An den Finanzmärkten ebbte die Anfang April stark gestiegene Unsicherheit über die US-Zollpolitik ab, und der Risikoappetit nahm zu. Nach der Ankündigung umfangreicher Zölle durch die US-Regierung Anfang April hatten die Anleger ihre Wachstumserwartungen vielerorts gesenkt. Zudem setzte die Unsicherheit über das Ausmaß der erwarteten Konjunktureintrübung die Finanzmärkte zunächst erheblich unter Druck. Als aber in den seitdem bekannt gewordenen Vereinbarungen erkennbar wurde, dass die tatsächlich von den USA verhängten Zölle hinter den vorherigen Zollandrohungen zurückbleiben würden, ging die Nervosität an den Finanzmärkten zurück, die Risikoprämien sanken, und der Risikoappetit nahm zu. Die Ende Juli angekündigte Grundsatzeinigung der USA mit der Europäischen Union fügte sich in dieses Muster und blieb ohne anhaltenden Einfluss auf die Kapitalmärkte.
Während die Renditen von US-Staatsanleihen anstiegen, blieben die Renditen von Bundesanleihen im Ergebnis fast unverändert; dennoch gewann der Euro zum US-Dollar merklich an Wert. In den USA zogen die Staatsanleiherenditen angesichts wachsender Sorgen vor dem handels- und finanzpolitischen Kurs der US-Regierung, daraus resultierender fiskalischer Risiken sowie dementsprechend steigender Risikoprämien bis Ende Mai merklich an. Dem wirkte aber das US-Konjunkturbild entgegen, das sich im Quartalsverlauf weiter eintrübte. Dies erhöhte zwar aus Sicht der Marktteilnehmer die Wahrscheinlichkeit einer stärkeren geldpolitischen Lockerung durch die amerikanische Zentralbank in den nächsten Monaten. Im Ergebnis stiegen die Renditen zehnjähriger US-Treasuries dennoch an. Die Renditen von Bundeswertpapieren wurden hingegen vor allem im April von einer hohen Nachfrage nach sicheren Anlagen gedämpft, bevor die im Euroraum etwas aufgehellten Konjunkturaussichten sie wieder stützten. Gleichzeitig wertete der US-Dollar sowohl zum Euro als auch nominal effektiv deutlich ab. Zusammengenommen könnten der zunehmende Zinsvorsprung der USA gegenüber dem Euroraum und die fortbestehende spürbare Abwertung des US-Dollar auf einen Vertrauensverlust der internationalen Investoren in die US-Wirtschafts- und -Finanzpolitik hinweisen. Dieser Eindruck war insbesondere zu Beginn des Frühjahrs prägend; im Quartalsverlauf war es dann zunehmend die Geldpolitik dies- und jenseits des Atlantiks, die Aufwertungsdruck auf den Euro ausübte. Denn an den Geldmärkten des Euroraums bildeten sich die Erwartungen auf eine weitere geldpolitische Akkommodation zurück, nachdem die EZB im Juni angedeutet hatte, dass sich ihr Zinssenkungszyklus dem Ende nähern könnte. Diese Erwartungsanpassung setze sich auch nach dem EZB-Ratstreffen im Juli fort, auf dem das Eurosystem die Leitzinsen unverändert ließ.
Die Märkte für riskantere Anlagen verzeichneten angesichts des gestiegenen Risikoappetits Kurszuwächse. An den internationalen Aktienmärkten trat die Unsicherheit über den Ausgang des Zollkonflikts seit Ende April zunehmend in den Hintergrund. Eine gewachsene Zuversicht der Marktteilnehmer in Bezug auf den Handelsstreit und der zunehmende Risikoappetit gaben sowohl europäischen als auch vor allem japanischen und US-amerikanischen Aktienkursen Auftrieb. Zu dem kräftigen Kursplus der US-Titel trugen zudem trotz des verhaltenen US-Konjunkturausblicks nach oben revidierte Gewinnerwartungen US-amerikanischer Unternehmen bei. An den Märkten für europäische Unternehmensanleihen sorgte der gestiegene Risikoappetit für rückläufige Risikoaufschläge, wobei sich die Spreads hoch verzinslicher Unternehmensanleihen besonders stark einengten.
