Deutschland-Prognose: Wachstumsausblick deutlich eingetrübt – Inflation geht zurück auf 2 % Monatsbericht – Dezember 2024
Die deutsche Wirtschaft hat nicht nur mit hartnäckigem konjunkturellen Gegenwind zu kämpfen, sondern muss sich auch an die sich ändernden strukturellen Rahmenbedingungen anpassen. Dies betrifft insbesondere die Industrie und belastet ihre Exportgeschäfte und Investitionen. Auf die länger anhaltende Schwäche der Wirtschaftsaktivität reagiert mittlerweile auch der Arbeitsmarkt merklich. Dies dämpft den privaten Konsum. Vor diesem Hintergrund stagniert die deutsche Wirtschaft im laufenden Winterhalbjahr und beginnt sich erst im Verlauf des Jahres 2025 langsam zu erholen. Die Exporte profitieren dann nach und nach von den wachsenden Absatzmärkten, wenn auch nicht mehr in dem früher üblichen Umfang. Mit einiger Verzögerung legen auch die gewerblichen Investitionen wieder zu, dank steigender Auslastung und niedrigerer Finanzierungskosten. Der private Konsum steigt durchgängig an, er wird von dem sich vorübergehend abschwächenden Arbeitsmarkt und einem deutlich nachlassenden Lohnwachstum aber zunächst noch spürbar gebremst.
Das kalenderbereinigte reale BIP sinkt 2024 nochmals leicht um 0,2 % und wächst dann 2025 um 0,2 %, 2026 um 0,8 % und 2027 um 0,9 %. Damit wird der Wachstumsausblick gegenüber der Deutschland-Prognose vom Juni 2024 im gesamten Prognosezeitraum kräftig abwärtsrevidiert. Dies liegt vor allem an der länger anhaltenden und stärker strukturell eingeschätzten Schwäche der Industrie und dem daher erheblich trüberen Ausblick für Exporte und gewerbliche Investitionen. Auch der private Konsum ist weniger dynamisch; er ist kein eigenständiger Motor der erwarteten Erholung mehr.
Trotz der schwachen Konjunktur ist die Inflationsrate auch im kommenden Jahr noch erhöht, sie sinkt nur leicht von 2,5 % im laufenden Jahr auf 2,4 % (gemessen am HVPI). Dies liegt an vorübergehend stärker steigenden Preisen für Nahrungsmittel und an der nur langsam sinkenden Verteuerung der Dienstleistungen. In den Folgejahren erreicht die Inflationsrate in Deutschland aber allmählich wieder 2 %. Denn die vorherige geldpolitische Straffung wirkt noch nach, und der Preisdruck von den Arbeitskosten nimmt ab. Gegenüber der Prognose vom Juni wurde der Inflationsausblick etwas abwärtsrevidiert, vor allem wegen niedrigerer Energiepreise und eines geringeren Lohnwachstums.
Die staatliche Defizitquote sinkt leicht von 2,6 % im Jahr 2023 auf 2,4 % im Jahr 2027. Zwar entlastet, dass Hilfsmaßnahmen aus der Energiekrise entfallen. Andere Ausgaben steigen jedoch stark, etwa die der Sozialversicherungen sowie für Zinsen und Verteidigung. Die Schuldenquote sinkt auf 61,7 % im Jahr 2027 (2023: 62,9 %).
Unsicherheitsfaktoren für die Prognose bestehen derzeit insbesondere mit Blick auf zunehmenden Protektionismus, geopolitische Konflikte, die Auswirkungen der strukturellen Veränderungen und die Ausrichtung der künftigen Finanz- und Wirtschaftspolitik nach der Bundestagswahl. In der Gesamtschau überwiegen gegenwärtig für das Wirtschaftswachstum die Abwärtsrisiken und für die Inflation die Aufwärtsrisiken.
Tabelle 1.1: Prognose vom Dezember 2024 Veränderung gegenüber Vorjahr in %
Position
2024
2025
2026
2027
Reales BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
, kalenderbereinigt
- 0,2
0,2
0,8
0,9
Reales BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
, unbereinigt
- 0,2
0,1
1,1
1,0
Harmonisierter Verbraucherpreisindex
2,5
2,4
2,1
1,9
ohne Energie und Nahrungsmittel
3,3
2,4
1,9
2,0
Quelle: Statistisches Bundesamt (bis 3. Vierteljahr 2024). 2024 bis 2027 eigene Prognose.
1 Makroökonomischer Ausblick
1.1 Die deutsche Wirtschaft löst sich nur langsam aus der Stagnation
Die noch im Frühjahr bestehenden Hoffnungen auf eine sich langsam verstärkende Erholung der deutschen Wirtschaft haben sich nicht bestätigt. Statt spürbar zu expandieren, ging das reale BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
im Sommerhalbjahr saisonbereinigt etwas zurück.
1
Die Saisonbereinigung umfasst hier und im Folgenden auch die Ausschaltung von Kalendereinflüssen, sofern sie nachweisbar und quantifizierbar sind. In der Deutschland-Prognose vom Juni war für das zweite und dritte Quartal 2024 kumuliert ein Anstieg des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
um 0,5 % erwartet worden (vgl.: Deutsche Bundesbank (2024a)). Tatsächlich schrumpfte das BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
im zweiten Quartal um 0,3 % und stieg im dritten Quartal lediglich um 0,1 % an.
Trotz wachsender Absatzmärkte schrumpften die Exporte kräftig. Damit zeigten sich die Auswirkungen der verringerten Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft deutlicher als erwartet. Vor diesem Hintergrund sowie angesichts rückläufiger Produktion und einer sehr schwachen Kapazitätsauslastung in der Industrie fuhren die Unternehmen ihre Investitionen stärker zurück als gedacht. Die Wohnungsbauinvestitionen sanken ebenfalls stärker als erwartet. Schließlich blieb auch der Anstieg des privaten Konsums deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dabei dürfte eine Rolle gespielt haben, dass die beharrliche Schwäche der Wirtschaftsaktivität auch mit einer ungünstigeren Entwicklung am Arbeitsmarkt einherging.
Es zeigt sich zunehmend, dass die deutsche Wirtschaft nicht nur mit hartnäckigem konjunkturellen Gegenwind, sondern auch mit erheblichen strukturellen Problemen zu kämpfen hat. Sie steht unter einem hohen Anpassungsdruck, der von den sich ändernden strukturellen Rahmenbedingungen im In- und Ausland ausgeht. Dies macht vor allem der exportorientierten Industrie zu schaffen. Am heimischen Produktionsstandort muss sie sich insbesondere an die längerfristigen Auswirkungen des durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ausgelösten Energiepreisschocks
2
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2022a).
, die Erfordernisse der grünen Transition hin zu einer CO₂-neutralen Wirtschaft
3
Dies gilt insbesondere für die Kraftfahrzeugindustrie; vgl.
vgl. : vergleiche
hierzu: Deutsche Bundesbank (2024b), Die jüngere Entwicklung der Kraftfahrzeugindustrie in Deutschland, Exkurs in Konjunktur in Deutschland.
und die Folgen des demografischen Wandels
4
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2017).
anpassen. Belastend wirken zudem ein hoher regulatorischer Aufwand für die Unternehmen
5
Laut ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Institut (2024a) dämpfen insbesondere die starke Regulierung und die hohe Bürokratie die Investitionen deutscher Unternehmen.
und Unsicherheit über den wirtschaftspolitischen Rahmen.
6
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024c).
Darüber hinaus sehen sich die deutschen Unternehmen auf den Weltmärkten zunehmenden protektionistischen Tendenzen und einer wachsenden Konkurrenz aus aufstrebenden Volkswirtschaften ausgesetzt. Vor allem China hat in Branchen wie der Automobil- und Chemieindustrie sowie dem Maschinenbau, die für die deutsche Industrie besonders wichtig sind, stark aufgeholt und spürbar Marktanteile gewonnen.
7
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024b), Wettbewerbsdruck aus China für Deutschland und andere Industrieländer, Exkurs in Internationales und europäisches Umfeld.
Auch im vierten Quartal 2024 und im ersten Quartal 2025 dürfte die deutsche Wirtschaft nicht über eine Stagnation hinauskommen.
8
Die im Folgenden vorgestellte Deutschland-Prognose der Bundesbank wurde am 27. November 2024 abgeschlossen. Sie ging in die am 12. Dezember 2024 von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Prognose für den Euroraum ein.
Die noch im Frühjahr verbesserte Stimmung der Unternehmen trübte sich in den vergangenen Monaten wieder merklich ein. Insbesondere in der Industrie verschlechterte sich laut ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Institut die Geschäftslage, und die Unternehmen zeigen sich pessimistischer hinsichtlich ihrer kurzfristigen Aussichten. Industrieproduktion und Exporte dürften daher noch etwas sinken. Auch die Unternehmensinvestitionen werden wohl weiter zurückgehen. Die Bauwirtschaft könnte sich zwar langsam auf niedrigem Niveau stabilisieren. Gerade die Wohnungsbauinvestitionen dürften aber zunächst erneut schwächer ausfallen. Etwas stützen werden in der kurzen Frist wohl die Dienstleister. Allerdings schwächten sich auch ihre Geschäfte laut Umfragen von S&P Global und ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
etwas ab. Vom privaten Konsum könnten wohl immerhin begrenzte Impulse ausgehen. Insgesamt dürfte die Wirtschaftsleistung im laufenden Winterhalbjahr aber stagnieren. Nach Abschluss der Prognose veröffentlichte Konjunkturdaten für den Oktober stützen diese Einschätzung. Sie deuten auf einen schwachen Einstieg in das vierte Quartal hin. So lag die Produktion in Industrie und Bau spürbar beziehungsweise leicht unter dem Stand des dritten Quartals und auch die realen Einzelhandelsumsätze konnten diesen nicht ganz halten.
Im weiteren Verlauf des Jahres 2025 löst sich die deutsche Wirtschaft nur langsam aus der Stagnation. Vor allem die kontinuierlich steigende und sich festigende Auslandsnachfrage spricht dafür, dass die deutsche Wirtschaft im Verlauf des kommenden Jahres langsam wieder auf einen verhaltenen Expansionskurs einschwenkt.
Von der anziehenden Auslandsnachfrage sollte die deutsche Exportwirtschaft nach und nach profitieren, wenngleich aufgrund des starken Wettbewerbsdrucks nicht mehr in dem früher üblichen Umfang. Die Exporte fassen somit graduell wieder Tritt. Die privaten Investitionen gehen hingegen vorerst noch zurück. Der private Konsum legt zunächst nur wenig zu. Anders als in früheren Prognosen erwartet, ist er kein starker, eigenständiger Motor der Erholung mehr. Dies liegt vor allem daran, dass sich die realen verfügbaren Einkommen angesichts eingetrübter Aussichten am Arbeitsmarkt und geringerem Lohnwachstum deutlich schwächer darstellen.
In den Jahren 2026 und 2027 festigt sich das gesamtwirtschaftliche Expansionstempo etwas. Die Exporte liefern moderate Wachstumsimpulse. Die Unternehmensinvestitionen kehren wieder auf einen Expansionspfad zurück, gestützt durch eine steigende Kapazitätsauslastung sowie günstigere Finanzierungskonditionen. Letztere kommen – neben steigenden realen verfügbaren Einkommen – auch den privaten Wohnungsbauinvestitionen zugute, die sich dann ebenfalls verhalten erholen. Die privaten Haushalte erzielen wieder spürbare Kaufkraftgewinne und weiten ihren Konsum etwas stärker aus. Die staatlichen Investitions- und Konsumausgaben wirken in Summe im gesamten Prognosezeitraum stützend.
