamt hohes Defizit zurückführen, wohl auch unterstützt durch die Länder und Mittel aus dem SVIK. Bei der Rentenversicherung wachsen die Defizite noch deutlich, bevor dort der Beitragssatz stark steigt (vgl. Abschnitt “Die Rentenversicherung finanziert Defizite zunächst aus ihrer Nachhaltigkeitsrücklage“).
1.2 Fiskalregeln wieder auf solide Staatsfinanzen ausrichten
Die reformierten deutschen Fiskalregeln eröffnen weite Verschuldungsspielräume. Vorübergehend hohe Defizite sind aufgrund der großen Herausforderungen bei Verteidigung und Infrastruktur sowie der vergleichsweise geringen deutschen Schuldenquote nachvollziehbar. Ein deutlicher Anstieg der gesamtstaatlichen strukturellen Defizitquote ist zunächst auch mit den EU-Vorgaben für Deutschland vereinbar: Diese gewähren in der Laufzeit des aktuellen finanzpolitisch-strukturellen Plans bis 2029 weite Spielräume. 2
Damit die deutschen Staatsfinanzen solide bleiben, muss die Defizitquote perspektivisch aber wieder sinken. Das heißt nicht, sicherheitspolitisch notwendige Ausgaben zu unterlassen. Sie sollten aber nach einer Übergangsphase wieder innerhalb der regulären Kreditgrenze finanziert werden.
Abgesehen davon ist es wichtig, dass Deutschland die EU-Fiskalregeln mit dem nächsten finanzpolitisch-strukturellen Plan stringent anwendet. Die EU-Regeln sollen solide Staatsfinanzen in allen Mitgliedstaaten zuverlässig absichern, auch als Grundlage für eine stabile Währungsunion. Für Deutschland bedeutet das, die Defizit- und Schuldenquote mit dem nächsten finanzpolitisch-strukturellen Plan wieder zurückzuführen. Der nächste Plan wird voraussichtlich im Jahr 2030 starten.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt die Bundesbank eine neue Reform der Schuldenbremse in drei Stufen. 3 In der aktuellen Phase (Stufe 1) bleiben die Fiskalregeln zwar unverändert. Die hohe Neuverschuldung wird aber stärker auf die akuten Mehrbedarfe für Verteidigung und Infrastruktur fokussiert. Diese erste Stufe könnte bis 2029 laufen. An sie schließt sich eine Übergangsphase an (Stufe 2). In dieser finanziert der Bund die Verteidigungsausgaben sukzessive stärker aus laufenden Einnahmen. Die gesamtstaatliche strukturelle Defizitquote sinkt so in relativ gleichmäßigen Schritten Richtung 1 %. Die Zielzone (Stufe 3) startet 2036 und soll dauerhaft gelten. Ab dann entspricht die Schuldenbremse in ihren Grundzügen den Bundesbank-Vorschlägen von Anfang 2025: 4 Sie sichert solide Staatsfinanzen ab, ermöglicht begrenzte zusätzliche kreditfinanzierte Infrastrukturinvestitionen, trägt den EU-Regeln Rechnung und unterstützt eine stetige Haushaltspolitik.
2 Steuereinnahmen
2.1 2025: Insgesamt deutlicher Zuwachs, trotz sich abschwächender Dynamik im Jahresverlauf
Bis Ende September 2025 stiegen die Steuereinnahmen 5 deutlich um 6 % gegenüber den ersten neun Monaten des Vorjahres. Dies lag an einem starken ersten Halbjahr, teils aufgrund von Sonderfaktoren. Im dritten Quartal schwächte sich die Dynamik spürbar ab (+ 2½ %). So verloren die Zuwächse der Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge im dritten Quartal deutlich an Schwung. Für den unterjährigen Verlauf bei dieser Steuer dürfte eine Rolle gespielt haben, dass sich die starke Zinsentwicklung des Vorjahres noch im gewichtigen ersten Quartal 2025 niederschlug. Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer stiegen im ersten Halbjahr deutlich, auch weil Steuerermäßigungen ausgelaufen waren. Und die Erbschaftsteuereinnahmen wuchsen im ersten Halbjahr durch einen Sondereffekt außergewöhnlich kräftig.
Für das Gesamtjahr 2025 erwartet die jüngste offizielle Steuerschätzung vom Oktober einen Zuwachs um 4½ % (einschließlich Gemeindesteuern). Die Steuern wachsen aufgrund der zuvor genannten Faktoren noch spürbar schneller als mit der Entwicklung der nominalen makroökonomischen Bezugsgrößen und der Steuerprogression angelegt.
