Geldpolitik und Bankgeschäft

Monatsberichtsaufsatz

1 Geldpolitik und Geldmarktentwicklung

Auf seinen geldpolitischen Sitzungen im März und April 2024 ließ der EZB-Rat die drei Leitzinssätze unverändert. Der EZB-Rat stellte im März fest, dass die Inflation seit der letzten geldpolitischen Sitzung im Januar weiter zurückgegangen war. In den neuen März-Projektionen von Fachleuten der EZB wurde die Inflation im Vergleich zur Dezember-Projektion nach unten korrigiert, insbesondere für 2024. Die Projektionen gehen nun von einer durchschnittlichen Gesamtinflation von 2,3 % für 2024, 2,0 % für 2025 und 1,9 % für 2026 aus. Die Projektionen für die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel wurden ebenfalls nach unten korrigiert. Trotzdem blieb der binnenwirtschaftliche Preisdruck hoch. Dies war zum Teil einem starken Lohnwachstum zuzuschreiben. Auf der April-Sitzung war der EZB-Rat der Auffassung, dass die neu verfügbaren Daten seine Einschätzung der mittelfristigen Inflationsaussichten aus dem März weitgehend bestätigten. 

Leitzinssätze und Geldmarktzinsen im Euroraum

Im April passte der EZB-Rat seine Kommunikation zu den Leitzinssätzen an. Der EZB-Rat war der Auffassung, dass sich die Leitzinsen auf einem Niveau befinden, das einen erheblichen Beitrag zum anhaltenden Inflationsrückgang leistet. Sollte die aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht weiter stärken, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert, wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen. Dabei werden die Leitzinsen so lange wie erforderlich ausreichend restriktiv bleiben, und die Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus wird weiterhin von der Datenlage abhängen. Der EZB-Rat wird von Sitzung zu Sitzung entscheiden und legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest.

Im März gab der EZB-Rat zudem Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen zur Steuerung kurzfristiger Zinssätze bekannt. Der EZB-Rat beschloss wesentliche Grundsätze und Parameter für die Durchführung der Geldpolitik und die Bereitstellung von Zentralbankliquidität. Demzufolge will der EZB-Rat den geldpolitischen Kurs weiterhin über den Einlagesatz steuern. Er erwartet, dass sich die kurzfristigen Geldmarktsätze in der Nähe des Einlagesatzes bewegen. Bereits am 18. September 2024 wird der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte so angepasst, dass der Abstand zum Einlagesatz von aktuell 50 Basispunkten auf 15 Basispunkte verringert wird. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität wird ebenfalls angepasst, sodass sein Abstand zum Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte unverändert bei 25 Basispunkten bleibt. Der EZB-Rat verständigte sich zudem darauf, dass neben den bisherigen Haupt- und längerfristigen Refinanzierungsgeschäften zu einem späteren Zeitpunkt strukturelle längerfristige Kreditgeschäfte sowie ein strukturelles Wertpapierportfolio eingeführt werden sollen, wenn sich wieder eine dauerhafte Ausweitung der Bilanz des Eurosystems abzeichnet (siehe die Erklärung des EZB-Rats).

Die kurzfristigen Geldmarktsätze waren im Berichtszeitraum wenig verändert. Da die Leitzinsen im März und April unverändert blieben, bewegte sich auch die Euro Short-Term Rate (€STR) weiterhin in ihrer bisherigen engen Bandbreite. Sie notierte zuletzt bei 3,907 % und damit rund 10 Basispunkte unterhalb des Einlagesatzes.

Marktteilnehmer erwarten weiterhin eine erste Senkung der Leitzinssätze um 25 Basispunkte im Juni. Die vor der Sitzung im April durchgeführte geldpolitische Umfrage des Eurosystems (Survey of Monetary Analysts) zeigte an, dass die Teilnehmer mit sehr großer Mehrheit weiterhin eine erste Zinssenkung um 25 Basispunkte für den Juni erwarten. Für das Jahr 2024 sahen sie unverändert insgesamt Zinssenkungen im Umfang von 100 Basispunkten. Die Geldmarktterminsätze stiegen hingegen zuletzt an. Sie preisten zwar die erste Zinssenkung ebenfalls weitgehend für den Juni ein, für 2024 insgesamt zeigte die Terminkurve aber zuletzt nur noch Zinssenkungen von knapp 70 Basispunkten an. Dies dürfte unter anderem im Kontext von Entwicklungen in den Vereinigten Staaten stehen, wo angesichts einer hartnäckigeren Inflation die zuvor für 2024 antizipierten Zinssenkungen des Federal Reserve Systems zu einem Großteil ausgepreist wurden.