Tabelle 1.2: Technische Komponenten zur BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Wachstumsprognose in % beziehungsweise in Prozentpunkten
Position
2024
2025
2026
2027
Statistischer Überhang am Ende des Vorjahres1)
- 0,2
0,0
0,2
0,4
Jahresverlaufsrate2)
0,0
0,4
1,0
1,0
Jahresdurchschnittliche BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Rate, kalenderbereinigt
- 0,2
0,2
0,8
0,9
Kalendereffekt3)
0,0
- 0,1
0,3
0,1
Jahresdurchschnittliche BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Rate4)
- 0,2
0,1
1,1
1,0
Quelle: Statistisches Bundesamt (bis 3. Vierteljahr 2024). 2024 bis 2027 eigene Prognose. 1 Saison- und kalenderbereinigter Indexstand im vierten Quartal des Vorjahres in Relation zum kalenderbereinigten Quartalsdurchschnitt des Vorjahres. 2 Jahresveränderungsrate im vierten Quartal, saison- und kalenderbereinigt. 3 In % des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
.4 Abweichungen in der Summe rundungsbedingt.
Unter diesen Voraussetzungen wächst die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr nur geringfügig, legt 2026 und 2027 aber etwas deutlicher zu. Das kalenderbereinigte reale BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
sinkt im laufenden Jahr nochmals leicht um 0,2 % und wächst dann 2025 um 0,2 %, 2026 um 0,8 % und 2027 um 0,9 %. Damit wird der Wachstumsausblick gegenüber der Juni-Prognose im gesamten Prognosezeitraum deutlich abwärtsrevidiert, am stärksten für das Jahr 2025. Dahinter steht vor allem die länger anhaltende Schwäche der Industrie, die mit einer hartnäckigeren zyklischen Nachfrageschwäche einhergeht und zudem nunmehr stärker als strukturell eingeschätzt wird. Damit stellt sich der Ausblick für Exporte und gewerbliche Investitionen erheblich trüber dar. Auch die Prognose für den Anstieg des privaten Konsums wurde kräftig abwärtsrevidiert. Darin schlagen sich in erster Linie die deutlich schwächeren Arbeitsmarktaussichten nieder.
Tabelle 1.3a: Revisionen gegenüber der Prognose vom Juni 2024 Veränderung gegenüber Vorjahr in %
Position
2023
2024
2025
2026
BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
(real, kalenderbereinigt)
Prognose vom Dezember 2024
- 0,1
- 0,2
0,2
0,8
Prognose vom Juni 2024
0,0
0,3
1,1
1,4
Differenz (in Prozentpunkten)
- 0,1
- 0,5
- 0,9
- 0,6
Da die Aussichten auch aus strukturellen Gründen schwächer sind, wurde das erwartete Wachstum des Produktionspotenzials der deutschen Wirtschaft deutlich abwärtsrevidiert. Für die verhaltenen Wachstumsaussichten spielen die strukturellen Belastungsfaktoren eine wichtige Rolle. Sie haben zur Folge, dass das geschätzte Wachstum des Produktionspotenzials im Prognosezeitraum anhaltend schwach ausfällt. Die geschätzten Potenzialraten liegen zwischen 2024 und 2027 nur noch bei 0,4 % pro Jahr.
10
Zum Vergleich: Im Zeitraum 2011 bis 2019 betrug das Potenzialwachstum schätzungsgemäß durchschnittlich 1,4 % pro Jahr.
Die Wachstumsbeiträge von Kapital und Totaler Faktorproduktivität (TFP
TFP : Totale Faktorproduktivität
) fallen niedriger als in der Juni-Prognose aus, sodass die damals erwartete Erholung des Potenzialwachstums ausbleibt.
11
Die Raten für 2025 und 2026 wurden um 0,1 Prozentpunkte beziehungsweise 0,2 Prozentpunkte abwärtsrevidiert.
Auch jenseits des Prognosehorizonts stellen sich die Wachstumsmöglichkeiten der deutschen Wirtschaft aus heutiger Sicht sehr verhalten dar. Solange angebotsseitige Maßnahmen nicht konkret absehbar sind, ist nicht von einer Belebung des Potenzialwachstums auszugehen.
Auch das Niveau des Produktionspotenzials in den vergangenen Jahren wird nunmehr deutlich niedriger eingeschätzt. Insbesondere die bereits vor der Pandemie deutlich erkennbare Schwäche der Industrie und die Abschwächung des Produktivitätswachstums nach der Finanzkrise 2008/09 sind Anzeichen für größere strukturelle Belastungen durch Faktoren, die schon länger wirken. Dazu zählen unter anderem der demografische Wandel, die tendenziell abnehmenden Effizienzgewinne aus der digitalen Transformation
12
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2023a).
und der zunehmende Protektionismus sowie die seit der Finanz- und Wirtschaftskrise beobachtbare, trendmäßige Abschwächung des Welthandels.
13
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2023b).
Aus heutiger Sicht werden diese dämpfenden strukturellen Kräfte als stärker eingeschätzt, und infolgedessen wurde das Wachstum des Produktionspotenzials rückwirkend für die Jahre 2014 bis 2019 spürbar nach unten revidiert.
14
Dies spiegelt sich in geringer als bislang geschätzten Beiträgen der trendmäßigen TFP
TFP : Totale Faktorproduktivität
und des Kapitaleinsatzes wider. Das Potenzialwachstum im Zeitraum von 2020 bis 2024 war dagegen bereits vorsichtig eingeschätzt worden und wurde in dieser Prognose nur geringfügig revidiert.
Damit wird zugleich die günstige Entwicklung der Wirtschaftsaktivität in den Jahren vor der Pandemie als stärker konjunkturell eingestuft.
Die negative Produktionslücke schließt sich bis 2027 weitgehend. Infolge der revidierten Potenzialschätzung fällt die geschätzte Produktionslücke am aktuellen Rand geringer aus, und damit reduziert sich auch das Aufholpotenzial im Prognosezeitraum. Die Produktionslücke ist aber derzeit nach wie vor negativ. Hierfür dürfte mittlerweile auch eine zu schwache gesamtwirtschaftliche Nachfrage wieder eine ausschlaggebende Rolle spielen.
15
Während der vergangenen Jahre spielten hingegen auch vorübergehende Einschränkungen des Angebots eine Rolle, vgl.
vgl. : vergleiche
beispielsweise die Ausführungen in: Deutsche Bundesbank (2023c), S. 15 f.
Darauf deuten die ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Umfragedaten zu Produktionshemmnissen hin, die überwiegend einen Mangel an Aufträgen oder Nachfrage als größtes Produktionshemmnis anzeigen. Mit der erwarteten Erholung der Wirtschaftsaktivität schließt sich die Produktionslücke bis zum Ende des Prognosezeitraums 2027 weitgehend.
Exkurs
Rahmenbedingungen der Deutschland-Prognose
Die Deutschland-Prognose basiert auf Annahmen über die Weltwirtschaft, die Wechselkurse, die Rohstoffpreise und die Zinssätze, die von Fachleuten des Eurosystems gemeinsam festgelegt wurden. Den Annahmen liegen Informationen zugrunde, die am 20. November 2024 verfügbar waren. Die Prognose bezieht finanzpolitische Maßnahmen ein, sobald sie hinreichend spezifiziert sind und ihre Umsetzung als wahrscheinlich angesehen wird.
Außenwirtschaftliches Umfeld
Die Weltwirtschaft wächst im Prognosezeitraum moderat.
1
Alle folgenden Angaben zum Weltwirtschaftswachstum und zum Welthandel beziehen sich auf globale Aggregate ohne den Euroraum.
Die globale Wirtschaftsaktivität entwickelte sich im vergangenen Sommerhalbjahr weitgehend im Einklang mit den Annahmen der Deutschland-Prognose vom Juni. Die Binnennachfrage in den Vereinigten Staaten war etwas dynamischer als erwartet. Dieser Schwung erhöht neben wirtschaftspolitischen Stimuli in China und dem Vereinigten Königreich das für das kommende Jahr erwartete Wachstum der Weltwirtschaft. Gedämpft wird der globale Ausblick zugleich von einer geringer als im Juni erwarteten Dynamik in den mittel- und osteuropäischen Ländern. Nach einem Wachstum von 3,4 % im laufenden Jahr wird für die Weltwirtschaft im kommenden Jahr ein Zuwachs von 3,5 % erwartet. In den Jahren 2026 und 2027 schwächt er sich wieder leicht auf Raten von 3,3 % und 3,2 % ab. Für die Vereinigten Staaten wird die von der designierten US
US : United States
-Regierung in Aussicht gestellte Verlängerung der zum Jahresende 2025 auslaufenden Steuersenkungen für private Haushalte und Unternehmen aus dem "Tax Cuts and Jobs Act" berücksichtigt. Weitere im Raum stehende Maßnahmen, etwa in der Handels- oder Migrationspolitik, sind wegen ihrer ungewissen Umsetzung und Ausgestaltung nicht mit eingeflossen.
2
Von ihnen geht teils ein erhebliches Risiko für die globale Wirtschaftsentwicklung, insbesondere den Welthandel, aus. Vgl.
Der wirtschaftliche Erholungsprozess in den anderen Ländern des Euroraums setzt sich fort. Die der Prognose zugrunde liegende wirtschaftliche Entwicklung in den anderen Ländern des Euroraums ergibt sich aus den Prognosen der nationalen Zentralbanken, die in die am 12. Dezember 2024 von der EZB
EZB : Europäische Zentralbank
veröffentlichte Prognose für den Euroraum eingegangen sind.
3
Vgl.: Europäische Zentralbank (2024).
Demzufolge verstärkt sich das Wirtschaftswachstum im Euroraum ohne Deutschland nach einer Rate von 1,1 % im laufenden Jahr auf 1,5 % und 1,7 % in den Jahren 2025 und 2026. Damit fällt die Dynamik nur im kommenden Jahr geringfügig niedriger aus als in der Prognose vom Juni und ist ansonsten weitgehend unverändert. Für 2027 wird mit einer leichten Abschwächung der Zuwachsrate auf 1,5 % gerechnet.
Der globale Handel verliert zwar an Dynamik, aber das deutsche Absatzmarktwachstum holt seinen Rückstand auf – in den Jahren 2026 und 2027 expandieren beide im Einklang mit dem globalen Wirtschaftswachstum. Der internationale Handel legte im Sommerhalbjahr 2024 stärker zu als in der Juni-Prognose erwartet. Vor allem die Importe der USA
USA : United States of America
, des Vereinigten Königreichs und einiger Schwellenländer expandierten kräftig. Für den Welthandel wird mit einer Abschwächung der Dynamik im Prognosezeitraum gerechnet. Nach einem Anstieg von 4,0 % im Durchschnitt des laufenden Jahres und von 3,6 % im kommenden Jahr werden für 2026 und 2027 Wachstumsraten von 3,3 % und 3,2 % erwartet, im Einklang mit dem globalen Wirtschaftswachstum. Die Absatzmärkte der deutschen Exporteure entwickeln sich im laufenden Jahr schwächer als der Welthandel. Ursächlich sind die rückläufigen Importe der Handelspartner Deutschlands innerhalb des Euroraums. Im kommenden Jahr nähert sich die Dynamik der Absatzmärkte dann derjenigen des Welthandels wieder weitgehend an. Für 2026 und 2027 wird ein Zuwachs im Einklang mit der Dynamik des Welthandels erwartet.
Tabelle 1.4: Wichtige Annahmen der Prognose
Position
2024
2025
2026
2027
1 Gegenüber 42 Währungen wichtiger Handelspartner des Euroraums (EWK
EWK : Effektiver Wechselkurs
-42-Gruppe), 1. Vierteljahr 1999 = 100. 2 Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von über neun bis zehn Jahren. 3US
US : United States
-Dollar je Fass der Sorte Brent. 4 Euro je Megawattstunde. 5 Großhandelspreise im Euroraum basierend auf Daten der Europäischen Zentralbank 6 In US
US : United States
-Dollar. 7 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. 8 Erzeugerpreise für Nahrungsmittel im Euroraum basierend auf Daten der Europäischen Kommission. In Euro. 9 Kalenderbereinigt.