Darunter wachsen auch die Lohnsteuereinnahmen im Gesamtjahr 2025 deutlich. Der Anstieg um 5½ % ist deutlich stärker als der der Bruttolöhne und -gehälter (3½ %). Dies liegt erstens am progressiven Einkommensteuertarif. Zweitens treten steuerpflichtige Lohnelemente an die Stelle steuerfreier Inflationsausgleichsprämien. Größere Mindereinnahmen kommen daher, dass der Effekt der kalten Progression kompensiert wird und dass Krankenversicherungsbeiträge stark stiegen. Der Arbeitnehmeranteil mindert als Sonderausgabe die Steuerlast.
Die gewinnabhängigen Steuern wachsen 2025 insgesamt mit 2½ % noch merklich. Stützend sind dabei stark steigende Einnahmen aus der Abgeltungsteuer (ohne diese beträgt das Wachstum nur ½ %) sowie die deutlich zulegende veranlagte Einkommensteuer. Bei letzterer dürfte sich zeigen, dass sich die Gewinne der kleineren Unternehmen zuletzt stabiler entwickelten als jene der größeren Unternehmen. Zudem werden Renteneinkünfte zunehmend nachgelagert besteuert – und diese Einnahmen werden bei der veranlagten Einkommensteuer verbucht.
Tabelle 5.1: Steueraufkommen
Steuerart
1. bis 3. Vierteljahr
Schätzung für 2025 1)
3. Vierteljahr
2024
2025
2024
2025
Mrd €
Veränderung gegenüber Vorjahr
Veränderung gegenüber Vorjahr
in %
Mrd €
Veränderung gegenüber Vorjahr
in Mrd €
in %
in Mrd €
in %
Steuereinnahmen insgesamt 2)
626,0
665,0
+ 39,0
+ 6,2
+ 5,0
212,0
217,4
+ 5,4
+ 2,6
darunter:
Lohnsteuer 3)
179,8
189,9
+ 10,1
+ 5,6
+ 5,3
60,1
62,8
+ 2,8
+ 4,6
Gewinnabhängige Steuern
122,6
130,5
+ 8,0
+ 6,5
+ 3,9
39,0
40,5
+ 1,5
+ 3,9
davon:
Veranlagte Einkommensteuer 4)
52,7
56,8
+ 4,1
+ 7,8
+ 6,1
18,8
19,9
+ 1,1
+ 6,1
Körperschaftsteuer 5)
29,2
29,4
+ 0,2
+ 0,8
− 1,9
8,7
9,7
+ 1,0
+ 11,1
Nicht veranlagte Steuern vom Ertrag
26,7
25,2
− 1,5
− 5,6
− 6,4
7,3
6,3
− 1,0
− 14,0
Abgeltungsteuer auf Zins- undVeräußerungserträge
13,9
19,1
+ 5,1
+ 36,7
+ 25,6
4,2
4,6
+ 0,4
+ 10,8
Steuern vom Umsatz 6)
221,2
231,4
+ 10,1
+ 4,6
+ 3,0
76,4
77,1
+ 0,8
+ 1,0
Übrige verbrauchsabhängige Steuern 7)
66,6
71,8
+ 5,2
+ 7,8
+ 8,2
22,7
23,5
+ 0,7
+ 3,2
Quellen: Bundesministerium der Finanzen, Arbeitskreis Steuerschätzungen und eigene Berechnungen. 1 Laut offizieller Steuerschätzung vom Oktober 2025. 2 Umfasst die gemeinschaftlichen Steuern sowie die Bundes- und Ländersteuern. Einschließlich EU-Anteilen am deutschen Steueraufkommen, einschließlich Zöllen, ohne Erträge aus Gemeindesteuern. 3 Kindergeld und Altersvorsorgezulage vom Aufkommen abgesetzt. 4 Arbeitnehmererstattungen und Forschungszulage vom Aufkommen abgesetzt. 5 Forschungszulage vom Aufkommen abgesetzt. 6 Umsatzsteuer und Einfuhrumsatzsteuer. 7 Energiesteuer, Tabaksteuer, Versicherungsteuer, Kraftfahrzeugsteuer, Stromsteuer, Alkoholsteuer, Luftverkehrsteuer, Kaffeesteuer, Schaumweinsteuer, Zwischenerzeugnissteuer, Alkopopsteuer sowie Rennwett- und Lotteriesteuer, Biersteuer, Feuerschutzsteuer.
2.2 Steuerschätzung bis 2030: insgesamt moderates Wachstum
Für 2026 erwartet die Steuerschätzung, dass die Einnahmen nur noch um 2½ % steigen – gebremst von Steuersenkungen und wegfallenden Sondereffekten. Bei den Steuersenkungen ist maßgeblich, dass die kalte Progression noch einmal kompensiert wird und die Abschreibungssätze für Anlagen und neu angeschaffte Elektrofahrzeuge mit dem Investitionssofortprogramm erhöht werden. Außerdem gehen die Einnahmen aus der Abgeltungsteuer und der Erbschaftsteuer deutlich zurück.