2 Wechselkurse
Der Euro verzeichnete gegenüber dem US-Dollar seit Beginn des zweiten Quartals 2025 weitere deutliche Kursgewinne. Ausschlaggebend dafür war vor allem die US-Politik. Anfang April veranlasste die Ankündigung von US-Präsident Trump, umfassende zusätzliche Importzölle erheben zu wollen, die Marktteilnehmer angesichts der währungspolitischen Vorstellungen von Teilen der neuen US-Administration, ihr bis dahin hohes Vertrauen in die Sicherheit des US-Dollar zu hinterfragen. Dies verlieh dem Euro deutlichen Auftrieb. Der sonst zu beobachtende Gleichlauf zwischen einem steigenden Zinsvorsprung in den USA und einer Euro-Abwertung drehte sich vorübergehend ins Gegenteil um: Trotz im Verhältnis zum Euroraum steigender Renditen in den USA sowohl bei kurzfristigen Staatsschuldverschreibungen als auch am OIS-Markt wertete der Euro auf. Obwohl sich die Aktienmärkte binnen eines Monats von den Folgen der Zollentscheidungen erholten (vgl. Kapitel “Wertpapiermärkte“), setzte der Euro seine Aufwertung zum US-Dollar fort. Dazu trugen die von Präsident Trump wiederholt vorgebrachte Forderung nach schnelleren Zinssenkungen, seine Überlegungen, den Vorsitzenden der amerikanischen Zentralbank zu entlassen, sowie eine Bonitätsherabstufung von US-Staatsanleihen durch eine Ratingagentur bei. Auch das von der Trump-Administration auf den Weg gebrachte Steuer- und Fiskalpaket wirkte sich negativ auf den US-Dollar aus, da es Sorgen um die Schuldentragfähigkeit der USA weiter befeuerte. Zur Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar trug ab Juni vor allem eine Verschiebung der Finanzmarkterwartungen über die Geldpolitik in den zwei Währungsräumen bei. Diesseits des Atlantiks unterstützten dabei geldpolitische Signale den Euro, während jenseits des Atlantiks unter anderem überraschend schwache Arbeitsmarktdaten zu einem stärker abwärtsgerichteten US-Zinsausblick beitrugen. Aktuell notiert der Euro bei 1,17 US-$ und verzeichnet somit eine Aufwertung um 7,9 % relativ zum Beginn des zweiten Quartals.
Der Euro wertete gegenüber dem Yen ebenfalls deutlich auf und erreichte einen neuen Jahreshöchststand. Die Ankündigung US-Präsident Trumps Anfang April, hohe zusätzliche Importzölle einführen zu wollen, führte zu einer deutlichen Aufwertung auch des Yen gegenüber dem US-Dollar. Damit blieb der Euro-Yen-Kurs im April und Mai annähernd unverändert. Ab Juni wertete der Euro gegenüber dem Yen jedoch deutlich auf. Dies war einerseits Folge der Markteinschätzung, wonach der geldpolitische Lockerungszyklus des Eurosystems seinem Ende entgegengehen könnte. Andererseits kristallisierte sich immer stärker heraus, dass die Zollverhandlungen mit den USA nicht zügig mit einem für die japanische Wirtschaft so vorteilhaften Ergebnis abgeschlossen werden könnten wie teilweise erhofft. Vor dem Hintergrund der handelspolitischen Unsicherheit und den damit verbundenen Konjunktursorgen blieben Leitzinserhöhungen der Bank of Japan aus. Gleichzeitig führte die Unsicherheit über die Fiskalpolitik, die die japanischen Oberhauswahlen mit sich brachten, zu einem leichten Anstieg der Risikoprämien auf japanische Staatsanleihen. All dies belastete den Yen. So notierte der Euro zuletzt bei 172 Yen; seit Anfang April wertete er somit um 6,6 % gegenüber dem Yen auf.
Gegenüber dem Pfund Sterling gewann der Euro seit Beginn des zweiten Quartals merklich an Wert. Im April war auch der Euro-Pfund-Kurs von den Zollinitiativen der US-Regierung geprägt. Zunächst führten die ursprünglichen, umfassenden US-Zollankündigungen aufgrund der besonders engen Handelsverflechtungen des Vereinigten Königreichs mit den USA zu einer merklichen Aufwertung des Euro gegenüber dem Pfund Sterling. Einen Teil der Gewinne gab der Euro aber nach Bekanntgabe des für das Vereinigte Königreich relativ günstig ausgefallenen bilateralen Handelsabkommens mit den USA Anfang Mai wieder ab. Überraschend hohe britische Inflationsraten, darauf folgende restriktive Signale der Bank of England und unerwartet positive britische Wachstumszahlen aus dem ersten Quartal unterstützten die Erholung des Pfund Sterling im Mai. Zu einer Trendwende und einer erneuten Aufwertung des Euro gegenüber dem Pfund kam es Anfang Juni, nachdem, wie oben bereits berichtet, der Markt zunehmend ein nahes Ende der Leitzinssenkungen des Eurosystems für wahrscheinlich hielt. Zu Berichtsschluss notierte der Euro bei 0,86 Pfund Sterling und somit um 3,2 % stärker als zum Beginn des zweiten Quartals.
Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des ganzen Euroraums hat sich durch die effektive Aufwertung des Euro verschlechtert; sie ist inzwischen nicht mehr als günstig, sondern eher als neutral zu bezeichnen. Für die geldpolitische Analyse ist die Entwicklung des nominalen effektiven Euro von besonderer Bedeutung (vgl. Exkurs “Maße der Euro-Aufwertung in der geldpolitischen Diskussion“). Seit dem Ende des ersten Vierteljahres 2025 wertete der Euro gegenüber einem gewogenen Durchschnitt der Währungen von 18 Handelspartnern um 4,1 % auf. Rund 55 % dieser effektiven Aufwertung sind auf die oben beschriebenen Kursgewinne gegenüber dem US-Dollar, dem Pfund Sterling und dem Yen zurückzuführen. Doch auch die bilaterale Aufwertung um 6,8 % gegenüber dem Renminbi trug zu diesem Ergebnis bei. Aufgrund der effektiven Aufwertung des Euro hat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowohl für Deutschland als auch für den Euroraum so weit verschlechtert, dass sie aktuell nicht mehr als günstig bezeichnet werden kann. Dazu trugen allerdings auch revidierte Daten des internationalen Preisvergleichsprogramms der Weltbank bei (vgl. Exkurs “Jüngste Datenrevisionen deuten auf eine ungünstigere preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des Euroraums hin“).
