Überblick

Monatsberichtsaufsatz

1 Weltwirtschaft und internationale Finanzmärkte

1.1 Weltwirtschaft auf moderatem Wachstumskurs

Die Weltwirtschaft setzte zum Jahresbeginn ihren moderaten Wachstumskurs fort, und die regionalen Unterschiede zwischen den Industrieländern ließen etwas nach. Im Euroraum stieg die im Vorquartal noch rückläufige Wirtschaftsleistung wieder spürbar an. Dagegen schwächte sich in den USA das zuvor kräftige Wirtschaftswachstum ab. In China verstärkte sich die Konjunktur, auch dank wirtschaftspolitischer Stützungsmaßnahmen.

Umfrageergebnisse lassen erwarten, dass die globale Konjunktur im Frühjahr zunehmend Tritt fasst. Laut Umfragen unter Einkaufsmanagern verbesserte sich weltweit die Geschäftslage in den letzten Monaten spürbar. In den Schwellenländern nahm die Industriekonjunktur weiter Fahrt auf. In den fortgeschrittenen Volkswirtschaften blieb hingegen die industrielle Erzeugung schwach. Dort war es vor allem der Dienstleistungssektor, der zu einem aufgehellten Stimmungsbild beitrug.

1.2 Disinflationsprozess ins Stocken gekommen

Zahlreiche Rohstoffpreise zogen in den letzten Monaten wieder etwas an. Insbesondere die Ölpreise stiegen zeitweise deutlich. Dafür dürften verbesserte Nachfrageaussichten sowie die neuerlichen Förderkürzungen einiger OPEC-Staaten eine wichtige Rolle gespielt haben. Zusätzlich standen die Rohölnotierungen unter dem Einfluss des geopolitischen Konflikts im Nahen Osten. Auch viele andere Rohstoffpreise stiegen zuletzt wieder ein Stück weit an. 

Der Disinflationsprozess kam zuletzt ins Stocken. Seit Januar ließ der Anstieg der Verbraucherpreise in der Gruppe der Industrieländer kaum noch nach. Im April lag die Vorjahresrate mit 3,0 % nur geringfügig unter dem Wert vom Januar, nicht zuletzt wegen gestiegener Energiepreise. Die ohne Energie und Nahrungsmittel gerechnete Kernrate sank derweil etwas stärker, war aber mit 3,4 % weiterhin hoch. Das vielerorts kräftige Lohnwachstum und die zuletzt wieder anziehende Nachfrage könnten den weiteren Disinflationsprozess erschweren.

1.3 Zinssenkungserwartungen zuletzt rückläufig

An den internationalen Finanzmärkten herrschte noch zu Jahresbeginn das Bild früher und zügiger Leitzinssenkungen vor. Davon rückten die Marktakteure angesichts verbesserter Konjunkturdaten sowie einer vor allem in den USA stockenden Disinflation sukzessive ab. Zu Jahresbeginn gingen die Marktteilnehmer zunächst davon aus, dass bereits im Frühjahr erstmalig die Leitzinsen gesenkt würden. Aufgrund stockender Disinflation und positiver Konjunktursignale betonten die Notenbanken die Datenabhängigkeit ihres Vorgehens, darunter die Fed und das Eurosystem. Insbesondere für die USA verschoben sich unter diesen Einflüssen die Zinssenkungserwartungen für das laufende Jahr in die Zukunft. Unter den Marktakteuren gilt gegenwärtig eine erste US-Leitzinssenkung erst nach dem Sommer als wahrscheinlich. Diese Impulse aus den USA übertrugen sich auch auf den Euroraum, für den die Marktakteure ihre Erwartungen rascher Zinssenkungen ebenfalls zurücknahmen. So schätzten die Marktakteure eine erste Leitzinssenkung im Juni als weiterhin wahrscheinlich ein. Den weiteren zukünftigen Leitzinsverlauf bewerteten sie aber als unsicherer. In diesem Umfeld stiegen die langfristigen Nominal- und Realzinsen in beiden Währungsräumen an, wobei sich der relative Zinsvorteil der USA ausweitete.