In den Folgejahren 2027 bis 2030 steigen die Einnahmen um durchschnittlich 3½ % wieder etwas stärker – im Wesentlichen aufgrund der Annahmen zu den nominalen gesamtwirtschaftlichen Größen und der Steuerprogression. 2028 steigen die Einnahmen dabei spürbar langsamer. Dazu trägt bei, dass der Körperschaftsteuersatz aufgrund des Investitionssofortprogramms um 1 Prozentpunkt sinkt. 6 Zudem ist für 2028 unterstellt, dass sich der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung deutlich erhöht. Dies reduziert die zu versteuernden Einkommen.
Die Steuerschätzung berücksichtigt noch nicht die zu diesem Zeitpunkt nur geplanten weiteren Steuersenkungen. Mit diesen könnte das Steueraufkommen ab dem Jahr 2027 um knapp 1 % pro Jahr niedriger ausfallen. So soll unter anderem der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie auf den reduzierten Satz sowie die Stromsteuer für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Landwirtschaft sinken und die Pendlerpauschale steigen.
Tabelle 5.2: Ergebnisse der offiziellen Steuerschätzung und gesamtwirtschaftliche Projektionen der Bundesregierung
Position
2025
2026
2027
2028
2029
2030
Steuereinnahmen 1)
in Mrd €
990,7
1 016,5
1 051,0
1 079,8
1 115,9
1 155,4
in % des BIP
22,2
21,9
21,9
21,9
22,0
22,1
Veränderung gegenüber Vorjahr in %
4,5
2,6
3,4
2,7
3,3
3,5
Revision zur vorherigen Steuerschätzung in Mrd €
11,0
10,6
8,1
1,0
2,9
.
Nachrichtlich: Mindereinnahmen durch in Aussichtstehende Steuerentlastungen in Mrd €
Geplante Steuerrechtsänderungen 2)
0,4
− 6,1
− 8,9
− 9,4
− 9,1
− 8,8
Mindereinnahmen, wenn kalte Progression ab 2027 wie bisher kompensiert wird 3)
.
.
− 6,1
− 13,1
− 19,5
− 26,1
Wachstum des realen BIP in %
Herbstprojektion Oktober 2025
0,2
1,3
1,4
0,9
0,9
0,9
Frühjahrsprojektion April 2025
0,0
1,0
1,0
1,0
1,0
.
Wachstum des nominalen BIP in %
Herbstprojektion Oktober 2025
3,0
3,9
3,7
2,9
2,9
2,9
Frühjahrsprojektion April 2025
2,0
3,0
3,0
3,0
3,0
.
Quellen: Arbeitskreis Steuerschätzungen und Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und eigene Schätzungen. 1 Einschließlich EU-Anteilen am deutschen Steueraufkommen, einschließlich Zöllen, einschließlich der Erträge aus Gemeindesteuern.2 Teils eigene Schätzungen (dann auf Basis der Angaben im Koalitionsvertrag): Steueränderungsgesetz 2025, Drittes Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes, Aktivrentengesetz, Gesetz zur Aufhebung der Freizone Cuxhaven und zur Änderung weiterer Vorschriften, Kraftfahrzeugsteuer-Änderungsgesetz, Steuerfreiheit von Überstundenzuschlägen, stufenweise Tabaksteuererhöhungen ab 2027.3 Seit 2014 verschob der Gesetzgeber den Einkommensteuertarif Jahr für Jahr zumeist um die geschätzte Inflationsrate des Vorjahres. Gezeigt sind hier die Mindereinnahmen, die sich ergeben, wenn er diese Praxis beibehält und jeweils auch den Grundfreibetrag mit der Inflationsrate des Vorjahres verschiebt. Die Effekte sind grob abgeschätzt basierend auf der aktuellen Herbstprojektion der Bundesregierung und den Lohnsteuereinnahmen nach aktueller Steuerschätzung. Sie sind in VGR-Abgrenzung ausgewiesen.
Zu größeren Mindereinnahmen käme es zusätzlich, wenn die kalte Progression weiter wie bisher üblich kompensiert würde. Dann würde das Steueraufkommen ab 2027 noch niedriger ausfallen, und im Jahr 2030 wäre das Aufkommen dann allein dadurch um knapp 2½ % niedriger als von der Steuerschätzung geschätzt.
Im Vergleich zur Steuerschätzung vom Mai 2025 ergeben sich spürbare Mehreinnahmen in den Jahren 2025 bis 2027 (jeweils ¼ % des BIP). 7 Die Einnahmen der Jahre 2028 und 2029 revidiert die Steuerschätzung dagegen nur wenig aufwärts. Bei den Korrekturen überlagern sich zwei Einflüsse: Einerseits hat die Steuerschätzung den grundlegenden Einnahmenpfad aufwärtsrevidiert. Grund dafür ist vor allem, dass die nominalen gesamtwirtschaftlichen Annahmen spürbar günstiger sind. Andererseits berücksichtigt die Schätzung nun das im Sommer beschlossene Investitionssofortprogramm. Dieses bewirkt ab dem nächsten Jahr erstmals spürbare Ausfälle, die bis 2029 noch deutlich ansteigen (auf ¼ % des BIP).