Exkurs
Maße der Euro-Aufwertung in der geldpolitischen Diskussion
Die Kursgewinne des Euro gegenüber dem US-Dollar seit Jahresbeginn sind zuletzt in den Fokus der wirtschaftspolitischen Diskussion geraten. Seit Jahresbeginn wertete der Euro zum US-Dollar um 12,4 % auf (vgl. Schaubild 3.2 und den Abschnitt “Wechselkurse“). Diese beträchtlichen Kursgewinne riefen zuletzt Befürchtungen hervor, der Euro-US-Dollar-Kurs habe ein Niveau erreicht, das die Wirtschaft des Euroraums übermäßig belaste. Aus geldpolitischer Perspektive stellt sich in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, inwieweit die Euro-Aufwertung aufgrund günstigerer Importe einen Abwärtsdruck auf die heimische Inflation ausübt. Dieser und der folgende Exkurs beleuchten zwei Aspekte dieser Fragestellung: Der vorliegende Exkurs zeigt, dass vor allem bestimmte effektive Wechselkurse des Euro als Maßstab des die heimische Wirtschaft treffenden Aufwertungsdrucks geeignet sind. Der darauffolgende Exkurs “Jüngste Datenrevisionen deuten auf eine ungünstigere preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des Euroraums hin“ beschäftigt sich mit der Frage, wie das aktuelle Bewertungsniveau des Euro zu beurteilen ist.
Die Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar ist weniger repräsentativ als ein Maß der effektiven Euro-Aufwertung gegenüber einem Korb von Partnerwährungen – allerdings zeigen beide Belastungen für die Exportwirtschaft des Euroraums an. Der bilaterale Kurs des Euro gegenüber dem US-Dollar erfasst zunächst einmal lediglich die Handelsbeziehungen mit den USA. Darüber hinaus deckt er den Handel mit Ländern ab, deren Währungen gegenüber dem US-Dollar fixiert sind. Schließlich wird auch der Handel mit in US-Dollar fakturierten Gütern erfasst, vor allem Energie- und Rohstoffimporte. Allerdings stammen diese häufig gerade aus Staaten, die ohnehin ein Fixkursregime zum US-Dollar haben. Weit repräsentativer als mit dem Euro-US-Dollar-Kurs werden die Handelsbeziehungen des Euroraums jedoch über nominale effektive Wechselkurse des Euro erfasst, die den Durchschnitt der bilateralen Euro-Wechselkurse gegenüber einer Vielzahl von Währungen abbilden – gewichtet nach den Anteilen der Partnerländer am Handel des Euroraums. Die effektive Aufwertung des Euro gegenüber einem Kreis von 18 Partnerwährungen betrug seit Jahresbeginn nur 5,7 %, gegenüber einem Kreis von 41 Partnerwährungen 6,1 % (vgl. Schaubild 3.2). Diese Aufwertungsraten liegen viel niedriger als die des Euro gegenüber dem US-Dollar mit 12,4 %. Dies zeigt, dass eine verengte Betrachtung nur des bilateralen Euro-US-Dollar-Kurses außer Acht lässt, dass der Euro in diesem Jahr gegenüber anderen Währungen deutlich weniger an Wert gewonnen hat als gegenüber dem US-Dollar. Nichtsdestoweniger ist festzuhalten, dass der Euro im bisherigen Jahresverlauf auch effektiv merklich aufgewertet hat. Vor allem eine sehr zügige effektive Euro-Aufwertung belastet grundsätzlich die Wirtschaft des Euroraums, soweit betroffene Unternehmen nicht von günstigeren Importen profitieren.
Der Einfluss einer Euro-Aufwertung auf die heimische Inflation kann durch hohe Inflationsraten in Partnerländern überzeichnet werden; der Effekt kann aber durch eine geeignete Wahl der Partnerwährungen im effektiven Wechselkurs zum großen Teil vermieden werden. Vergleicht man die Entwicklung des effektiven Euro gegenüber einem Kreis von 18 Partnerwährungen seit Einführung des Euro im Jahr 1999 mit dem gegenüber einem weiten Kreis von 41 Partnerwährungen, zeigt sich ein recht unterschiedlicher Verlauf. So liegt der Wert des effektiven Euro gegenüber 18 Währungen im 2. Vierteljahr 2025 per saldo nur um 0,3 % höher als im ersten Quartal 1999. Gegenüber 41 Währungen betrug die Aufwertung des Euro im gleichen Zeitraum hingegen 28 %, womit er zuletzt einen Höchststand erreicht hat. Nun könnte man nach dem oben Gesagten meinen, dass gerade der gegenüber dem weiten Kreis von Währungen berechnete effektive Euro besonders aussagekräftig sei, weil er einen höheren Anteil des Außenhandels abdeckt. Dies ist oft jedoch nicht der Fall, weil der weite Kreis Währungen von Ländern enthält, die zum Teil sehr hohe Inflationsraten aufweisen. Eine Euro-Aufwertung gegenüber einem Land mit hoher Inflationsrate übt jedoch tendenziell einen geringeren oder gar keinen deflationären Druck im Euroraum aus, weil dem aufwertungsbedingten Preisrückgang bei Importgütern die Preissteigerung durch Binneninflation im Partnerland gegenübersteht. Tatsächlich ist die hohe effektive Euro-Aufwertung gegenüber dem weiten Kreis von 41 Währungen maßgeblich auf Partnerwährungen von Ländern wie der Türkei und Argentinien zurückzuführen, die zeitweise eine sehr hohe Binneninflation aufwiesen. 1 Die langfristig kräftige Aufwertung des effektiven Euro gegenüber einem breiten Aggregat von Währungen und der nun erreichte Höchststand sind daher strukturell bedingt und im Hinblick auf den Inflationsdruck für den Euroraum nur begrenzt aussagekräftig. Geeigneter ist daher der effektive Eurokurs gegenüber 18 Währungen, weil die dort berücksichtigten Partnerländer in der Regel sowohl eine stabilitätsorientierte Geldpolitik betreiben als auch einen Großteil des Handels des Euroraums abdecken. 2