Risikobehaftete Vermögenswerte profitierten von positiven Konjunkturimpulsen und einem steigenden Risikoappetit der Anleger. So engten sich an den europäischen Märkten für Unternehmensanleihen die Renditeaufschläge gegenüber sicheren Bundesanleihen merklich ein. Den internationalen Aktienmärkten gab zusätzlich eine stabile Ertragsentwicklung der Unternehmen Auftrieb. Auch die Devisenmärkte waren im Berichtszeitraum geprägt von der sich festigenden Erwartung einer späteren US-Zinswende. Die anhaltende Yen-Schwäche dürfte daher rühren, dass die Geldpolitik in Japan nach wie vor deutlich expansiver ausgerichtet ist als in den USA und im Euroraum.   

2 Geldpolitik und Bankengeschäft

2.1 EZB-Rat stellt Lockerung der geldpolitischen Straffung in Aussicht

Auf seinen geldpolitischen Sitzungen im März und April 2024 beließ der EZB-Rat die drei Leitzinssätze unverändert. In den neuen März-Projektionen von Fachleuten der EZB wurde die Inflation im Vergleich zur Dezember-Projektion nach unten korrigiert, insbesondere für 2024. Nach dem Eingang weiterer Daten, die aus Sicht des EZB-Rats die Einschätzung der mittelfristigen Inflationsaussichten bestätigten, passte der Rat im April seine Kommunikation zu den Leitzinssätzen an. Gemäß der neuen Kommunikation wäre eine Lockerung der aktuellen geldpolitischen Straffung angemessen, sofern die aktualisierte Beurteilung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission die Zuversicht des EZB-Rats weiter stärkt, dass die Inflation sich nachhaltig dem Zielwert annähert. Der EZB-Rat betonte aber auch, dass er weiterhin von Sitzung zu Sitzung entscheiden wird und sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad festlegt.

2.2 Überprüfung des geldpolitischen Handlungsrahmens abgeschlossen

Im März gab der EZB-Rat zudem Änderungen am geldpolitischen Handlungsrahmen zur Steuerung kurzfristiger Zinssätze bekannt. Mit der im Dezember 2022 angekündigten Überprüfung sollte sichergestellt werden, dass der geldpolitische Handlungsrahmen vor dem Hintergrund der Bilanznormalisierung weiterhin angemessen ist. Der EZB-Rat beschloss daher wesentliche Grundsätze und Parameter für die Durchführung der Geldpolitik und die Bereitstellung von Zentralbankliquidität. Insbesondere wird ab September 2024 der Abstand zwischen dem Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte und dem Einlagesatz von aktuell 50 Basispunkten auf 15 Basispunkte verringert.

2.3 Nachfrage nach Bankkrediten im Euroraum weiterhin verhalten

Das breit gefasste Geldmengenaggregat M3 wuchs im ersten Quartal 2024 nur moderat. Die Entwicklung von M3 spiegelte einerseits eine hohe Auslandsnachfrage nach Wertpapieren des Euroraums und andererseits eine weitere Anpassung der Geldnachfrage wider. So setzten die Haushalte und Unternehmen im Berichtsquartal zwar ihre Umschichtungen von Sichteinlagen zugunsten kurzfristiger Termineinlagen fort, jedoch mit abnehmender Tendenz. Gleichzeitig stieg ihre Nachfrage nach längerfristigen Bankschuldverschreibungen, deren Renditen höher liegen als die Verzinsung kurzfristiger Bankeinlagen. Auf der Entstehungsseite stützten der Nettoerwerb von EWU-Staatsanleihen durch Gebietsfremde und die Leistungsbilanzüberschüsse das Geldmengenwachstum im Euroraum. Die Buchkredite der Banken an den nichtfinanziellen Privatsektor stiegen per saldo nur geringfügig. Laut Umfrage zum Kreditgeschäft (Bank Lending Survey, BLS) war dafür die weiterhin verhaltene Kreditnachfrage verantwortlich, während die Kreditrichtlinien kaum noch gestrafft oder sogar teilweise gelockert wurden. 