3 Bundesfinanzen
3.1 Defizit steigt 2025 gegenüber Vorjahr, aber deutlich geringer als geplant
Das Finanzergebnis des Bundes einschließlich Extrahaushalten verschlechtert sich im Jahresverlauf zunehmend gegenüber dem Vorjahr. Im ersten Halbjahr war das Gesamtdefizit bei kräftigem Anstieg des Steueraufkommens noch rückläufig gewesen. 8 Aber im dritten Quartal legten die Steuereinnahmen kaum noch zu, wohingegen die Ausgaben beschleunigt wuchsen. 9 In den ersten drei Quartalen zusammen war das Defizit somit leicht gestiegen (+ 3 Mrd €). Im Schlussquartal dürfte das Ergebnis deutlich ungünstiger ausfallen als vor Jahresfrist. Eine Rolle wird spielen, dass Ausgaben des neuen SVIK erst im Schlussquartal zu Buche schlagen (einschließlich aus dem Kernhaushalt verschobener Investitionsausgaben). Auch entfallen hohe außergewöhnliche Einnahmen, die der Kernhaushalt Ende 2024 verzeichnet hatte: Er nahm damals fast 14 Mrd € aus dem Fonds Next Generation EU(NGEU) ein und den Großteil der Rückzahlungen von Krisenhilfen (9 Mrd € im Gesamtjahr). Das Ergebnis der jüngsten Steuerschätzung bedeutet zudem für das vierte Quartal kaum noch einen Zuwachs.
Im Gesamtjahr dürfte das Defizit im Kernhaushalt damit gegenüber dem Vorjahr zwar stark steigen (2024: 25 Mrd €). Es dürfte aber deutlich unter dem Planwert von 82 Mrd € bleiben. Die Steuereinnahmen dürften nach der jüngsten Steuerschätzung um 5 Mrd € höher ausfallen als im Bundeshaushalt veranschlagt. 10 Auch auf der Ausgabenseite zeichnen sich Entlastungen gegenüber den Planwerten ab. Dies betrifft nicht zuletzt die Ausgaben im Verteidigungsressort. Der realisierte Zuwachs lag bislang bei 5 %, bei einem Planwert für das Gesamtjahr von + 24 %. Beschleunigte sich der Abfluss nicht, blieben die Verteidigungsausgaben fast 10 Mrd € unter dem Planwert. Eine solche Abweichung wäre wegen der Bereichsausnahme nicht relevant für die Abrechnung der Schuldenbremse. Für die Schuldenbremse relevant ist aber, dass das nominale BIP wohl stärker wachsen wird als bei der Planaufstellung unterstellt. Die Steuermehreinnahmen werden damit mehr oder weniger als konjunkturell bedingt erfasst. Dies verbessert somit nicht das strukturelle Ergebnis, das für die Schuldenbremse relevant ist.
Bei den Extrahaushalten wird das Defizit gegenüber 2024 (24 Mrd €) zwar steigen aber ebenfalls unter dem Planwert (64 Mrd €) bleiben. 11 Nach den ersten drei Quartalen stand das Defizit bei fast 9 Mrd €. Beim Bundeswehrfonds erreichten die Ausgaben und damit das Defizit mit 10 Mrd € in etwa den Vorjahresstand. Die geplante Defizitzunahme um 7 Mrd € im Gesamtjahr ist bisher noch nicht erkennbar. Kaum abschätzbar sind auch die Ausgaben des SVIK. Dessen Kreditmittel sind erst seit Oktober einsatzbereit. Der Bund plant, bis zum Jahresende noch 37 Mrd € davon zu nutzen. Darunter sind 8½ Mrd € für die Länder. Die Auszahlung setzt nicht zuletzt förmliche Verwaltungsvereinbarungen voraus. Zügig fließen Mittel des SVIK vermutlich vor allem für Ausgaben ab, die aus dem Kernhaushalt übernommen werden. Zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur benötigen dagegen eher einen längeren Vorlauf. Der Klimafonds soll 10 Mrd € erhalten. Im Gegenzug soll er einmalig 3½ Mrd € einsetzen, um die Gasspeicherumlage zu übernehmen. Alles in allem könnte das Defizit der Extrahaushalte etwa halb so hoch ausfallen wie geplant.