Die geldpolitischen Wertpapierbestände waren seit Mitte Februar weiter rückläufig. Ursache des Rückgangs waren weiterhin die auslaufenden und nicht wiedeangelegten Wertpapiere im Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP). Insgesamt hielt das Eurosystem am 10. Mai dem APP zugehörige Aktiva in Höhe von 2 895,9 Mrd € (für eine Aufgliederung der Bestände in die einzelnen Teilprogramme siehe Erläuterungen zu Geldmarktsteuerung und Liquiditätsbedarf). Die im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (Pandemic Emergency Purchase Programme) ausgewiesenen Wertpapierbestände lagen am gleichen Tag bei 1 669,4 Mrd €.

Die Überschussliquidität nahm weiterhin merklich ab. Ihr Volumen lag zuletzt bei 3 232 Mrd €. Zu dem deutlichen Rückgang trugen vor allem eine hohe Endfälligkeit und freiwillige Rückzahlungen bei den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften der dritten Serie (GLRG III) bei. Auch die auslaufenden Wertpapiere im APP führten zu einem weiteren Rückgang der Überschussliquidität. Darüber hinaus wurde die Überschussliquidität durch die Entwicklung der autonomen Faktoren beeinflusst (siehe Erläuterungen zu Geldmarktsteuerung und Liquiditätsbedarf).

Exkurs

Geldmarktsteuerung und Liquiditätsbedarf

Im Betrachtungszeitraum vom 31. Januar 2024 bis 16. April 2024 1 sank die Überschussliquidität im Eurosystem um insgesamt 150,8 Mrd € auf durchschnittlich 3 344,7 Mrd €, blieb aber weiterhin auf hohem Niveau. Haupttreiber dieses Rückgangs waren freiwillige, vorzeitige Rückzahlungen und Fälligkeiten bei den gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften der dritten Serie (GLRG III) sowie die Verringerung des ausstehenden Volumens der Ankaufprogramme.

Der Liquiditätsbedarf aus autonomen Faktoren (siehe Tabelle 2.1) in der MP 2/2023 (März 2024/April 2024) sank im Eurosystem im Vergleich zur MP 8/2023 (Dezember 2023/Januar 2024) um 87,7 Mrd € auf durchschnittlich 1 345,4 Mrd €. Ohne diese liquiditätszuführende Wirkung wäre die Überschussliquidität noch stärker zurückgegangen. Hauptverantwortlich für den rückläufigen Liquiditätsbedarf war zum einen der Anstieg der Summe aus den Netto-Währungsreserven und den sonstigen Faktoren, die aufgrund liquiditätsneutraler Bewertungseffekte gemeinsam betrachtet werden, um 46,4 Mrd € (davon 39,6 Mrd € in Deutschland). Dabei verringerte sich der liquiditätsabsorbierende Effekt aus den sonstigen Faktoren durch einen Rückgang der darin enthaltenen nicht geldpolitischen Einlagen um 19,0 Mrd € (Rückgang in Deutschland 27,2 Mrd €). Zum anderen trugen auch die sinkenden Einlagen öffentlicher Haushalte (- 30,6 Mrd €) und ein sinkender Banknotenumlauf (- 10,7 Mrd €) zum rückläufigen Liquiditätsbedarf bei. In Deutschland stieg die Netto-Banknotenemission um 1,4 Mrd € auf 919,7 Mrd €. Das Mindestreservesoll nahm im Eurosystem im Betrachtungszeitraum um 0,7 Mrd € auf 161,6 Mrd € ab, was den Bedarf an Zentralbankliquidität marginal verringerte. In Deutschland sank das Reservesoll um 0,6 Mrd € auf 44,2 Mrd €. 95 % der Zentralbankliquidität der Geschäftsbanken im Euroraum (96 % in Deutschland) wurden in der Einlagefazilität gehalten.

Autonome Faktoren im Eurosystem

Das durchschnittliche ausstehende Tendervolumen im Euroraum sank im Betrachtungszeitraum um 152,0 Mrd € auf 252,2 Mrd €. In den Betrachtungszeitraum fielen der Fälligkeitstermin des GLRG III.7 sowie eine freiwillige, vorzeitige Rückzahlungsmöglichkeit der GLRG III.8-10 am 27. März 2024. Zurückgezahlt und fällig wurden zu diesem Termin insgesamt 251,3 Mrd €. Das Volumen in den regulären Haupt- und Dreimonatstendern blieb insgesamt niedrig. Es gab jedoch im Haupttender jeweils temporäre Anstiege beim Auslaufen des GLRG III.7 beziehungsweise zum Quartalswechsel. In Deutschland sank das durchschnittliche ausstehende Volumen aller Refinanzierungsgeschäfte im Betrachtungszeitraum um 29,3 Mrd € auf 41,1 Mrd €. Dazu trugen die Fälligkeiten und vorzeitigen freiwilligen Rückzahlungen in den GLRG III im März mit 49,4 Mrd € bei. Damit entsprach der Anteil der Banken in Deutschland am ausstehenden Volumen der Refinanzierungsgeschäfte im Eurosystem rund 16 %, etwa 1 Prozentpunkt weniger als in der MP 8/2023.