Wechselkurse für den Euro
US
US : United States
-Dollar je Euro
1,08
1,06
1,06
1,06
Effektiv1)
124,2
123,5
123,5
123,5
Zinssätze
EURIBOR
EURIBOR : euro interbank offered rate
-Dreimonatsgeld
3,6
2,1
2,0
2,2
Umlaufrendite öffentlicher Anleihen2)
2,4
2,4
2,5
2,6
Preise
Rohöl3)
81,8
71,8
70,1
69,2
Erdgas4)
34,3
42,9
34,9
29,3
Strom4) 5)
76,7
89,9
79,5
73,6
Sonstige Rohstoffe6) 7)
8,9
5,8
- 0,4
- 1,7
Nahrungsmittel7) 8)
- 1,2
5,0
2,1
1,4
Absatzmärkte der deutschen Exporteure7) 9)
1,6
3,1
3,3
3,2
1 Gegenüber 42 Währungen wichtiger Handelspartner des Euroraums (EWK
EWK : Effektiver Wechselkurs
-42-Gruppe), 1. Vierteljahr 1999 = 100. 2 Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von über neun bis zehn Jahren. 3US
US : United States
-Dollar je Fass der Sorte Brent. 4 Euro je Megawattstunde. 5 Großhandelspreise im Euroraum basierend auf Daten der Europäischen Zentralbank 6 In US
US : United States
-Dollar. 7 Veränderung gegenüber Vorjahr in %. 8 Erzeugerpreise für Nahrungsmittel im Euroraum basierend auf Daten der Europäischen Kommission. In Euro. 9 Kalenderbereinigt.
Rohstoffpreise
Die Preise für Energierohstoffe gehen in der Tendenz im Prognosezeitraum zurück. Nachfragesorgen ließen die Rohölnotierungen seit dem Sommer sinken. Sie wogen schwerer als preisstützende Faktoren, wie die anhaltenden Förderkürzungen der OPEC
OPEC : Organization of the Petroleum Exporting Countries
und Spannungen im Nahen Osten. Die Terminnotierungen weisen für die kommenden drei Jahre auf einen weiteren Preisrückgang hin. Sie liegen auch unterhalb jener aus der Juni-Prognose. Die Gaspreise im europäischen Großhandel stiegen hingegen seit dem Sommer deutlich. Auch die Terminnotierungen zogen an und liegen über den Annahmen vom Juni. Dafür dürften unter anderem die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Krieg zwischen Russland und der Ukraine eine Rolle gespielt haben. Zudem begannen die europäischen Gasspeicherstände angesichts einer frühen Kälteperiode bereits etwas früher als in den Vorjahren zu sinken. Daher ist mit einer höheren Nachfrage zum Befüllen der Gasspeicher in der kommenden Sommersaison zu rechnen. Die Terminnotierungen lassen nach dem Winter 2024/25 dennoch wieder rückläufige Gaspreise erwarten. Auch die europäischen Strompreise dürften im Jahresmittel ab 2025 zurückgehen, wobei im unterjährigen Verlauf der Terminnotierungen jeweils in den Wintermonaten saisonal übliche Preisanstiege angelegt sind.
Die sonstigen Rohstoffpreise steigen zunächst weiter, gehen aber – mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Erzeugerpreise – nach dem kommenden Jahr etwas zurück. Nach einem Rückgang im Sommer stiegen die sonstigen Rohstoffpreise in den vergangenen Monaten wieder etwas an. Zum Anstieg der Nahrungsmittelrohstoffpreise dürften auch Ernteausfälle aufgrund der rekordhohen globalen Temperaturen in den Sommern 2023 und 2024 beigetragen haben.
4
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024g).
Für die Nichtenergierohstoffpreise insgesamt weisen die Terminnotierungen auf einen weiteren Anstieg im kommenden Jahr hin, bevor sie dann 2026 und 2027 geringfügig zurückgehen. Die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise im Euroraum sinken zwar im Durchschnitt des laufenden Jahres noch leicht. Für die kommenden drei Jahre wird aber mit einem Anstieg gerechnet, sodass ihr Niveau zunehmend über jenem der Juni-Prognose liegt.
Zinsen und Wechselkurs
Die Zinsannahmen sind zunächst noch leicht rückläufig, bevor sie wieder etwas steigen. Der EZB
EZB : Europäische Zentralbank
-Rat senkte die Leitzinssätze auf seinen geldpolitischen Sitzungen im Juni, September und Oktober 2024 um jeweils 25 Basispunkte. Die Terminnotierungen des EURIBOR
EURIBOR : euro interbank offered rate
waren zum Cut-off-Datum bis 2026 abwärtsgerichtet, bevor sie dann für 2027 wieder leicht nach oben wiesen. Sie liegen damit für die kommenden beiden Jahre unter denjenigen der Juni-Prognose. Für zehnjährige Bundesanleihen zeigt sich in den Terminnotierungen für das kommende Jahr eine weitgehend konstante Rendite, die dann ab 2026 leicht über die Annahmen der Juni-Prognose ansteigt. Auch für Bankkredite wird mit zunächst noch leicht rückläufigen, dann aber wieder etwas steigenden Finanzierungskosten gerechnet, die jedoch unter denen der Juni-Prognose liegen.
Der Euro wertete seit Juni 2024 ab. Erwartungen hinsichtlich der US
US : United States
-Geldpolitik sowie der Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA
USA : United States of America
belasteten den Euro. In dem für die Ableitung der Wechselkursannahmen relevanten Zeitraum notierte er bei 1,06 US-$ und damit 1,9 % unter den Juni-Annahmen. Mit 0,6 % fiel die Abwertung des Euro in Bezug auf 41 für den deutschen Außenhandel wichtige Währungen wegen Kursgewinnen gegenüber einigen mitteleuropäischen Währungen geringer aus.
Finanzpolitik
Für 2025 liegt kein Bundeshaushalt vor, und die Prognose unterstellt, dass vorerst die Regeln der vorläufigen Haushaltsführung greifen. Die Bundesausgaben fließen damit auch ohne neue Haushaltspläne stetig, ein restriktiver Sparkurs ist nicht nötig.
5
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024b).
Als einzige geplante, aber noch nicht verabschiedete Rechtsänderung ist der Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer berücksichtigt: Er ist etabliert und daher in allen Prognosejahren unterstellt (wie bereits in früheren Deutschland-Prognosen der Bundesbank).
Temporäre Krisenmaßnahmen belasten den Staatshaushalt letztmals im Jahr 2024. Isoliert betrachtet sinkt durch den Wegfall dieser Maßnahmen die Defizitquote um gut 1 Prozentpunkt im laufenden und um ½ Prozentpunkt im kommenden Jahr. Im laufenden Jahr entfallen vor allem die umfangreichen Ausgaben für die Energiepreisbremsen. Die Mindereinnahmen durch die Inflationsausgleichsprämien, die von Abgaben befreit sind, ergeben sich letztmals 2024. Außerdem war der Umsatzsteuersatz auf Gas und Wärme im ersten Quartal 2024 noch reduziert.
Der Gesamtbeitragssatz der Sozialversicherung steigt im Prognosezeitraum annahmegemäß auf ein Rekordniveau. Ausschlaggebend sind vor allem die Beitragssätze der Kranken- und Pflegeversicherung. Für 2025 hebt die Bundesregierung den rechnerischen Zusatzbeitragssatz der Krankenkassen kräftig und den Beitragssatz der Pflegeversicherung spürbar an. Auch in den Folgejahren legen die Beitragssätze der Kranken- und Pflegeversicherung gemäß dieser Prognose weiter deutlich zu. Der Beitragssatz der Rentenversicherung steigt 2027 annahmegemäß etwas. Die steigenden Beitragssätze schließen Finanzierungslücken, die vor allem durch stark steigende Leistungsausgaben entstehen.
6
Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024b).
Die Prognose unterstellt, dass die kalte Progression weiterhin nachträglich durch entsprechende Anpassungen des Steuertarifs ausgeglichen wird. Mindereinnahmen resultieren zudem, weil die einkommensteuerlichen Freibeträge für 2024 rückwirkend nochmals steigen. Zudem ist die Stromsteuer für Unternehmen im produzierenden Gewerbe bis Ende 2025 reduziert. Die Einnahmen aus den gewinnabhängigen Steuern nehmen hingegen maßnahmenbedingt vor allem ab 2025 stärker zu: Die erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten in vergangenen Jahren wurden genutzt, um beschleunigt abzuschreiben. Deshalb fallen nun entsprechend geringere Abschreibungen an – und damit höhere Steuereinnahmen.
Bei weiteren Maßnahmen stehen Mehreinnahmen und -ausgaben teils miteinander im Zusammenhang. So legen die Einnahmen aus CO2-Zertifikaten über die Prognosejahre sukzessive zu. Sie finanzieren Ausgaben des Klimafonds. Mehreinnahmen im laufenden Jahr ergeben sich zudem aus der erweiterten LKW
LKW : Lastkraftwagen
-Maut. Ein guter Teil davon fließt in die Modernisierung des Schienennetzes. Sinkende Einnahmen entstehen hingegen 2027 dadurch, dass das EU
EU : Europäische Union
-Programm Next Generation EU
EU : Europäische Union
endet. Angesichts der angespannteren Finanzlage beim Bund ist nun unterstellt, dass er damit verbundene Ausgaben dann teils auslaufen lässt.
Exkurs
Zur Prognose der Verwendungskomponenten im Detail
Die Exporte gehen erst im Verlauf des kommenden Jahres wieder auf einen moderaten Expansionskurs. Trotz robust wachsender Absatzmärkte werden die Exporte wohl auch im laufenden Winterhalbjahr keine gesamtwirtschaftlichen Wachstumsimpulse liefern. Der industrielle Auftragseingang aus dem Ausland verbesserte sich zwar im dritten Quartal etwas, befindet sich aber weiterhin auf niedrigem Niveau. Dementsprechend blicken die deutschen Exporteure laut ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Institut überwiegend pessimistisch in die nähere Zukunft. Erst im weiteren Verlauf des kommenden Jahres dürfte sich die Lage langsam verbessern. Vor dem Hintergrund einer robusten Weltwirtschaft und einer sich festigenden, kontinuierlich wachsenden Auslandsnachfrage sollte die Exportindustrie langsam wieder Fuß fassen. Das Wettbewerbsumfeld bleibt aber schwierig und der Anpassungsdruck hoch. Dementsprechend expandieren die Exporte im gesamten Prognosezeitraum spürbar schwächer als die Absatzmärkte. Die deutschen Exporteure verlieren somit weiter Marktanteile, und die Exporte tragen weniger zum Wirtschaftswachstum bei als in früheren Erholungsphasen.
Mit deutlicher Verzögerung beginnen auch die Unternehmensinvestitionen sich zu erholen. Das Investitionsumfeld für die deutschen Unternehmen ist derzeit außerordentlich schwierig. Die anhaltende Schwäche der Exportindustrie und die auch im Zuge der vorangegangenen geldpolitischen Straffung gedämpfte inländische Nachfrage nach Kapitalgütern führten zu deutlich unterausgelasteten Kapazitäten im Verarbeitenden Gewerbe. Neben dem konjunkturellen Gegenwind belasten auch die strukturellen Hemmnisse die Investitionsneigung. Vor diesem Hintergrund ist die Stimmung der Investitionsgüterproduzenten nach Angaben des ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Instituts nach wie vor merklich eingetrübt, und auch die Buchkreditvergabe an nichtfinanzielle Unternehmen verharrt auf niedrigem Niveau. Die gewerblichen Investitionen dürften daher bis in das kommende Jahr hinein weiter zurückgehen. Erst nachdem die Gesamtwirtschaft einige Quartale expandiert ist, die Kapazitäten wieder besser ausgelastet sind und die dämpfenden Effekte der geldpolitischen Straffung abgeklungen sind, schwenken die Unternehmensinvestitionen wieder auf einen Erholungskurs ein. Sie tragen daher erst 2026 wieder leicht und 2027 etwas stärker zur BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Expansion bei.
