4 Deutsche Staatsfinanzen: Defizit- und Schuldenquote sinken
Die deutschen Staatsfinanzen dürften sich im laufenden und kommenden Jahr weiter verbessern. Ausschlaggebend ist, dass die Krisenhilfen entfallen. Im laufenden Jahr könnte die Defizitquote unter 2 % fallen, nach 2,5 % im Jahr 2023. Dabei entlastet das Ende der Energiepreisbremsen die Budgets im Vorjahresvergleich sogar noch etwas stärker. Dem entgegen stehen aber einige stark wachsende Ausgaben, allem voran im Bundeswehr- sowie im Klimafonds. Im kommenden Jahr dürfte die Defizitquote weiter sinken. Dies ist im Wesentlichen auf die Mehreinnahmen nach dem Ende der abgabenfreien Inflationsausgleichsprämien zurückzuführen. Ohne diese würde sich die Defizitquote wohl eher seitwärts bewegen.
Die Schuldenquote dürfte ebenfalls zurückgehen, zunehmende Verpflichtungen für EU-Schulden gleichen dies aber teilweise aus. Die nationale Schuldenquote lag Ende 2023 bei 63,6 %. Sie blendet aber den Anteil an den EU-Schulden aus, für den Deutschland letztlich aufkommen muss. Die darum erweiterte Quote betrug schätzungsweise 65,4 %. Sie geht weniger stark zurück als die nationale Quote, weil die EU-Schulden noch bis 2026 deutlich steigen.
Insgesamt dürften die Staatsfinanzen im laufenden Jahr und im kommenden Jahr nicht übermäßig restriktiv auf die Wirtschaftsentwicklung wirken. Die teils formulierte Sorge scheint insoweit überzogen, und eine konjunkturelle Aufwärtsbewegung ist zu erwarten. Im laufenden Jahr sinkt das gesamtstaatliche Defizit per saldo nur, weil die Energiepreisbremsen auslaufen. Dies dürfte die konjunkturelle Entwicklung nur wenig beeinflussen, auch weil die Preise für Gas und Strom auf den vorgelagerten Stufen im laufenden Jahr wieder niedriger sein dürften als im Jahr 2023. Mit Blick auf das kommende Jahr wird vielfach übersehen, dass der Bund und seine Sondervermögen immer noch über hohe Defizitspielräume verfügen. Hierzu zählen die Defizite für Konjunkturlasten und Finanztransaktionen, die verbliebenen Rücklagen sowie der Defizitspielraum des Bundeswehrfonds.
Bundeshaushalt und Klimafonds könnten sich 2024 günstiger entwickeln als geplant. Daher könnten sie zum Jahresauftakt 2025 noch über merkliche Rücklagen verfügen. Das Defizit 2025 könnte damit höher ausfallen, ohne die Kreditgrenze der Schuldenbremse zu verletzen. Zwar sind die Haushaltsverhandlungen derzeit schwierig. Dies liegt aber offenbar daran, dass erhebliche Mehrbedarfe gegenüber dem Rahmen angemeldet wurden, den das Finanzministerium gesteckt hatte. Die Defizitspielräume des Bundes einschließlich seiner Extrahaushalte dürften jedenfalls kaum niedriger ausfallen als das Defizit, das derzeit für 2024 zu erwarten ist.
Diskutiert wird weiter über die Schuldenbremse. Die Bundesbank hält eine stabilitätsorientierte Reform für erwägenswert. Solange die Schuldenbremse konsequent wirkt, kann sie solide Staatsfinanzen auch bei einem moderat höheren Wert der Kreditgrenze gut absichern. Konkret scheint eine höhere Kreditgrenze bei einer Schuldenquote unter 60 % gut vertretbar. Gewährleisten die nationalen Regeln dann, dass die strukturelle gesamtstaatliche Defizitquote unter 1½ % bleibt, dürfte dies in der Regel auch den neuen EU-Vorgaben genügen. Ein zusätzlicher fiskalischer Spielraum durch eine solche Reform könnte zudem für besonders wichtige Aufgaben reserviert werden: Mit einer gekappten goldenen Regel, wie sie die Bundesbank skizziert hat, ließe sich gezielter Zusatzspielraum etwa für staatliche Nettoinvestitionen schaffen. Als Alternative zur Anpassung der Nettokreditgrenze gilt teils ein Sondervermögen mit eigener Kreditgrenze im Grundgesetz. Ein solches Sondervermögen könnte so ausgestaltet werden, dass es den Defizitspielraum in vergleichbarer Weise erweitert; es würde den vorstehenden Grundüberlegungen insofern nicht widersprechen.