3 Konjunktur in Deutschland fasst langsam wieder Tritt

3.1 Wirtschaftsleistung in Deutschland zuletzt wieder gestiegen

Die deutsche Wirtschaftsleistung erhöhte sich im ersten Quartal 2024 etwas. Gemäß der Schnellmeldung des Statistischen Bundesamtes stieg das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) saisonbereinigt um 0,2 % gegenüber dem Vorquartal. Im letzten Vierteljahr 2023 war es noch kräftig gesunken. Insbesondere der Bau, aber auch die Industrie und wohl auch die Dienstleister legten im ersten Vierteljahr 2024 zu. Dazu trug eine für die Bautätigkeit günstige Witterung bei. Im Vorquartal hatten die Wetterverhältnisse den Bau dagegen belastet, sodass es hier nun zu einem kräftigen Umschwung kam. In der energieintensiven Industrie setzte sich der negative Trend nicht fort, und die Produktion stieg kräftig an. Zudem war der Krankenstand nicht mehr ganz so hoch wie im Vorquartal, was die Wirtschaftsleistung ebenfalls gestützt haben dürfte. Daneben ermöglichten im Bau, vor allem aber in der Industrie, die noch verbliebenen Auftragspolster das Produktionsplus. Denn die Nachfrage ist in beiden Sektoren weiterhin schwach. Die neuen Aufträge für die Industrie gingen sowohl aus dem Ausland als auch dem Inland kräftig zurück. Darin schlägt sich nieder, dass der Welthandel noch verhalten blieb und die mit der Zinswende gestiegenen Finanzierungskosten sowie eine erhöhte wirtschaftspolitische Unsicherheit die heimischen Investitionen dämpften. Die hohen Finanzierungskosten drückten auch die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe. Die privaten Verbraucher zeigten sich weiter verunsichert. Daher blieb ihr Konsum noch schwunglos, obwohl sich ihre Einkommenssituation dank eines stabilen Arbeitsmarktes und wieder steigender Reallöhne deutlich verbessert haben dürfte. Dass der Dienstleistungssektor wohl dennoch expandierte, lag an Zuwächsen in den eher industrie- und unternehmensnahen Branchen.

Das Kreditgeschäft mit nichtfinanziellen Unternehmen entwickelte sich in Deutschland im ersten Quartal per saldo seitwärts. Dies lag zum einen daran, dass die gestiegenen Finanzierungskosten in Verbindung mit den unsicheren Wirtschaftsaussichten die Kreditnachfrage vieler Unternehmen sinken ließ. Zum anderen dämpfte auch die Kreditangebotspolitik nach wie vor die Kreditvergabe. Das Kreditgeschäft mit inländischen privaten Haushalten legte nach drei schwachen Quartalen erstmals wieder leicht zu. Treibender Faktor waren die Wohnungsbaukredite, deren Zunahme deutlich stärker ausfiel als in den drei vorangegangenen Quartalen. Gleichzeitig wurden die Konsumenten- und sonstige Kredite an private Haushalte mit unverminderter Dynamik weiter abgebaut.

Der deutsche Arbeitsmarkt erwies sich auch im Winter 2024 als sehr stabil. Die Beschäftigungsentwicklung war weiter verhalten positiv. Im Laufe des Jahres 2023 waren die Unternehmensbelegschaften trotz der wirtschaftlichen Schwächephase weitestgehend gehalten und in vielen Dienstleistungsbereichen sogar aufgestockt worden. Der Anstieg im ersten Vierteljahr 2024 war jedoch nicht stark genug, um die insbesondere durch Zuwanderung steigende Zahl an Erwerbspersonen vollständig zu absorbieren. Daher erhöhte sich auch die registrierte Arbeitslosigkeit, wenngleich ebenfalls nur unwesentlich. Gemäß den Frühindikatoren dürfte sich dieses Muster in den nächsten Monaten nicht spürbar ändern. Selbst bei positiverer Wirtschaftsentwicklung dürfte zunächst das bislang gehaltene Personal stärker in Anspruch genommen werden. Dann würde sich die derzeit gedrückte Arbeitszeit erholen.

3.2 Löhne wachsen weiterhin stark

Die Löhne legten im Winter 2024 kräftig zu. Die Tarifverdienste stiegen im ersten Quartal um 6,2 % gegenüber dem Vorjahr. Dazu trugen auch hohe abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien bei. 

Die Effektivverdienste dürften ebenfalls erneut stark gestiegen sein. Die jüngsten Tarifabschlüsse und die im historischen Vergleich nach wie vor hohen Lohnforderungen der Gewerkschaften weisen zudem auf ein auch weiterhin hohes Lohnwachstum hin. Die Inflation ist zwar seit dem Hochpunkt im Herbst 2022 erheblich zurückgegangen. Aber den Gewerkschaften sind die kumulierten Reallohnverluste der vergangenen drei Jahre weiterhin bewusst, und sie streben einen nachhaltigen Reallohnanstieg an. Zum Jahresende 2024 entfallen zudem die temporären, abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien. Daher geraten nun dauerhafte Lohnerhöhungen verstärkt in den Fokus. 