Der private Konsum wächst zunächst nur wenig, ab 2026 etwas stärker. Nach den Kaufkraftverlusten durch die hohe Inflation steigen die Arbeitseinkommen zwar schon seit einiger Zeit stärker als die Verbraucherpreise. Der private Konsum wird dadurch bislang aber noch nicht besonders angeregt. Denn weitere Belastungsfaktoren bestehen fort. Die von der anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase, den politischen Rahmenbedingungen und den geopolitischen Konflikten ausgehende Unsicherheit ist hoch. Zuletzt trübte sich zudem der Arbeitsmarkt spürbar ein, und vermutlich stiegen die Sorgen um die Arbeitsplatzsicherheit. Vor diesem Hintergrund blieb der private Konsum deutlich hinter den Erwartungen der Juni-Prognose zurück. Im zweiten Quartal schrumpfte er spürbar, und im dritten Quartal legte er trotz kräftig steigender Löhne nur etwas zu, sodass die Sparquote deutlich anstieg. Auch im laufenden Quartal dürfte er zumindest etwas steigen. Darauf deuten die verfügbaren Indikatoren hin, etwa die im Oktober kräftig gestiegenen privaten Kraftfahrzeugzulassungen. Auch die Anschaffungsneigung gemäß der GfK
GfK : market research institution
-Umfrage lag im Durchschnitt von Oktober und November 2024 über dem Vorquartal. Allerdings trübte sich das GfK
GfK : market research institution
-Konsumklima insgesamt wieder ein. Im kommenden Jahr wächst der private Konsum nur wenig, denn die realen verfügbaren Einkommen gehen nach dem kräftigen Anstieg zuvor sogar leicht zurück. Neben dem schwächeren Arbeitsmarkt trägt dazu bei, dass den privaten Haushalten mit Entfall der steuer- und sozialbeitragsfreien Inflationsausgleichsprämien und deutlich steigenden Sozialbeiträgen von den ohnehin schwächer steigenden Löhnen netto weniger übrig bleibt als im laufenden Jahr. Sie dürften ihren Konsum aber etwas glätten, indem sie ihre erhöhte Sparquote reduzieren. In den Jahren 2026 und 2027 legen die realen verfügbaren Einkommen wieder spürbar zu, vor allem, weil die Inflation zurückgeht und die Löhne wieder etwas stärker steigen. Mit Aufhellung der Konjunktur und dem sich wieder verbessernden Arbeitsmarkt lassen zudem Vorsichtsmotive nach und die Sparquote geht noch etwas weiter zurück. Der private Konsum nimmt daher wieder etwas an Fahrt auf.
Die Wohnungsbauinvestitionen erholen sich ab Mitte 2025 zögerlich. In den letzten Jahren verringerten sich die Wohnungsbauinvestitionen deutlich; ihr Niveau ist mittlerweile so niedrig wie zuletzt 2013.
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Dieses Bild zeigt sich drastischer als nach dem Datenstand der Juni-Prognose, denn die Wohnungsbauinvestitionen am aktuellen Rand wurden im August spürbar nach unten revidiert.
Der Rückgang setzte sich bis zuletzt fort und war sogar noch stärker als im Juni erwartet. Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass sich der Wohnungsmarkt – ähnlich wie erwartet – stabilisiert und die Wohnungsbauinvestitionen langsam ihrem Tiefpunkt entgegensteuern. So fingen sich die Preise für Wohnimmobilien jüngst und stiegen erstmals seit 2022 wieder. Die Baugenehmigungen waren zwar bis zuletzt noch rückläufig, aber der Auftragseingang im Wohnungsbau legte im dritten Quartal das zweite Mal in Folge zu. Zu dieser Stabilisierung der Nachfrage dürfte beitragen, dass sich der Anstieg der Baukosten deutlich abschwächte und die Effektivzinssätze für Wohnungsbaukredite im Gefolge der geldpolitischen Lockerung schon ein Stück weit zurückgegangen sind. Gleichwohl ist das generelle Niveau der Nachfrage immer noch schwach. Gemäß ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Umfragen klagen immer noch über 50 % der Unternehmen im Wohnungsbau über einen Auftragsmangel. Die Wohnungsbauinvestitionen dürften daher im laufenden und im ersten Quartal 2025 noch leicht sinken, bevor sie beginnen, sich langsam zu erholen. Eine grundsätzliche Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum ist nämlich vorhanden.
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Dies gilt insbesondere in Ballungsräumen. Neben der hohen Zuwanderung sorgt dafür auch die zunehmende Anzahl an Ein-Personen-Haushalten, die einen Anstieg der genutzten Wohnfläche pro Person bewirkt.
Das vergleichsweise günstige Kauf- zu-Mietpreis-Verhältnis dürfte ebenfalls stützend wirken.
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Die Immobilienpreise waren ab Mitte 2022 kräftig gefallen, während die Mieten spürbar zulegten. Das Kauf- zu-Mietpreis-Verhältnis ist daher im Vergleich zu den Jahren vor 2022 deutlich günstiger. Im Prognosezeitraum steigen die Immobilienpreise zwar wieder etwas stärker als die Mieten, ihr Verhältnis bleibt aber vergleichsweise günstig.
In den beiden Folgejahren nimmt die Erholung dann etwas mehr Fahrt auf. Sie wird insbesondere von den günstigeren Finanzierungskosten und der sich verbessernden Einkommenssituationen der privaten Haushalte getragen. Darüber hinaus stützt der hohe Bedarf an energetischen Renovierungen von Bestandsimmobilien. Insgesamt wird das Wohnungsangebot allerdings nur begrenzt ausgeweitet. Dies führt zu einem gewissen Aufwärtsdruck auf die Wohnimmobilienpreise. Sie legen daher weiter zu, wenn auch mit deutlich niedrigeren Raten als in der Niedrigzinsphase.
Die reale Staatsnachfrage wächst im Prognosezeitraum deutlich. Die staatlichen Investitionen erhöhen sich bis 2026 kräftig und sinken 2027 etwas. Einerseits steigen die Militärausgaben bis 2026 stark. Andererseits halten die Bauinvestitionen ihr Niveau nicht ganz, da die Haushaltslage der Gebietskörperschaften angespannter wird. Der Staatskonsum steigt recht kontinuierlich, vor allem aufgrund höherer Ausgaben für Gesundheit und Pflege.
Die realen Importe wachsen ab dem kommenden Jahr wieder spürbar, der Leistungsbilanzüberschuss fällt leicht unter 6 % des nominalen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
. Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche zeigt sich auch in den realen Importen, die im laufenden Jahr voraussichtlich erneut leicht zurückgehen. Ab 2025 legen sie jedoch wieder zu – zunächst zwar nur moderat, aber 2026 und 2027 mit der sich festigenden wirtschaftlichen Erholung dann wieder deutlicher. Aufgrund der im Vergleich zu den Exporten schwungvolleren Inlandsnachfrage übertreffen sie den Anstieg der Exporte im gesamten Prognosezeitraum, insbesondere im kommenden Jahr. Da sich die Terms of Trade zugleich nur leicht verbessern, geht der Handelsbilanzsaldo 2025 deutlich zurück (anteilig am nominalen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
), bevor er sich im weiteren Prognosezeitraum etwa seitwärts bewegt. Dies trägt dazu bei, dass der Leistungsbilanzüberschuss von voraussichtlich leicht über 6 % des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
im laufenden Jahr etwas unter 6 % des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
im kommenden Jahr fällt und in den Folgejahren auf diesem Niveau verbleibt.
1.2 Der Arbeitsmarkt schwächt sich vorübergehend spürbar ab
Die anhaltende Schwäche der deutschen Wirtschaft beeinträchtigte den Arbeitsmarkt merklich – er ist aber weiterhin recht robust. Die Erwartungen vom Juni auf eine baldige Erholung am Arbeitsmarkt erfüllten sich nicht. Die zuvor schon nur gedämpft steigende Beschäftigung drehte in den letzten Monaten ins Minus, und die Arbeitslosigkeit erhöhte sich stärker als erwartet. Nach langen Jahren sehr günstiger Arbeitsmarktzahlen erscheint diese Eintrübung zwar besonders markant.
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Dieses Datenbild stellte sich zudem erst mit einer gewissen Verzögerung ein. Mit der Veröffentlichung der Erwerbstätigenzahlen am 30. Oktober 2024 durch das Statistische Bundesamt wurden insbesondere die Monate ab Juni 2024 abwärtsrevidiert. Dadurch stellte sich neben dem niedrigeren Beschäftigungsstand vor allem die Beschäftigungsdynamik negativer dar als zuvor. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024b), Kapitel 3 "Arbeitsmarkt kühlte im Sommer ab".
Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Arbeitsmarkt im Kern und verglichen mit früheren Phasen schwachen Wachstums weiterhin recht robust zeigt. Das Beschäftigungsniveau ist hoch, die Arbeitslosigkeit vergleichsweise niedrig. Und im Spannungsfeld zwischen anhaltend schwacher Nachfrage und demografisch bedingtem, strukturellem Fachkräftemangel vermeiden die Unternehmen, soweit es geht, Entlassungen im größeren Stil. Sie fuhren zwar die Beschäftigung in der Arbeitnehmerüberlassung deutlich zurück, hielten aber ihre Stammbelegschaften bislang überwiegend und akzeptierten dabei auch eine geringere Arbeitsproduktivität.
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Kurzarbeit wird nur im Verarbeitenden Gewerbe leicht verstärkt in Anspruch genommen. Dieses Instrument dient der Überbrückung kurzfristiger Nachfrageausfälle und ist für viele Betriebe in der aktuellen Lage eher ungeeignet.
Zudem drücken geleerte Arbeitszeitkonten und geringe Überstunden die durchschnittliche Arbeitszeit.
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Daneben spielen der Rückgang durch den anhaltenden Teilzeittrend und ein immer noch hoher Krankenstand eine Rolle.
Aus demografischen Gründen gehen gegenwärtig viele Beschäftigte in den Ruhestand. Das bietet Möglichkeiten, den Personalbestand ohne betriebsbedingte Kündigungen zu verringern, indem nicht in vollem Maße Ersatz eingestellt wird. Die Zahl der Stellenangebote verringerte sich in diesem Zusammenhang signifikant, ist im historischen Vergleich aber immer noch recht hoch. Dazu trägt auch bei, dass im Rahmen des Strukturwandels einige Sektoren von einer verstärkten Arbeitsnachfrage profitieren.
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Dies betrifft insbesondere die Nachfrage nach Gesundheits- und Pflegepersonal, Erziehungs-, Ingenieurs- und IT
IT : Informationstechnologie
-Fachkräften sowie Fachkräften für qualifizierte unternehmensnahe Dienstleistungen.
Angesichts der anhaltenden Stagnation der deutschen Wirtschaft dürfte die Beschäftigung auch im laufenden Winterhalbjahr sinken. Mit zunehmender Dauer der schwachen Geschäftstätigkeit dürfte insbesondere das Verarbeitende Gewerbe, aber auch der unter dem verhaltenen Konsum leidende Handel, verstärkt Personal abbauen. Darauf deutet das ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Beschäftigungsbarometer hin, welches sich hier tief im negativen Bereich befindet. Da die vom Strukturwandel profitierenden Branchen weiter einstellen dürften, sollte der Rückgang der Beschäftigung aber insgesamt begrenzt bleiben. Auch andere Frühindikatoren wie das IAB
IAB : Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
-Arbeitsmarktbarometer Beschäftigung sprechen für einen insgesamt immer noch recht widerstandsfähigen Arbeitsmarkt. Gleichwohl dürfte die Arbeitslosigkeit weiter moderat ansteigen.
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Nach Abschluss der Prognose bekannt gewordene Daten waren etwas besser als erwartet. Mit weiter (wenngleich nur geringfügig) steigender Arbeitslosigkeit im November und leicht (und in erster Linie im Verarbeitenden Gewerbe) zurückgehender Beschäftigung im Oktober bestätigten sie aber die Grundtendenzen der Prognose.
Dazu trägt auch bei, dass die Verschiebungen in der Wirtschaftsstruktur zu einer verringerten Passgenauigkeit von vorhandenen und nachgefragten Berufen und Qualifikationen führen.