3.2 Defizit steigt 2026 weiter deutlich an
Für das nächste Jahr ist für die Bundesfinanzen ein sehr hohes Defizit geplant. Nach den bislang veröffentlichten Ergebnissen der Schlussberatungen soll es 189 Mrd € betragen. Gegenüber dem Planwert 2025 steigt es damit um 43 Mrd € – größerenteils bei den Extrahaushalten. Im Kernhaushalt ist eine Zunahme um 16 Mrd € auf 98 Mrd € vorgesehen. 12 Gegenüber dem voraussichtlich deutlich niedrigeren Ist 2025 wäre der Anstieg noch viel größer.
Das geplante Defizit im Kernhaushalt liegt um 2 Mrd € unter dem Entwurf der Bundesregierung vom Sommer. Defizitsenkend wirkte dabei vor allem die günstigere Steuerschätzung. Die Steuereinnahmen sind demnach um 3½ Mrd € höher veranschlagt. Dabei rechnet der Bund schon Abschläge für in der Steuerschätzung noch nicht berücksichtigte, zwischenzeitlich konkretisierte Steuerrechtsänderungen ein. Parallel dazu reduzierte der Bund die ergänzende Vorsorge für weitere Vorhaben (nicht-steuerliche globale Mindereinnahmen) um knapp 3 Mrd € auf 1½ Mrd €.
Auf der Ausgabenseite sind gegenüber dem Entwurf vom Sommer um 2 Mrd € höhere Darlehen an Sozialversicherungen vorgesehen, mit denen der Bund letztlich Sozialbeitragssätze stabilisiert. Zusätzliche Ukraine-Hilfen sind noch etwas umfangreicher und fallen unter die Bereichsausnahme für Verteidigung. Etwas höhere rückzahlbare Mittel an die Bundesagentur für Arbeit, um die konjunkturelle Schwächephase ohne Beitragssatzerhöhung zu überbrücken, sind nachvollziehbar. Deutlich höhere Darlehen sind für die Pflegeversicherung vorgesehen. Anders als bei der Bundesagentur für Arbeit sind hier die finanziellen Probleme strukturell, und die Sätze steigen trendmäßig. Mit Darlehen an die Pflegeversicherung – wie auch mit den schon im Sommer veranschlagten für die Krankenversicherung – ermöglicht der Bund insoweit nur eine Pause. Und um die Darlehen zurückzuzahlen, müssen die Beitragssätze in der Zukunft dann vorübergehend höher ausfallen. Sofern Darlehen künftig doch zu Zuschüssen werden, weil der Bund dies verhindern will, wären die Zahlungen auf die Schuldenbremse anzurechnen. Insgesamt vertagt der Bund damit Finanzierungsentscheidungen und erhöht den künftigen Handlungsbedarf.
Hinsichtlich der Schuldenbremse lässt sich das geplante Defizit des Kernhaushalts wie folgt aufgliedern:
Aus der Grenze für die strukturelle Nettokreditaufnahme von 0,35 % des BIP ergibt sich ein Defizitspielraum von gut 40 Mrd €. Davon entfallen 15 Mrd € auf die zulässige strukturelle Kreditaufnahme, knapp 16 Mrd € auf konjunkturbedingte Belastungen und 9½ Mrd € auf den Erwerb von Finanzvermögen. Auf die verbliebene Rücklage greift der Bund nicht mehr zurück (statt 9½ Mrd € im Entwurf vom Sommer).
Die Bereichsausnahme für Verteidigung schlägt mit knapp 58 Mrd € zu Buche. Ausgangspunkt sind die Ausgaben im Verteidigungsministerium, für die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine sowie für einige inländische sicherheitsbezogene Zwecke. Zusammen betragen sie 101 Mrd €. Davon sind 43 Mrd € abzuziehen (1 % des BIP), die unter die reguläre Neuverschuldungsgrenze fallen.
Insgesamt könnte der Kernhaushalt aus heutiger Sicht auch im kommenden Jahr besser abschließen als veranschlagt. Denn im laufenden Jahr dürften deutlich weniger Mittel abfließen als geplant, insbesondere im Hinblick auf die Verteidigungsausgaben. Und insofern ist die Ausgangsbasis für 2026 niedriger.
Bei den Extrahaushalten soll das Gesamtdefizit 2026 weiter deutlich steigen. Anpassungen aus den Schlussberatungen sind bislang nur teilweise veröffentlicht. So soll das Defizit des SVIK um fast 1 Mrd € gegenüber den Planungen vom Sommer sinken. 13 Bislang nicht bekannt sind Anpassungen beim Bundeswehrfonds. Das Bild eines geplanten kräftigen Defizitanstiegs bleibt damit unverändert.