3.3 Inflationsrate dürfte zunächst wieder etwas steigen

Der Preisauftrieb nahm im Winter wieder etwas zu. Die Verbraucherpreise (HVPI) stiegen im ersten Vierteljahr 2024 saisonbereinigt um 0,8 % gegenüber dem Vorquartal, nach 0,2 % im Schlussquartal 2023. Grund hierfür war vor allem der starke und breit basierte Preisanstieg bei Dienstleistungen. In der Vorjahresbetrachtung setzte sich der Disinflationsprozess im ersten Quartal 2024 zwar fort, allerdings in deutlich gemäßigterem Tempo als zuvor. So fiel die Inflationsrate nur noch vergleichsweise wenig von 3,0 % im Vorquartal auf 2,7 %. Die Kerninflationsrate (HVPI ohne Energie und Nahrungsmittel) lag mit 3,4 % weiterhin merklich oberhalb der Gesamtrate. 

Auch im April zogen die Preise etwas stärker an. Saisonbereinigt erhöhte sich die HVPI-Rate um 0,4 %, nach + 0,2 % im März. Ausschlaggebend hierfür war ein kräftiger Anstieg der Energiepreise, die im Monat zuvor noch gesunken waren. Hier spielte eine Rolle, dass die vorübergehende Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Gas und Fernwärme im April ausgelaufen war. In der Vorjahresbetrachtung stieg die Inflationsrate per saldo leicht auf 2,4 % an. Die Kernrate ging dagegen merklich auf 2,9 % zurück.

Im Mai dürfte die Inflationsrate wieder steigen und könnte in den nächsten Monaten um ein etwas höheres Niveau schwanken. Grund hierfür sind zunächst Basiseffekte beim öffentlichen Personennahverkehr. Hier waren die durchschnittlichen Ticketpreise mit der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 sprunghaft gesenkt worden. Außerdem dürften die Energiepreise in der Vorjahresbetrachtung im Mai und im späteren Verlauf des Jahres aufgrund von Basiseffekten wieder zulegen. Insgesamt bestehen weiterhin Risiken für den grundlegenden Disinflationsprozess. So fiel das Lohnwachstum zuletzt kräftiger als erwartet aus. Dadurch könnte insbesondere der immer noch hohe Preisdruck bei Dienstleistungen länger anhalten.

3.4 Konjunkturaussichten hellen sich allmählich auf

Im zweiten Quartal 2024 dürfte die Wirtschaftsleistung erneut etwas ansteigen. Die Dienstleister dürften ihre Erholung fortsetzen. Diese könnte sich sogar noch verbreitern und verstärken, wenn auch vom privaten Konsum wieder erste Impulse kommen. Darauf deuten die Umfrageergebnisse des ifo Instituts für die konsumnahen Dienstleistungsbranchen hin. Damit dürften die steigenden realen verfügbaren Haushaltseinkommen gegenüber der Verunsicherung der Konsumentinnen und Konsumenten die Oberhand gewinnen. Weitere Kaufkraftgewinne sind zu erwarten, da der Arbeitsmarkt voraussichtlich robust bleibt und die Löhne weiter kräftig steigen. In der Industrie könnten sich die energieintensiven Branchen moderat erholen. Für eine nachhaltige Belebung der Industrie müssten jedoch auch die Neuaufträge wieder breit angelegt anziehen. Dies steht bislang noch aus. Die aufgehellten Geschäftserwartungen im Verarbeitenden Gewerbe werden sich daher wohl erst ab der zweiten Jahreshälfte in spürbar mehr Schwung in der Produktion niederschlagen. Auch im Bau ist die Nachfrage noch sehr schwach, und eine größere Belebung zeichnet sich noch nicht ab. Im zweiten Quartal dürfte zudem die Normalisierung nach den Witterungseffekten in den Vorquartalen dämpfend wirken. Ein weiter rückläufiger Krankenstand könnte hingegen die Wirtschaftsleistung erneut stützen. Insgesamt nimmt die Konjunktur in der Grundtendenz wohl allmählich etwas Fahrt auf. 