Die im Laufe des Jahres 2025 allmählich einsetzende wirtschaftliche Erholung dürfte am Arbeitsmarkt zunächst nicht zu vermehrten Einstellungen führen. Die Beschäftigung dürfte im Verlauf des Jahres 2025 nochmals leicht zurückgehen. In Verbindung mit dem seit Mitte 2024 anhaltenden Beschäftigungsabbau kommt es damit im Jahresdurchschnitt 2025 zu einem spürbaren Rückgang der Erwerbstätigenzahl. Jedoch sollte das vorhandene Personal im Verlauf des Jahres wieder intensiver eingesetzt werden und sich die gedrückte Produktivität und Arbeitszeit ein Stück weit erholen. Die Arbeitslosigkeit steigt vor diesem Hintergrund bis weit in das nächste Jahr hinein. Damit wird der Arbeitsmarktausblick für das Jahr 2025 gegenüber der Prognose vom Juni spürbar schwächer eingeschätzt.
Im weiteren Prognosezeitraum erholt sich der Arbeitsmarkt wieder, er bleibt aber weniger stark angespannt als in früheren Prognosen erwartet. Die wirtschaftliche Erholung führt ab 2026 wieder zu steigender Erwerbstätigkeit, sinkender Arbeitslosigkeit und zunehmendem Fachkräftemangel. Auch die Arbeitszeit und die Arbeitsproduktivität erholen sich weiter. Der Arbeitsmarkt steht dabei vor der Herausforderung, dass das Arbeitskräfteangebot ab 2026 aus demografischen Gründen sinkt, obwohl die individuelle Erwerbsbeteiligung weiter steigt und eine erhebliche Zuwanderung unterstellt wird.
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Im laufenden Jahr war die Zuwanderung bisher etwas niedriger als in der Juni-Prognose erwartet. Laut Außenwanderungsstatistik von Destatis sind im Saldo bis August 272 000 Personen nach Deutschland zugezogen, etwa ein Drittel weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Für 2024 insgesamt wird mit einem Saldo von 480 000 Personen gerechnet, der in den Folgejahren weiter sinkt (2025: 400 000 Personen, ab 2026: 300 000 Personen pro Jahr).
Das Integrationstempo der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt hatte sich zuletzt zwar spürbar verbessert.
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Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024b), Kapitel 3 "Arbeitsmarkt kühlte im Sommer ab".
Allerdings erfordert die Integration sowohl der Zuwanderer als auch der Arbeitslosen, denen durch den Strukturwandel eine erhöhte berufliche oder räumliche Mobilität abverlangt wird, Einsatz und Zeit. Daher geht die Arbeitslosigkeit nur moderat zurück und erreicht 2027 noch nicht wieder die Tiefststände von vor dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie.
1.3 Die Löhne steigen nach nochmals starkem Jahr 2024 künftig deutlich schwächer
Die Tariflöhne verlieren ab dem kommenden Jahr angesichts niedrigerer Inflationsraten, länger anhaltender Konjunkturschwäche und der Eintrübung am Arbeitsmarkt deutlich an Schwung. Seit der Deutschland-Prognose vom Juni wurden bis Oktober zunächst noch überwiegend höher als erwartete Tarifabschlüsse vereinbart. Allerdings zeigte sich auch, dass die Arbeitnehmer ihre Lohnerwartungen teils dem veränderten wirtschaftlichen Umfeld anpassen müssen. So einigten sich die Tarifpartner in der Metall- und Elektroindustrie jüngst unter dem Eindruck der anhaltend schwachen Konjunktur und dem Anpassungsdruck in der Branche auf Lohnanhebungen merklich unter den Erwartungen der Juni-Prognose.
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Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024b), Kapitel 4 "Löhne steigen aktuell noch stark".
Die niedrigeren Inflationsraten, die trübe Konjunktur und eine geschwächte Arbeitsnachfrage lassen auch allgemein in den kommenden Monaten im Vergleich zu den Vorjahren moderatere Abschlüsse erwarten. Dabei dürfte sich die hohe Heterogenität in der Branchenkonjunktur bemerkbar machen.
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In einigen der besser laufenden Dienstleistungsbereiche zeigen sich anhaltende Arbeitsmarktknappheiten. Daher werden die Tarifvertragspartner dort wohl eher höhere Lohnsteigerungen abschließen. Vgl.: Deutsche Bundesbank (2024d). In den Prognosen der Tarifverdienststeigerungen werden sämtliche in der Tarifverdienststatistik der Bundesbank erfassten Abschlüsse der Vergangenheit (etwa 550 Tarifverträge und Besoldungsregelungen) berücksichtigt. Am Ende ihrer vertraglichen Laufzeit werden sie unter Beachtung gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen und branchenspezifischer Besonderheiten fortgeschrieben.
Im kommenden Jahr dämpft zudem der Entfall der Inflationsausgleichsprämien den Lohnanstieg, weil diese nur zum Teil durch reguläre Tariferhöhungen ersetzt werden. Im Jahresmittel geht er stark auf 2,5 % zurück. Im Jahr 2026 steigen die Tariflöhne wieder etwas stärker an. Dabei wirken sich jedoch auch noch kräftige Abschlüsse mit langen Laufzeiten aus der Hochinflationsphase aus. Diese spielen im Jahr 2027 keine Rolle mehr. Dann führen die weitgehend normalisierte Konjunktur und der wieder angespanntere Arbeitsmarkt zu einem im historischen Vergleich leicht überdurchschnittlichen Tarifverdienstzuwachs von 2,6 %. Im Vergleich zur Juni-Prognose ergibt sich insbesondere durch die jüngsten Abschlüsse noch eine geringe Aufwärtsrevision der Tarifverdienstprognose im laufenden Jahr. Erst in den Folgejahren macht sich der schwächere Ausblick für die Konjunktur und den Arbeitsmarkt stärker bemerkbar. Der Tariflohnanstieg für 2025 und 2026 wurde entsprechend merklich abwärtsrevidiert.
Die Effektivverdienste steigen zunächst etwas schwächer an als die Tarifverdienste. Im laufenden Jahr fällt der Anstieg der Effektivverdienste im historischen Vergleich zwar nochmals sehr hoch aus. Er liegt aber bereits unter demjenigen der Tarifverdienste. Denn die Effektivverdienste reagieren rascher auf die deutlich veränderten makroökonomischen Bedingungen. So führen die trübe Konjunktur und der sich abschwächende Arbeitsmarkt zu niedrigeren Erfolgsbeteiligungen der Industriekonzerne und nur noch wenigen bezahlten Überstunden. Erst im Jahr 2027 steigen die Effektivverdienste bei verbesserter Konjunktur und erhöhten Arbeitsmarktknappheiten wieder leicht stärker als die Tarifverdienste. Die Arbeitskosten, gemessen als Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmer, legen etwas stärker zu als die Effektivverdienste, vor allem im kommenden Jahr. Dies liegt an zusätzlichen Kostenschüben für die Arbeitgeber, die durch steigende Sozialbeitragssätze bedingt sind.
-Deflator gemessene Binneninflation geht dank sich normalisierender Gewinnmargen und nachlassendem Druck von den Lohnstückkosten bis 2027 zurück auf 2 %. Im laufenden Jahr sinkt die Wirtschaftsleistung wie im vergangenen Jahr bei insgesamt noch robuster Beschäftigung leicht, und die Löhne steigen kräftig. Infolgedessen bleibt der binnenwirtschaftliche Preisdruck von den Lohnstückkosten sehr hoch. Seit etwa einem Jahr federn die Unternehmen diesen Druck jedoch über geringere Gewinne ab. In den Vorjahren konnten sie ihre Gewinnmargen noch kräftig ausweiten. Die Rahmenbedingungen dafür haben sich jedoch größtenteils geändert. Insbesondere stellt sich die gesamtwirtschaftliche Nachfrage mittlerweile deutlich schwächer dar. Dabei dürfte auch die gestraffte Geldpolitik eine Rolle spielen. Vor diesem Hintergrund sinken die gesamtwirtschaftlichen Gewinnmargen im laufenden Jahr kräftig ab und erreichen etwa ihr Vor-Pandemie-Niveau. Gemessen am BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Deflator geht die zuvor erhebliche Binneninflation dadurch trotz kräftig steigender Lohnstückkosten deutlich auf 3,0 % zurück. Im weiteren Prognosezeitraum sinken die Gewinnmargen nur noch ein wenig, bevor sie sich 2027 stabilisieren. Sie tragen damit nur noch leicht zur weiteren Disinflation bei. Allerdings lässt ab dem kommenden Jahr der Anstieg der Lohnstückkosten merklich nach, weil sich das Lohnwachstum ermäßigt und sich die Arbeitsproduktivität langsam erholt. Vor diesem Hintergrund verringert sich die Binneninflation weiter spürbar, bis auf 2,0 % im Jahr 2027.
1.4 Die Inflationsrate ist 2025 noch erhöht, erreicht danach aber allmählich wieder 2 %
Die Inflationsrate war zuletzt niedriger als erwartet. Die Teuerung auf der Verbraucherstufe, gemessen am HVPI
HVPI : Harmonisierter Verbraucherpreisindex
, lag im November mit 2,4 % um 0,8 Prozentpunkte unter der Deutschland-Prognose vom Juni. Dies liegt vor allem daran, dass die Energiepreise stärker sanken als unterstellt. Die Preise für Nahrungsmittel stiegen dagegen deutlich kräftiger als erwartet. Die Rate ohne Energie und Nahrungsmittel (Kernrate) entsprach etwa der Erwartung. Bei den Dienstleistungen waren eher kräftigere Preisanhebungen als angenommen zu beobachten, während der Preisdruck bei Industriegütern ohne Energie etwas schneller abnahm als projiziert. Insgesamt dürfte die Inflationsrate im laufenden Jahr mit 2,5 % geringfügig niedriger ausfallen als noch im Juni erwartet.
Im kommenden Jahr bleibt die Inflation noch erhöht, vor allem wegen der nur langsam sinkenden Verteuerung der Dienstleistungen. Auch bei den Dienstleistungen wirkt die schwache Konjunktur zwar grundsätzlich preisdämpfend. Allerdings üben die zuvor stark gestiegenen Löhne noch mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung Aufwärtsdruck auf die Verbraucherpreise aus.
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Siehe: Deutsche Bundesbank (2019a).
Besonders starke Preiserhöhungen wurden für Anfang 2025 im öffentlichen Nahverkehr und bei Versicherungsdienstleistungen angekündigt.
27
So soll der Preis für das Deutschlandticket im Januar 2025 von 49 € auf 58 € erhöht werden. Laut Verband der privaten Krankenversicherungen ist zudem zum Jahreswechsel mit außergewöhnlich kräftigen Beitragserhöhungen zu rechnen. Zusammengenommen dürften allein schon diese beiden angekündigten Preissteigerungen, bereinigt um den Preisanstieg, der in diesen Bereichen allgemein erwartet wird, in allen Monaten des Jahres 2025 zu einer um + ¼ Prozentpunkt höheren Kernrate führen (Gesamtrate: rund + 0,2 Prozentpunkte).
Auch bei Mieten ist zunächst noch mit einer im historischen Vergleich überdurchschnittlichen Teuerung zu rechnen, denn die Bestandsmieten passen sich nur langsam an die Kostenschübe der letzten Jahre an. Zudem legen vorausschauende Buchungsdaten für die kommenden Monate weitere kräftige Preissteigerungen bei Pauschalreisen nahe.
28
Im HVPI
HVPI : Harmonisierter Verbraucherpreisindex
Pauschalreisen werden die Preise entsprechend ihres Reisedatums erfasst, nicht nach Buchungsdatum, vgl.: Schnorrenberger et al. (2024).
Dagegen ist die Teuerung bei Industriegütern ohne Energie bereits merklich gesunken. Sie dürfte sich unter anderem angesichts der schwachen Nachfrage noch etwas weiter verringern. Die Kernrate geht insgesamt von voraussichtlich 3,3 % im Jahr 2024 auf 2,4 % im Jahr 2025 zurück. Dagegen verteuern sich Nahrungsmittel im kommenden Jahr wieder kräftiger. Denn die Preise für Agrarrohstoffe steigen merklich an, insbesondere für Milchfette. Zudem dürften die zuletzt sehr hohen Lohnzuwächse im Einzelhandel noch nachwirken. Schließlich dämpfen die Energiepreise die Gesamtrate 2025 nicht mehr so stark wie im laufenden Jahr. Die Terminkurse für Energie-Rohstoffpreise sind zwar leicht abwärtsgerichtet. Dies wird jedoch durch einen weiteren Anstieg des CO₂-Preises und einen starken Anstieg der Netzübertragungsentgelte für Gas teilweise ausgeglichen.