Tab. 2.1: Liquiditätsbestimmende Faktoren1)
Mrd €; Veränderungen der Tagesdurchschnitte der Reserveerfüllungsperioden zur Vorperiode
Position2024
31. Januar bis 12. März13. März bis 16. April
I. Bereitstellung (+) bzw. Absorption (–) von Zentralbankguthaben durch Veränderungen der autonomen Faktoren
 1. Banknotenumlauf (Zunahme: –) 

13,5

-2,9

 2. Einlagen öffentlicher Haushalte beim Eurosystem (Zunahme: –)

-0,1

30,7

 3. Netto-Währungsreserven 2) 

8,2

36,3

 4. Sonstige Faktoren 2)

22,5

-20,5

Insgesamt

44,1

43,6

II. Geldpolitische Geschäfte des Eurosystems
 1. Offenmarktgeschäfte
  a) Hauptrefinanzierungsgeschäfte 

-3,1

-2

  b) Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte 

1,1

-147,9

  c) Sonstige Geschäfte

-40,4

-46,9

 2. Ständige Fazilitäten
  a) Spitzenrefinanzierungsfazilität 

-0,1

0

  b) Einlagefazilität (Zunahme: –) 

-3,5

153

Insgesamt

-46

-43,8

III. Veränderung der Guthaben der Kreditinstitute (I. + II.)

-1,9

-0,2

IV. Veränderung des Mindestreservesolls (Zunahme: –)

-0,1

-0,4

1 Zur längerfristigen Entwicklung und zum Beitrag der Deutschen Bundesbank vgl. S. 14/15 im Statistischen Teil dieses Berichts. 2 Einschließlich liquiditätsneutraler Bewertungsanpassungen zum Quartalsende.

Die Reduktion des Portfolios aus dem Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Asset Purchase Programme, APP) hatte den größten Einfluss auf die Bestände der Wertpapierankaufprogramme. Insgesamt sank der geldpolitische Wertpapierbestand im Betrachtungszeitraum um durchschnittlich 87,4 Mrd €. Der bilanzielle Bestand der Wertpapierankaufprogramme betrug zum 3. Mai 2024 4 562,2 Mrd € (siehe Tabelle 2.2) und blieb damit auf hohem Niveau. 2 Die Liquiditätsbereitstellung aus geldpolitischen Instrumenten speiste sich zu 95 % aus Ankaufprogrammen und nur zu 5 % aus Refinanzierungsgeschäften. 

Ausstehende Liquidität nach Offenmarktoperationen im Euroraum

In einem Umfeld unveränderter Leitzinsen des Eurosystems und moderat sinkender Überschussliquidität stiegen die Tagesgeldsätze am Euro-Geldmarkt marginal an. Die unbesicherte Euro Short-Term Rate (€STR) wurde sowohl in der MP 1/2024 als auch in der MP 2/2024 durchschnittlich bei 3,91 % festgestellt. Dies war ein Anstieg um 0,1 Basispunkte (BP) im Vergleich zu den beiden vorherigen MPs. Die gehandelten Volumina waren etwas rückläufig. So wurden in der MP 1/2024 im Durchschnitt 57,4 Mrd € und in der MP 2/2024 57,9 Mrd € gehandelt. In der MP 8/2023 waren es noch 58,3 Mrd € gewesen. Damit setzte sich der leicht rückläufige Trend seit dem Höchststand der Handelsvolumina im Frühjahr 2023 wieder fort. Zum Monatsultimo-Termin Januar sank das €STR-Fixing um 1,3 BP. Ende Februar betrug der Rückgang 1,9 BP, was in etwa dem Effekt des Jahreswechsels 2023 entspricht. Zum Quartalsultimo Ende März fiel der Effekt auf das €STR-Fixing mit einem Rückgang zum Vortag um 0,7 BP dagegen schwächer aus als bei den beiden Monatsultimo-Terminen. Ursächlich für die unterschiedlich starken Effekte waren unter anderem die Stichtage für die Berechnung des Mindestreservesolls. An Ultimo-Terminen, die gleichzeitig ein Stichtag zur Berechnung waren, fiel der Rückgang des €STR-Fixings etwas größer aus. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Transaktionsvolumina.