Zur Beurteilung des Bewertungsniveaus einer Währung ist es allerdings sinnvoll, reale statt nominale effektive Eurokurse zu verwenden. Dass der effektive Euro gegenüber 18 Partnerwährungen im zweiten Quartal 2025 einen ganz ähnlichen Wert aufweist wie im ersten Quartal 1999, deutet darauf hin, dass das Bewertungsniveau des Euro aktuell nicht übermäßig hoch ist. Dennoch ist eine solche Schlussfolgerung nur eingeschränkt gültig, allein schon deshalb, weil hierbei der Kurs des Euro nicht mit einem aus der ökonomischen Theorie hergeleiteten Referenzwert verglichen wird. 3 Zudem wäre es ideal, eine noch höhere Repräsentativität mit einer Berücksichtigung des Effekts hoher Inflationsdifferenzen in einem Indikator zu kombinieren, statt letztere durch Einschränkungen des Kreises der Partnerwährungen auszuschließen. Aus diesen Gründen werden zur Beurteilung des Bewertungsniveaus einer Währung in der Regel Konzepte verwendet, die nicht auf einem nominalen, sondern auf einem realen effektiven Wechselkurs beruhen. Der reale effektive Wechselkurs des Euro misst den Preis eines Warenkorbs im Euroraum im Verhältnis zum gewichteten Durchschnitt seines Preises im Ausland. Damit stellt er nominalen Wechselkursbewegungen nationale Preisbewegungen gegenüber. Trifft beispielsweise eine Euro-Aufwertung mit einem relativen Preisanstieg in den Handelspartnerländern um den gleichen Prozentsatz zusammen, so verändert sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums nicht, denn der eigentlich deflationäre Impuls der Aufwertung wird durch die höheren Preise im Ausland ausgeglichen. Der reale effektive Wechselkurs des Euro geht daher üblicherweise maßgeblich in die Berechnung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums und damit in die Beurteilung des Bewertungsniveaus des Euro ein (vgl. Exkurs “Jüngste Datenrevisionen deuten auf eine ungünstigere preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des Euroraums hin“).
Welche Schlussfolgerungen lassen sich also aus den obigen Betrachtungen im Hinblick auf die ökonomische Bedeutung der diesjährigen Euro-Aufwertung gegenüber dem US-Dollar ziehen? Erstens stellt die zügige Euro-Aufwertung zum US-Dollar zweifellos eine zusätzliche Belastung für die Volkswirtschaft des Euroraums dar, soweit betroffene Unternehmen nicht von günstigeren Importen profitieren. Zweitens ist die nominale effektive Euro-Aufwertung geringer als die bilaterale gegenüber dem US-Dollar. Die Betrachtung nur des Euro-US-Dollar-Kurses überzeichnet also die Belastungen, die aus der aktuellen Euro-Stärke resultieren. Drittens sind nominale Wechselkurse des Euro nicht gut geeignet, das aktuelle Bewertungsniveau des Euro zu beurteilen. Dafür sollten reale effektive Wechselkurse des Euro herangezogen werden, wie es der folgende Exkurs „Jüngste Datenrevisionen deuten auf eine ungünstigere preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des Euroraums hin“ macht.
Exkurs
Jüngste Datenrevisionen deuten auf eine ungünstigere preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des Euroraums hin
Zur Beurteilung des aktuellen Bewertungsniveaus des Euro werden üblicherweise Indikatoren der preislichen Wettbewerbsfähigkeit verwendet. In jüngster Zeit sind angesichts der kräftigen Aufwertung des Euro zum US-Dollar im bisherigen Jahresverlauf Stimmen laut geworden, die das Bewertungsniveau des Euro als übermäßig hoch empfinden und vor Schaden für die Wirtschaft des Euroraums warnen. Zur Beurteilung des Bewertungsniveaus des Euro werden üblicherweise Konzepte herangezogen, die einen unter Verwendung des realen effektiven Wechselkurses des Euro berechneten Indikator der preislichen Wettbewerbsfähigkeit mit einem aus der ökonomischen Theorie abgeleiteten Referenzwert vergleichen (vgl. Exkurs “Maße der Euro-Aufwertung in der geldpolitischen Diskussion“). Die Bundesbank bedient sich dabei vor allem eines Indikators auf Basis des Produktivitätsansatzes, dessen theoretische Fundierung auf der Balassa-Samuelson-Hypothese beruht (siehe unten). Nun haben Datenrevisionen eine Neuberechnung des Indikators notwendig gemacht.