Die zusätzliche Nettokreditaufnahme des SVIK und aufgrund der Bereichsausnahme für Verteidigung fällt auch 2026 deutlich höher aus als die zusätzlichen Ausgaben für Infrastruktur des Bundes und Verteidigung.Die diesbezügliche Nettokreditaufnahme ist mit fast 116 Mrd € geplant. Die zusätzlichen Ausgaben für Infrastruktur des Bundes (Kernhaushalt und SVIK zusammengefasst) 14 und Verteidigung sind dagegen überschlägig mit einer Größenordnung von 50Mrd€ gegenüber dem Basisjahr 2024 angesetzt. 15 Darüber hinaus fließen die schuldenfinanzierten Mittel aus dem SVIK als Zuschüsse an dieLänder (die keine zusätzlichen Investitionsausgaben zusagen, sodass allenfalls sehr begrenzt zusätzliche Infrastrukturinvestitionen zu erwarten sind), an den Klimafonds (der daraus zum großen Teil die neu beschlossene Senkung der Netzentgeltumlage finanziert) und an Einheiten außerhalb des Staatssektors (insbesondere private Unternehmen). Zudem gewinnt der Kernhaushalt Spielraum für anderweitige Ausgaben, indem der Bund Haushaltstitel in das SVIK auslagert 16 und die einbezogenen Verteidigungsausgaben im Ausgangsjahr 2024 deutlich über der 1 %-Grenze lagen, ab der nun eine Kreditfinanzierung möglich ist.
3.3 Ab 2027 hoher Konsolidierungsbedarf – zudem engere Kreditgrenze angezeigt
Im Bundeshaushalt besteht ab 2027 bei anhaltend hohen Defiziten ein erheblicher Konsolidierungsbedarf, um die Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten. Die Reform der Schuldenbremse erweiterte die Verschuldungsmöglichkeiten des Bundes zwar erheblich. Trotzdem wies die Finanzplanung des Bundes vom Sommer große Konsolidierungsbedarfe im Kernhaushalt (“Handlungsbedarfe“) auf. Sie wuchsen von 34 Mrd € im Jahr 2027 auf 74 Mrd € im Jahr 2029 und damit auf 1½ % des BIP.
Mit der neuen Steuerschätzung sind die Konsolidierungsbedarfe nicht wesentlich verringert. Bereinigt um belastende Steuerrechtsänderungen, für die im Finanzplan offenbar vorgesorgt war, könnten die Handlungsbedarfe um etwa 7 Mrd € jährlich sinken. Der nun für 2026 geplante Verzicht auf den Einsatz von Rücklagemitteln zur Haushaltsfinanzierung verringert die Lücke nur einmalig in einer Größenordnung von 10 Mrd €. Weitere nennenswerte Entlastungen sind indes nicht erkennbar. Deutliche Kursanpassungen bleiben also weiterhin notwendig.
Abgesehen von diesem Handlungsbedarf sind derart hohe Defizite nicht nachhaltig. Deshalb ist eine Reform der Schuldenbremse angezeigt, die wieder solide Bundesfinanzen absichert. Die Bundesbank hat entsprechende Empfehlungen gemacht. 17
4 Länderhaushalte
Die Länderhaushalte insgesamt weisen im aktuellen Jahr nach dem dritten Quartal Überschüsse aus. Die Verbesserung gegenüber dem Vorjahr reflektiert positive Sondereffekte und wegfallende Sonderlasten. Im ersten Halbjahr verbesserten sich die Kern- und Extrahaushalte gegenüber dem Vorjahr deutlich. Nach einem Defizit von 3½ Mrd € stand nun ein Überschuss von 1½ Mrd € zu Buche. Dabei stiegen die Einnahmen mit 5 % deutlich stärker als die Ausgaben (+ 3 %). Dazu trugen Sondereffekte maßgeblich bei. Diese umfassten nicht nur einen Einmaleffekt bei der Erbschaftsteuer. Auch war die abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie Ende 2024 ausgelaufen. Nur für die Kernhaushalte liegen bereits Ergebnisse für das dritte Quartal vor. Der Überschuss von knapp 2½ Mrd € liegt zwar 2 Mrd € höher als vor Jahresfrist. Bereinigt um Sondereffekte insbesondere aus rückläufigen Beteiligungserwerben bedeutet dies aber eine Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr. Zentraler Grund dafür war der stark verlangsamte Anstieg der Steuereinnahmen.