Tab. 2.2: Ankaufprogramme des Eurosystems
in Mrd €
ProgrammeVeränderung in den beiden ReserveperiodenBilanzieller Bestand am 03. Mai 2024
Programme mit laufenden Reinvestitionen1)
 PEPP

-7,5

1 664,2

Beendete Programme
 APP

-93,2

2 896,7

  PSPP

-75

2 301,6

  CBPP3

-7,7

272,5

  CSPP

-7,8

312,5

  ABSPP

-2,7

10,2

 SMP

-1,1

1,3

1 Veränderungen aufgrund von Fälligkeiten, Reinvestitionen und Anpassungen wegen der Amortisation. 

Auf der Handelsplattform GC Pooling der Eurex Repo verringerte sich der Abstand der Zinssätze für besicherte Overnight-Geschäfte zum Zinssatz der Einlagefazilität bei anhaltend hohen Transaktionsvolumina im Beobachtungszeitraum weiter. Im ECB-Basket wurde in beiden MPs durchschnittlich zu 3,97 % gehandelt. Bei durchschnittlichen Sätzen von 3,98 % im ECB EXTended Basket, dem eine breitere Sicherheitenauswahl mit niedrigeren Ratinganforderungen für den Abschluss der Repo-Geschäfte zugrunde liegt, blieb der Abstand zwischen den beiden Sätzen konstant. Mit durchschnittlich 6,8 Mrd € stieg das Transaktionsvolumen im ECB Basket erneut an. Demgegenüber zeigte sich das Volumen im ECB EXTended Basket mit 5,3 Mrd € etwas rückläufig, nachdem es in 2023 ebenfalls merklich gestiegen war. 

Einlagesatz, Geldmarktsätze und Überschussliquidität

Fußnoten
  1. Hierbei werden die Durchschnitte der Mindestreserveperiode (MP) 2/2024 (März 2024/April 2024) mit den Durchschnitten der Mindestreserveperiode 8/2023 (Dezember 2023/Januar 2024) verglichen.
  2. [2] Neben den beendeten Reinvestitionen im APP beeinflussten auch Neubewertungen und die Glättung der Reinvestitionen im Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme die Bestände.

2 Monetäre Entwicklung im Euro-Währungsgebiet

Das breit gefasste Geldmengenaggregat M3 wuchs im ersten Quartal 2024 nur moderat. Die Jahreswachstumsrate von M3 lag Ende März bei 0,9 % (siehe Schaubild 2.5). Die Entwicklung von M3 spiegelte einerseits eine hohe Auslandsnachfrage nach Wertpapieren des Euroraums und andererseits eine weitere Anpassung der Geldnachfrage wider. So setzten die Haushalte und Unternehmen im Berichtsquartal zwar ihre Umschichtungen zugunsten kurzfristiger Termineinlagen fort, gleichzeitig stieg aber ihre Nachfrage nach längerfristigen Bankschuldverschreibungen, deren Renditen höher lagen als die Verzinsung kurzfristiger Bankeinlagen. Auf der Entstehungsseite stützten vor allem der Nettoerwerb von EWU-Staatsanleihen durch Gebietsfremde und die Leistungsbilanzüberschüsse das Geldmengenwachstum im Euroraum. Die Buchkredite der Banken an den nichtfinanziellen Privatsektor stiegen per saldo nur geringfügig. Laut Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey, BLS) war dafür die weiterhin verhaltene Kreditnachfrage verantwortlich, während die Kreditrichtlinien kaum noch gestrafft oder sogar teilweise gelockert wurden. 

Komponenten und Gegenposten der Geldmenge im Euroraum

Die Umschichtungen innerhalb von M3 hin zu höher verzinsten Anlageformen setzten sich auch im ersten Quartal 2024 fort. Sowohl private Haushalte als auch nichtfinanzielle Unternehmen bauten ihre Bestände an täglich fälligen Einlagen weiter zugunsten von kurzfristigen Termineinlagen ab. Allerdings fielen diese Umschichtungen geringer aus als in den Vorquartalen. Dies steht im Einklang mit der weiterhin spürbaren, aber abnehmenden Renditedifferenz zwischen kurzfristigen Termineinlagen und täglich fälligen Einlagen, die sich aus der Erwartung von Leitzinssenkungen speist. Neben den fortgesetzten Umschichtungen zugunsten von Termineinlagen zeigten die Anleger im Berichtsquartal ein verstärktes Interesse an marktnah verzinsten Geldmarktfondsanteilen. In der Summe führten diese Bewegungen dazu, dass die Geldhaltung der privaten Nichtbanken im Euroraum moderat anstieg.