Mithilfe eines Indikators auf Basis des Produktivitätsansatzes bewertet die Bundesbank fortlaufend die preisliche Wettbewerbsposition von 57 Volkswirtschaften. Der Indikator beruht auf Daten zu relativen Preis- und Produktivitätsniveaus. 1 Das relative Preisniveau ist ein realer Wechselkurs und gibt Auskunft über das in einer einheitlichen Währung ausgedrückte Preisverhältnis eines identischen, weit abgegrenzten Warenkorbs zwischen zwei Ländern. Ein niedrigeres Preisniveau deutet – alles Übrige gleich – auf eine günstigere Wettbewerbsfähigkeit hin. Beispielweise betrug Deutschlands relatives Preisverhältnis gegenüber den USA im letzten Jahr 78 %, das heißt, ein vergleichbarer Warenkorb war in Deutschland um 22 % günstiger als in den USA. 2 Allerdings wird die preisliche Wettbewerbsfähigkeit nicht allein durch die Preise bestimmt. Ein weiterer wesentlicher Einflussfaktor ist die Produktivität. Für sich genommen ist eine höhere Produktivität mit einer günstigeren Wettbewerbsfähigkeit verbunden. Zwischen Preisen, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit bestehen allerdings komplexere Interdependenzen. So gehen höhere Produktivitäten regelmäßig mit höheren Preisen einher, weil Produktivitätsgewinne auch in nicht davon betroffenen Sektoren Lohnsteigerungen ermöglichen. Dies muss jedoch nicht bedeuten, dass die preisliche Wettbewerbsfähigkeit eines Landes darunter auf den internationalen Märkten leidet. Wenn nämlich die höhere Produktivität zu höheren Preisen nicht-handelbarer Güter führt, steigt das Preisniveau eines Landes, ohne dessen Wettbewerbsfähigkeit zu verschlechtern. Dieser theoretisch zu erwartende und empirisch belegte positive Zusammenhang zwischen dem relativen Produktivitätsniveau eines Landes und seinem relativen Preisniveau (Balassa-Samuelson-Effekt) ist bei der Beurteilung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit zu berücksichtigen. 3 Der Produktivitätsansatz der Bundesbank zur Einschätzung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit ergänzt deshalb die reine Preisbetrachtung um Produktivitätseffekte.
Neue und historisch revidierte Daten zu relativen Preis- und Produktivitätsniveaus machen eine Neuberechnung des Indikators notwendig. Das internationale Preisvergleichsprogramm der Weltbank (International Comparison Program) hat neue und revidierte Daten zu den Preisen einheitlicher Warenkörbe herausgegeben, aus denen sich relative Preisniveaus berechnen lassen. Demnach war das relative Preisniveau wichtiger Partnerländer wie etwa der USA und Japans gegenüber Deutschland höher als bisher angenommen. Das relative Preisniveaus Chinas und Frankreichs hingegen fällt nun niedriger aus als zuvor (vgl. Schaubild 3.3, links). Die historischen Produktivitätsdaten zur Wertschöpfung pro Arbeitsstunde wurden ebenfalls revidiert. Die deutsche Wirtschaft ist demnach moderat produktiver als bisher angenommen (vgl. Schaubild 3.3, rechts). Allerdings stieg die relative Produktivität der USA und Chinas gegenüber Deutschland den neuen Daten zufolge 2024 weiter an. Eine Neuschätzung des Balassa-Samuelson-Effekts mit den revidierten Daten bestätigt einen positiven, aber nun etwas schwächeren Zusammenhang zwischen der relativen Produktivität und dem relativen Preisniveau eines Landes. 4
Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist den neuen Daten zufolge ungünstiger als bisher angenommen und nahm dem Trend der letzten zehn Jahre folgend im Jahr 2024 weiter ab. Schaubild 3.4 illustriert links die aus der Neuberechnung resultierenden Indikatorwerte für Deutschland. Demnach führte die Datenrevision zu einer im Schnitt um 1 bis 2 Prozentpunkte ungünstigeren Bewertung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der letzten Jahre. Nach den neuen Daten setzte ein Trend zur Verschlechterung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit bereits 2016 ein und nicht erst 2018, wie es der alte Datenstand anzeigte. Diese Neubewertungen haben zur Folge, dass die preisliche Wettbewerbsposition Deutschlands nun bereits früher in einen Bereich gerät, in dem sie nicht mehr als günstig bezeichnet werden kann. 5 Wie bisher bereits prognostiziert bestätigen die neuen Werte für 2024, dass sich der negative Trend auch im letzten Jahr fortsetzte, und zwar mit einer weiteren Verschlechterung um 1 Prozentpunkt. Aufgrund der deutlichen Aufwertung des Euro im ersten Halbjahr 2025 unterschreitet der tagesaktuelle Indikatorwert für Deutschland am 18. August 2025 den Richtwert nur noch um 1 %.
Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums nahm 2024 deutlich ab. Schaubild 3.4 illustriert rechts auch die Indikatorwerte für den Euroraum. Sie zeigt, dass sich die Datenrevision schwächer auf den Euroraum auswirkte als auf Deutschland. Mit dem neuen Wert für das Jahr 2024 verschlechterte sich jedoch die preisliche Wettbewerbsposition des Euroraums merklich. Prognostiziert man nun den Indikatorwert mittels der Entwicklung des nominalen effektiven Euro für den 18. August 2025, erhält man eine Bewertung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums, die beispielsweise nach einem Schema des IWF nicht mehr als günstig bezeichnet würde (- 4 %). 6
Der Indikator der preislichen Wettbewerbsfähigkeit auf Basis des Produktivitätsansatzes deutet darauf hin, dass das Bewertungsniveau des Euro aktuell nicht übermäßig hoch ist, sondern vielmehr im Einklang mit den Fundamentaldaten steht. Unter Berücksichtigung der Datenrevisionen hat sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit sowohl Deutschlands als auch des Euroraums zwar in den letzten Jahren verschlechtert und kann nun nicht mehr als günstig bezeichnet werden. Die deutliche Aufwertung des Euro seit Jahresbeginn setzte der preisliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des Euroraums zusätzlich zu. Die neu berechneten Indikatorwerte legen aber nahe, dass das Bewertungsniveau des Euro für Deutschland wie für den Euroraum nicht in einem Bereich liegt, der für sich genommen als alarmierend aufgefasst werden müsste.
3 Wertpapiermärkte
3.1 Rentenmarkt
Die Renditen von Staatsanleihen in den USA legten in einem politisch unruhigen Umfeld im Ergebnis etwas zu. Unmittelbar nach der Ankündigung der US-Regierung Anfang April, umfangreiche zusätzliche Importzölle erheben zu wollen, sanken die Renditen zehnjähriger US-Treasuries zunächst. Denn aus Sicht der Marktteilnehmer stellten die sich daraus ergebenden Handelshemmnisse eine potenzielle Belastung für die US-Konjunktur dar, weshalb sie zukünftige Leitzinssenkungen für wahrscheinlicher erachteten. Dies spiegelte sich in zurückgehenden Zinsswap-Sätzen (OIS-Sätzen) für zweijährige Laufzeiten in den USA wider. Gleichwohl sorgten sich die Anleger auch zunehmend um den handels- und finanzpolitischen Kurs der US-Regierung, was sich in höheren Kreditrisikoprämien von US-Staatsanleihen niederschlug. Hierzu trug auch ein Anfang Juli besiegeltes US-Gesetzespaket bei, das umfangreiche Steuersenkungen und Staatsausgaben für die nächsten Jahre vorsieht und die Schulden auf US-Bundesebene erheblich ausweiten dürfte. Dementsprechend stiegen die Renditen von US-Staatsanleihen in der Folge vor allem im mittel- bis langfristigen Laufzeitbereich merklich an. Dadurch veränderte sich auch die relative Bewertung zehnjähriger US-Staatsanleihen gegenüber dem laufzeitgleichen US-amerikanischen OIS-Satz. So weitete sich die bereits Ende März merklich positive Differenz zwischen der Rendite zehnjähriger US-Treasuries und dieser Richtgröße für eine sichere Verzinsung in US-Dollar weiter aus. Die bereits erwähnten Erwartungen fallender US-Leitzinsen verstärkten sich durch insgesamt überraschend schwache Zahlen vom Arbeitsmarkt Anfang August. Die gedämpften US-Leitzinserwartungen übertrugen sich dabei auch auf die langfristigen Renditen. Das zeigen Modellanalysen, die die zehnjährigen US-Renditen in durchschnittlich erwartete US-Leitzinsen und Terminprämien aufgliedern. Die US-Terminprämien stiegen dagegen an. Diese Prämien kompensieren die Erwerber langfristiger Anleihen für die Übernahme von Zinsänderungsrisiken. Die Marktteilnehmer schienen demzufolge unsicherer über die künftige US-Leitzinsentwicklung zu sein als zum Ende des ersten Quartals. Die höheren Terminprämien spiegeln sich auch in einem steileren Verlauf der Zinsstrukturkurve von US-Staatsanleihen. Im Ergebnis stiegen die US-Staatsanleiherenditen vor dem Hintergrund dieser gegenläufigen Einflüsse an.
Der Handelskonflikt mit den USA und sein nachfolgendes Abebben prägten auch die Renditen langfristiger Staatsanleihen im Euroraum. Im April, als die Marktteilnehmer ein Szenario sehr hoher US-Zölle auf Importe aus der Europäischen Union für denkbar hielten, sanken die langfristigen Renditen im Euroraum deutlich. Hierin kamen ähnlich wie in den USA Sorgen zum Ausdruck, dass dies die Konjunktur des Euroraums beträchtlich belasten und zusätzliche Leitzinssenkungen erforderlich machen könnte. Außerdem trug auch die Entscheidung des EZB-Rats auf seiner Sitzung im April, die Leitzinsen um 25 Basispunkte zu senken, zu niedrigeren Renditen kurz wie lang laufender Staatsanleihen im Euroraum bei. In der Folge dämpften die Marktteilnehmer aber ihre Erwartungen hinsichtlich weiterer Zinssenkungen, was den genannten Renditen wieder Auftrieb verschaffte. Dazu trugen Äußerungen von EZB-Präsidentin Lagarde bei, die darauf hindeuteten, dass der Zinssenkungszyklus weitgehend abgeschlossen sei, auch wenn der EZB-Rat im Juni die Leitzinsen um weitere 25 Basispunkte gesenkt hatte. Auch nach dem EZB-Ratstreffen im Juli, auf der keine Zinsänderung beschlossen wurde, zogen die Terminsätze der Geldmarktzinsen leicht an. Zuletzt erwarteten die Marktteilnehmer noch höchstens eine Zinssenkung bis Jahresende.