Für das Gesamtjahr 2025 ist für die Länderhaushalte ein spürbarer Defizitrückgang zu erwarten, gestützt auf die genannten Sondereinflüsse (2024: Defizit Kern- und Extrahaushalte von 18 Mrd €). Der weitere Jahresverlauf ist aber durchaus noch unsicher. Denn gegenwärtig ist nicht abzusehen, wie sich das SVIK und die neu beschlossenen Länder-Kreditgrenzen auswirken. So könnten noch Mittel für Investitionen aus dem SVIK an die Länder fließen. Diese würden den Saldo entlasten, weil damit wohl insbesondere bereits geleistete Zahlungen refinanziert würden. Dazu muss allerdings noch die Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern in Kraft treten. Daher ist nicht sicher, ob größere Beträge noch in diesem Jahr fließen. Auch bleibt abzuwarten, wieweit die Länder ihre Kreditspielräume aus der reformierten Schuldenbremse noch defizitwirksam nutzen (also nicht in Rücklagen oder Sondervermögen parken). Naheliegend schiene, dass die Länder noch höhere Zuweisungen an ihre Gemeinden leisten. Denn die Länder sind für deren Finanzausstattung mitverantwortlich. Und ohne solche Hilfen sind in der Summe sehr hohe Gemeindedefizite zu erwarten.
Im nächsten Jahr könnten die Länder die fiskalischen Spielräume durch die Reform der Schuldenbremse stärker ausschöpfen. Sie dürften damit mehr defizitwirksame Maßnahmen umsetzen. Der Defizitanstieg wird allerdings gedämpft, soweit sie Mittel aus dem SVIK einsetzen, ohne dass sich ihre Investitionen im Vorjahresvergleich im gleichen Maße erhöhen (Zusatzzuschüsse ohne Zusatzinvestitionen).
5 Sozialversicherung
5.1 Rentenversicherung
5.1.1 Ausblick auf 2025 und die Zeit bis 2028
Die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) verschlechtert sich 2025 deutlich. Es ist mit einem Defizit von gut 4 Mrd € zu rechnen (2024: Defizit von fast 1 Mrd €). Nach den ersten drei Quartalen 2025 verzeichnete die Rentenversicherung ein kumuliertes Defizit von fast 7½ Mrd € (Vorjahr: 4½ Mrd €). Bis zum Jahresende sinkt es noch, wenn im Schlussquartal der saisonübliche Überschuss entsteht. Dieser resultiert durch höhere Beitragseingänge aus Sonderzahlungen. Bezogen auf das Gesamtjahr wachsen die Einnahmen im Vorjahresvergleich spürbar. Neben deutlichen Lohnzuwächsen trägt dazu bei, dass beitragspflichtige Einkommen abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien des Vorjahres ersetzen. Allerdings legen die Ausgaben noch etwas stärker zu als die Einnahmen. Dabei steigen zum ersten insbesondere die Renten im Jahresdurchschnitt kräftig um 4 % (Anpassung der Renten zur Jahresmitte 2025 um gut 3½ %). 18 Zum zweiten nimmt die Zahl der ausgezahlten Renten zu. Und zum dritten stiegen die Zusatzbeiträge der gesetzlichen Krankenkassen zu Jahresbeginn stark. 19
Im Jahr 2026 dürfte sich das Defizit stark ausweiten. Geringere Entgeltanhebungen dämpfen voraussichtlich den Zuwachs der Beitragseinnahmen spürbar. Außerdem entfällt der positive Effekt, der 2025 aus den auslaufenden abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien entstand. Die Ausgaben dürften infolge der im nächsten Jahr stabilen Krankenkassenbeitragssätze und des entfallenden Auftriebs durch Zuschläge für Erwerbsminderungsrenten zwar ebenfalls schwächer zulegen als im laufenden Jahr. Allerdings dürften die Zuwächse weiter deutlich stärker sein als das Plus der Einnahmen.
Die Rentenversicherung finanziert Defizite zunächst aus ihrer Nachhaltigkeitsrücklage. Der Beitragssatz steigt erst, wenn die Nachhaltigkeitsrücklage ihr gesetzliches Minimum andernfalls unterschreiten würde. Die Bundesregierung will diese Untergrenze von 0,2 auf 0,3 Monatsausgaben anheben, um die unterjährige Liquidität der Rentenversicherung stärker abzusichern. Die Mindestrücklage wird dann etwa 10 Mrd € betragen (bei einem erwarteten Bestand von 40 Mrd € Ende 2025). 2028 ist zwar noch ein begrenzter Rücklagenzugriff möglich. Um das gesetzliche Minimum 2028 nicht zu unterschreiten, müsste aus heutiger Sicht der Beitragssatz aber in einem größeren Schritt von derzeit 18,6 % auf fast 20 % steigen. Im Folgejahr ist dann keine Rücklage mehr verfügbar und deshalb unabhängig vom weiteren demografischen Druck eine neuerliche – wenngleich moderatere – Anhebung angelegt.