Tabelle 2.3: Konsolidierte Bilanz des MFI-Sektors im Euroraum1) Veränderung gegenüber Vorquartal in Mrd €, saisonbereinigt
Aktiva2023 4. Vj.2024 1. Vj.Passiva2023 4. Vj.2024 1. Vj.
Forderungen gegenüber privaten Nicht-MFIs im Euroraum

39,1

60,6

Verbindlichkeiten gegenüber Zentralstaaten 2)

5,3

- 61,5

davon: 
 Buchkredite

46,6

23,6

Geldmenge M3

149,5

55,2

 Buchkredite, bereinigt 3)

69,4

36,1

davon Komponenten:
 Wertpapiere

- 7,5

37

 Bargeld und täglich fällige Einlagen (M1)

- 128,6

- 121,6

  Übrige kurzfristige Einlagen (M2-M1)

222,2

115,8

Forderungen gegenüber öffentlichen Haushalten im Euroraum

5,6

- 75,1

 Marktfähige Finanzinstrumente (M3-M2)

56

61,1

davon: 
 Buchkredite

7,8

- 15,6

Geldkapital

60,2

104,9

 Wertpapiere

- 2,2

- 59,5

davon:
  Kapital und Rücklagen

- 6,2

- 7,2

Nettoforderungen gegenüber Ansässigen außerhalb des Euroraums

177,8

128,2

 Sonstige längerfristige Verbindlichkeiten

66,3

112,1

andere Gegenposten von M3

- 7,5

- 15

 
1 Statistisch bedingte Veränderungen (zum Beispiel statistische Brüche) und Umbewertungen ausgeschaltet. 2 Einschließlich Einlagen der Zentralstaaten beim MFI-Sektor sowie der von Zentralstaaten gehaltenen Wertpapiere, die vom MFI-Sektor begeben wurden. 3 Bereinigt um Kreditverkäufe, Kreditverbriefungen und um Positionen im Zusammenhang mit durch MFIs erbrachten fiktiven Cash-Pooling-Dienstleistungen.

Gleichzeitig blieben Anlageformen außerhalb von M3 weiterhin attraktiv. Dies galt insbesondere für langfristige Bankschuldverschreibungen trotz ihrer leicht sinkenden Rendite. Die hohe Nachfrage nach dieser Anlageform wurde durch ein gestiegenes Angebot akkommodiert, wobei deutsche und französische Banken den Großteil der neuen Papiere emittierten. Der Anstieg der Neuemissionen resultiert aus dem erhöhten Mittelbedarf der Banken, der durch das sukzessive Auslaufen der GLRG III-Darlehen entsteht. Über die ohnehin fällig werdenden Geschäfte hinaus nutzten die Banken im Euroraum auch die Möglichkeit, GLRG III-Darlehen vorzeitig zu tilgen, da diese aufgrund der geänderten Konditionen für Banken keine attraktive Finanzierungsquelle mehr darstellen.

Neben der hohen Geldkapitalbildung dämpfte der Rückgang der Forderungen des MFI-Sektors gegenüber öffentlichen Haushalten das Geldmengenwachstum. Ursächlich dafür waren Tilgungen von Staatsanleihen, die das Eurosystem im Rahmen seiner geldpolitischen Ankaufprogramme erworben hat und die nun sukzessive abgebaut werden. Dagegen stockten die sonstigen MFIs im Euroraum per saldo ihre Bestände an Staatsanleihen auf, und auch ausländische Anleger erwarben netto Staatsanleihen aus dem Euroraum.

Auf der Entstehungsseite trugen Mittelzuflüsse aus dem Ausland erneut am stärksten zum Anstieg der Geldmenge bei. Die bisher verfügbaren Informationen aus der Zahlungsbilanzstatistik deuten darauf hin, dass dies zum einen an einem positiven Saldo der Wertpapiertransaktionen des Auslands mit inländischen Nicht-MFIs lag. Maßgeblich dafür war, dass Ausländer per saldo in größerem Umfang Staatsanleihen des Euroraums erwarben. Zum anderen stützte auch der weiterhin hohe Leistungsbilanzsaldo des Euroraums mit dem Rest der Welt die Netto-Auslandsposition des MFI-Sektors. 