Die Renditen zehnjähriger Bundeswertpapiere blieben in einem unruhigen Marktumfeld im Ergebnis fast unverändert. Die von der Finanz- und Handelspolitik der US-Regierung ausgehende Unsicherheit beeinflusste die zehnjährigen Bundesanleiherenditen anders als die US-Renditen. Im Unterschied zu US-Treasuries waren Bundeswertpapiere vor allem im April als sichere Anlage gefragt, was die Bundesanleiherenditen unter Druck setzte und ihren Vorsprung gegenüber laufzeitgleichen OIS-Sätzen dämpfte. Seit Mai zogen die Bundesanleiherenditen jedoch wieder an, weil sich die Konjunkturaussichten aufhellten, der Risikoappetit stieg und weniger Leitzinssenkungen erwartet wurden. Im Ergebnis veränderten sich die Bundesanleiherenditen kaum und lagen zum Abschluss dieses Berichts nahe am Stand von Ende März. Der Renditevorsprung der US-Staatsanleihen weitete sich damit leicht aus. Im 30-jährigen Laufzeitsegment stiegen die Renditen beiderseits des Atlantiks auf langjährige Höchststände.
Die BIP-gewichteten Renditeabstände zehnjähriger Staatsanleihen des Euroraums gegenüber laufzeitgleichen Bundesanleihen engten sich per saldo seit Ende März ein. Dazu trug vor allem der Renditerückgang von Staatsanleihen mit relativ hohen Risikoprämien wie italienischen und griechischen Staatstiteln bei. Diese Anleihen profitierten besonders stark von dem gestiegenen Risikoappetit. Demgegenüber traten Risiken, die die relative Bewertung von Staatsanleihen im Euroraum betrafen, in den Hintergrund.
Die langfristigen Renditen japanischer Anleihen sind geringfügig gestiegen, während die Renditen britischer Anleihen per saldo annähernd unverändert blieben. Die Renditen zehnjähriger japanischer Staatsanleihen erhielten im Berichtszeitraum zwar durch die im Vorfeld einer Oberhauswahl gestiegene Unsicherheit über die weitere Fiskalpolitik vorübergehend etwas Auftrieb. Die sich im Zuge des Handelsstreites mit den USA verstärkenden Konjunktursorgen übten hingegen einen Abwärtsdruck auf die Renditen aus. Sie veranlassten die Bank of Japan auch, den Leitzins im Berichtszeitraum unverändert bei 0,5 % zu belassen. Im Ergebnis ist die Rendite zehnjähriger japanischer Staatsanleihen nur geringfügig gestiegen. Im Vereinigten Königreich wurde ein ursprünglich vorgesehenes sozialpolitisches Gesetzesvorhaben mit dem Ziel, die fiskalischen Kosten zu begrenzen, nur in stark abgeschwächter Form umgesetzt. Die sich dadurch verdüsternden Perspektiven für die britischen Staatsfinanzen erhöhten zeitweise die Risikoprämien und die längerfristigen Renditen, nachdem diese angesichts des relativ günstig ausgefallenen bilateralen Handelsabkommens mit den USA Anfang Mai noch gesunken waren. Darüber hinaus reduzierte die Bank of England während des Berichtszeitraums ihren Leitzins zweimal um je 25 Basispunkte mit Verweis auf die fortschreitende Disinflation. Im Ergebnis blieb die Rendite zehnjähriger britischer Staatsanleihen seit Ende März annähernd unverändert.
Die marktbasierten Inflationserwartungen, die aus Inflationsswaps für den Euroraum abgeleitet werden, verringerten sich unter Schwankungen im Ergebnis etwas. Für das Jahr 2025 liegen die Inflationserwartungen im Euroraum an den Finanzmärkten und laut Expertenumfragen weiterhin bei 2,1 % und stehen damit im Einklang mit dem Preisstabilitätsziel des Eurosystems von 2 %. Beide Ansätze prognostizieren wie auch das Eurosystem ein Unterschreiten des Zieles im Jahr 2026, gefolgt von einer Gegenbewegung in Richtung der angestrebten Inflationsrate im Jahr 2027. Während des Berichtszeitraums verursachte die Entwicklung des Ölpreises kurzfristig Schwankungen der marktbasierten Inflationserwartungen. Dies traf beispielsweise auf den kräftigen Anstieg der Ölpreise infolge des militärischen Konflikts zwischen Israel und dem Iran im Juni zu. Die Ankündigung möglicher zusätzlicher Sanktionen gegen Russland von Präsident Trump erhöhte zwar die Energiepreise, schlug sich aber kaum in den marktbasierten Inflationserwartungen nieder. Per saldo verblieb ein geringfügiger Rückgang der marktbasierten Inflationserwartungen für den Euroraum um 13 Basispunkte für 2026 und um 7 Basispunkte für 2027, welcher maßgeblich auf Übertragungseffekte aus den USA infolge der dort zuletzt schwach ausgefallenen Arbeitsmarktzahlen zurückzuführen ist.