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Siehe: Deutsche Bundesbank (2019b).
Insgesamt sinkt die HVPI
HVPI : Harmonisierter Verbraucherpreisindex
-Rate daher 2025 nur geringfügig auf 2,4 %.
Im weiteren Prognosezeitraum erreicht die Inflationsrate in Deutschland allmählich 2 %. Die geldpolitische Straffung wirkt weiterhin nach, und der Druck von den Lohnstückkosten ermäßigt sich weiter. Daher geht die Kernrate im Jahr 2026 zunächst bis auf 1,9 % zurück. Mit der sich erholenden Konjunktur und dem wieder annähernd normalen gesamtwirtschaftlichen Auslastungsgrad steigt sie im Jahr 2027 leicht auf 2,0 % an. Die Teuerung bei Nahrungsmitteln verringert sich in den Jahren 2026 und 2027 wieder etwas, bleibt aber noch erhöht. Denn von den Agrarrohstoffen und den Lohnkosten kommen weiterhin überdurchschnittliche, wenngleich tendenziell abnehmende Preisimpulse. Energie verteuert sich im Jahr 2026 wieder spürbar, vor allem, da der nationale CO₂-Preis weiter angehoben wird, während die Marktnotierungen für Energie annahmegemäß deutlich weniger stark sinken als im Vorjahr. Im Jahr 2027 sind dann wieder geringfügig dämpfende Beiträge von der Energiekomponente zu erwarten. Dies liegt vor allem an der Annahme, dass der nationale CO₂-Preis in das europäische ETS2
ETS2 : Emissions Trading System
überführt wird und damit ein etwas niedrigerer CO₂-Preis maßgeblich wird.
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Es wird unterstellt, dass dadurch der Preis von 65 € auf 59 € pro Tonne CO₂ sinkt. Für 2027 entspricht dies der im europäischen ETS2
ETS2 : Emissions Trading System
-System angestrebten Preisobergrenze von 45 € in Preisen von 2020.
Insgesamt fällt die Inflationsrate im Jahr 2026 auf 2,1 % und im Jahr 2027 auf 1,9 %.Damit hat sich der Inflationsausblick gegenüber der Juni-Prognose im gesamten Prognosezeitraum leicht verbessert.
Tabelle 1.3b: Revisionen gegenüber der Prognose vom Juni 2024 Veränderung gegenüber Vorjahr in %
Position
2023
2024
2025
2026
Harmonisierter Verbraucherpreisindex
Prognose vom Dezember 2024
6,0
2,5
2,4
2,1
Prognose vom Juni 2024
6,0
2,8
2,7
2,2
Differenz (in Prozentpunkten)
0,0
- 0,3
- 0,3
- 0,1
2 Ausblick für die öffentlichen Finanzen
Die Defizitquote sinkt von 2,6 % im Jahr 2023 nur leicht auf 2,5 % im Jahr 2024, obwohl die umfangreichen Lasten durch die Energiepreisbremsen entfallen (vgl.
vgl. : vergleiche
Exkurs Rahmenbedingungen). Denn die Ausgaben des Bundeswehr- und des Klimafonds, für Personal und Zinsen sowie für Renten, Gesundheit und Pflege nehmen stark zu. Zudem belasten Steuerrückerstattungen durch ein Gerichtsurteil zu Kapitalertragsteuern einmalig.
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Der Bundesfinanzhof hat im März dieses Jahres geurteilt, dass ausländische Investmentfonds, die in deutsche Unternehmen investierten, in der Vergangenheit rechtswidrig Kapitalertragsteuern zahlen mussten. Die VGR
VGR : Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
erfassen die Summe der erwarteten Rückzahlungen mit knapp ¼ % des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
im Jahr 2024 als Vermögenstransfer.
Zugleich wachsen die Einnahmen noch recht dynamisch, insbesondere weil die Löhne kräftig zulegen und die Beitragssätze zur Sozialversicherung steigen.
Im Jahr 2025 liegt die Defizitquote unverändert bei 2,5 %, wobei die Einnahmen- und Ausgabenquoten weiter deutlich steigen. Dabei stehen gewichtige Budgetentlastungen entsprechenden Belastungen an anderer Stelle gegenüber. Auf der einen Seite entstehen deutliche Mehreinnahmen dadurch, dass teils abgabenpflichtige Entgelte an die Stelle abgabenfreier Inflationsausgleichsprämien treten.Zudem entfällt das Gerichtsurteil zu den Kapitalertragsteuern, und Transfers an die Ukraine belasten weniger. Auf der anderen Seite macht sich die schwache Konjunktur stärker bemerkbar, da die nominalen Bezugsgrößen von Steuern und Sozialbeiträgen langsamer zunehmen. Außerdem wachsen die Ausgaben in einigen Bereichen noch ähnlich dynamisch wie 2024. Das Defizit der Sozialversicherung ändert sich per saldo wenig: Kranken- und Pflegeversicherung erhöhen nochmals die Beitragssätze und bauen damit insgesamt ihre Defizite ab. Die Arbeitslosen- und vor allem die Rentenversicherung vergrößern hingegen ihre Defizite. Rücklagen verhindern, dass auch hier die Beitragssätze zum Defizitausgleich steigen.
Die Defizitquoten liegen 2026 und 2027 bei 2,4 %, wobei sich Einnahmen- und Ausgabenquoten nur noch wenig ändern. Die Prognose unterstellt, dass die Ausgaben der Gebietskörperschaften aufgrund der angespannten Haushaltslage an Schwung verlieren, insbesondere für Personal, Vorleistungen und Investitionen. Die Ausgaben für Renten, Gesundheit und Pflege steigen weiterhin stärker als die Bezugsgröße der Sozialbeiträge. Die Kranken- und Pflegeversicherung verhindern weiterhin Defizite durch erneut erhöhte Beitragssätze. Das Defizit der Rentenversicherung steigt aber deutlich.
Die strukturelle Defizitquote liegt in den Prognosejahren 2024 bis 2027 relativ stabil bei rund 2 %. Sie blendet vorübergehende Einflüsse (vor allem Krisenmaßnahmen und Konjunktur) aus. Etwa drei Viertel des strukturellen Defizits entfallen auf den Bund (einschließlich seiner Extrahaushalte). Der Bund errechnet mit seinem Verfahren zunächst deutlich höhere konjunkturelle Belastungen für seinen Haushalt und verbraucht zunächst seine disponiblen Rücklagen. Dies erleichtert es ihm, die Kreditgrenze der Schuldenbremse einzuhalten, denn konjunkturbedingte und aus Rücklagen finanzierte Defizite werden nicht auf die Grenze angerechnet. Insbesondere 2026 und 2027 wird die Kreditgrenze mit den hier projizierten Ergebnissen aber spürbar überschritten. Hinzu kommen in diesen Jahren Defizite des Bundeswehrfonds von geschätzt je ½ % des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
. Zum Ende des Jahres 2027 steht dem Fonds gemäß der Prognose noch eine Restkreditermächtigung von ¼ % des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
zur Verfügung.
Die Maastricht-Schuldenquote sinkt moderat von 62,9 % Ende 2023 auf 61,7 % Ende 2027. Die Defizite der Gebietskörperschaften erhöhen die Schulden deutlich. Das Wachstum des nominalen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
im Nenner reicht nicht aus, um die Quote zu stabilisieren. Der Staat führt aber Schulden im Zusammenhang mit Corona- und Energiepreis-Hilfskrediten sowie Bad-Bank-Portfolios aus der Finanzkrise zurück. Die Defizite der Sozialversicherungen erhöhen die Staatsschulden nicht, da sie aus Rücklagen finanziert werden. Der Teil der EU
EU : Europäische Union
-Schulden (insbesondere durch NGEU
NGEU : NextGenerationEU
), für den Deutschland letztlich anteilsmäßig aufkommen muss, liegt aus heutiger Sicht 2027 bei gut 2 % des BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
. Er ist nicht in der Maastricht-Schuldenquote enthalten.
3 Risikobeurteilung
Die hier dargestellte makroökonomische Prognose unterliegt einer Reihe von Unsicherheitsfaktoren. Risiken bestehen derzeit insbesondere mit Blick auf zunehmenden Protektionismus, geopolitische Konflikte und die Auswirkungen der strukturellen Veränderungen auf die deutsche Wirtschaft. Nach der Bundestagswahl könnte sich zudem die Finanz- und Wirtschaftspolitik deutlich ändern. In der Gesamtschau überwiegen gegenwärtig für das Wirtschaftswachstum die Abwärtsrisiken und für die Inflation die Aufwärtsrisiken.
Zunehmende geopolitische Spannungen oder vermehrte protektionistische Maßnahmen gehen mit signifikanten Abwärtsrisiken für die Wirtschaftsleistung und Aufwärtsrisiken für die Inflation einher. Sollten sich der Krieg Russlands gegen die Ukraine oder die Konflikte im Nahen Osten intensivieren oder ausweiten, könnten das Angebot von Energierohstoffen auf dem Weltmarkt beeinträchtigt und Lieferketten gestört werden. Über ansteigende Importpreise würde dies unmittelbar die Inflation in Deutschland erhöhen und die Konjunktur belasten. Ähnliche Auswirkungen dürften zunehmende handelspolitische Spannungen haben. Dies droht recht unmittelbar für den Fall, dass die designierte US
US : United States
-Regierung ihre angekündigten Vorhaben im Bereich der Handelspolitik umsetzt – insbesondere bei massiven Erhöhungen von Zöllen und etwaigen Gegenmaßnahmen. In einem solchen Risikoszenario würde die deutsche Wirtschaft wohl erheblich leiden (vgl.
vgl. : vergleiche
den nachfolgenden Exkurs).
32
Auf gravierende Belastungen in einem solchen Szenario deuten auch Umfrageergebnisse hin. Gemäß einer vor der US
US : United States
-Wahl durchgeführten Sonderumfrage des ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Instituts im Verarbeitenden Gewerbe erwarteten 44 % der deutschen Industrieunternehmen negative Auswirkungen auf ihre Geschäftslage durch die Wahl von Donald Trump; 5 % rechneten mit positiven Effekten, für 51 % machte es keinen Unterschied, wer die Wahl gewinnt, vgl.: ifo
ifo : Institut für Wirtschaftsforschung
Institut (2024b).
Exkurs
Zu möglichen Auswirkungen angekündigter Maßnahmen der designierten US
US : United States
-Regierung auf die deutsche Wirtschaft
Die erneute Wahl von Donald Trump zum US
US : United States
-Präsidenten könnte einen drastischen Schwenk in der US
US : United States
-amerikanischen Handels- und Wirtschaftspolitik einleiten. Die bereits im Vorfeld der US
US : United States
-Wahl angekündigten Vorhaben deuten in diese Richtung. Derzeit sind sie allerdings nicht ausreichend spezifiziert, und ihre Umsetzung ist zu ungewiss, um sie in der Prognose-Basislinie zu berücksichtigen. Für die Risikobeurteilung wird hier eine Einschätzung zu potenziellen Auswirkungen einer restriktiveren Handelspolitik sowie weiterer von der künftigen US
US : United States
-Regierung in Aussicht gestellter Maßnahmen vorgenommen.
Insbesondere die im Raum stehenden drastischen Zollanhebungen dürften dabei eine wichtige Rolle spielen. Für US
US : United States
-Einfuhren aus China könnten demnach die Abgaben auf 60 % ansteigen. Für Produkte aus Deutschland und anderen Volkswirtschaften könnte der neue Zollsatz 10 % betragen.
1
Vereinzelt wurden von designierten Mitgliedern der neuen Regierung noch drastischere Maßnahmen in Aussicht gestellt.