Daneben stockte der MFI-Sektor seine Forderungen gegenüber dem inländischen Privatsektor im ersten Quartal merklich auf. Zwar sanken die Bestände des Eurosystems an Unternehmensanleihen weiter. Die sonstigen MFIs erwarben im Berichtsquartal jedoch per saldo Anleihen des Privatsektors und setzten außerdem ihren Nettoerwerb inländischer Aktien fort. Darüber hinaus legten auch die Buchkredite an private Nichtbanken moderat zu, was insbesondere den Ausleihungen an finanzielle Kapitalgesellschaften geschuldet war. Die Buchkredite an den nichtfinanziellen Privatsektor stiegen im Berichtsquartal nur geringfügig.

Das Buchkreditgeschäft der Banken mit nichtfinanziellen Unternehmen ging im ersten Quartal 2024 per saldo leicht zurück; eine Trendwende ist bislang noch nicht zu erkennen. Der Rückgang war auf Nettotilgungen bei den kurzfristigen Ausleihungen zurückzuführen, die im Dezember in ähnlichem Umfang aufgebaut worden waren (siehe Schaubild 2.6). Längerfristige Ausleihungen wurden hingegen erneut ausgeweitet, allerdings ebenfalls etwas schwächer als im Vorquartal. Zwar waren die Kreditzinsen für Unternehmen im Euroraum im Durchschnitt des ersten Quartals erstmals seit Ende 2021 etwas günstiger als im Vorquartal. Jedoch ist ihr Niveau weiterhin relativ hoch. Zudem dürfte die schwache Nachfrage der Unternehmen nach frischen Finanzierungsmitteln – neben der nachlassenden Inflationsdynamik – vor allem Ausdruck des weiterhin unsicheren Wirtschaftsausblicks sein. 

Buchkredite des MFI-Sektors an den nichtfinanziellen Privatsektor im Euroraum*)

Auch im BLS spiegelte sich die Schwäche der Kreditnachfrage vonseiten der Unternehmen wider. Sie sank nach Angaben der befragten Banken zum sechsten Mal in Folge. Vor allem langfristige Kredite wurden weniger nachgefragt als im Vorquartal. Als Gründe nannten die Interviewteilnehmer vor allem einen rückläufigen Mittelbedarf für Anlageinvestitionen und das allgemeine Zinsniveau. Hingegen gaben sie an, ihre Richtlinien für neue Kredite per saldo kaum noch gestrafft zu haben, nachdem sie im Vorquartal noch etwas strengere Richtlinien geplant hatten. Auch die Ablehnungsquote bei Kreditanfragen blieb nahezu unverändert, nach zuvor sechs Anstiegen in Folge. 

Im Gegensatz zu den Unternehmenskrediten legten die Buchkredite der Banken an private Haushalte leicht zu, mit Unterschieden zwischen den Ländern. Insbesondere die Wohnungsbaukredite zeigten erste Erholungstendenzen: sie wurden im ersten Quartal nach zwei schwachen Vorquartalen wieder merklich aufgebaut (siehe Schaubild 2.6). Für die Belebung der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten dürften die rückläufigen Kreditzinsen eine wichtige Rolle gespielt haben. Der Anstieg der Ausleihungen verteilte sich allerdings nicht breit über die Mitgliedsländer, sondern speiste sich vorwiegend aus dem Beitrag der in Deutschland ansässigen Banken. Konsumenten- und sonstige Kredite blieben hingegen nahezu ohne Impuls. 

Auch im BLS spiegelten sich diese Länderunterschiede wider. In ihrer Gesamtheit berichteten die befragten Banken im Euroraum von einer nahezu unveränderten Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten – nach zum Teil starken Rückgängen in den sieben Vorquartalen. Hinter diesem Ergebnis verbarg sich jedoch eine deutlich gestiegene Nachfrage bei in Deutschland ansässigen Banken, während die befragten Banken in Frankreich, Italien und Spanien einen erneuten Rückgang der Nachfrage nach Wohnungsbaukrediten meldeten. Die Richtlinien in diesem Kreditsegment wurden nach Angaben der befragten Banken im Euroraum insgesamt erstmals seit 2018 wieder gelockert, nachdem im Vorquartal noch Straffungen beabsichtigt worden waren. 