4 Deutsche Staatsfinanzen: Defizit- und Schuldenquote sinken

Die deutschen Staatsfinanzen dürften sich im laufenden und kommenden Jahr weiter verbessern. Ausschlaggebend ist, dass die Krisenhilfen entfallen. Im laufenden Jahr könnte die Defizitquote unter 2 % fallen, nach 2,5 % im Jahr 2023. Dabei entlastet das Ende der Energiepreisbremsen die Budgets im Vorjahresvergleich sogar noch etwas stärker. Dem entgegen stehen aber einige stark wachsende Ausgaben, allem voran im Bundeswehr- sowie im Klimafonds. Im kommenden Jahr dürfte die Defizitquote weiter sinken. Dies ist im Wesentlichen auf die Mehreinnahmen nach dem Ende der abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien zurückzuführen. Ohne diese würde sich die Defizitquote wohl eher seitwärts bewegen. 

Die Schuldenquote dürfte ebenfalls zurückgehen, zunehmende Verpflichtungen für EU-Schulden gleichen dies aber teilweise aus. Die nationale Schuldenquote lag Ende 2023 bei 63,6 %. Sie blendet aber den Anteil an den EU-Schulden aus, für den Deutschland letztlich aufkommen muss. Die darum erweiterte Quote betrug schätzungsweise 65,4 %. Sie geht weniger stark zurück als die nationale Quote, weil die EU-Schulden noch bis 2026 deutlich steigen. 

Insgesamt dürften die Staatsfinanzen im laufenden Jahr und im kommenden Jahr nicht übermäßig restriktiv auf die Wirtschaftsentwicklung wirken. Die teils formulierte Sorge scheint insoweit überzogen, und eine konjunkturelle Aufwärtsbewegung ist zu erwarten. Im laufenden Jahr sinkt das gesamtstaatliche Defizit per saldo nur, weil die Energiepreisbremsen auslaufen. Dies dürfte die konjunkturelle Entwicklung nur wenig beeinflussen, auch weil die Preise für Gas und Strom auf den vorgelagerten Stufen im laufenden Jahr wieder niedriger sein dürften als im Jahr 2023. Mit Blick auf das kommende Jahr wird vielfach übersehen, dass der Bund und seine Sondervermögen immer noch über hohe Defizitspielräume verfügen. Hierzu zählen die Defizite für Konjunkturlasten und Finanztransaktionen, die verbliebenen Rücklagen sowie der Defizitspielraum des Bundeswehrfonds. 

Bundeshaushalt und Klimafonds könnten sich 2024 günstiger entwickeln als geplant. Daher könnten sie zum Jahresauftakt 2025 noch über merkliche Rücklagen verfügen. Das Defizit 2025 könnte damit höher ausfallen, ohne die Kreditgrenze der Schuldenbremse zu verletzen. Zwar sind die Haushaltsverhandlungen derzeit schwierig. Dies liegt aber offenbar daran, dass erhebliche Mehrbedarfe gegenüber dem Rahmen angemeldet wurden, den das Finanzministerium gesteckt hatte. Die Defizitspielräume des Bundes einschließlich seiner Extrahaushalte dürften jedenfalls kaum niedriger ausfallen als das Defizit, das derzeit für 2024 zu erwarten ist. 

Diskutiert wird weiter über die Schuldenbremse. Die Bundesbank hält eine stabilitätsorientierte Reform für erwägenswert. Solange die Schuldenbremse konsequent wirkt, kann sie solide Staatsfinanzen auch bei einem moderat höheren Wert der Kreditgrenze gut absichern. Konkret scheint eine höhere Kreditgrenze bei einer Schuldenquote unter 60 % gut vertretbar. Gewährleisten die nationalen Regeln dann, dass die strukturelle gesamtstaatliche Defizitquote unter 1½ % bleibt, dürfte dies in der Regel auch den neuen EU-Vorgaben genügen. Ein zusätzlicher fiskalischer Spielraum durch eine solche Reform könnte zudem für besonders wichtige Aufgaben reserviert werden: Mit einer gekappten goldenen Regel, wie sie die Bundesbank skizziert hat, ließe sich gezielter Zusatzspielraum etwa für staatliche Nettoinvestitionen schaffen. Als Alternative zur Anpassung der Nettokreditgrenze gilt teils ein Sondervermögen mit eigener Kreditgrenze im Grundgesetz. Ein solches Sondervermögen könnte so ausgestaltet werden, dass es den Defizitspielraum in vergleichbarer Weise erweitert; es würde den vorstehenden Grundüberlegungen insofern nicht widersprechen.