2
Demnach könnten die allgemeinen Zollsätze auch um bis zu 20 Prozentpunkte angehoben werden. Mexikanische und kanadische Produkte könnten mit zusätzlichen Zöllen in Höhe von 25 % belegt werden, sofern US
US : United States
-amerikanische Forderungen nach einer stärkeren Grenzsicherung und der Bekämpfung des Drogenhandels nicht adressiert werden.
Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner wären wahrscheinlich. Für die deutsche Wirtschaft könnte dies erhebliche Folgen haben. Durch ihre hohe Exportorientierung und das vergleichsweise starke Engagement ihrer Exporteure auf dem US
US : United States
-amerikanischen Markt ist sie möglicherweise stärker als andere Volkswirtschaften von den Folgen einer restriktiven Handelspolitik der USA
USA : United States of America
betroffen.
Im Folgenden werden die möglichen Auswirkungen eines Risikoszenarios auf die deutsche Wirtschaft quantifiziert.Das Szenario unterstellt US
US : United States
-Zölle von 60 % auf Einfuhren aus China und von 10 % auf Produkte aus Deutschland und anderen Volkswirtschaften sowie eine symmetrische Gegenwehr der Handelspartner.
3
Es wird unterstellt, dass die Zölle ab dem ersten Quartal 2025 sukzessive innerhalb von zwei Jahren auf die unterstellten Niveaus angehoben werden. Als Vergeltungsmaßnahme wird angenommen, dass die Handelspartner ihrerseits die Importe aus den USA
USA : United States of America
mit gleich hohen Zusatzzöllen belasten. Die Annahme symmetrischer Gegenwehr basiert auf den Erfahrungen aus dem US
US : United States
-chinesischen Handelskonflikt aus dem Jahr 2018. Sie ist ausdrücklich weder eine Deutung entsprechender Äußerungen aus Regierungskreisen wichtiger US
US : United States
-amerikanischer Handelspartner noch stellt sie eine Politikempfehlung dar. Für die Zölle zwischen der EU
EU : Europäische Union
und China wird keine Veränderung unterstellt.
Es berücksichtigt darüber hinaus Steuerentlastungen, die vom designierten Präsidenten Trump und der Republikanischen Partei im Wahlkampf in Aussicht gestellt wurden.
4
Angenommen werden zusätzliche Steuererleichterungen für private Haushalte ab dem vierten Quartal 2025. Dabei wird unterstellt, dass Einkommen aus Überstunden und Leistungen der Sozialversicherung zukünftig steuerfrei gestellt werden. Zudem wird im Szenario der Unternehmenssteuersatz von 21 % auf 15 % gesenkt. Die ebenfalls in Aussicht gestellte Verlängerung der zum Jahresende 2025 auslaufenden Steuersenkungen aus dem "Tax Cuts and Jobs Act" der ersten Amtszeit Trumps ist bereits Teil der Prognose-Basislinie und wird daher in diesem Risikoszenario nicht bewertet. Für eine Abschätzung der fiskalischen Kosten dieser Maßnahmen vgl.: Committee for a Responsible Federal Budget (2024).
Zudem bezieht es angesichts entsprechender Verlautbarungen der kommenden US
US : United States
-Regierung die Folgen einer groß angelegten Abschiebung von in den USA
USA : United States of America
lebenden und arbeitenden Einwanderern ein.
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Im Szenario wird angenommen, dass es ab dem dritten Quartal 2025 zu einer Massenabschiebung von Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung kommt, die bis Ende 2027 die Erwerbspersonenzahl um 1,3 Millionen verringert. Bereits in der Prognose-Basislinie wird unterstellt, dass der in den letzten Jahren starke Zuzug in die USA
USA : United States of America
unter dem designierten Präsidenten Trump zum Erliegen kommt.
Schließlich wird davon ausgegangen, dass sich in diesem Umfeld die gesamtwirtschaftlich relevante Unsicherheit erhöht.
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Die Analysen stellen auf die Veränderung der Finanzmarktunsicherheit ab. Dieser Indikator fußt auf der Volatilität der nicht prognostizierbaren Komponente einer Vielzahl von makroökonomischen Daten und Finanzmarktvariablen. Für eine Diskussion der konzeptionellen Vorzüge der Finanzmarktunsicherheit gegenüber alternativen Ansätzen vgl.
vgl. : vergleiche
Deutsche Bundesbank (2020).
Mögliche gesamtwirtschaftliche Effekte, die andere Maßnahmen, wie etwa neue Deregulierungsinitiativen, in den USA
USA : United States of America
mit sich bringen könnten, blendet das Risikoszenario aus.
Die gesamtwirtschaftlichen Implikationen der US
US : United States
-amerikanischen Politikmaßnahmen für Deutschland werden mit dem makroökonometrischen Weltwirtschaftsmodell NiGEM (National Institute Global Econometric Model) und dem makroökonometrischen Modell der Bundesbank (BbkM-DE) abgeschätzt. NiGEM bildet die weltweiten Handelsverflechtungen umfassend ab und kann auch Implikationen handelspolitischer Verwerfungen aufzeigen.
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NiGEM ist ein semi-strukturelles Modell des National Institute of Economic and Social Research, das die Volkswirtschaften der meisten OECD
OECD : Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
-Länder sowie wichtiger aufstrebender Volkswirtschaften abbildet (vgl.: Hantzsche et al. (2018)). Eine aktuelle Modellerweiterung erlaubt explizit die Simulation handelspolitischer Maßnahmen. Vgl.
Vgl. : Vergleiche
hierzu: Bernard et al. (2024).
Das gilt auch für die Auswirkungen auf Deutschland. Allerdings ist das Modell nicht speziell auf die deutsche Volkswirtschaft ausgerichtet. Daher wird für einen spezifischen Blick auf die deutsche Volkswirtschaft zusätzlich das für die gesamtwirtschaftlichen Prognosen der Bundesbank eingesetzte BbkM-DE verwendet. Die Simulationen mit BbkM-DE setzen auf den mit NiGEM ermittelten Auswirkungen für das internationale Umfeld Deutschlands auf.
8
Rückkopplungen der gesamtwirtschaftlichen Effekte in Deutschland aus den Rechnungen mit BbkM-DE auf beziehungsweise über das internationale Umfeld werden damit nicht explizit berücksichtigt. Sie werden in den Simulationen mit BbkM-DE implizit als Teil der aus NiGEM abgeleiteten Annahmen zum externen Umfeld betrachtet (für Details zu BbkM-DE vgl.: Haertel et al. (2022)). Beide Modelle kamen bereits in unterschiedlichen Simulations- und Szenarioanalysen zum Einsatz, darunter auch einige als Kombination von NiGEM (für das internationale Umfeld) und BbkM-DE (für die deutsche Wirtschaft), vgl.: Deutsche Bundesbank (2022b, 2024e).
Die durch erhöhte Unsicherheit ausgelösten Effekte für die deutsche Wirtschaft werden mithilfe eines strukturellen Vektorautoregressionsmodells (SVAR
SVAR : structural vector autoregression
-Modell) abgeschätzt.
9
Das SVAR
SVAR : structural vector autoregression
-Modell umfasst einen Aktienkursindex, ein Maß für Finanzmarktunsicherheit, einen Schattenzins als Maß für die geldpolitische Ausrichtung, den HVPI
HVPI : Harmonisierter Verbraucherpreisindex
, die Arbeitslosenquote sowie das reale BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
auf Quartalsbasis. Für die Erzeugung von Impuls-Antwort-Reaktionen wird der rekursiv identifizierte Unsicherheitsschock gemäß seiner Bewegung während der ersten Präsidentschaft Trumps kalibriert. Die SVAR
SVAR : structural vector autoregression
-Ergebnisse werden den Simulationsergebnissen von NiGEM und BbkM-DE bezüglich BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
und Inflation in Deutschland hinzugefügt.
Gemäß den NiGEM-Simulationen dämpfen vor allem die protektionistischen Maßnahmen die Wirtschaftsaktivität in den USA
USA : United States of America
spürbar. Kaufkraftverluste auf der Verbraucherseite und erhöhte Kosten für Vorleistungen wiegen den Simulationen zufolge schwerer als die preislichen Wettbewerbsvorteile für die US
US : United States
-Industrie auf dem US
US : United States
-Markt. Zudem beeinträchtigen die Gegenzölle die Rentabilität des Auslandsgeschäfts US
US : United States
-amerikanischer Unternehmen.
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Simulationsstudien von Bernard et al. (2024), McKibbin et al. (2024) sowie Goldman Sachs (2024a) schätzen die makroökonomischen Effekte einer restriktiveren Handelspolitik aus Sicht der USA
USA : United States of America
ebenfalls klar negativ ein. Auch Analysen des Internationalen Währungsfonds (2024) zeigen in einem ähnlichen Szenario beträchtliche Abwärtsrisiken für die Wirtschaftsentwicklung in den Vereinigten Staaten auf.
Auch das eingeschränkte Arbeitsangebot belastet die Wirtschaftsleistung der USA
USA : United States of America
. Die Steuerentlastungen wirken dem zwar entgegen, jedoch überwiegt insbesondere der negative Einfluss der Zollanhebungen deutlich. Insgesamt ergäben sich für die US
US : United States
-Wirtschaft in den Jahren 2025 bis 2027 jährliche Wachstumseinbußen von durchschnittlich etwa 0,7 Prozentpunkten. Die wegen der Zölle gestiegenen Import- und Verbraucherpreise und Zweitrundeneffekte über höhere Löhne treiben die Teuerungsrate in den USA
USA : United States of America
kräftig nach oben. Bereits 2025 übertrifft sie die Basislinie um 0,4 Prozentpunkte, in den Jahren 2026 und 2027 liegt sie jeweils mehr als 1,5 Prozentpunkte höher.
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Simulationsrechnungen mit anderen Modellen finden teilweise deutlich geringere Inflationseffekte; siehe beispielsweise Goldman Sachs (2024a). In anderen Studien, darunter McKibbin et al. (2024), sind sie dagegen noch größer. Die Stärke der Inflationseffekte hängt wesentlich von der Reaktion der Löhne auf die wegen der zusätzlichen Zölle steigenden Lebenshaltungskosten ab.
Ohne eine deutliche Straffung der Geldpolitik in den USA
USA : United States of America
fiele der Teuerungsschub sogar noch stärker und persistenter aus. In Antizipation der Zinsanhebungen wertet zudem der US
US : United States
-Dollar unmittelbar deutlich auf.
Auch die deutsche Wirtschaft dürfte modellübergreifend erheblich unter einem solchen Politikschwenk der USA
USA : United States of America
leiden. Ihre hohe Exportausrichtung macht sie besonders anfällig gegenüber der sinkenden Auslandsnachfrage, die sich infolge der durch die restriktive Handelspolitik ausgelösten globalen Handelseinbußen ergibt. Die gestiegene Unsicherheit hemmt die deutsche Wirtschaft zusätzlich. Die sich in den Simulationen ergebende Abwertung des Euro, welche für sich genommen die preisliche Wettbewerbsfähigkeit stärkt, kann dies nicht kompensieren. In der Folge fällt das BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Wachstum gemäß den Simulationen mit BbkM-DE und NiGEM deutlich geringer aus als in der Basislinie, wobei sich die zeitliche Verteilung der Wachstumsverluste zwischen den Modellen unterscheidet (siehe Schaubild 1.15). Laut NiGEM würden die Belastungen schon 2025 deutlich spürbar, hielten aber weniger lang an als nach BbkM-DE. Alles in allem läge die Wirtschaftsleistung in Deutschland 2027 laut BbkM-DE um 1,4 % und laut NiGEM um 1,3 % unter dem Niveau der Basislinie. Die hier präsentierten Simulationsergebnisse weisen demnach modellübergreifend auf erhebliche Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum in Deutschland hin.