Marktpreise und Umfragen weisen auf weiterhin fest verankerte Inflationserwartungen am Stabilitätsziel hin. Die in fünf Jahren beginnende fünfjährige Termininflationsrate liegt zielkonform bei 2,1 %, ohne sich seit dem Ende des ersten Quartals merklich verändert zu haben. Die längerfristigen umfragebasierten Inflationserwartungen von Consensus Economics für den Euroraum, die vierteljährlich erhoben werden, lagen im Juli ebenfalls weiterhin auf dem Inflationsziel von 2 %.
Die Renditen europäischer Unternehmensanleihen sanken im Zuge des ansteigenden Risikoappetits weiter. Mit der Erholung riskanter Finanzmarktanlagen seit Ende April gaben auch die Renditen von Unternehmensanleihen der Ratingklasse BBB mit einer Restlaufzeit zwischen sieben und zehn Jahren merklich nach, und zwar sowohl für finanzielle als auch für nichtfinanzielle Unternehmen. Die Renditen von Unternehmensanleihen mit besonders hohem Risiko sanken sogar noch stärker. Weil sich die Renditen laufzeitgleicher Bundeswertpapiere im Ergebnis kaum veränderten, engten sich die Spreads damit deutlich ein. Die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem Iran im Juni schlugen sich nennenswert nur in einem temporären Anstieg der Spreads im Hochrisikosegment nieder. Insgesamt lagen die Finanzierungskosten europäischer Unternehmen gemessen an den Renditeaufschlägen zuletzt unabhängig von ihrer Kreditqualität unter ihrem jeweiligen Fünfjahresdurchschnitt.
3.2 Aktienmarkt
Die internationalen Aktienmärkte verzeichneten angesichts eines gestiegenen Risikoappetits Kursgewinne. In unmittelbarer Reaktion auf Präsident Trumps Zollankündigungen im April verloren Aktien global kräftig an Wert. Das in Aussicht gestellte restriktive Zollregime verdüsterte die weltweiten Wachstumsperspektiven, erhöhte die Unsicherheit an den Finanzmärkten und setzte damit den Risikoappetit der Anleger stark unter Druck. Dies illustriert auch ein Indikator, der den Risikoappetit der Anleger im Euroraum anhand der gemeinsamen täglichen Veränderung von 13 Einzelindikatoren aus fünf verschiedenen Anlageklassen misst. 1 Als die US-Regierung das angekündigte Zollregime bei gleichzeitiger Aussicht auf bilaterale Handelsverhandlungen später aussetzte, erholten sich die Aktienmärkte aber schnell. Die Marktteilnehmer beachteten die sich fortlaufend ändernden Zollandrohungen der US-Regierung nun weniger und erwarteten zunehmend eine Einigung im Zollstreit. Dementsprechend lösten die später getroffenen Vereinbarungen der USA mit dem Vereinigten Königreich, Japan und der Europäischen Union keine großen Aktienkursbewegungen aus. Vor diesem Hintergrund stiegen im Ergebnis sowohl die Kurse europäischer Aktien (Euro Stoxx: + 6,6 %) als auch vor allem japanischer und US-amerikanischer Aktien (Nikkei 225: + 22,7 % sowie S&P 500: + 14,9 %). In den USA legten vor allem die Kurse von Unternehmen aus der Informationstechnologie zu. Zu dem deutlichen Kursplus der US-Titel trugen neben dem gewachsenen Risikoappetit auch höhere Gewinnerwartungen für US-amerikanische Unternehmen bei. Die Kurse deutscher und britischer Aktien gemessen am CDAX und dem FTSE 100 gewannen um 7,1 % beziehungsweise um 6,7 % an Wert.
Europäische Bankaktien verzeichneten im Vergleich zum Gesamtmarkt höhere Kurszuwächse. Die Aktienkurse europäischer Banken gewannen im Berichtszeitraum deutlich kräftiger an Wert als der Gesamtindex Euro Stoxx (+ 25,8 %). Ein Grund dafür waren die sowohl in der kurzen als auch in der mittleren Frist stärker gestiegenen Gewinnerwartungen. Außerdem wirkten einige positiv ausgefallene Quartalszahlen kursstützend. In den USA verzeichneten Bankaktien ähnlich hohe Wertzuwächse wie der Gesamtmarkt (+ 15,9 %).
Die Bewertungsniveaus europäischer Aktien und US-amerikanischer Aktien übertreffen weiterhin ihren langfristigen Durchschnitt. Für US-amerikanische Aktien verringerten sich sowohl die Aktienrisikoprämie als auch die impliziten Eigenkapitalkosten, also die Summe aus sicheren Zinsen und Risikoprämien. Diese Bewertungsmaße werden mit einem Dividendenbarwertmodell ermittelt, in das sowohl kurz- und mittelfristige Gewinnerwartungen als auch die risikofreien Zinsen einfließen. 2 Für europäische Unternehmen, deren kurzfristige Gewinnerwartungen leicht sanken, stieg die Aktienrisikoprämie bei kaum veränderten impliziten Eigenkapitalkosten leicht an. Gemessen an den impliziten Eigenkapitalkosten liegt die Bewertung sowohl europäischer als auch US-amerikanischer Aktien über ihrem langfristigen Durchschnitt.
In diesem Beitrag wurden Daten bis zum 18. August 2025, 22:00 Uhr berücksichtigt.