3 Einlagen- und Kreditgeschäft deutscher Banken mit inländischen Kunden

Das Einlagengeschäft des deutschen Bankensektors mit Nicht-MFIs nahm im ersten Quartal 2024 moderat zu. Ähnlich wie im Euroraum setzten sich die Umschichtungen von täglich fälligen Einlagen und kurzfristigen Spareinlagen hin zu kurzfristigen Termineinlagen fort. Im Vorjahresvergleich war allerdings eine gewisse Abschwächung der Umschichtungen zu erkennen. Dies dürfte daran liegen, dass die anhaltende Renditedifferenz zwischen diesen Einlagearten infolge der im Herbst einsetzenden Zinssenkungserwartungen etwas zurückgegangen ist (siehe Schaubild 2.7). Vor allem private Haushalte bauten ihre Bestände an kurzfristigen Termineinlagen weiter auf und fragten ebenso längerfristige Bankeinlagen nach, deren Renditen gegenüber täglich fälligen Einlagen weiterhin attraktiv blieben. Auch nichtfinanzielle Unternehmen erhöhten ihren Bestand an Bankeinlagen, jedoch wesentlich weniger als im Vorquartal. Bestimmend für das im Vergleich zum Vorquartal deutlich geringere Einlagenwachstum war die Tatsache, dass finanzielle Unternehmen ihre Einlagenbestände per saldo reduzierten. Dieser renditebewusste Sektor dürfte einen Teil seiner kurzfristig auf Bankkonten geparkten Mittel stattdessen in besser verzinste Anlagemöglichkeiten investiert haben.

Zinssätze für Bankeinlagen in Deutschland

Das Kreditgeschäft der deutschen Banken mit inländischen Kunden nahm ebenfalls moderat zu. Das lag zum einen daran, dass die Banken in Deutschland – wie auch im gesamten Euroraum – ihre Bestände an Wertpapieren privater Emittenten per saldo deutlich aufbauten. Zum anderen erhöhten die Banken ihre Ausleihungen an öffentliche Haushalte, wovon die Buch- und Wertpapierkredite gleichermaßen profitierten. Dagegen bewegten sich die Buchkredite an den Privatsektor im ersten Quartal per saldo seitwärts: Den merklichen Zuflüssen bei den privaten Haushalten standen ähnlich hohe Abflüsse insbesondere bei den finanziellen Unternehmen gegenüber. 

Das Kreditgeschäft mit nichtfinanziellen Unternehmen entwickelte sich im ersten Quartal per saldo seitwärts. Dabei fiel die Entwicklung in den einzelnen Laufzeitsegmenten erneut heterogen aus. Während die kurz- und mittelfristigen Buchkredite mit einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren einen merklichen Rückgang verzeichneten, nahmen die Ausleihungen mit Laufzeiten von über fünf Jahren erneut zu. Dazu passt, dass die Banken in Deutschland die Kreditzinsen für alle Laufzeitbereiche im ersten Quartal teilweise spürbar senkten. Zudem blieben die Zinsen für langfristige Ausleihungen an nichtfinanzielle Unternehmen auch im Berichtsquartal deutlich unterhalb jener für kürzer laufende Buchkredite. Mit diesem Zinssetzungsverhalten fördern die Banken die Nachfrage der Unternehmen nach langfristigen Buchkrediten.

Die insgesamt verhaltene Entwicklung der Buchkredite an nichtfinanzielle Unternehmen spiegelt sowohl angebots- als auch nachfrageseitige Faktoren wider. Die immer noch hohen Finanzierungskosten sowie die unsicheren Wirtschaftsaussichten dämpfen weiterhin die Investitionstätigkeit und damit auch den Finanzierungsbedarf der Industrie und des Bausektors. Die Angaben des BLS bestätigen dieses Bild grundsätzlich. So berichteten die im Rahmen des BLS interviewten Banken für das erste Quartal 2024 erneut von einer per saldo gesunkenen Kreditnachfrage. Der Rückgang fiel aber insgesamt geringer aus als in den Vorquartalen. Nach Einschätzung der befragten Banken war der Einfluss des allgemeinen Zinsniveaus und der Anlageinvestitionen auf die Kreditnachfrage zwar weiterhin negativ, jedoch mit nachlassender Tendenz.

Buchkredite deutscher Banken an den inländischen nichtfinanziellen Privatsektor

Die Kreditangebotspolitik übte weiterhin einen dämpfenden Einfluss auf die Kreditvergabe aus. So berichteten die im BLS befragten Banken, dass sie ihre Kreditrichtlinien im Firmenkundengeschäft per saldo erneut gestrafft haben – und zwar im gleichen Umfang wie im Vorquartal. Ihre Kreditbedingungen passten die im BLS befragten Banken jedoch kaum an, nachdem sie diese in den vergangenen sieben Quartalen teilweise in stärkerem Umfang gestrafft hatten. Die Banken begründeten die insgesamt restriktive Ausgestaltung der Vergabepolitik mit dem erhöhten Kreditrisiko vor allem im Hinblick auf die gedämpfte Wirtschaftslage und die Konjunkturaussichten. Daneben trugen weiterhin branchen- und firmenspezifische Faktoren zu den Straffungen bei. 