5.1.2 Verlängerung der Haltelinie geplant, Bundeshaushalt soll dauerhaft Lasten tragen
Die Bundesregierung will die Haltelinie für das Versorgungsniveau bis 2031 verlängern. Die Mehrkosten soll der Bund finanzieren. Offen lässt die Bundesregierung, wie die dadurch dauerhaft höheren Rentenausgaben zu finanzieren sind. 20 Nach aktuellem Rechtsstand würde der Nachhaltigkeitsfaktor ab 2026 wieder greifen, und die Rentenanpassungen fielen dadurch geringer aus. Das Versorgungsniveau würde sukzessive sinken (siehe linker Teil im nachstehenden Schaubild 5.7). Der Nachhaltigkeitsfaktor bewirkte eine breitere Lastenverteilung, auf die man sich bei früheren Rentenreformen verständigt hatte. 21 Der Gesetzentwurf zum Rentenpaket 2025 sieht nun aber vor, dass das Versorgungsniveau bis 2031 weiterhin bei 48 % liegt. Dadurch entstehende Mehrkosten soll der Bund durch höhere Bundesmittel finanzieren. Gemäß Gesetzentwurf dämpft der Nachhaltigkeitsfaktor die Rentenanpassungen zwar ab 2032 wieder. Da das Ausgangsniveau dann aber deutlich höher ist als ohne Haltelinie, sind die Rentenausgaben auch nach 2031 strukturell höher (siehe rechter Teil im Schaubild 5.7). Der Effekt wäre abgemildert, wenn zum Beispiel ein Nachholfaktor die Differenz im Versorgungsniveau mit späteren Rentenanpassungen wieder abbauen würde. Letztlich trägt die verlängerte Haltelinie ab 2029 zur Finanzierungslücke im Finanzplan für den Bundeshaushalt bei und belastet die Bundesfinanzen auch nach 2031 noch recht stark. Für transparente und konsistente Entscheidungen wäre es ratsam, solche Leistungsausweitungen nur zusammen mit konkreten Maßnahmen zur Gegenfinanzierung zu beschließen. 22
Die „Aktivrente“ soll die Beschäftigung von abhängig Beschäftigten nach der Regelaltersgrenze steigern, dürfte aber größere Mitnahmeeffekte zur Folge haben.Die Bundesregierung hat mittlerweile einen Gesetzentwurf für die angekündigte „Aktivrente“ vorgelegt: Diese soll das Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus finanziell fördern. Allerdings arbeiten schon jetzt Menschen über die Altersgrenze hinaus, sodass es hier zu Mitnahmeeffekten kommt. Diese könnten zudem größer ausfallen als im Gesetzentwurf geschätzt. 23 Solche steuerlichen Sonderregeln machen das Steuerrecht komplexer und bürokratischer. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass finanzielle Anreize oft nicht ausschlaggebend dafür sind, nach der Altersgrenze weiterzuarbeiten. Angesichts der ohnehin angespannten Haushaltslage des Bundeshaushalts wäre es naheliegend, zunächst einmal die Effekte der geplanten Abschaffung des Vorbeschäftigungsverbotsabzuwarten. 24
5.2 Bundesagentur für Arbeit
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) verbuchte nach den ersten drei Quartalen des Jahres 2025 ein Defizit von 4 Mrd € (Defizit im Vorjahr: 1 Mrd €). Für das Gesamtjahr ist damit ein deutliches Defizit angelegt, das auch höher ausfallen dürfte als geplant (1½ Mrd €). 25 Ursächlich für das deutliche Defizit im Gesamtjahr ist vor allem die Entwicklung am Arbeitsmarkt. In den ersten drei Quartalen stiegen die Zahlungen für Arbeitslosengeld recht kräftig (+ 19½ %). Dies geht insbesondere auf eine deutlich höhere Empfängerzahl zurück (+ 12 %). Insgesamt legten die Ausgaben um 15½ % zu. Zwar entsteht im Schlussquartal zumeist ein Überschuss wegen Beiträgen auf saisonale Sonderzahlungen. Dieser könnte aber angesichts der starken Ausgabenzuwächse eher gering ausfallen
Bundesdarlehen verhindern, dass der Beitragssatz im laufenden und nächsten Jahr angehoben werden muss. Das Defizit könnte im laufenden Jahr die verfügbaren Mittel der freien Rücklage übersteigen (Ende 2024: 3 Mrd €). Der Bund plant eine Finanzierungslücke mit einem überjährigen Darlehen von bis zu 2½ Mrd € zu schließen. Für das nächste Jahr erwartet die Bundesregierung, dass sich Konjunktur und Arbeitsmarkt verbessern. Ungeachtet dessen erwartet die BA ein Defizit von fast 4 Mrd €, das der Bund wiederum durch ein Darlehen überbrücken soll. Die vom Bund gewährten Darlehen soll die BA im Zuge der erwarteten gesamtwirtschaftlichen Erholung später aus Überschüssen zurückzahlen. Danach soll sie ihre Rücklage wieder aufbauen. Nach derzeitiger Einschätzung sind Überschüsse aber erst 2028 zu erwarten.
In diesem Beitrag wurden Daten bis zum 19. November 2025, 11:00 Uhr berücksichtigt.