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Andere Studien zeigen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Effekte in Deutschland in ähnlicher Größenordnung (vgl.: Dullien et al. (2024), Goldman Sachs (2024b), Obst et al. (2024) sowie Zandi et al. (2024)) oder in geringerem Ausmaß (vgl.: Felbermayr et al. (2024)). Jedoch ist zu beachten, dass die Vergleichbarkeit gegebenenfalls eingeschränkt ist, da sich die spezifische Ausgestaltung (zum Beispiel die Größenordnung und zeitliche Verteilung der Maßnahmen oder die Berücksichtigung von Unsicherheitseffekten) in den Szenarioanalysen teilweise unterscheiden. Vor diesem Hintergrund sind auch die Inflationswirkungen, die nur in wenigen Studien im Fokus stehen, einzuordnen. Obst et al. (2024) weisen leicht negative Effekte auf die deutsche Teuerungsrate aus und begründen dies mit der Unterauslastung und der schwachen Wirtschaftsentwicklung als dominierendem Kanal in ihrem Szenario. Goldman Sachs (2024b) ermitteln geringe positive Effekte auf die Inflation, betrachten aber nur den Euroraum als Aggregat.
Deutlich stärker unterscheiden sich die Inflationswirkungen in den Simulationsrechnungen. Laut BbkM-DE fielen die Inflationseffekte in Deutschland im Prognosezeitraum bis 2027 mit einer um 0,1 bis 0,2 Prozentpunkte höheren jährlichen Inflationsrate gering aus (Schaubild 1.16, links). Laut NiGEM ergibt sich dagegen vor allem im Jahr 2025 eine deutlich höhere Inflationsrate (um rund 1,5 Prozentpunkte), aber auch im Jahr 2026 wäre sie noch um 0,6 Prozentpunkte erhöht (Schaubild 1.16, rechts). Der wesentliche Grund für die großen Unterschiede ist die schnelle und umfassende Übertragung der Wechselkurseffekte und der Gegenzölle auf die heimischen Verbraucherpreise in NiGEM. Dies ist auch dadurch bedingt, dass dort eine Fakturierung aller Importe in US
US : United States
-Dollar unterstellt wird. Deshalb überträgt sich die Abwertung des Euro gegenüber dem US
US : United States
-Dollar unmittelbar auf die Preise der Einfuhren aus allen Ländern. BbkM-DE berücksichtigt hingegen, dass nur ein Teil des Außenhandels in US
US : United States
-Dollar abgerechnet wird. Dementsprechend fällt der unmittelbare Anstieg der Importpreise dort erheblich geringer aus.
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Gemäß Angaben von Eurostat
Eurostat : European statistical office
für das Jahr 2023 wird nur etwa ein Viertel der deutschen Ausfuhren außerhalb des Euroraums und etwas weniger als die Hälfte der Einfuhren aus Ländern außerhalb des Euroraums in US
US : United States
-Dollar abgerechnet. Zudem werden in BbkM-DE höhere ausländische Preise in geringerem Maße in die deutschen Einfuhrpreise weitergegeben als in NiGEM.
Die Übertragung dieses Impulses von den Importpreisen auf die Verbraucherpreise ist in BbkM-DE ebenfalls deutlich schwächer und verläuft gradueller. In NiGEM kommt es zudem vergleichsweise zügig zu recht starken Zweitrundeneffekten über die Löhne. Dies verstärkt den Preisauftrieb zusätzlich und sorgt für eine recht hohe Persistenz des Inflationseffekts. Dieser Effekt ist auch in BbkM-DE angelegt, fällt aber schwächer aus.
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Auch hier zeigen sich konzeptionelle Unterschiede zwischen BbkM-DE und NiGEM. In NiGEM ist bereits die unmittelbare Lohnreaktion auf Preisänderungen deutlich stärker als in BbkM-DE. Auch die Weitergabe der Lohnänderungen auf die Preise wird in BbkM-DE schwächer geschätzt als in NiGEM angelegt. Zur Weitergabe der Lohn- auf die Preisentwicklung in Deutschland inklusive Simulationsrechnungen mit BbkM-DEvgl.
vgl. : vergleiche
auch: Deutsche Bundesbank (2019a).
Die Simulationsrechnungen deuten für die Inflation auf Aufwärtsrisiken hin, wenngleich deren Ausmaß in hohem Grade unsicher ist. Die Schätzungen mit BbkM-DE, das die spezifischen Charakteristika der deutschen Volkswirtschaft recht detailliert wiedergibt, weisen auf eher niedrige Effekte hin. Die starken Inflationseffekte in den NiGEM-Simulationen dürften eine Obergrenze abbilden. Die Schätzungen mit NiGEM deuten aber darauf hin, dass die Weitergabe von Wechselkursänderungen an die Verbraucherpreise auch deutlich stärker ausfallen könnte als in BbkM-DE und anderen Modellen.
15
Vgl.: Ortega und Osbat (2020).
Zusammen mit den größeren Zweitrundeneffekten über die Löhne ergibt sich in NiGEM insgesamt eine erheblich höhere Inflationswirkung als mit BbkM-DE. Die Erfahrungen in der jüngsten Inflationsphase zeigen auch, dass sich kräftige Kostensteigerungen mit einer höheren Intensität in den Verbraucherpreisen niederschlagen können als moderate Kostensteigerungen.
16
Vgl.
Vgl. : Vergleiche
beispielsweise: Cavallo et al. (2024).
Zudem könnte sich die Weitergabe von Wechselkursänderungen auf die Verbraucherpreise in einem unsicheren makroökonomischen Umfeld und bei steigender Inflation verstärken.
17
Vgl.: Carriere-Swallow et al. (2024).
Letztlich verdeutlicht dieser Exkurs, dass sich in Szenarioanalysen dieser Art bei den realwirtschaftlichen Auswirkungen häufig ein modellübergreifender Konsens ergibt, während die Inflationseffekte wesentlich stärker divergieren. Dies entspricht einem Anstieg der effektiven Durchschnittszölle für chinesische Produkte um gut 49 Prozentpunkte. Die Zollsätze für Produkte aus anderen Weltregionen würden im Mittel um knapp 9 Prozentpunkte angehoben.
Ein höherer CO₂-Preis könnte den Preisauftrieb verstärken. In der vorliegenden Prognose wurde im Jahr 2027 ein Rückgang des CO₂-Preises unterstellt, vom Maximalwert des nationalen Preises im Jahr 2026 (65 € pro Tonne CO₂) auf die angestrebte Preisobergrenze zu Beginn des europäischen ETS2
ETS2 : Emissions Trading System
von 59 € pro Tonne. Da sich der ETS2
ETS2 : Emissions Trading System
-Preis grundsätzlich am Markt bilden soll und die Menge an Zertifikaten einschließlich Entnahmen aus der Marktstabilitätsreserve begrenzt ist, wäre es möglich, dass diese Grenze überschritten wird. Der unterstellte dämpfende Effekt auf die Energiepreise könnte also entfallen oder sich sogar in einen positiven Effekt umkehren. So legen Simulationsrechnungen nahe, dass zur Erreichung der Klimaschutzziele eine stärkere Emissionsreduktion nötig ist, als durch die bislang geplanten CO₂-Preise erreichbar scheint.
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Ohne Änderungen am geplanten CO₂-Preispfad und bei Fortschreibung der Energieeffizienzsteigerungen der letzten 30 Jahre erreicht die Emissionsminderung laut Modellsimulationen der Bundesbank vom April 2024 nicht die Ziele, vgl.: Deutsche Bundesbank (2024f).
Bei einer dem Ziel entsprechenden ETS2
ETS2 : Emissions Trading System
-Zertifikatemenge könnte sich also trotz Einsatz der Marktstabilitätsreserve ein höherer Preis einstellen. Sollten die ETS2
ETS2 : Emissions Trading System
-Preise merklich höher ausfallen, würde dies den Preisauftrieb erhöhen und tendenziell die Wirtschaftsleistung dämpfen.
Die strukturellen Veränderungen im In- und Ausland könnten sich noch mehr auf die deutsche Wirtschaft auswirken und das Produktionspotenzial stärker dämpfen als bislang veranschlagt. Die Abschätzung dieser Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und das geschätzte Produktionspotenzial ist mit hoher Unsicherheit verbunden. Zwar wurde das Produktionspotenzial in dieser Prognose (und in früheren Prognosen) bereits spürbar abwärtsrevidiert, und es könnte sich später auch herausstellen, dass diese Revisionen zu stark waren.
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Etwa, falls die Produktivität von der Digitalisierung stärker als erwartet positiv beeinflusst würde, beispielsweise durch die Nutzung von künstlicher Intelligenz. Auch der Kapitaleinsatz könnte stärker ausfallen, beispielsweise aufgrund höherer Investitionen in grüne Technologien im Zuge des Übergangs zu einer emissionsneutralen Wirtschaft.
Gleichwohl besteht das Risiko, dass sich einige der strukturellen Probleme als noch belastender oder die Anpassungsprozesse als noch langwieriger herausstellen als gegenwärtig erwartet. Dies würde die Wachstumsmöglichkeiten der deutschen Wirtschaft weiter schmälern und den BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
-Ausblick dämpfen. Beispielsweise könnte die Produktivitätsschwäche länger anhalten, die deutsche Exportwirtschaft noch weniger von wachsenden Absatzmärkten profitieren oder die privaten Investitionen noch stärker zurückgehen. Der private Konsum könnte dann schwächer ausfallen, da sich der Arbeitsmarkt wohl stärker abkühlen und das Lohnwachstum geringer ausfallen würde. Sollte letzteres gegenüber einer schwächeren Produktivität überwiegen, würde dies auch die Inflation dämpfen. Die deutsche Wirtschaft ist angesichts des niedrigen Potenzialwachstums und möglicherweise bevorstehender großer zusätzlicher adverser Schocks näher an einer Rezession – und zwar im Sinne eines in Summe deutlichen und länger anhaltenden sowie breit angelegten Rückgangs der Wirtschaftsleistung bei anhaltender Unterauslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten.
Tabelle 1.5: Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Prognose Veränderung gegenüber Vorjahr in %, kalenderbereinigt1)
. 2024 bis 2027 eigene Prognose. 1 Falls Kalendereinfluss vorhanden.2 Private Anlageinvestitionen ohne Wohnungsbau. 3 In % des nominalen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
.4 Rechnerisch, in Prozentpunkten. Abweichungen in der Summe rundungsbedingt. 5 Inlandskonzept. 6 In Millionen Personen (Definition der Bundesagentur für Arbeit). 7 In % der zivilen Erwerbspersonen. 8 International standardisiert gemäß ILO
ILO : International Labour Organization
-Definition, Eurostat
Eurostat : European statistical office
-Abgrenzung. 9 Ursprungswerte auf Monatsbasis; gemäß Tarifverdienstindex der Bundesbank. 10 Quotient aus dem im Inland entstandenen Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer und dem realen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
je Erwerbstätigen. 11 Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI
HVPI : Harmonisierter Verbraucherpreisindex
), Ursprungswerte.
Tabelle 1.6: Eckwerte der gesamtwirtschaftlichen Prognose – ohne Kalenderbereinigung Veränderung gegenüber Vorjahr in %
. 2024 bis 2027 eigene Prognose. 1 Private Anlageinvestitionen ohne Wohnungsbau. 2 In % des nominalen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
.3 Rechnerisch, in Prozentpunkten. Abweichungen in der Summe rundungsbedingt. 4 Inlandskonzept. 5 In Millionen Personen (Definition der Bundesagentur für Arbeit). 6 In % der zivilen Erwerbspersonen. 7 International standardisiert gemäß ILO
ILO : International Labour Organization
-Definition, Eurostat
Eurostat : European statistical office
-Abgrenzung. 8 Ursprungswerte auf Monatsbasis; gemäß Tarifverdienstindex der Bundesbank. 9 Quotient aus dem im Inland entstandenen Arbeitnehmerentgelt je Arbeitnehmer und dem realen BIP
BIP : Bruttoinlandsprodukt
je Erwerbstätigen. 10 Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI
HVPI : Harmonisierter Verbraucherpreisindex
), Ursprungswerte.
Literaturverzeichnis
Bernard, S., L. de Greef, I. Hurst, A. Kaya, I. Liadze und B. Naisbitt (2024), The effects of higher US