Bankkonditionen in Deutschland für Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften

Das Kreditgeschäft der Banken mit inländischen privaten Haushalten legte nach drei schwachen Quartalen erstmals wieder leicht zu. Treibender Faktor waren die Wohnungsbaukredite, deren Zunahme deutlich stärker ausfiel als in den drei vorangegangenen Quartalen. Gleichzeitig wurden die Konsumenten- und sonstigen Kredite an private Haushalte mit unverminderter Dynamik weiter abgebaut. Ausschlaggebend für die gedämpfte Nachfrage der privaten Haushalte nach Bankkrediten waren die nach wie vor hohen Finanzierungskosten. Laut MFI-Zinsstatistik sanken die Zinssätze sowohl für Wohnungsbaukredite als auch für Konsumenten- und sonstige Kredite zwar leicht. Sie lagen aber weiterhin deutlich über ihren jeweiligen historischen Durchschnittswerten. 

Bankkonditionen in Deutschland für Kredite an private Haushalte

Ihre Kreditvergabepolitik gegenüber privaten Haushalten gestalteten die deutschen Banken im ersten Quartal 2024 restriktiver als im Vorquartal, insbesondere bei den Konsumenten- und sonstigen Krediten. Gemäß BLS haben die Banken ihre Kreditrichtlinien im Bereich der privaten Baufinanzierung leicht gestrafft, nachdem sie diese im Vorquartal unverändert ließen. Die Kreditrichtlinien und -bedingungen für Konsumenten- und sonstige Kredite an private Haushalte wurden im ersten Quartal 2024 erneut restriktiv angepasst. Die aktuelle Straffung fiel dabei stärker aus als im Vorquartal. Die Banken begründeten die in der Summe etwas strengeren Anforderungen mit dem ihrer Ansicht nach erhöhten Kreditrisiko vor allem in Bezug auf die Verschlechterung der Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer.

Tab 2.4 Entwicklung der Kredite und Einlagen der MFIs1) in Deutschland in Mrd €, Quartalssummen der monatlichen Veränderungen, saisonbereinigt
Position2023 4. Vj.2024 1. Vj.
Einlagen von inländischen Nicht-MFIs 2) 
 täglich fällig

- 10,0

- 41,6

 mit vereinbarter Laufzeit
  bis zu 2 Jahren

82,5

75,0

  über 2 Jahre

4,7

0,5

 mit vereinbarter Kündigungsfrist  
  bis zu 3 Monaten

- 26,6

- 22,2

  über 3 Monate

9,0

7,0

Kredite
 Kredite an inländische öffentliche Haushalte
  Buchkredite

2,0

2,6

  Wertpapierkredite

- 0,1

2,1

 Kredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen
  Buchkredite 3)

- 1,7

0,4

  darunter:
   an private Haushalte 4)

0,4

4,8

   an nichtfinanzielle Unternehmen 5)

1,3

- 0,1

  Wertpapierkredite

- 0,6

6,0

1 Zu den Monetären Finanzinstituten (MFIs) zählen hier neben den Banken (einschließlich Bausparkassen, ohne Bundesbank) auch die Geldmarktfonds. Quartalsendstände, statistisch bedingte Veränderungen (zum Beispiel statistische Brüche) und Umbewertungen ausgeschaltet. 2 Unternehmen, Privatpersonen und öffentliche Haushalte ohne den Bund. 3 Bereinigt um Forderungsverkäufe und -verbriefungen. 4 Und Organisationen ohne Erwerbszweck. 5 Nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften und Quasi-Kapitalgesellschaften.

Für das Sommerhalbjahr 2024 rechnen die Banken laut BLS mit einem negativen Einfluss der bereits getroffenen und der zukünftig erwarteten Leitzinsentscheidungen des EZB-Rats auf ihre Ertragslage. Im abgelaufenen Winterhalbjahr trugen die Leitzinsentscheidungen dagegen über einen positiven Effekt auf das Zinsergebnis zu einer Verbesserung der Ertragslage der Banken bei. Allerdings berichteten weniger Banken als bei der letzten Befragung im Oktober 2023 von einem positiven Einfluss. Die Veränderungen der für geldpolitische Zwecke gehaltenen Wertpapierbestände des Eurosystems wirkten laut BLS für sich genommen negativ auf die Marktfinanzierungsbedingungen der Banken. Den Einfluss auf die Ertragslage beurteilten die Banken als positiv. Denn die geldpolitischen Portfolios trugen zu einem Anstieg des Zinsergebnisses bei. Die im BLS befragten Banken in Deutschland gaben außerdem an, dass sich ihre Refinanzierungssituation vor dem Hintergrund der Lage an den Finanzmärkten insgesamt etwas verbessert habe.